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  • 04.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143116

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 08.07.2014 – 7 W 124/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Brandenburg

    Beschl. v. 08.07.2014

    Az.: 7 W 124/13

    Tenor:

    Auf die Beschwerde des Beteiligten vom 25.09.2013 werden die Löschungsandrohung vom 24.05./11.06.2013 sowie der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Neuruppin vom 29.08.2013, mit dem der Widerspruch des Beteiligten gegen die beabsichtigte Löschung seiner Eintragung in das Vereinsregister zurückgewiesen worden ist, aufgehoben.
    Gründe

    I.

    Das Amtsgericht Neuruppin hat als Registergericht mit Verfügung vom 24.05.2013 ein Verfahren zur Löschung des Beteiligten im Vereinsregister eingeleitet. Davon hat es den Beteiligten mit Anschreiben vom 11.06.2013 unterrichtet. Zur Begründung der Löschungsabsicht hat das Amtsgericht mitgeteilt, der Beteiligte sei kein Idealverein nach § 21 BGB, sondern ein wirtschaftlicher Verein im Sinne des § 22 BGB. Es sei keine ideelle Hauptbetätigung des Beteiligten zu erkennen. Der Beteiligte sei deshalb gemäß § 395 FamFG im Vereinsregister zu löschen. Das Amtsgericht hat dem Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt

    Der Beteiligte hat der Löschungsabsicht des Amtsgerichts mit Schreiben vom 26.08.2013 widersprochen. Er macht geltend, er erziele durch seine Tätigkeit keinen Gewinn. Weder er noch seine Mitglieder hätten je geldwerte Vorteile erhalten Der Vorstand nehme seine Aufgaben ehrenamtlich wahr. Vorteile durch seine Tätigkeit entstünden allerdings der Stadt S... als Grundstückverpächterin und den Stadtwerken als Energielieferanten. Er sehe sich folglich als Idealverein. Auch sei zu seinen Gunsten bei der Entscheidung nach § 395 FamFG zu berücksichtigen, dass das für seine Eintragung in das Vereinsregister seinerzeit zuständige Amtsgericht Schwedt die Eintragung vorgenommen habe.

    Das Amtsgericht Neuruppin hat den Widerspruch des Beteiligten mit Beschluss vom 29.08.2013 zurückgewiesen. Es hat die Entscheidung damit begründet, der Beteiligte sein kein Idealverein, sondern ein wirtschaftlicher Verein. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

    Der Beschluss des Amtsgerichts vom 29.08.2013 ist den vier Vorstandsmitgliedern des Beteiligten am 04.09.2013 zugestellt worden.

    Der Beteiligte hat mit Schreiben vom 25.09.2013, das am 30.09.2013 bei dem Amtsgericht Neuruppin eingegangen ist und von allen vier Vorstandsmitgliedern unterschrieben wurde, Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Mit dieser wiederholt der Beteiligte in knapper Form die bisherige Begründung seines Widerspruchs gegen die Löschungsabsicht. Ergänzend verweist er auf eine Entlastung der Parksituation und einen günstigen Einfluss auf das Kriminalitätsgeschehen in der Stadt.

    Das Amtsgericht hat der Beschwerde des Beteiligten nicht abgeholfen, sondern sie mit Beschluss vom 07.10.2013 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Auf die Gründe des Vorlagebeschlusses wird Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Beschwerde des Beteiligten gemäß § 58 Abs.1 FamFG hat Erfolg.

    Nach § 395 Abs. 1 FamFG kann das Registergericht eine Eintragung im Register von Amts löschen, wenn sie wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist. Diese Voraussetzung einer Löschung von Amts wegen liegt zwar vor.

    Die Eintragung des Beteiligten in das Vereinregister hätte nicht erfolgen dürfen. Eine Eintragung in das Vereinsregister ist nur vorzunehmen, wenn es sich um einen Idealverein im Sinne des § 21 BGB handelt. Sie kommt hingegen bei einem wirtschaftlichen Verein nicht in Betracht Dieser kann nicht durch Eintragung in das Vereinsregister, sondern nur durch staatliche Verleihung Rechtsfähigkeit erlangen, §§ 21, 22 BGB.

    Dem Beteiligten kommt hier die Eigenschaft eines wirtschaftlichen Vereins nach § 22 BGB zu. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und des Vorlagebeschlusses des Amtsgericht Neuruppins verwiesen.

    Die vom Amtsgericht, aber zumindest sinngemäß auch vom Beteiligten angeführte Gemeinnützigkeit des Beteiligten ist schon deshalb fraglich, weil sie nicht satzungsgemäßes Ziel der Tätigkeit des Beteiligten ist. Diese Tätigkeit hat allenfalls die nicht vom Beteiligten angestrebte Auswirkung, dass der Stadt oder den Stadtwerken Arbeit abgenommen wird. Ebenso strebt der Beteiligte mit der Bereitstellung bzw. dem Unterhalt von Garagen nicht die Verbesserung der Parksituation in S... an. Diese ist kein Ziel des Wirkens des Beteiligten und vielleicht nicht einmal ein Nebeneffekt. Es ist denkbar, dass die Mitglieder des Beteiligten ohne die vom Beteiligten vorgehaltenen Garagen ihre Fahrzeuge anderweitig in Garagen unterbringen würden. Jedenfalls ist es wenig wahrscheinlich, dass die Mitglieder des Beteiligten ohne dessen Garagenangebot mit Dritten um Parkplätze im öffentlichen Verkehrsraum konkurrieren würden. Entsprechendes gilt für den Anspruch des Beteiligten, für eine Verringerung der Kriminalität zu sorgen. Im Zweifel würden die Fahrzeuge der Mitglieder in anderen Garagen untergebracht werden.

    Letztlich kommt es auf die vorstehend aufgezeigten Zweifel an einer Gemeinnützigkeit des Beteiligten nicht an, weil ihr Vorhandensein den Beteiligten nicht als Idealverein ausweist. Sie käme allenfalls als Indiz für einen Idealzweck des Beteiligten in Betracht. Als solches weist sie bezüglich des Beteiligten aber gleichwohl nicht auf einen ideellen Zweck des Beteiligten hin, da sich bereits aus der Satzung selbst wie auch aus den vom Beteiligten angeführten Aktivitäten eindeutig ergibt, dass er als wirtschaftlicher Verein geführt.

    Die mangelnde Gewinnerzielung (-sabsicht) des Beteiligten steht der Bewertung seiner Tätigkeit als wirtschaftliche nicht entgegen (OLG Hamm NJW-RR 2003, 398; OLG Fankfurt/Main NJW-RR 2006, 1698).

    Unter einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 22 BGB ist das planmäßige und auf Dauer angelegte Auftreten des Beteiligten am Markt in unternehmerischer Funktion durch Einschaltung in wirtschaftliche Umsatzprozesse mit einer regelmäßig entgeltlichen Tätigkeit zu Verstehen (BayObLG NZG 1998, 606). Genau das leistet der Beteiligte durch die Erhaltung, Nutzung und Verwaltung von Garagen und den dazugehörigen Gemeinschaftsanlagen, Ziffer I. 3. der Satzung. Die ihm dafür entstehenden materiellen und finanziellen Aufwendungen sind von seinen Mitgliedern "entsprechend den Festlegungen in der Satzung zu erbringen", Ziffern I. 4., III. 1. der Satzung, und zwar in Gestalt eines einmal jährlichen beschlossenen Mitgliederbeitrages.

    In sofern ist es etwas überraschend, dass der Beteiligte mit Schreiben vom 26.08.2013 ausführt, ein Mitgliedsbeitrag werde nicht erhoben. Dies bedarf aber keiner weiteren Aufklärung, da der Beteiligte mit dem selbem Schreiben vorträgt, alle entstehenden Kosten seiner Tätigkeit würden von den Mitgliedern ohne Einschränkungen getragen, und dazu ausdrücklich auf Ziffer I. 4. der Satzung verweist.

    Der Beteiligte erbringt also für seine Mitglieder Leistungen, die diese sonst anderweitig in Anspruch nehmen könnten oder müssten. Dazu muss er in unternehmerischer Weise an die für die Erbringung entsprechender Vor- oder Einzelleistungen an außen stehende Marktteilnehmer herantreten. Ebenso muss er regelmäßig gegenüber seinen Mitgliedern Abrechnungen vornehmen und Ansprüche auf Kostenerstattung durchsetzen. Schließlich obliegt ihm die Abstimmung durchzuführender Maßnahmen mit Mitgliedern und - soweit erforderlich - Dritten. Soweit weder der Beteiligte noch seine Mitglieder dabei finanzielle Vorteile erzielen, dürfte der tatsächliche Vorteil für die Mitglieder in den Dienstleistungen liegen, die der Beteiligte mit der Organisation des Zahlungsverkehrs, der Unterhaltsmaßnahmen im Allgemeinen und der von seinen Mitgliedern geschuldeten persönlichen Leistungen, Ziffer II. 3. 8. der Satzung, im Besonderen, erbringt.

    Die Voraussetzung der Verfolgung eines primär ideellen Vereinszwecks für die Eintragung des Beteiligten in das Vereinsregister lag somit ausweislich seiner schon bei der Gründung beschlossenen Satzung von Anfang an nicht vor. Gleichwohl besteht kein Anlass zu einer Löschung des Beteiligten im Vereinregister gemäß § 395 Abs. 1 FamFG.

    Die genannte Bestimmung stellt die Löschung der Eintragung wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung der Eintragung in das Ermessen des Registergerichts.

    Die "kann"-Regelung im Tatbestand des § 395 Abs. 1 FamFG eröffnet dem Registergericht einen Ermessensspielraum, in dessen Rahmen auch Interessen des zu löschenden Beteiligten Berücksichtigung finden können. Bei der Ausübung dieses Ermessens ist das öffentliche Interesse an der Bereinigung des Registers und dem Schutz des Rechtsverkehrs gegen das Bestandsinteresse des Beteiligten abzuwägen. Das somit eröffnete Ermessen ist vom Registergericht im vorliegenden Fall nicht in hinreichendem Maße berücksichtigt worden.

    Die gebotene Abwägung der für und gegen eine Löschung des Beteiligten sprechenden Umstände führt dazu, dem Bestandsinteresse des Beteiligten Vorrang einzuräumen. Umstände, die ein Durchgreifen des Interesses an der Bereinigung des Vereinsregisters erforderlich machten, sind nicht zu erkennen.

    Hier ist zu bedenken, dass der Beteiligte bereits am 04.12.1995 in das Vereinsregister eingetragen wurde. Dass es seitdem aufgrund der unzutreffenden Ausweisung des Beteiligten als Idealverein zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Mitglieder des Beteiligten oder Dritter gekommen wäre, ist nicht ersichtlich. Ebenso ist den Registerakten nicht zu entnehmen, dass der Beteiligte seine Pflichten gegenüber dem Registergericht in erheblichem Maße verletzt hat.

    Die gelegentliche Versäumung der rechtzeitigen Mitteilung des aktuellen Vorstandes nach Veränderungen, insbesondere anlässlich des Ablaufs der satzungsgemäßen Zeit seiner Bestellung, ist nicht ausreichend, um im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 395 Abs. 1 FamFG eine Löschung des Beteiligten zu rechtfertigen. Anderes mag gelten, wenn der zu prüfende Verein das Registergericht mit Anträgen, die einen deutlichen Bearbeitungsaufwand erfordern, also zum Beispiel einem Antrag auf Bestellung eines Notvorstandes, befasst. Dergleichen ist von dem Beteiligten aber nicht veranlasst worden.

    Das mithin gegebene geringe öffentliche Interesse an der Berichtigung des Vereinsregisters durch Löschung des Beteiligten ist gegenüber dem Bestandsinteresse des Beteiligten als eingetragener Verein abzuwägen.

    Der Beteiligte und seine Mitglieder sind seit annähernd achtzehn Jahren von der Berechtigung der Eintragung des Beteiligten in das Vereinsregister ausgegangen. Sie haben auf dieser Grundlage rechtliche und Vermögensdispositionen vorgenommen. Es ist deshalb unbillig, ihnen in Ansehung des geringen Interesses des Rechtsverkehrs an der Berichtigung des Vereinsregisters die Grundlage dieser Dispositionen zu entziehen.

    Das gilt trotz der vom Registergericht aufgezeigten weitgehenden Gleichlaufs der Rechtsverhältnisse des eingetragenen und des nicht eingetragenen Vereins. Es bleiben für den Beteiligten nachteilige rechtliche Unterschiede. Insofern sei nur auf die persönliche Haftung des Vorstandes bzw. der an ihm beteiligten Vereinsmitglieder verwiesen.

    Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG besteht nicht.