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  • · Fachbeitrag · Gemeinnützigkeit

    Verdeckte Gewinnausschüttung im Verein: Verträge mit Vorstandsmitgliedern als Zeitbombe

    | Gemeinnützige Projekte entstehen nicht selten im Umfeld privater Liebhaberei oder gewerblicher Einzelunternehmen (oft der Vereinsvorstände). Dabei werden oft personelle und sachliche Ressourcen gemeinsam genutzt. Ein Fall vor dem FG Sachsen-Anhalt lehrt, dass es in solchen Fällen unabdingbar ist, gemeinnützige und private/gewerbliche Zwecke klar voneinander zu trennen. Ansonsten ist die Gemeinnützigkeit in Gefahr. Vereine sollten daraus die richtigen Konsequenzen ziehen. |

    Vorstand stellt Verein Gelände unentgeltlich zur Verfügung

    Im konkreten Fall übte ein Verein seine Tätigkeit auf einem Gelände aus, das ihm die Vorstandsvorsitzende aufgrund eines „Pachtvertrags“ unentgeltlich überlassen hatte. Zwecke des Vereins waren die Förderung von Kunst und Kultur, die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen, die Förderung des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes sowie die Brauchtumspflege.

     

    Betriebsprüfung deckt Verstöße gegen Gemeinnützigkeitsrecht auf

    Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt gravierende Verstöße gegen die Gebote von Mittelbindung und Selbstlosigkeit fest.

     

    • Umsätze, die der Verein im Rahmen seines Zweckbetriebes erzielte, wurden von dem Vorsitzenden für ihr Einzelunternehmen in Rechnung gestellt und vereinnahmt. Eine Weiterleitung der Gelder an den Verein oder ein entsprechender Vermögensausgleich war nicht erfolgt.
    • Der Vorsitzende vermietete Maschinen, die sich im Eigentum des Vereins befanden, auf eigene Rechnung an ein anderes Unternehmen.
    • Die Vorsitzende führte auf seinem Grundstück Bauarbeiten durch, für die er - unvergütet - Arbeitskräfte des Vereins einsetzte.

     

    Insgesamt ergab die Prüfung für drei Jahre eine geschätzte verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von rund 100.000 Euro.

     

    FG Sachsen-Anhalt entzieht Verein die Gemeinnützigkeit

    Das FG Sachsen-Anhalt kam zum Ergebnis, dass in diesem Fall das Vereinsvermögen vorsätzlich geschädigt worden war (FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.10.2012, Az. 3 K 1574/07; Abruf-Nr. 133658). Folgen:

     

    • Die Gemeinnützgkeit wurde entzogen.
    • Alle Umsätze wurden mit 19 Prozent besteuert.
    • Alle Überschüsse wurden der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterworfen.

     

    Wichtig | Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verein hat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim BFH eingelegt (Az. V B 33/13).

    Wann liegt eine vGA im Verein vor?

    Dass verdeckte Gewinnausschüttungen auch bei Vereinen möglich sind, ist in der Rechtsprechung unbestritten. Es müssen also keine rechtlichen Ansprüche aus dem Vereinsvermögen bestehen, damit zugewendete Vermögensvorteile als Gewinnausschüttungen bewertet werden.

     

    Was ist eine verdeckte Gewinnausschüttung?

    Verdeckte Gewinnausschüttungen sind bei Vereinen Minderungen oder verhinderten Mehrungen ihres Vermögens, die sich auf das Einkommen auswirken, in keinem Zusammenhang mit offenen Gewinnausschüttungen stehen und durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst sind. Eine Veranlassung durch das Mitgliedschaftsverhältnis wird angenommen, wenn der Verein einem Mitglied einen Vermögensvorteil zuwendet, den ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand einem Nichtmitglied nicht gewährt hätte.

     

    Voraussetzungen für eine verdeckte Gewinnausschüttung im Verein

    Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann nur angenommen werden, wenn die Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung auf einer Handlung der Organe der Körperschaft beruht. Dem Verein sind dabei nicht nur Rechtshandlungen des Vorstands im Rahmen seiner Vertretungsmacht und Beschlüsse der Mitgliederversammlung zuzurechnen, sondern auch Handlungen, die der Vorstand unter Überschreitung seiner Kompetenz für den Verein vornimmt - so das FG Sachsen-Anhalt. Auch rein tatsächliche Handlungen können den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllen. Verdeckte Gewinnausschüttungen können also nicht ohne Zutun oder Duldung des Vorstands entstehen.

     

    Anlässe für verdeckte Gewinnausschüttungen

    Solche verdeckte Gewinnausschüttungen können zustande kommen durch

    • die Vereinnahmung von Erlösen, die dem Verein zuzurechnen sind, durch den Vorstand,
    • die unentgeltliche Nutzungsüberlassung von Anlagen, Räumen etc.,
    • unverzinsliche Darlehen, die der Verein gewährt oder
    • die Überlassung von Arbeitskräften ohne Abrechnung der Lohnkosten.

     

    Eine verdeckte Gewinnausschüttung hängt nicht davon ab, ob und wie die gewährten Vorteile beim Empfänger steuerlich behandelt werden.

    Vertragsgestaltung mit (Vorstands-)Mitgliedern

    Zentrales Kriterium für die gemeinnützigkeitskonforme Gestaltung von Verträgen mit (Vorstands-)Mitgliedern ist der Fremdvergleich. Die vereinbarten Konditionen dürfen sich nicht wesentlich von denen unterscheiden, die einem Nichtmitglied gewährt werden. Sie müssen verkehrs- oder branchenüblich sein. Das betrifft

    • die Höhe der Vergütung,
    • die gewährten Zahlungsziele,
    • die Erhebung von Mahnzuschlägen und Verzugszinsen sowie
    • nicht genutzte Verrechnungsmöglichkeiten mit Gegenansprüchen.

     

    Die Gewährung von Vorteilen muss keineswegs gewollt sein, damit das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung unterstellt. Oft sind es fehlende oder unzureichende Nachweise, die dazu führen. Hinweise darauf sind:

     

    • Es bestehen keine klaren Vereinbarungen oder Zusagen.
    • Verträge wurden nachdatiert, statt vorab unterzeichnet.
    • Die Vereinbarungen enthalten keine genauen Leistungsbeschreibungen. Vergütungen werden pauschal angesetzt, ohne Angaben zu Art und Umfang der Leistung (Arbeitsstunden, Nutzungszeiten etc).
    • Die Abrechnung erfolgt verspätet. Es wird riskiert, dass Forderungen verjähren.
    • Es werden Leistungen mit Gegenleistungen verrechnet, ohne dass entsprechende Aufstellungen vorliegen. Hier ist unbedingt zu empfehlen, getrennte Abrechnungen vorzunehmen.

     

    Entzug der Gemeinnützigkeit für bis zu zehn Jahre

    Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Verstöße der tatsächlichen Geschäftsführung gegen das Selbstlosigkeitsgebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO. Sie können so schwerwiegend sein, dass sie einer Verwendung des gesamten Vermögens für satzungsfremde Zwecke gleichkommen (Anwendungserlass zur AO, Ziffer 7 zu § 61).

     

    Die Gemeinnützigkeit kann dann nicht nur für die Jahre entzogen werden, in denen die Gewinnausschüttungen erfolgt sind, sondern für bis zu zehn Jahre rückwirkend.

     

    Beachten Sie | Die Folgen für den Verein können gravierend sein, weil die Steuerbegünstigung bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer und bei der Umsatzsteuer entfällt. Die Nachversteuerung über den langen Zeitraum kann zu erheblichen Steuerzahlungen führen. Kann der Verein sie nicht aufbringen, kann das Finanzamt den Vorstand in Haftung nehmen. Zudem werden verdeckte Gewinnausschüttungen so behandelt, dass sie das Einkommen des Vereins erhöhen. Korrekt abgerechnete Vergütungen wären dagegen Betriebsausgaben, die das Einkommen mindern.

     

    Haftung gegenüber dem Verein

    Aus dem Schaden, den der Verein durch den Entzug der Gemeinnützigkeit hat, kann er Regressansprüche gegenüber dem Vorstand ableiten. Das ist zumindest bei grob fahrlässigem Verhalten möglich. Dieses wird meist vorliegen, weil sich der Vorstand nicht auf fehlende steuerliche und buchhalterische Kenntnisse berufen kann. Maßstab für sein Handeln sind die für das Amt erforderlichen - nicht die vorhandenen - Fähigkeiten und Kenntnisse.

     

    Strafrechtlich relevant muss eine verdeckte Gewinnausschüttung dagegen nicht unbedingt sein. Der Straftatbestand der Untreue, der hier greifen könnte, setzt nämlich voraus, dass der Vorstand nicht nur seine Pflichten als Vermögensverwalter des Vereins vernachlässigt, sondern auch das Vereinsvermögen schädigt. Es müsste also nachgewiesen werden, dass der Vergütung keine angemessene Gegenleistung gegenüber stand. Anders als bei der zivilrechtlichen Haftung muss zudem Vorsatz vorliegen.

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 11 | ID 42426501