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  • · Fachbeitrag · Reform des Gemeinnützigkeitsrechts

    Zweckgebundene Rücklagen: Zwei wichtige Änderungen

    | Auch bei den zweckgebundenen Rücklagen ändert sich durch das „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes“ einiges. So wird eine Rücklage für die Vermögensausstattung anderer steuerbegünstigter oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften neu eingeführt. Gesetzlich verankert wird außerdem die Wiederbeschaffungsrücklage. |

    Die neue Vermögensausstattungsrücklage

    Neu eingeführt wird eine Rücklage für die Vermögensausstattung anderer steuerbegünstigter oder öffentlich-rechtlicher Körperschaften (§ 58 Nr. 3 AO). Die Neuregelung erlaubt, dass „eine Körperschaft ihre Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung, ihre Gewinne aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise und darüber hinaus höchstens 15 Prozent ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwendet“.

     

    Anforderungen an die Mittelverwendung beim bedachten Verein

    Die weiteren Anforderungen für die Mittelverwendung sind:

     

    • Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke müssen den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen.
    • Die zugewendeten Mittel und deren Erträge dürfen nicht für weitere Mittelweitergaben verwendet werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Neu ist dabei nicht nur, dass eine zusätzliche Rücklagenbildung möglich wird, sondern dass es sich um Rücklagen mit expliziter Widmung für das Vermögen des Empfängers handelt. Mittel, die nach § 58 Nr. 2 AO (teilweise Mittelweitergabe) oder § 58 Nr. 1 AO (durch Förderkörperschaften) weitergegeben werden, müssten nämlich vom Empfänger zeitnah verwendet werden. Er konnte sie also über den Zehn-Prozent-Anteil hinaus, der generell in eine freie Rücklage eingestellt werden darf, nicht dem Vermögen zuführen.

    Wofür wird das Geld verwendet?

    Die Art der Vermögensausstattung ist nicht vorgegeben. Denkbar wären:

     

    • Stammkapitaleinlagen bei einer gemeinnützigen GmbH.
    • Die Ausstattung einer gemeinnützigen Stiftung mit Vermögen, auch Zustiftungen.
    • Sonstige Zuwendungen für die Ausstattung einer gemeinnützigen Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens.

     

    PRAXISHINWEISE |

    • Das gilt sowohl für die Neugründung als auch für Vermögensaufstockung bei bestehenden Körperschaften.
    • Der typische Anwendungsfall wird aber die Kapitalausstattung gemeinnütziger GmbH sein.
    • Die Art der weitergegebenen Mittel ist nicht festgelegt. Es könnte sich also auch um Sachvermögen handeln. Insbesondere kommt also auch die Ausgliederung eines Zweckbetriebs in Form einer GmbH-Sachgründung in Frage; 
vorausgesetzt, die betragsmäßigen Obergrenzen für die Mittelweitergabe werden nicht überschritten.

    Gesetzgeber reagiert auf Einschränkungen der Finanzverwaltung

    Die Neuregelung war nötig geworden, weil die Finanzverwaltung seit 2012 die Auffassung vertritt, dass für die Vermögensausstattung von - auch gemeinnützigen - Kapitalgesellschaften keine zeitnah zu verwendenden Mittel eingesetzt werden dürfen (OFD Rheinland, Verfügung vom 20.9.2012, Az. S 0174 - 2012/0005; Abruf-Nr. 130338).

    Das gilt sowohl für

     

    Das betrifft vor allem die Gründung von gemeinnützigen Tochter-GmbHs durch gemeinnützige Organisationen. Die Ausgründung von Zweckbetrieben wäre so erheblich erschwert worden.

     

    Das Berechnungsverfahren zur Rücklagenermittlung

    Zur Einstellung in die Vermögenausstattungsrücklage verwendet werden dürfen

    • 15 Prozent der Einnahmen des ideellen Bereichs,
    • Überschüsse aus der Vermögensverwaltung ganz oder teilweise,
    • Überschüsse/Gewinne aus den Zweckbetrieben ganz oder teilweise sowie
    • Überschüsse/Gewinne aus den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäfts-betrieben ganz oder teilweise.

    Weil die 15-Prozent-Regelung für die sonstigen Mittel analog zu § 58 Nr. 2 AO ist, wird auch hier gelten, dass Berechnungsgrundlage nicht nur die Einnahmen, sondern auch das Vermögen ist. Nicht nur die 15 Prozent der im jeweiligen Jahr zufließenden Mittel dürfen weitergegeben werden. Es können vielmehr sämtliche Vermögenswerte des Vereins in die Berechnung einbezogen werden (OFD Magdeburg, Schreiben vom 20.4.2005, Az. S 0170 - 44 - St 217/S 0177 - 11/12 - St 217; Abruf-Nr. 122000).

    Unklar ist, ob die Mittel zunächst über mehrere Jahre kumuliert werden können, um zum Beispiel das Mindeststammkapital zu erreichen.

    Eine Anrechnung der Vermögensausstattungsrücklage auf freie oder zweckgebundene Rücklagen ist nicht vorgesehen.

    Die Zweckkongruenz

    Die neue Regelung zur Vermögensausstattungsrücklage schreibt vor, dass „die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen“ müssen. Die Satzungszwecke der zuwendenden und der Empfangskörperschaft müssen sich also decken. Dabei wird es aber ausreichen, wenn das für einen Teilzweck gilt.

    Beachten Sie | Nicht erlaubt ist, das Vermögen einer Organisation aufzustocken, die andere Satzungszwecke als der Geber hat. Dafür kämen auch künftig nur freie Rücklagen und Vermögenszuführungen in Frage.

    PRAXISHINWEIS | Die Zweckbindung wird aber nur auf die Vermögenserträge beschränkt, nicht auf die zugewendeten Mittel selbst. Es wäre also auch denkbar, dass die zugewendeten Mittel in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt werden. Wie bei der Verwendung anderer zweckgebundener Mittel darf es hier aber nicht zu einem Verzehr der Mittel durch dauerhafte Verluste kommen.

    Die Mittelverwendung beim Empfänger

    Unabhängig von der Art der Vermögensausstattung dürfen die Mittel beim Empfänger im Vermögen gehalten, müssen also nicht zeitnah verwendet werden. Das hat vor allem Vorteile bei der Kapitalausstattung von GmbH und Stiftungen, weil die Mittel nicht in nutzungsgebundenes Anlagevermögen fließen müssen, sondern in beliebiger Form im Vermögen gehalten werden können. Insbesondere können sie also zur Erzielung von Vermögenserträgen eingesetzt werden - was vor allem für Stiftungen von Bedeutung ist.

    Wichtig | Eine Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO wäre für die Gründung oder Ausstattung einer Stiftung - anders als bei einer GmbH - zwar möglich. Der Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln ist aber nur zulässig, wenn die Empfängerkörperschaft die erhaltenen Mittel ebenfalls zeitnah für ihre steuerbegünstigten Zwecke einsetzt (FinMin Brandenburg, Schreiben vom 22.12.2004, Az. 35 - S 0174 - 3/01; Abruf-Nr. 130339).

    Die Empfangskörperschaft muss die Mittel also nicht etwa für zweckbezogene Tätigkeiten verwenden (zum Beispiel zur Anschaffung nutzungsgebundenen Anlagevermögens), sondern kann sie in der Vermögensverwaltung oder auch für Investitionen in steuerpflichtige Mittelbeschaffungsbetriebe verwenden. Lediglich die Erträge sind zweckgebunden zu verwenden.

    Auch die Mittelausstattung juristischer Personen des öffentlichen Rechts ist zulässig. Als Beispiel nennt die Bundesregierung in ihrer Begründung der Gesetzesänderung die Einrichtung sogenannter Stiftungsprofessuren (Deutscher Bundestag, Drucksache 17/12037).

    Beachten Sie | Die zugewandten Mittel und deren Erträge dürfen vom Empfänger nicht für weitere Mittelweitergaben verwendet werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Mittel nicht fortwährend weitergeleitet werden.

    Die Wiederbeschaffungsrücklage

    Die Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern hatte die Finanzverwaltung bereits im Februar 2012 in den AEAO eingefügt (BMF, Schreiben vom 15.2.2012, Az. IV C 4 - S 0174 - 2/01; Abruf-Nr. 102821).

     

    Sonderfall der zweckgebundenen Rücklage

    Es handelt sich hier um einen Sonderfall der zweckgebundenen Rücklage. Eine grundsätzliche Neuerung stellt die Wiederbeschaffungsrücklage nicht dar. Rücklagen für die Anschaffung von Anlagegütern waren immer schon als zweckgebundene Rücklage möglich. Die Wiederbeschaffungsrücklage vereinfacht lediglich den Nachweis.

     

    Die Abnutzung von Anlagegütern wird wertmäßig über die Abschreibung ausgewiesen und setzt so Mittel für eine künftige Ersatzbeschaffung frei. Geht man davon aus, dass die Kosten für die Ersatzbeschaffung nicht von denen der Erstanschaffung abweichen, müssten gemeinnützige Organisationen ohnehin zweckgebundene Rücklagen in Höhe der Abschreibungen bilden. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gäbe den Zeitrahmen für die Rücklagenbildung vor.

     

    Voraussetzung für die Bildung einer Wiederbeschaffungsrücklage ist, dass

    • eine Neuanschaffung wirklich geplant ist,
    • die Ersatzbeschaffung wertmäßig der Erstanschaffung entspricht und
    • die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, nach der sich die Abschreibungsraten errechnen, der wirklichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts entspricht.

     

    Die Wiederbeschaffungsrücklage vereinfacht den Nachweis, indem davon ausgegangen wird, dass die Abschreibungsraten der erforderlichen Rücklagenbildung entsprechen.

     

    Rücklage in Höhe der jährlichen Abschreibung des Wirtschaftsguts

    Anders als bei allgemeinen zweckgebundenen Rücklagen ergibt sich bei der Wiederbeschaffungsrücklage aber ein fixer Jahresbetrag als fester - vom Abschreibungszeitraum abhängiger - Prozentsatz der Ersatzbeschaffungskosten. Eine vergleichbare Vorgabe gibt es für zweckgebundene Rücklagen sonst nicht. Hier muss die Ansparsumme lediglich im vorgesehen Zeitrahmen erreicht werden, wobei die jährlich zurückgestellten Beträge nicht gleich sein müssen.

     

    Nachweispflichten bei höherer Rücklage

    Eigens nachgewiesen werden muss dann nur noch ein eventuell über die ursprünglichen Anschaffungskosten hinausgehender Finanzbedarf. Das wäre der Fall, wenn es zu Preissteigerungen gekommen ist oder die Ersatzanschaffung - etwa wegen Kapazitätserweiterungen - größer ausfällt. Entsprechend regelt der neue § 62 Nr. 2 AO: „Die Voraussetzungen für eine höhere Zuführung sind nachzuweisen.“ Dafür gelten die schon jetzt für zweckgebundene Rücklagen üblichen Regelungen.

    Wichtig | Eine gesonderte Begründung für die Wiederbeschaffungsrücklage entfällt dagegen. Der zahlenmäßige Ausweis ergibt sich anhand des Anlageverzeichnisses und der Abschreibungszeiträume. Wir gehen deshalb davon aus, dass auch keine eigene Beschlussfassung des Vorstands über die Bildung der Rücklage erforderlich ist.

    Die Finanzverwaltung hält die Wiederbeschaffungsrücklage bei grundsätzlich allen Wirtschaftsgütern für zulässig. Sie schränkt das nur dahingehend ein, dass tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich sein muss (AEAO, Ziffer 10 zu § 58 Nr. 6). Dass die Anschaffung finanziell und zeitlich realistisch sein muss, gilt aber für zweckgebundene Rücklagen allgemein.

    Abweichung von AfA-Dauer und tatsächlicher Nutzung

    In vielen Fällen wird sich die betriebsgewöhnliche nicht mit der wirklichen Nutzungsdauer decken. Wie in diesem Fall zu verfahren ist, ist nicht hinreichend geklärt.

    PRAXISHINWEIS | Kann das Wirtschaftsgut länger genutzt werden als es die betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ausweist, und unterbleibt deshalb (vorerst) eine Neuanschaffung, muss die Wiederbeschaffungsrücklage aber wohl nicht zwingend aufgelöst werden. Wir gehen davon aus, dass die Rücklage in entsprechender Höhe bestehen bleiben kann, weil sich die Neuanschaffung ja lediglich verschiebt. Das wird zumindest gelten, wenn der Zeitraum bis zur Ersatzbeschaffung nicht sehr lang ist.

    Verlangt das Finanzamt die Auflösung der Rücklage, wäre es aber immer noch zulässig, nach den allgemeinen Maßgaben eine zweckgebundene Rücklage für den späteren Zeitpunkt der Ersatzanschaffung zu bilden.

     

    Die Finanzverwaltung hält die Zuführung zur Rücklage lediglich für den Fall für überhöht, wenn die steuerlich zulässigen (Sonder-)Abschreibungen nicht mit dem tatsächlichen Wertverlust übereinstimmen (AEAO, Ziffer 10 zu § 58 Nr. 6). Nur in den Fällen, in denen das von vornherein absehbar ist, dürfte die Rücklage nicht in voller Höhe der Abschreibungen gebildet werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Grundsätzlich werden gemeinnützige Organisationen die Wiederbeschaffungsrücklage als Standardmodell für die Rücklagenbildung nutzen können. Wenn das Finanzamt tatsächlich Einwände äußert, können Rücklagenhöhe und / oder -dauer immer noch angepasst werden.

    Zeiträume für die Rücklagenbildung

    Vorgaben für die Dauer zweckgebundener Rücklagen gab es bisher nicht. Lediglich die OFD Frankfurt vertritt die Auffassung, dass grundsätzlich ein Zeitraum von sechs Jahren nicht überschritten werden sollte (OFD Frankfurt, Schreiben vom 20.2.2012, Az. S 0177 A - 1 - St 53). Das deckt sich in vielen Fällen aber nicht mit den Abschreibungszeiträumen. In der Praxis hat die Finanzverwaltung aber auch Zeiträume von über zwölf Jahren akzeptiert.

    Die gesetzliche Verankerung der Wiederbeschaffungsrücklage stellt sicher, dass auch sehr lange Ansparzeiträume unkritisch sind. Die Bemessungsgrundlage sind ja die amtlichen AfA-Tabellen. Damit ergeben sich gerade bei Gebäuden (zum Beispiel Hallen) recht lange Zeitraume.

     

    Darstellung der Rücklagenbildung in der Mittelverwendungsrechnung

    Die Anschaffung von Anlagegütern ist der typische Fall, bei dem Mittelabflüsse nicht in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung erfasst werden. Bei der Gewinnermittlung bilanzierender Organisationen kämen noch die Wertkorrektur beim Umlaufvermögen und die Rechnungsabgrenzung hinzu.

     

    Zum Anschaffungszeitpunkt stellt sich der Kauf von Anlagegütern, die nicht sofort abgeschrieben werden, als bloße Vermögensumschichtung dar. Erst über die Abschreibungen gehen die Anschaffungskosten als Aufwand in die Erfolgsrechnung ein. Für die Mittelverwendungsrechnung - also den Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung - ist aber der Zu- und Abflusszeitpunkt ausschlaggebend.

     

    Wird die Wiederbeschaffungsrücklage durchgehend genutzt - werden also die gesamten Abschreibungen als Rücklage ausgewiesen -, muss die Anschaffung nutzungsgebundenen Anlagevermögens nicht mehr um die Abschreibungen korrigiert werden. Für die Mittelverwendungsrechnung ergibt sich das folgende Schema:

     

    Mittelverwendungsrechnung

    Überschüsse/Gewinne laut EÜR oder GuV

    ./.

    Zuführung zum nutzungsgebunden Anlagevermögen

    
./.

    Saldo der aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungsposten 
(nur bei Bilanzierern)

    
./.

    Wertkorrektur beim Umlaufvermögen = Inventurdifferenzen

    (nur bei Bilanzierern)

    ./.

    Zuführung zur Wiederbeschaffungsrücklage

    ./.

    Zuführung zu zweckgebundenen Rücklagen

    ./.

    Zuführung zu freien Rücklagen

    
./.

    Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung 
der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften

    ./.

    Vermögenszuführungen nach § 58 Nr. 11 und Nr. 12 AO

    =

    Verbleibende nicht verwendete Mittel 2014

    +

    Mittelvortrag aus 2013

    =

    Mittelvortrag nach 2015

    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 10 | ID 38825720