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  • · Fachbeitrag · Wirtschaftsvereine

    Löschung aus Vereinsregister wegen wirtschaftlicher Tätigkeit: OLG springt Vereinen zur Seite

    | Seit das Kammergericht (KG) Berlin Kindergartenvereine als Wirtschaftsvereine bewertet hat ( VB 5/2011, Seite 9 ), kommt es vermehrt zu Fällen, in denen eingetragenen Vereinen vom Vereinsregister die Rechtsfähigkeit entzogen wird. Das OLG Brandenburg hat dem jetzt Grenzen gesetzt. |

    Registergerichte haben Eintragungspraxis geändert

    Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann nicht durch Eintragung ins Vereinsregister rechtsfähig - zum e.V. - werden (§ 22 BGB). Das ist nur durch staatliche Verleihung möglich, die aber nur in seltenen Ausnahmefällen erteilt wird.

     

    In der Praxis scheiterten Vereine mit wirtschaftlichen Zwecken bisher meist schon bei der Eintragung. Waren sie dagegen eingetragen, fand in aller Regel keine weitere Prüfung statt. Es war die Ausnahme, dass einem Verein mit wirtschaftlichen Zwecken die Rechtsfähigkeit entzogen wurde.

     

    Die Entscheidung des KG Berlin (Beschluss vom 18.1.2011, Az. 25 W 14/10; Abruf-Nr. 111455) hat diese Praxis offensichtlich geändert. Vermehrt werden die Satzungen von Vereinen geprüft und die Löschung aus dem Vereinsregister betrieben. Neu ist, dass Vereine betroffen sind, die früher nicht als Wirtschaftsvereine betrachtet wurden - insbesondere Schulträgervereine, Kindergartenvereine und Kultureinrichtungen.

     

    Wichtig | Eine systematische Prüfung aller eingetragenen Vereine scheinen die Registergerichte nicht vorzunehmen. Zu einer Neuprüfung kommt es vor allem, wenn ein Verein Satzungsänderungen anmeldet.

    OLG Brandenburg stärkt den Bestandsschutz

    Das OLG Brandenburg hat sich jetzt in zwei Fällen mit der Löschungspraxis beschäftigt und klargestellt, dass dem Bestandschutz bei der Entscheidung ein wesentliches Gewicht eingeräumt werden muss. Die Entscheidungen betrafen einen Garagenverein (OLG Brandenburg, Beschluss vom 8.7.2014, Az. 7 W 124/13; Abruf-Nr. 143116) und einen Kindergartenverein (Beschluss vom 4.8.2014, Az. 7 W 83/14; Abruf-Nr. 143388).

     

    Die rechtliche Grundlage für die Löschung

    Das Registergericht kann die Eintragung im Register von Amts wegen löschen, wenn sie wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist (§ 395 Abs. 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit [FamFG]). Das ist etwa der Fall, wenn der Verein wirtschaftliche Zwecke hat und deswegen nicht hätte eingetragen werden dürfen.

     

    Wichtig | Die Löschungsregelung des § 395 FamFG ist aber eine Kann-Regelung. Das Registergericht hat einen Ermessensspielraum, in dessen Rahmen auch Interessen des zu löschenden Vereins berücksichtigt werden können. Bei der Ausübung dieses Ermessens - so das OLG - ist das öffentliche Interesse an der Bereinigung des Registers und dem Schutz des Rechtsverkehrs gegen das Bestandsinteresse des Beteiligten abzuwägen.

     

    Vorrang für Bestandsinteresse des Vereins

    Dabei gilt: Dem Bestandsinteresse des Vereins ist Vorrang einzuräumen. Es muss also wichtige Gründe für die Löschung geben. Die bloße ungerechtfertigte Eintragung genügt nicht. Als mögliche Gründe für die Löschung nennt das OLG

    • den Gläubigerschutz. Es spricht also gegen eine Löschung, wenn der Verein nie Probleme mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten hatte und die wirtschaftlichen Risiken im Geschäftsverkehr eher gering sind.
    • eine Verletzung der Pflichten gegenüber dem Registergericht (zum Beispiel unterlassene Anmeldungen) und
    • Anträge des Vereins, die einen deutlichen Bearbeitungsaufwand erfordern (zum Beispiel ein Antrag auf Bestellung eines Notvorstands).

     

    Fehlen solche Gründe, besteht keine öffentliches Interesse an der Löschung. Das Bestandsinteresse des Vereins hat dann Vorrang. Gegen eine Löschung spricht nach Auffassung des OLG vor allem, wenn der Verein schon lange eingetragen war. In den beiden Fällen waren das 10 bzw. 18 Jahre.

    Rechtliche Hebel nutzen

    Die neue OLG-Rechtsprechung liefert einen rechtlichen Hebel, wenn einem Verein die Löschung droht. Vereine, bei denen das Vereinsregister die Löschung betreibt, sollten bei ihrem Widerspruch also die Argumentation des OLG nutzen. Folgt man der Rechtsauffassung des OLG, sollte die Löschung solcher Vereinen die Ausnahme sein, die seit vielen Jahren bestehen. Das gilt besonders in Fällen, in denen die wirtschaftliche Tätigkeit keinen Umfang annimmt, der dem gewinnorientierter Unternehmen vergleichbar ist.

     

    PRAXISHINWEISE | Verinnerlichen Sie die folgenden Hinweise zum Verfahrensablauf bei einer vom Vereinsregister angestrebten Löschung, um im Falle eine Falles die richtigen Gegenmaßnahmen ergreifen zu können:

    • Beabsichtigt das Registergericht die Löschung, teilt es das dem Verein mit und setzt eine Frist bis zu dem er Widerspruch einlegen kann.
    • Dieses Widerspruchsrecht sollte der Verein unbedingt nutzen, weil er die Löschung, wenn nicht verhindert, dann doch zumindest bis zur Entscheidung darüber hemmt.
    • Über den Widerspruch entscheidet das Registergericht (Amtsgericht) per Beschluss. Das Gericht muss vor der Löschung aber bei Ablehnung des Widerspruchs die einmonatige Frist zur Einlegung der Beschwerde abwarten
    • Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde beim OLG möglich. Ob der Verein diesen rechtlichen Hebel nutzt, sollte er - schon wegen des Prozesskostenrisikos - mit anwaltlicher Beratung klären.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 12 | ID 43074738