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  • · Fachbeitrag · Vereinsrecht

    Vorstandswahl in der Mitgliederversammlung: Diese Fehler müssen Sie vermeiden

    | März, April oder Mai sind die Monate, in denen die meisten Mitgliederversammlungen und auch Vorstandswahlen stattfinden. Damit diese wirksam sind, gilt es auf die Formalien zu achten. Sonst droht Ärger mit den Mitgliedern (Anfechtung der Wahl) und / oder den Registergerichten (Nichteintragung des neuen Vorstands - Wahlwiederholung). Lernen Sie deshalb die Fallen kennen, in die Vereine am häufigsten tappen und betreiben Sie aktive Fehlervermeidung. |

    Wahlvorschläge und Einladung zur Mitgliederversammlung

    Wie bei allen Beschlüssen der Mitgliederversammlung gilt nach BGB, dass die Beschlussgegenstände (Tagesordnungspunkte) den Mitgliedern bereits mit der Einladung mitgeteilt werden müssen. Davon darf nur abgewichen werden, wenn die Satzung das ausdrücklich so regelt.

     

    Bezeichnung des Tagesordnungspunkts in der Einladung

    Als Tagesordnungspunkt genügt die Angabe „Wahl des Vorstands“. Es müssen keine Kandidaten benannt werden. Auch die ausdrückliche Aufforderung Wahlvorschläge einzureichen, ist nicht erforderlich. Es sei denn die Satzung regelt das so.

     

    Macht die Satzung hier Vorgaben, müssen diese auch eingehalten werden. Oft sieht die Satzung vor, dass die Einreichung von Wahlvorschlägen schriftlich und mit entsprechender Frist erfolgen muss. Diese Vorgaben müssen dann eingehalten werden, sonst ist die Wahl anfechtbar.

     

    Wer kann Wahlvorschläge zum Vorstand einreichen?

    Wahlvorschläge können grundsätzlich von jedem Mitglied eingebracht werden - auch wenn es kein Stimmrecht hat. Ein Mitglied kann sich auch selbst vorschlagen. Die Satzung kann das dahingehend einschränken, dass für einen Wahlvorschlag eine bestimmte Zahl von Unterschriften erforderlich ist. Die Zahl darf aber nicht so hoch sein, dass einem Bewerber die Teilnahme an der Wahl erheblich erschwert wird. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn schon für die Aufstellung eines Kandidaten eine Mehrheit der Mitglieder ihre Zustimmung geben muss.

     

    Bis wann können Wahlvorschläge eingereicht werden?

    Macht die Satzung keine Vorschriften, können Wahlvorschläge vor und während der Mitgliederversammlung gemacht werden. Per Satzung festgelegte Ausschlussfristen für das Einbringen von Wahlvorschlägen sind zulässig. Erhält keiner der aufgestellten Kandidaten die erforderliche Mehrheit, können aber auch in diesem Fall bei der Wahlversammlung noch Vorschläge eingebracht werden.

     

    Gleichbehandlung aller Kandidaten

    Wichtig ist, dass im Vorfeld der Wahl streng auf den Gleichbehandlungsgrundsatz geachtet wird. Amtsinhaber, die erneut kandidieren, haben Zugriff auf Mitgliederlisten und Verteiler. Wenn sie diese nutzen, um für sich zu werben, muss den anderen Kandidaten das gleiche Recht eingeräumt werden. Eine Ungleichbehandlung von Kandidaten wäre ein Grund, die Wahl anzufechten.

    Die Art der Abstimmung: Offene oder geheime Wahl?

    Ein häufiger Diskussionspunkt bei Vorstandswahlen ist, ob geheim abgestimmt werden muss oder offen (zum Beispiel per Akklamation) gewählt werden darf.

     

    Was sagt die Satzung oder Wahlordnung?

    Die Art der Abstimmung richtet sich zunächst nach der Satzung oder der Versammlungsordnung (Wahlordnung). Gibt es hier keine Vorgaben, kann der Versammlungsleiter bzw. Wahlausschuss darüber entscheiden, solange die Mitgliederversammlung keine Einwände erhebt. Einen Anspruch eines einzelnen Mitglieds auf eine geheime Abstimmung gibt es grundsätzlich nicht.

     

    Manchmal ist das „Vereinsherkommen“ maßgeblich

    Er kann sich aber - soweit nicht schon Satzung oder Wahlordnung Vorgaben machen - aus dem Vereinsherkommen ableiten. Wurde also jahrelang geheim abgestimmt, können - auch einzelne - Mitglieder daraus einen Anspruch ableiten, auch künftig geheim abzustimmen. Wird darauf nicht eingegangen, kann die Wahl als fehlerhaft angefochten werden.

     

    PRAXISHINWEIS | In der Regel wird der Versammlungsleiter die Mitgliederversammlung über einen Antrag auf geheime Wahl abstimmen lassen und dann dem Mehrheitsvotum folgen.

     

    Geheime Wahl richtig vorbereiten und durchführen

    Bei einer geheimen Wahl muss der Wahlvorgang so gestaltet werden, dass die Wahlentscheidung des Mitglieds unbekannt bleibt. Wird kein elektronisches Verfahren genutzt, muss die Abstimmung schriftlich durchgeführt werden. Dabei genügt es, wenn jeder Wähler die Stimmzettel so abgeben kann, dass sie vor der Einsichtnahme Dritter geschützt sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine geheime Wahl, die nicht entsprechend vorbereitet wurde, bringt meist erhebliche Verzögerungen der Versammlung mit sich, weil Stimmzettel erstellt und ausgegeben werden müssen. Wird während der Versammlung ein Antrag auf geheime Wahl gestellt, sollte der Wahlleiter das Verfahren mit diesem Hinweis ablehnen oder kurz (per Handzeichen) erfragen, ob eine nennenswerte Zahl von Mitgliedern den Wunsch teilt.

     

    Das Wahlverfahren

    Wahlentscheidungen sind Beschlüsse der Mitgliederversammlung. Es greifen also die dafür geltenden allgemeinen oder satzungsmäßigen Bestimmungen. Während bei gewöhnlichen Abstimmungen aber meist nur eine Abstimmungsalternative besteht, sind bei Wahlen in der Regel mehrere Ämter zu besetzen und für jedes Amt stehen mehrere Kandidaten zur Auswahl. Das Wahlverfahren muss deswegen genau beachtet werden.

     

    Beachten Sie | Ein Satzungsverstoß oder die Benutzung besonderer Wahlverfahren, die nicht per Satzung legitimiert sind, führt zur Ungültigkeit der Wahl.

     

    Das normale Wahlverfahren - die Einzelwahl

    Macht die Satzung keine Vorgaben, muss nach der herrschenden Rechtsprechung jeder Wahlberechtigte die Möglichkeit haben, für oder gegen jeden Kandidaten zu stimmen (sogenannte Einzelwahl). Das bedeutet: Das Mitglied muss so viele Stimmen haben wie Kandidaten zur Wahl stehen und es muss diese Stimmen beliebig (aber ohne Häufelung) auf die Kandidaten verteilen können. Dabei müssen auch Enthaltungen möglich sein. Die Stimmabgabe muss also auch dann gültig sein, wenn weniger Stimmen abgegeben werden als Kandidaten vorhanden sind.

     

    Je nach Struktur des Vorstands sind hier unterschiedliche Verfahren möglich bzw. nötig.

     

    Meist sieht die Satzung innerhalb des Vorstands bestimmte Ämter vor (Vorsitzender, Kassenwart, Schriftführer). Dann muss die Abstimmung für jedes Amt getrennt erfolgen. Allerdings können die Abstimmungen bei einer geheimen Wahl zusammengefasst auf einem Zettel erfolgen. Folgende Verfahren sind rechtssicher:

     

    Empfohlenes Wahlverfahren

    Offene Wahl (zum Beispiel per Handzeichen)

    Geheime Wahl (Wahlzettel)

    Nur ein Kandidat pro Amt

    Sowohl Ja-Stimmen als auch Nein-Stimmen abfragen, Enthaltungen zur Kontrolle der Auszählung abprüfen.

    Auf dem Wahlzettel die Möglichkeit geben, Ja oder Nein anzukreuzen.

    Als Enthaltung wird gewertet, wenn keines von beidem angekreuzt wurde.

    Mehrere Kandidaten pro Amt

    Nacheinander abfragen, wer für welchen Kandidaten stimmt. Nein-Stimmen müssen nicht geprüft werden.

    Alle Kandidaten auflisten, pro Amt darf nur eine Stimme abgegeben werden.

    Alternativ: Name des gewünschten Kandidaten auf den Wahlzettel schreiben.

    Nein-Option ist nicht erforderlich.

    Keine Unterscheidung der Vorstandsmitglieder nach Ämtern

    Nacheinander für jeden Kandidaten abfragen, wer für oder gegen ihn stimmt.

    Alle Kandidaten auflisten, pro Kandidat darf nur eine Stimme abgegeben werden.

    Alternativ: Name des gewünschten Kandidaten auf den Wahlzettel schreiben. Es dürfen nur so viele Kandidaten aufgeschrieben werden, wie es Vorstandsposten gibt.

    Nein-Option ist nicht erforderlich.

     

    Zusammengefasste Einzelwahl

    Das bedeutet nicht zwingend, dass jedes Amt in einem eigenen Wahlgang besetzt werden muss. Auch eine gesammelte Abstimmung ist zulässig. In der Regel entscheidet darüber der Wahlleiter. Anders als bei einer Gruppen- oder Blockwahl muss aber über alle Kandidaten mit getrennten Stimmen votiert werden können.

     

    Voraussetzung ist also immer, dass

    • jedes Mitglied so viele Stimmen hat, wie es Kandidaten gibt,
    • es aber auch weniger Stimmen abgeben, bzw.
    • mit Nein stimmen kann, wenn es für ein Amt nur einen Kandidaten gibt,
    • für jeden Kandidaten nur eine Stimme abgegeben werden kann.

     

    Dieses Wahlverfahren kann in unterschiedlicher Weise umgesetzt werden. Relativ einfach kann der Ablauf sein, wenn für jedes Amt nur ein Bewerber kandidiert oder die Satzung einen mehrköpfigen Vorstand ohne unterschiedliche Ämter vorsieht.

     

    Bewerben sich mehrere Kandidaten auf unterschiedliche Ämter, muss für jedes Amt getrennt abgestimmt werden. Bei einer schriftlichen Wahl wird das in der Regel bedeuten, dass die zu besetzenden Ämter getrennt aufgelistet werden. Gibt es mehrere Kandidaten, müssen diese jeweils angeführt sein oder eingetragen werden können. Kandidiert für ein Amt nur eine Person, muss mit „Ja“ oder „Nein“ optiert werden können.

     

    Besondere Wahlverfahren - nur mit Satzungsgrundlage

    Wird von den genannten Prinzipien der Einzelwahl abgewichen, muss dafür eine Satzungsgrundlage vorhanden sein. Eine Regelung in der Versammlungsordnung (Wahlordnung) genügt nicht. Andernfalls ist das Verfahren unzulässig und damit die Wahl ungültig.

     

    PRAXISHINWEISE | Das gilt für alle Gesamtwahlverfahren, bei denen also nicht für oder gegen jeden einzelnen Kandidaten gestimmt werden kann. Unzulässig sind mangels besonderer Satzungsregelung folgende Verfahren:

    • Die Wähler können sich nicht für einzelne Kandidaten, sondern nur für eine Liste von Bewerbern entscheiden (Blockwahl).
    • Es gibt mehr Kandidaten als Vorstandsmitglieder. Diejenigen sollen gewählt sein, die die - relativ - meisten Stimmen haben.
    • Jedes Mitglied hat so viele Stimmen wie Vorstandsmitglieder gewählt werden sollen. Gewählt ist, wer von den Kandidaten die meisten Stimmen auf sich vereinigt und zugleich die Mehrheit der abgegebenen Stimmen hat. Wird die Mehrheit nicht erreicht, wird ein zweiter Wahlgang durchgeführt.
    • Alle Wahlverfahren mit einer Stimmhäufelung auf einzelne Kandidaten.
    • Stichwahlen zwischen den Kandidaten mit den meisten Stimmen. Trifft die Satzung keine Regelung, kann von einem erneuten Wahlgang kein Kandidat ausgeschlossen werden. Es muss also darauf gesetzt werden, dass aussichtslose Kandidaten von sich aus auf die Teilnahme an weiteren Wahlgängen verzichten.
     

    Briefwahl

    Für die Briefwahl gilt die allgemeine Regelung zur schriftlichen Beschlussfassung (§ 32 Abs. 2 BGB): Ohne besondere Bestimmung in der Satzung ist die Briefwahl nur zulässig, wenn alle Mitglieder dem Verfahren schriftlich zustimmen. Auch einzelne Mitglieder, die etwa bei der Versammlung verhindert sind, können andernfalls ihre Stimme nicht schriftlich abgeben.

    Die Stimmauszählung

    Regelt die Satzung das nicht anders, gilt für Wahlen das nach herrschender Rechtsauffassung anzuwendende Stimmauszählungsverfahren: Ungültige Stimmen und Enthaltungen werden nicht gezählt. Es kommt nicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder an, sondern nur auf die Zahl der abgegeben Stimmen. Ein Kandidat ist gewählt, wenn er die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält, die nicht ungültig oder Stimmenthaltungen sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Satzung kann dies anders regeln. So können auch qualifizierte Mehrheiten verlangt werden. Beispiel: „Gewählt ist nur, wer mindestens zwei Drittel der Stimmen erhält“.

     

    Existiert in der Satzung keine Spezialregelung, ist die absolute, nicht die relative Mehrheit erforderlich. Eine laut Satzung erforderliche einfache Mehrheit ist dabei identisch mit der absoluten Mehrheit. Die „einfache“ Mehrheit erreicht ein Wahlvorschlag, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Stehen nur zwei Kandidaten zur Wahl, ist diese gleichbedeutend mit der relativen Mehrheit. Bei mehr als zwei Kandidaten muss der Gewählte dagegen mehr Stimmen haben als alle anderen zusammen.

     

    • Beispiel

    Von vier Bewerbern erhielt einer 7 Stimmen, einer 9, einer 10 und einer 14. Der Kandidat mit 14 Stimmen hat zwar die relative, nicht aber die einfache (absolute) Mehrzeit. Insgesamt sind nämlich 40 gültige Stimmen abgegeben worden. Für die einfache Mehrheit wären deshalb mindestens 21 Stimmen erforderlich.

     

    Die Annahmeerklärung

    Die Bestellung des Vorstands wird nicht mit der Wahl, sondern erst mit der Annahmeerklärung durch den Gewählten wirksam. Diese wird im Protokoll vermerkt. Nimmt der Gewählte die Wahl nicht an, muss ein neuer Wahlgang durchgeführt werden. Die Annahme muss nicht unmittelbar nach der Wahl erfolgen; sie kann vorab geschehen oder nach der Mitgliederversammlung.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Kandidaten müssen bei der Versammlung auch nicht anwesend sein. In dem Fall sollte die Annahmeerklärung schriftlich vorgelegt und zum Protokoll genommen werden.

     

    Was tun bei formalen Fehlern?

    Sind bei der Wahl formale Fehler unterlaufen - etwa Fristen nicht eingehalten worden oder Fehler bei der Stimmauszählung passiert - ist die Wahl deswegen nicht automatisch ungültig (nichtig), sondern lediglich anfechtbar. Um unwirksam zu werden, muss der betreffende Beschluss also erst noch gerügt werden.

     

    Rüge eines fehlerhaften Beschlusses

    Die Rüge eines fehlerhaften Beschlusses muss in der jeweiligen Mitgliederversammlung oder Sitzung erfolgen, wenn der Beschluss durch einen Teilnehmer gerügt wird. Lässt der Teilnehmer den Beschluss fassen, ohne ihn zu rügen, handelt er treuwidrig und verliert damit sein Anfechtungsrecht. In zwei Fällen darf die Rüge später erfolgen:

     

    • 1. Der Teilnehmer hatte den Fehler zunächst nicht erkannt.
    • 2. Der „Beschlussrüger“ hatte an der Versammlung nicht teilgenommen.

     

    Die Rüge muss innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen. Eine bestimmte Frist ist im Gesetz nicht vorgesehen, kann aber in der Satzung vorgeschrieben werden. Die Rechtsprechung beurteilt die „angemessene Frist“ unterschiedlich. In aller Regel darf sie aber nicht länger als sechs Monate sein.

     

    Wichtig | Anfechtungsberechtigt sind nur Vereinsmitglieder. Wurde die Mitgliedschaft beendet, muss sie zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bestanden haben.

     

    Folgen einer ordnungsgemäßen Rüge

    Wurde die Rüge ordnungsgemäß erhoben und ist sie sachlich begründet, muss die Wahl als ungültig behandelt werden. Insbesondere darf der neue Vorstand dann nicht zum Vereinsregister angemeldet werden.

     

    Für den Verein bedeutet das, dass er die Wahl erneut in satzungsgemäßer Form durchführen muss.

     

    PRAXISHINWEIS | Nicht jeder Fehler bei einer Wahl wird dazu führen, dass Mitglieder die Wahl anfechten wollen. Wir empfehlen deshalb, in die Offensive zu gehen, alle Mitglieder über die Verfahrensfehler zu informieren und auf ihr Anfechtungsrecht hinzuweisen. Damit verhindert Ihr Verein, dass die Mitglieder eine spätere Anfechtung mit der Begründung vornehmen, sie hätten den Beschlussmangel erst später erkannt. Ficht kein Mitglied die Wahl zeitnah an Ihre Information an, wird die Wahl in absehbarer Zeit unanfechtbar.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitragsreihe „Konkrete Empfehlungen zur Satzungsgestaltung in gemeinnützigen Organisationen“, VB 6/2013 bis 9/2013 im Archiv
    • Beitrag „OLG Saarbrücken erleichtert Einladung zur Mitgliederversammlung per E-Mail“, VB 7/2013, Seite 12
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 12 | ID 42501472