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  • · Fachbeitrag · Spenden

    BFH: Spenden an verbundene Stiftung können verdeckte Gewinnausschüttung sein

    von Wolfgang Pfeffer, Drefahl

    | Die mäzenatische Betätigung von Unternehmen kann zum Problem werden, wenn der Spendenempfänger eng mit dem Unternehmen verbunden ist. Die Spenden können dann eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) sein. Das zeigt ein Fall, den der BFH entschieden hat. SB stellt das Urteil vor und erläutert die Auswirkungen auf die Praxis. |

    Streit um Zuwendung an gemeinnützige Stiftung

    Eine GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter ein Ehepaar war, hatte Kunstwerke von erheblichem Wert an eine gemeinnützige Stiftung gespendet, die beide als einzige Stifter gegründet hatten und als Vorstand führten. Zweck der Stiftung war die Förderung von Kunst und Kultur. Dieser Zweck sollte u. a. dadurch verwirklicht werden, dass die von den Eheleuten in die Stiftung eingebrachte Sammlung von Kunstwerken gepflegt und als Dauerleihgabe einer städtischen Galerie oder einem Kunstmuseum zur Verfügung gestellt wird.

     

    Das Finanzamt verweigerte den Spendenabzug mit der Begründung, es handele sich bei den Spenden um eine vGA an das Ehepaar als Gesellschafter. Die Klage der GmbH gegen das Finanzamt blieb vor dem FG Köln (Urteil vom 21.03.2018, Az. 10 K 2146/16) erfolglos. Der BFH bestätigt das Urteil der Vorinstanz (BFH, Beschluss vom 13.07.2021, Az. I R 16/18, Abruf-Nr. 226179).

    BFH bejaht vGA bei Sachspende an Stiftung

    In den Augen des BFH sind die Spenden eine vGA, weil sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen GmbH und Stiftung veranlasst sind.

     

    In diesen Fällen kommt bei Spenden eine vGA in Frage

    Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG sind Spenden an gemeinnützige Organisationen einkommensmindernd abziehbar. Diese Regelung gilt aber ausdrücklich nur „vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 KStG“, der die Behandlung von vGA regelt. Spenden können also grundsätzlich eine vGA sein. Eine vGA kommt nicht nur bei Leistungen an die Gesellschafter selbst in Frage. Auch Leistungen an den Gesellschaftern „nahestehende Personen“ können vGA sein.

     

    Steuerliche Folgen der vGA

    Steuerlich bedeutet die Einordnung als vGA Folgendes:

     

    • Die vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern. Die vGA wird deshalb auf Gesellschaftsebene als eine Gewinnverwendung behandelt und der Gewinn entsprechend besteuert. Die Gesellschaft muss dann die Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent einbehalten. Steuerlich belastet sind also die Gesellschafter.

     

    • Auf Seiten der gemeinnützigen Einrichtung als Spendenempfänger entstehen keine steuerlichen Folgen. Hier sind die Spenden als freigebige Zuwendungen steuerfreie Einnahmen ‒ unabhängig davon, ob sie beim spendenden Unternehmen steuerlich abzugsfähig sind.

     

    Kriterien für eine vGA

    vGA sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Vermögensminderungen bzw. verhinderte Vermögensmehrungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann angenommen werden, wenn die Kapitalgesellschaft

    • ihrem Gesellschafter oder
    • einer diesem nahestehenden Person

    einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.

    BFH konkretisiert nahestehende Person

    Der BFH betont, dass eine vGA auch dann in Betracht kommen kann, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Für die vGA an eine nahestehende Person gelten die analogen Kriterien wie bei vGA an Gesellschafter. Ein solches Näheverhältnis liegt also vor, wenn die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.

     

    Wichtig | Das „Nahestehen“ fasst der BFH dabei sehr weit. Es umfasst jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und einem Dritten, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Solche Beziehungen können ‒ so der BFH ‒

    • familienrechtlicher,
    • gesellschaftsrechtlicher,
    • schuldrechtlicher oder auch
    • rein tatsächlicher Art sein.

     

    Auch gemeinnützige Einrichtung kann nahestehende Person sein

    Diese Maßstäbe gelten auch für die steuerrechtliche Beurteilung von Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträgen) einer Kapitalgesellschaft an eine gemeinnützige Organisation, betont der BFH.

     

    Ein solches Näheverhältnis bzw. eine Veranlassung einer Spende durch das Gesellschaftsverhältnis kann zwar nicht bereits dann angenommen werden, wenn sich ein Gesellschafter mit den Zielen des Begünstigten identifiziert. Spenden werden ‒ so der BFH ‒ typischerweise aus einer ideellen Nähe des Spenders zum Empfänger heraus geleistet. Eine bloße „gemeinnützige“ Motivation genügt aber nicht, um eine vGA auszuschließen. Dann würde die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, die klarstellt, dass Spenden grundsätzlich vGA sein können, weitgehend ausgehöhlt. Auch die Förderung der Allgemeinheit durch die Spende spielt keine Rolle, weil das eine grundsätzliche Anforderung an die Gemeinnützigkeit ist.

     

    Wichtig | Eine Spende ist daher jedenfalls dann als vGA zu werten, so der BFH, wenn sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Empfänger (= gemeinnützige Organisation) und dem Gesellschafter der spendenden Kapitalgesellschaft veranlasst ist.

     

    Auch Stiftung kommt als nahestehende Person in Frage

    Ein solches zu einer vGA führendes Näheverhältnis kann auch zu einer gemeinnützigen Stiftung bestehen.

     

    • Das „Näheverhältnis“ ‒ so der BFH ‒ hängt nicht von einer Beteiligung oder Mitgliedschaft des Anteilseigners an der Stiftung oder dessen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Stiftung ab. Entscheidend ist vielmehr, ob die Kapitalgesellschaft einem Dritten bzw. einer gemeinnützigen Körperschaft einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Stiftungen unterscheiden sich hier nicht von anderen gemeinnützigen Körperschaften.

     

    • Es muss auch mit der Zuwendung kein Vorteil für den Gesellschafter verbunden sein. Auch Zuwendungen, die ausschließlich für die nahestehende Person einen Vorteil bedeuten, können durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein.

     

    • Eine vGA bei Zuwendungen an Stiftungen ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Stiftungsvermögen durch die Stiftungssatzung oder das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht gebunden ist oder sie staatlich beaufsichtigt werden. Auch wenn eine Stiftung durch diese Regelungen in ihren Verfügungsmöglichkeiten beschränkt ist, unterscheidet sie sich nicht wesentlich von anderen gemeinnützigen Organisationen bzw. Körperschaften.

     

    Der BFH sah im Urteilsfall zwei Hauptkriterien für das Näheverhältnis als erfüllt an: Die Zuwendungen waren ausschließlich in der Person der Gesellschafter begründet. Und sie waren nicht fremdüblich.

     

    • Gründe in der Person der Gesellschafter sah der BFH darin, dass
      • die Gesellschafter die Stiftung als einzige Stifter gegründet hatten und mit drei weiteren Vorständen über das in der Stiftung verselbstständigten Vermögens bestimmten,
      • die Stiftung keine Verbandsstruktur hatte, an der die Gesellschafter mitgliedschaftlich berechtigt waren.

     

    • Dass die Spenden nicht fremdüblich waren, sah der BFH darin, dass
      • die Stiftung von der Gesellschaft besonders hohe Zuwendungen erhielt, die den maximalen jährlichen Spendenabzug teils überschritten,
      • die GmbH Spenden an andere gemeinnützige Einrichtungen dagegen nur in geringer Höhe leistete.

    Eine solche einseitige Ausrichtung des Spendenverhaltens wies auf dessen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hin.

    Vorteile bei Gesellschaftern und Stiftung

    Eine weitere Voraussetzung für eine vGA ist, dass sie bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auslöst. Dafür genügt, wenn eine dem Anteilseigner nahestehende Person aus einer Vermögensverlagerung einen Nutzen zieht. Bei einer gemeinnützigen Stiftung liegt ein solcher Nutzen u. a. vor, wenn sie dadurch in die Lage versetzt wird, ihrem Satzungszweck nachzugehen.

     

    Ausschlaggebend für die Bewertung der Spenden als vGA war für den BFH, dass den Gesellschaftern durch die Zuwendung der GmbH an die Stiftung den Vorteil einer von den Gesellschaftern gewünschten (zusätzliche) Förderung erhielt, ohne dass sie selbst dafür Mittel aufwenden mussten. Daneben erhielt auch die Stiftung einen Vorteil.

     

    Ein sonstiger Bezug beim Gesellschafter entsteht nicht nur, wenn er sich eigenen Aufwand erspart, der ihm aus einer rechtlichen oder sonstigen Verpflichtung entsteht. Der Gesellschafter muss durch die Spende auch nicht einen feststellbaren „Reputationsvorteil“ haben.

     

    Der BFH betont, dass es reicht, wenn ein entsprechender Vorteil bei der nahestehenden Person eintritt, der aufgrund des Näheverhältnisses dem Gesellschafter zuzurechnen ist. Diese Voraussetzung ist bereits dann erfüllt, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Dieser Nutzen entsteht im Urteilsfall schon dadurch, dass die Stiftung die ihr von der GmbH zugewendeten Kunstwerke verwendet hat, um ihren satzungsmäßigen Zweck zu verfolgen, so der BFH.

    Konsequenzen für die Zuwendungspraxis

    Bei Sachspenden von einer Kapitalgesellschaft an eine gemeinnützige Stiftung besteht stets die Gefahr, dass eine vGA vorliegt. Dies gilt vor allem, wenn der Stifter oder nahe Angehörige des Stifters zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sind; wenn sie also personell verbunden sind.

     

    Der BFH zieht die Grenzen für eine vGA sehr weit. Indiz dafür kann bereits sein, dass die Zuwendungen fast ausschließlich an eine bestimmte gemeinnützige Organisation gehen oder sie ungewöhnlich hohe Zuwendungen erhält.

     

    PRAXISTIPP | Grenzfälle zwischen Spende und vGA lassen sich in der Praxis verlässlich nur durch eine rechtsverbindlich (verbindliche) Auskunft vor der Zuwendung klären. Diese legt die Kapitalgesellschaft bei dem für sie zuständigen Finanzamt ein. Nur so lässt sich angesichts der erheblichen Unsicherheiten und möglichen Nachteile für die Kapitalgesellschaft Planungssicherheit bei der Zuwendung erlangen.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2022 | Seite 10 | ID 47886224