Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Gemeinnützigkeit

    Mittelverwendung und Rücklagenbildung: Einsatz von Wiederbeschaffungsrücklagen optimieren

    | In keinem Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts hat sich in den letzten Jahren so viel geändert wie bei den Rücklagen und der zeitnahen Mittelverwendung. Lernen Sie in einer Beitragsreihe den aktuellen Stand kennen und stellen Sie Ihr Mittelverwendungsmanagement auf eine sichere Basis. Erfahren Sie nachfolgend, wie Sie den Einsatz der neuen Wiederbeschaffungsrücklage optimieren. |

    Die Grundsätze zur Wiederbeschaffungsrücklage

    Die Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern hatte die Finanzverwaltung bereits im Jahr 2012 in den AEAO eingefügt (BMF, Schreiben vom 17.1.2012, Az. IV A 3 - S 0062/08/10007-12; Abruf-Nr. 120757). Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts wurde die Regelung dann auch gesetzlich verankert (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO).

     

    Danach können Körperschaften „ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern zuführen, die zur Verwirklichung der steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke erforderlich sind (Rücklage für Wiederbeschaffung). Die Höhe der Zuführung bemisst sich nach der Höhe der regulären Absetzungen für Abnutzung eines zu ersetzenden Wirtschaftsguts. Die Voraussetzungen für eine höhere Zuführung sind nachzuweisen“.

     

    Abschreibung ist Grundlage für die Rücklagenbildung

    Die Abnutzung von Anlagegütern wird wertmäßig über die Abschreibung für Abnutzung (AfA) ausgewiesen und setzt so Mittel für eine künftige Ersatzbeschaffung frei. Während bei nicht steuerbegünstigten Unternehmen die Mittel für die Wiederbeschaffung so steuerfrei gestellt werden, stellt sich bei gemeinnützigen Organisationen die Frage nach der zeitnahen Verwendung der für die Wiederbeschaffung freigesetzten Einnahmen bzw. Überschüsse.

     

    Geht man davon aus, dass die Kosten für die Ersatzbeschaffung von denen der Erstanschaffung nicht abweichen, müssten gemeinnützige Organisationen ohnehin zweckgebundene Rücklagen in Höhe der Abschreibungen bilden. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gäbe den Zeitrahmen für die Rücklagenbildung vor.

     

    Unterschied zu zweckgebundenen Rücklagen

    Anders als bei allgemeinen - zweckgebundenen - Rücklagen ergibt sich bei der Wiederbeschaffungsrücklage aber ein fixer Jahresbetrag als fester - vom Abschreibungszeitraum abhängiger - Prozentsatz der Ersatzbeschaffungskosten. Eine vergleichbare Vorgabe gibt es für zweckgebundene Rücklagen sonst nicht. Hier muss lediglich die Ansparsumme im vorgesehenen Zeitrahmen erreicht werden, wobei die jährlichen Beträge nicht gleich sein müssen.

    Voraussetzungen der Wiederbeschaffungsrücklage

    Eine Wiederbeschaffungsrücklage kann gebildet werden, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

     

    • 1. Es ist wirklich eine Neuanschaffung geplant.
    • 2. Das entsprechende Wirtschaftsgut wird im steuerbegünstigten Bereich verwendet.

     

    Grundsätzliche Nachweispflichten bei Ersatzbeschaffungen

    Die Finanzverwaltung hält die Wiederbeschaffungsrücklage bei grundsätzlich allen Wirtschaftsgütern für zulässig. Sie schränkt das nur dahingehend ein, dass eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts tatsächlich geplant und in einem angemessenen Zeitraum auch möglich ist (AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 2). Dass die Anschaffung finanziell und zeitlich realistisch sein muss, gilt aber für zweckgebundene Rücklagen allgemein.

     

    Eigens nachgewiesen werden muss nur noch ein eventuell über die ursprünglichen Anschaffungskosten hinausgehender Finanzbedarf. Das wäre der Fall, wenn es zu Preissteigerungen kam oder die Ersatzanschaffung - etwa wegen Kapazitätserweiterungen - größer ausfällt. Entsprechend regelt der neue § 62 Nr. 2 AO: „Die Voraussetzungen für eine höhere Zuführung sind nachzuweisen.“ Dafür gelten die Regelungen, die jetzt schon für zweckgebundene Rücklagen gelten.

     

    Vereinfachter Nachweis bei Wiederbeschaffungsrücklagen

    Die Wiederbeschaffungsrücklage ist ein Sonderfall der zweckgebundenen Rücklage. Sie vereinfacht lediglich den Nachweis für Wirtschaftsgüter, die bereits vorhanden sind und nach der entsprechenden Nutzungsdauer ersetzt werden müssen. Die Vereinfachung besteht konkret in zwei Punkten:

     

    • Die Rücklage kann ohne weitere Begründung gebildet werden. Es genügt, dass ein entsprechendes Wirtschaftsgut vorhanden und zweckgebunden genutzt wird. Die zweckgebundene Nutzung mobiler Anlagegüter rechtfertigt also allein schon die Bildung der Rücklage.

     

    • Die Höhe der Rücklage ergibt sich regelmäßig aus den Abschreibungsraten für das Wirtschaftsgut, das ersetzt werden soll. Detailliertere Nachweise sind nur erforderlich, wenn die zu bildende Rücklage höher sein soll als der Wert des zu ersetzenden Wirtschaftsguts.

     

    Besonderheiten bei Wiederbeschaffungsrücklagen für Immobilien

    Für Immobilien gilt die oben genannte Vereinfachungsregelung nicht (AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 2). Der Neuanschaffungsbedarf ergibt sich also nicht einfach daraus, dass entsprechende Einrichtungen vorhanden sind und in absehbarer Zeit ersetzt werden müssen.

     

    Bei Immobilien muss der Ersatzbedarf eigens begründet werden. Hier müsste also der bauliche Zustand erläutert und daraus eine Begründung abgeleitet werden, warum eine bloße Sanierung der Bauten nicht ausreicht.

     

    PRAXISHINWEIS | Für Sanierungs- und Instandhaltungskosten kann natürlich eine zweckgebundene Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO gebildet werden, wenn die laufenden Einnahmen dafür nicht ausreichen.

     

    Verhältnis zu allgemeinen zweckgebundenen Rücklagen

    In welchem Verhältnis die Wiederbeschaffungsrücklage zur allgemeinen zweckgebundenen Rücklage des § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO steht, ist bisher nicht geklärt. Unklar ist vor allem, ob für Wiederbeschaffungen grundsätzlich die Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO genutzt werden muss.

     

    Gegenüber der Regelung des § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO ergibt sich nämlich regelmäßig eine Beschränkung bei der jährlichen Zuführung zur Rücklage auf die Höhe der AfA-Rate. Dagegen können für Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO beliebig hohe Beträge pro Jahr freigestellt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Im Zweifel sollte also die Regelung des § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (allgemeine zweckgebundene Rücklage) genutzt werden. Ein Rückgriff auf die Wiederbeschaffungsrücklage bietet sich nur an, wenn der Anschaffungszeitpunkt noch unklar ist.

     

    Abweichung von AfA-Dauer und tatsächlicher Nutzung

    In vielen Fällen wird sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nicht mit der wirklichen Nutzungsdauer decken. Wie in diesem Fall zu verfahren ist, ist ebenfalls nicht hinreichend geklärt.

     

    Ist zum Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer noch keine Neuanschaffung nötig, weil das Wirtschaftsgut länger nutzbar ist als es die Abschreibungsdauer ausweist, muss die Wiederbeschaffungsrücklage aber wohl nicht zwingend aufgelöst werden. Weil sich die Neuanschaffung lediglich verschiebt, sollte die Rücklage in entsprechender Höhe bestehen bleiben können, bis die Ersatzinvestition tatsächlich erfolgt. Das wird zumindest gelten, wenn der Zeitraum bis zur tatsächlichen Ersatzinvestition nicht sehr lang ist.

     

    Wichtig | Das BMF hatte noch die Einschränkung vorgenommen, dass eine Zuführung zur Wiederbeschaffungsrücklage dann überhöht sein dürfte, wenn die steuerlich zulässigen (Sonder-)Abschreibungen nicht mit dem tatsächlichen Wertverlust übereinstimmen (BMF, Schreiben vom 17.1.2012, Az. IV A 3 - S 0062/08/10007-12). In der Neufassung des AEAO ist diese Einschränkung aber entfallen. In der Praxis dürfte sie lediglich bei Immobilien eine Rolle spielen. Hier verlangt die Finanzverwaltung aber ohnehin weitere Nachweise über den Investitionsbedarf.

     

    Buchhalterischer Nachweis der Wiederbeschaffungsrücklage

    Die erforderlichen Nachweise für die Bildung von Wiederbeschaffungsrücklagen ergeben sich aus dem neuen Steuerformular GEM 1. Dort müssen für jede Rücklage folgende Angaben gemacht werden:

     

    • Angaben für Bildung einer Wiederbeschaffungsrücklage

    Erforderliche Angabe

    Redaktionelle Hinweise

    Zu ersetzendes Wirtschaftsgut

    Empfehlenswert ist es, das entsprechende Anlagegut kurz zu benennen.

    Voraussichtliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das neue (Ersatz-)Wirtschaftsgut

    In der Regel wird hier der Wert des alten Wirtschaftsguts anzugeben sein. Bei Preisänderungen oder geändertem Bedarf ergibt sich ein entsprechend höherer oder niedrigerer Wert.

    Reguläre Absetzung für Abnutzung des bisheriges Wirtschaftsguts

    Das ist der Abschreibungsbetrag (AfA-Rate), der auf Basis der amtlichen Tabellen monatsgenau ermittelt wird.

    Gesamtbetrag der Zuführung, wenn höhere Zuführung erforderlich

    Sind die Kosten der Ersatzbeschaffung höher als die Anschaffungskosten des vorhandenen Wirtschaftsguts, sollte die AfA-Rate auf Basis des höheren Wiederbeschaffungswerts angegeben werden.

    In diesem Fall ist aber ein Nachweis (= Begründung) erforderlich, warum für die Ersatzbeschaffung höhere Kosten anfallen.

    Auflösung der Rücklage

    Die Rücklage ist aufzulösen, wenn

    • das Wirtschaftsgut angeschafft wird oder
    • die Anschaffung entfällt.

    Kumulierte Rücklage

    Im Steuerformular anzugeben ist auch der bisher gebildete (kumulierte) Gesamtbetrag der Rücklage. Dieser entspricht der Differenz aus der jeweiligen Summe von Zuführungen und Auflösungen.

     

     

    WEITERFÜHRENDE HINWEISE

    • Beitrag „Zeitnahe Mittelverwendung und Rücklagenbildung: Einsatz zweckgebundener Rücklagen optimieren“, VB 8/2014, Seite 7
    • Beitrag in Vorbereitung „So nutzen Sie das Instrument freie Rücklagen optimal“, VB 10/2014

     

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 7 | ID 42897228