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  • · Fachbeitrag · Satzung/Gemeinnützigkeit

    Aktuelle Aspekte des BFH zur formellenSatzungsmäßigkeit und Vermögensbindung

    von Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn, www.ra-roecken.de

    | Den ersten Aufschlag zur Erlangung der Steuerbegünstigung macht die Stiftung mit ihrer Satzung. Diese muss den Anforderungen der §§ 59, 60 AO genügen, damit die Finanzverwaltung den Feststellungsbescheid nach § 60a AO erteilen kann. Der BFH hat sich aktuell in mehreren Entscheidungen zu verschiedenen Aspekten der Satzungsgestaltung geäußert, die SB für Sie zusammengefasst hat. Da die zuletzt veröffentlichte Entscheidung eine österreichische Stiftung betraf, ist das Thema auch für grenzüberschreitende Sachverhalte von Bedeutung. |

    Prüfungsmaßstab: Nationales Recht

    In der zuletzt veröffentlichten Entscheidung des BFH ging es um eine Stiftung, die im österreichischen Stiftungs- und Fondsregister eingetragen war und nach ihrer Satzung ausschließlich gemeinnützige und mildtätige Zwecke i. S. d. § 37 Österreichische Bundesabgabenordnung (BAO) verfolgte. Sie verlangte den Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 60a AO, weil sie auch in Deutschland ihre Aktivitäten umsetzen wollte.

     

    Nach Ansicht des BFH ist der Maßstab der Prüfung, ob die formelle Satzungsmäßigkeit nach § 60a Abs. 1 S. 1 AO gegeben ist, das nationale Recht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Körperschaft im In- oder Ausland ansässig ist. Der nationale Gesetzgeber sei auch aus Gründen des Unionsrechts nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus nach ausländischem Recht anzuerkennen. Denn es steht den Mitgliedstaaten frei, welche Interessen der Allgemeinheit sie dadurch fördern wollen, dass sie Vereinigungen und Stiftungen Vergünstigungen gewähren, die selbstlos mit diesen Interessen zusammenhängende Ziele verfolgen (BFH, Urteil vom 18.08.2022, Az. V R 15/20, Abruf-Nr. 233189).

    Anforderungen an die begünstigten Zwecke

    Nach § 51 Abs. 1 S. 1 AO unterscheidet man zwischen den gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken. Hier ist es zunächst erforderlich, dass diese Art der Steuerbegünstigung ausdrücklich im Wortlaut der Satzung festgelegt und enthalten sein muss (FG Hessen, Urteil vom 27.11.2020, Az. 4 K 619/18, Abruf-Nr. 221360). Denn die Prüfung der übrigen Satzungsbestimmungen kann erst anhand der konkreten Voraussetzungen der ausdrücklich genannten Steuerbegünstigung erfolgen.

     

    Keine Mildtätigkeit ohne entsprechende Satzungsregelung

    Beschränkt sich eine Körperschaft in der Satzung auf die ausschließliche und unmittelbare Verfolgung gemeinnütziger Zwecke, ist es nicht möglich, die Satzung dahingehend auszulegen, dass auch mildtätige Zwecke nach § 53 AO verfolgt werden. Der Satzungszweck und die Art seiner Verwirklichung müssen so konkret wie möglich formuliert sein. So sieht es der BFH (Urteil vom 01.02.2022, Az. V R 1/20, Abruf-Nr. 230787).

     

    PRAXISTIPP | Natürlich kann eine Körperschaft auch gleichzeitig gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke verfolgen. Dann muss sie diese Zwecke eindeutig in der Satzung benennen. Und sie muss dort auch angeben, wie die einzelnen Zwecke konkret verwirklicht werden. Denn ohne eine solche Festlegung in der Satzung bleibt unklar, anhand welcher Steuerbegünstigung die jeweiligen eigenständigen Voraussetzungen (vgl. §§ 52, 53 und 54 AO) zu prüfen sind.

     

    Wiedergabe der Zwecke nach § 52 Abs. 2 AO

    Der BFH ließ die Frage offen, ob der konkrete gemeinnützige Zweck, wie er sich aus dem Katalog des § 52 Abs. 2 S. 1 AO ergibt, wortwörtlich in der Satzung angegeben sein muss. Nach seiner Rechtsprechung sind der Satzungszweck und die Art der Verwirklichung so weit wie möglich zu konkretisieren (BFH, Beschluss vom 24.03.2021, Az. V R 35/18, Abruf-Nr. 223632; BFH, Urteil vom 18.08.2022, Az. V R 15/20, Abruf-Nr. 233189). Hier reicht es aus, wenn sich der begünstigte Zweck und die Art seiner Verwirklichung durch Auslegung der Gesamtheit der Satzungsbestimmungen ergeben.

     

    PRAXISTIPP | Unklarheiten gehen zulasten dessen, der sich auf die Steuervergünstigung beruft (BFH, Urteil vom 26.02.1992, Az. I R 47/89). Vor diesem Hintergrund sollte auch der konkrete gemeinnützige Zweck aus dem Katalog des § 52 Abs. 2 S. 1 AO wortwörtlich übernommen werden.

     

    Anforderungen an die satzungsmäßige Vermögensbindung

    Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung liegt nach § 61 Abs. 1 AO nur vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei der Auflösung oder der Aufhebung der Stiftung oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob dieser steuerbegünstigt ist. Diese Regelungen über die Vermögensbindung müssen in der Satzung selbst getroffen werden. Die Berücksichtigung außerhalb der Satzung liegender Begleitumstände widerspricht dem Gebot des Buchnachweises.

     

    Enthält die Satzung zwar Regelungen zur Vermögensbindung für den Fall der Auflösung, nicht jedoch für den Zweckwegfall, genügt sie nicht dem Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung (BFH, Urteil vom 26.08.2021, Az. V R 11/20, Abruf-Nr. 227298).

     

    FAZIT | Stiftungen sollten die Vorgaben zur formellen Satzungsmäßigkeit bei der Gestaltung der Satzungsbestimmungen ernst nehmen. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten sie ihren Satzungstext im Vorfeld von Gründungen oder Änderungen mit der Finanzverwaltung eng abstimmen, insbesondere bezüglich der satzungsmäßigen Festlegung der Zwecke und des Wegfalls des bisherigen Zwecks.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2023 | Seite 77 | ID 49027089