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  • · Fachbeitrag · Unfallversicherung

    Die Verjährung bei unterbliebener ärztlicher Feststellung der Invalidität

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke

    • 1. An die ärztliche Feststellung sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es muss aber zumindest darin festgestellt werden, dass das Unfallereignis für den Dauerschaden (mit-)ursächlich ist.
    • 2. Ist der VN einer Unfallversicherung erkennbar belehrungsbedürftig bezüglich der Fünfzehnmonatsfrist für die Vorlage der ärztlichen Invaliditätsfeststellung, so kann sich der VR bei unterbliebener Belehrung nach Treu und Glauben nicht auf das Fristversäumnis berufen.
    • 3. Die Ablehnung von Leistungen begründet regelmäßig die Fälligkeit eines etwa doch bestehenden Anspruchs. Der Verjährungsbeginn setzt aber voraus, dass der Versicherungsanspruch zum Zeitpunkt der Leistungsablehnung bereits entstanden ist. Das ist nicht der Fall, wenn es an einer ärztlichen Feststellung unfallbedingter Invalidität fehlt.

    (OLG München 17.1.12, 25 U 620/11, Abruf-Nr. 121897)

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die Kläger machen als Erben des im Mai 2007 verstorbenen VN Ansprüche auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung geltend. Der VN war am 1.10.01 beim Badmintonspiel umgeknickt und hatte sich dabei einen Abriss des Außenmeniskus zugezogen. Fünf Wochen später verschlechterte sich die gesundheitliche Situation des VN so dramatisch, dass er in ein Wachkoma verfiel. Im Oktober 2002 meldete die Ehefrau des VN Invaliditätsansprüche unter Hinweis auf das Unfallereignis und das Wachkoma beim VR an. Im Mai 2003 lehnte der VR, nachdem eine von ihm eingeholte ärztliche Stellungnahme einen Unfallzusammenhang nicht zu erkennen vermochte, Leistungen ab. Erstmals bei der Obduktion des VN Mitte 2007 wurde festgestellt, dass es infolge des Unfalls zu einer Beinvenenthrombose gekommen war, die zu einer Lungenembolie und damit zu einem Gehirnschaden und schließlich zum Versterben geführt hat. Die nunmehr von den Erben des VN weiterverfolgten Ansprüche lehnte der VR u.a. deswegen ab, weil es an einem Unfall und an einer fristgerechten ärztlichen Feststellung fehle und weil die Ansprüche auch verjährt seien. Die Klage hat in beiden Instanzen Erfolg gehabt.

     

    Das Bestreiten des Unfallereignisses erstmals in der Berufungsinstanz stelle ein gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unzulässiges neues Vorbringen dar. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des Unfallbegriffs auch erfüllt. Eine fristgerechte ärztliche Feststellung liege zwar nicht vor. Diese sei erstmals in dem Obduktionsbericht vom 9.7.07 zu sehen. Auf die Verspätung könne sich der VR aber nach Treu und Glauben nicht berufen, weil aufgrund der Invaliditätsanmeldung ohne Vorlage einer ärztlichen Feststellung bei erkennbar vorliegender Invalidität (Wachkoma) Belehrungsbedürftigkeit bestanden habe. Die Ehefrau des VN habe bei entsprechender Belehrung damals durchaus eine reelle Chance gehabt, binnen der verbleibenden Zeit bis Jahresende 2002 einen Arzt zu finden, der ihre Vermutung teilt.