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  • · Fachbeitrag · Gemeinnützigkeit

    Mittelverwendung und Rücklagenbildung: So setzen Sie freie Rücklagen virtuos ein

    | In keinem Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts hat sich in den letzten beiden Jahren so viel geändert wie bei den Rücklagen und der zeitnahen Mittelverwendung. Lernen Sie in einer Beitragsreihe den aktuellen Stand kennen und stellen Sie Ihr Rücklagen- und Mittelverwendungsmanagement auf eine sichere Basis. Erfahren Sie nachfolgend, warum freie Rücklagen für Vereine mit das interessanteste Rücklageninstrument sind. |

     

    Die freien Rücklagen (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) sind neben den Vermögenszuführungen (§ 62 Abs. 3 AO) die einzige Ausnahme vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, für die weder ein bestimmter Grund (späterer Verwendungszweck) noch ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben ist. Die freien Rücklagen sind auch der Höhe nach nicht begrenzt.

    Jährliche Zuführungs-Obergrenze als einzige Beschränkung

    Einzig für die jährliche Zuführung gibt es Obergrenzen. In die freie Rücklage eingestellt werden darf in jedem Jahr

    • 1. höchstens ein Drittel des Überschusses aus Vermögensverwaltung und
    • 2. zusätzlich maximal zehn Prozent der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel.

     

    Für die Auflösung der freien Rücklagen gibt es keine zeitlichen Vorgaben. Sie können also bestehen bleiben, solange die gemeinnützige Einrichtung existiert. Das ist insbesondere deswegen interessant, weil die Erträge aus diesem Vermögensstock - als Einnahmen der Vermögensverwaltung - steuerfrei bleiben und diese Erträge wiederum eine höhere (ein Drittel der Überschüsse) Rücklagenbildung erlauben.

     

    Ein-Drittel-Regelung für Überschüsse aus der Vermögensverwaltung

    Zur Vermögensverwaltung gehören

    • Miete und Pacht aus Immobilienbesitz (nur langfristige Vermietung),
    • Erträge aus Wertpapieren,
    • Zinsen aus Bank- und Sparguthaben,
    • Erlöse aus dem Verkauf von Grundstücken (soweit sie nicht zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehören) und
    • Einnahmen aus der Verpachtung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (zum Beispiel Vereinsgaststätte).

     

    Bei der Ermittlung des Überschusses werden als Kosten Aufwendungen in Form von Werbungskosten berücksichtigt. Das sind im Wesentlichen alle Aufwendungen, die sich aus der vermögensverwaltenden Tätigkeit ergeben (zum Beispiel Betriebskosten, Grundsteuer, Konto- und Depotgebühren). Verschiedene vermögensverwaltende Tätigkeiten (zum Beispiel Zinserträge, Vermietung) werden bei der Berechnung zusammengefasst.

     

    Zehn-Prozent-Grenze für die Rücklage aus sonstigen Mitteln des Vereins

    Für die Zehn-Prozent-Grenze zur Bildung einer freien Rücklage aus sonstigen Mitteln des Vereins werden

    • die Überschüsse/Gewinne aus den Zweckbetrieben,
    • die Überschüsse/Gewinne aus den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und
    • die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich

    zugrunde gelegt.

     

    Wichtig ist, dass als Bemessungsgrundlage für den ideellen Bereich die Einnahmen - nicht die Überschüsse - gewertet werden.

     

    Zweckbetriebe und wirtschaftliche Geschäftsbetriebe werden getrennt, aber jeweils summiert betrachtet. Gewinne und Verluste aus den verschiedenen Aktivitäten der beiden steuerlichen Bereiche werden jeweils verrechnet. Die Ermittlung der Überschüsse (Bemessungsgrundlage) erfolgt aber für den Zweckbetrieb und den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb getrennt. Verluste im Zweckbetrieb mindern also nicht die Bemessungsgrundlage für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

     

    Die Erträge der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe werden nach Steuer zugrunde gelegt. Eventuelle fällige Körperschaft- und Gewerbesteuern müssen also vom ermittelten Überschuss abgezogen werden, bevor der Rücklagenanteil errechnet wird (AEAO Ziffer 12 zu § 58 Nr. 6).

     

    Wichtig | Bei bestimmten steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben können die Gewinne pauschal ermittelt werden (§ 64 Abs. 5 und 6 AO). Das gilt zum Beispiel für Altmaterialsammlungen oder Werbeeinnahmen in Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit. Für die Berechnung der maximalen Rücklagenzuführung können hier aber statt der pauschalierten auch die tatsächlichen Gewinne unterlegt werden (AEAO, Ziffer 10 zu § 62).

    Nicht ausgeschöpfte Rücklage kann vorgetragen werden

    Seit diesem Jahr ist die Bemessung der Höchstgrenzen für die Bildung freier Rücklagen nicht mehr auf das jeweilige Kalenderjahr bezogen. Wird die Höchstgrenze in einem Jahr nicht voll ausgeschöpft, kann das in den beiden Folgejahren nachgeholt werden (§ 62 Absatz 2 Nr. 3 AO).

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Gemeinnützige Körperschaften können also künftig das nicht ausgeschöpfte Volumen für die freie Rücklage für zwei Jahre vortragen. Grundsätzlich erweitert sich dadurch das Potenzial für die Bildung freier Rücklagen.
    • Die Neuregelung ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Eine Nachholung nicht ausgeschöpfter Rücklagen ist also erstmals im Jahr 2014 für die Jahre 2012 und 2013 möglich.
     

    So wird die freie Rücklage berechnet

    Die Bemessungsgrundlage der Rücklage muss für jedes Jahr getrennt ermittelt werden. Ist in einem Jahr die rechnerische Höchstgrenze niedriger als die überschüssigen Mittel, wird die Differenz ins nächste Jahr vorgetragen, mithin also zur Höchstgrenze des Folgejahres addiert. Sind auch im Folgejahr nicht genügend Mittelüberhänge vorhanden, um beides auszuschöpfen, kann der Vortrag aus dem ersten ins dritte Jahr übernommen werden. Eine weitere Kumulation der Vorträge ist nicht möglich. Eine Höchstgrenze, die im Jahr 2014 nicht ausgeschöpft werden konnte, verfällt im Jahr 2017.

     

    Wichtig | Vorgetragen werden nicht ausgeschöpfte Höchstgrenzen, nicht Mittelüberhänge. Waren die verfügbaren Mittel in einem Jahr also größer als die ausgeschöpfte Höchstgrenze für die Rücklagenbildung, ist deswegen im Folgejahr keine höhere Rücklagenbildung möglich.

     

    • Beispiel

    2014

    1

    Höchstgrenze für die Bildung freier Rücklagen insgesamt

    16.000,00 Euro

    2

    ./. tatsächlich gebildete Rücklage

    7.800,00 Euro

    3

    = Vortrag

    8.200,00 Euro

    2015

    4

    Höchstgrenze für die Bildung freier Rücklagen insgesamt

    17.000,00 Euro

    5

    + Vortrag aus 2014

    8.200,00 Euro

    6

    = Höchstgrenze für die Rücklagenbildung

    25.200,00 Euro

    7

    ./. tatsächlich gebildete Rücklage

    18.000,00 Euro

    8

    verbleibender Vortrag aus 2014 (= 4 ./. 7 + 5)

    7.200,00 Euro

    9

    Vortrag aus 2015 (= 4 ./. 7)

    0,00 Euro

    2016

    10

    Höchstgrenze für die Bildung freier Rücklagen insgesamt

    15.000,00 Euro

    11

    + in 2014 nicht ausgeschöpfter Vortrag aus 2013

    7.200,00 Euro

    12.

    + Vortrag aus 2015

    0,00 Euro

    13

    = Höchstgrenze für die Rücklagenbildung

    22.200,00 Euro

    14

    ./. tatsächlich gebildete Rücklage

    20.000,00 Euro

    15

    Vortrag

    0,00 Euro

    2017

    16

    Höchstgrenze für die Bildung freier Rücklagen insgesamt

    15.000,00 Euro

    17

    + in 2016 nicht ausgeschöpfter Vortrag aus 2016

    0,00 Euro

    18

    + Vortrag aus 2016

    0,00 Euro

    19

    = Höchstgrenze für Rücklagenbildung

    15.000,00 Euro

    20

    ./. tatsächlich gebildete Rücklage

    13.000,00 Euro

    21

    Vortrag

    2.000,00 Euro
     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zusätzlichen zu den bisherigen Beiträgen im Archiv finden Sie in der nächsten Ausgabe noch einen Beitrag zum Thema „Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten“.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 8 | ID 42975231