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  • · Fachbeitrag · Umstrukturierung

    So gelingt die Umstrukturierung eines gemeinnützigen Vereins in eine gemeinnützige Stiftung

    von Rechtsanwalt und Notar a. D. Jürgen Gemmer, Fachanwalt für Steuerrecht, Magdeburg

    | In der Praxis besteht ein Bedürfnis, gemeinnützige Körperschaften, überwiegend Vereine, in eine Stiftung bürgerlichen Rechts zu transformieren. Der Begriff „transformieren“ ist deshalb gewählt, weil das Gesetz eine Umwandlung auf der Grundlage des Umwandlungsgesetzes (UmwG) nicht vorsieht. Der Beitrag erläutert, welche Schritte zur Umstrukturierung notwendig sind, in welcher Reihenfolge dies zu geschehen hat und welche steuerrechtlichen Aspekte betrachtet werden müssen. |

    Der praktische Hintergrund solcher Umstrukturierungen

    Die Anzahl der Mitglieder nimmt bei vielen Vereinen ab. Das ist vorrangig dem demographischen Wandel und einem gewandelten Freizeitverhalten in großen Teilen der Bevölkerung geschuldet. Bei sinkender Mitgliederzahl wird das Risiko gesteigert, dass neu eintretende Mitglieder einen beherrschenden Einfluss erlangen und die bestehende Vereinsstruktur nachhaltig ändern.

     

    Vor diesem Hintergrund besteht vielfach der Wunsch, einen Verein in eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts zu transformieren. Ziel ist es, die bisherige Struktur in einer auf Dauer errichteten, der staatlichen Aufsicht unterstehenden Stiftung, zu verfestigen. Neben diesem Hauptzweck ist die Errichtung einer Stiftung auch aus ertragsteuerlicher Sicht besonders interessant (siehe unten „Ertragsteuern“). Die Transformation bzw. Umstrukturierung von Verein auf Stiftung vollzieht sich in mehreren Schritten.

    Schritt 1: Die Errichtung der Stiftung

    In einem ersten Schritt wird eine steuerbegünstigte Stiftung errichtet. Bei deren Errichtung ergeben sich im Kontext der Ausgangslage keine Besonderheiten hinsichtlich Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung. Insoweit kann auf bewährte Muster zurückgegriffen werden. Bei der Frage, welche Personen seitens des Vereins an der Errichtung mitwirken, bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten:

     

    • 1. Der Verein selbst errichtet die Stiftung.
    • 2. Die Vereinsmitglieder errichten die Stiftung.
    • 3. Verein und Vereinsmitglieder errichten die Stiftung gemeinsam.

     

    Wichtig | Errichten nur die Vereinsmitglieder die Stiftung, können gemeinnützigkeitsrechtliche Probleme bei der Vermögensübertragung auftreten, es sei denn, die Vereinsmitglieder sind selbst steuerbegünstigt oder handeln als Treuhänder (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO). In diesem Fall ist eine enge Abstimmung mit dem Finanzamt unerlässlich, dürfte aber auch die zeitintensivste Alternative sein. Im Ergebnis ist dieser Weg aus den genannten Erwägungen nicht zu empfehlen.

     

    Sollte ‒ wie häufig ‒ angestrebt werden, den Verein aufzulösen, sprechen vielleicht taktische Überlegungen für die dritte Variante „Verein und Vereinsmitglieder errichten gemeinsam“. Denn generell ist darauf zu achten, dass die handelnden Personen beim Verein und in der Stiftung, zumindest während der Übergangsphase, identisch sind. Das hilft, Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden, die zu einer Verzögerung oder sogar zu einer Gefährdung der Umstrukturierung führen könnten. Da diese Variante sicherstellt, dass nicht nur Vereinsfunktionäre aktiv in die Umstrukturierung eingebunden sind, sondern auch die Mitglieder, lässt sich das erstrebte Ziel vielleicht am einfachsten erreichen. Aber auch die Errichtung nur durch den Verein ist eine Variante, die abhängig vom Einzelfall eine gute Wahl ist.

     

    Die Satzungsbestimmung, die den Empfänger des Vereinsvermögens im Fall einer Liquidation benennt, muss nicht zwingend geändert werden. Wenn allerdings auch das Restvermögen bei der Stiftung anfallen soll, wird eine Änderung der Bestimmung im Regelfall unumgänglich sein. Es sei denn, die bestehende Formulierung ist weit genug gefasst und lässt die Übertragung auch auf die Stiftung zu.

    Schritt 2: Übertragung des Vereinsvermögens auf Stiftung

    Bei der Übertragung des Vereinsvermögens auf die Stiftung kommen drei Modelle in Frage.

     

    1. Sofortige unentgeltliche Vermögensübertragung an die Stiftung

    Die sofortige unentgeltliche Vermögensübertragung an die Stiftung ist risikobehaftet und deshalb nicht empfehlenswert. Das liegt daran, dass bei der Liquidation des Vereins ein Sperrjahr nach § 51 BGB zu beachten ist, der Verein also erst nach Ablauf eines Sperrjahrs beendet werden darf.

     

    2. Verein verkauft Wirtschaftsgüter an Stiftung

    Alternativ kommt ein Verkauf der Wirtschaftsgüter des Vereins an die Stiftung in Betracht. Der Kaufpreis kann dem Buchwert des gesamten Vereinsvermögens entsprechen (siehe auch unter „Schenkungsteuer“). Er sollte aber nur Schritt für Schritt und in der jeweils notwendigen Höhe abgerufen werden, damit den Liquidatoren die Mittel zur Erfüllung der aktuell fälligen Verbindlichkeiten des Vereins zur Verfügung stehen.

     

    Alternativ können die Liquidatoren aber auch versuchen, mit den Vertragspartnern eine Schuldübernahme (§§ 414 f. BGB) oder einen Schuldbeitritt durch die Stiftung zu vereinbaren. Die Stiftung selbst kann sich zu der Schuldübernahme erst ab dem Zeitpunkt ihrer Anerkennung verpflichten, weil sie nach herrschender Ansicht erst in diesem Zeitpunkt Trägerin von Rechten und Pflichten ist. Mit dem Gläubiger kann der Verein dennoch gleichwohl eine solche Vereinbarung unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) der Anerkennung der Stiftung und ihrer späteren Zustimmung treffen.

     

    Wichtig | Mit Abschluss der Liquidation wird in einem zweiten Schritt der Kaufpreisanspruch des Vereins gegen die Stiftung an diese als Vermögensanfallberechtigte übertragen und erlischt als Folge der Vereinigung von Forderung und Schuld (Konfusion).

     

    3. Verein wendet Stiftung Vereinsvermögen nach § 58 Nr. 1 AO zu

    Als dritte Variante kommt die Übertragung wesentlichen Vereinsvermögens als Zuwendung im Sinn von § 58 Nr. 1 AO, also noch vor der Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins, in Betracht. In diesem Fall greift die Vermögensbindungsklausel nicht ein.

     

    PRAXISTIPP | Sollte das Vereinsvermögen im Liquidationsstadium übertragen werden, die bedachte Stiftung aber nicht als satzungsgemäße Anfallsberechtigte bestimmt sein, empfiehlt es sich, mit dem Finanzamt abzustimmen, ob die vorherige wirksame Änderung der Vermögensbindungsklausel entbehrlich ist.

     

    Schritt 3: Verein wird liquidiert

    Der letzte Schritt der Transformation besteht darin, dass der Verein liquidiert wird. Die Checkliste zeigt, was in dem Zusammenhang zu veranlassen ist.

     

    Checkliste / Liquidation eines Vereins

    Auflösung des Vereins durch Beschluss der Mitgliederversammlung. Der Beschluss bedarf gemäß § 41 BGB einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen, sofern die Vereinssatzung nichts anderes bestimmt.

    Die Auflösung des Vereins ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern (§ 50 Abs. 1 BGB). Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mitteilung zur Anmeldung aufzufordern (§ 50 Abs. 2 BGB).

    Die Liquidation erfolgt im Regelfall durch den Vorstand. Zu Liquidatoren können auch andere Personen bestellt werden.

    Für die Bestellung sind die für die Bestellung des Vorstands geltenden Vorschriften maßgeblich (§ 48 Abs. 1 BGB).

    Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vorstands, soweit sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein anderes ergibt (§ 48 Abs. 2 BGB). Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so sind sie nur gemeinschaftlich zur Vertretung befugt und können Beschlüsse nur einstimmig fassen, sofern nicht ein anderes bestimmt ist (§ 48 Abs. 3 BGB).

    Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den verbleibenden Überschuss an den Anfallberechtigten auszukehren. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind (§ 49 Abs. 1 BGB).

    Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen (§ 52 Abs. 1 BGB). Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zurzeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen den Anfallberechtigten nur dann ausgekehrt werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist (§ 52 Abs. 2 BGB).

    Das Vermögen darf den Anfallberechtigten nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins ausgekehrt werden (§ 51 BGB).

    Liquidatoren, welche ihre Verpflichtungen verletzen oder vor der Befriedigung der Gläubiger Vermögen an die Anfallberechtigten auskehren, sind den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich, sofern ihnen ein Verschulden zur Last fällt. Sie haften als Gesamtschuldner (§ 53 BGB).

    Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert (§ 49 Abs. 2 BGB).

     

    Umstrukturierungsbedingte steuerliche Folgen

    Die Transformation hat ‒ last but not least ‒ auch steuerliche Folgen. Diese stellen sich bei den vier betroffenen Steuerarten wie folgt dar:

     

    1. Grunderwerbsteuer

    Gehören zum Vereinsvermögen auch Grundstücke oder Beteiligungen an Gesellschaften mit Immobilienvermögen, ist die entgeltliche Übertragung grunderwerbsteuerpflichtig. Die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 6a GrEStG greift nicht. Denn zu den begünstigungsfähigen Erwerbsvorgängen zählen insbesondere Umwandlungsvorgänge nach UmwG. Das UmwG kann hier aber nicht angewendet werden.

     

    2. Schenkungsteuer

    Nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b) ErbStG sind Zuwendungen an inländische Vereine, Stiftungen und sonstige Körperschaften zwar steuerfrei, wenn sie nach ihrer Satzung, Verfassung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Ungeachtet dessen ist es aber für das Verständnis hilfreich, sich die schenkungsteuerbaren Vorgänge im Umstrukturierungsprozess bewusst zu machen.

     

    • In Modell 1 „Sofortige unentgeltliche Vermögensübertragung an die Stiftung“ liegt ein schenkungsteuerbarer Vorgang vor. Als Schenkung unter Lebenden gilt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Freigebig ist eine Zuwendung, wenn sie objektiv zu einer Bereicherung des Bedachten führt und der Zuwendende sich der Unentgeltlichkeit bewusst ist. Dieser steuerrechtliche Schenkungsbegriff unterscheidet sich vom zivilrechtlichen Schenkungsbegriff (§ 516 BGB) darin, dass eine Einigung zwischen Schenker und Beschenktem über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht erforderlich ist.

     

    • Wird zunächst der Verkauf des Vermögens vereinbart (Modell 2), ist eine Schenkung insoweit gegeben, wenn der festgelegte Verkaufspreis unterhalb des Verkehrswerts liegt (gemischte Schenkung). Sie liegt vor, wenn zwischen dem Wert des Kaufgegenstands und dem vom Käufer geschuldeten Kaufpreis eine Differenz besteht und sich der Parteiwille auf eine unentgeltliche Zuwendung der Wertdifferenz richtet.

     

    • Ein weiterer schenkungsteuerbarer Vorgang liegt aber auch in der Übertragung des Kaufpreisanspruchs an die Stiftung zum Abschluss des Liquidationsverfahrens. Dem steht das Anfallsrecht der Stiftung nicht entgegen, da es bis zur Beendigung der Liquidation von den Vereinsmitgliedern ohne Zustimmung des Anfallsberechtigten beseitigt werden kann. Die Stiftung hat also keinen Rechtsanspruch auf Übertragung der Vermögenswerte.

     

    Umsatzsteuer

    Soweit eine gemeinnützige Körperschaft Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Umstrukturierung aus ihrem nichtunternehmerischen Bereich im umsatzsteuerrechtlichen Sinn (in der Regel identisch mit dem ideellen Bereich im gemeinnützigkeitsrechtlichen Sinn) überträgt, fällt generell keine Umsatzsteuer an.

     

    Soweit eine gemeinnützige Körperschaft hingegen Wirtschaftsgüter aus ihrem unternehmerischen Bereich (Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb, steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) überträgt, ist stets zu prüfen, ob der Vorgang der Umsatzsteuer unterliegt; sei es als Leistungsaustausch (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG) oder als unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Abs. 1 b und Abs. 9 a UStG). Dabei ist auch zu prüfen, ob zwischen übertragender und übernehmender Körperschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Wenn ja, ist der Vorgang ein sog. nichtsteuerbarer Innenumsatz.

     

    PRAXISTIPP | Die an der Umstrukturierung beteiligten Körperschaften sollten auch prüfen, ob sie die Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen, die sie im Zusammenhang mit der Umstrukturierung beziehen (z. B. Beratungsleistungen), als Vorsteuer abziehen können. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern, die die übertragende Körperschaft ausschließlich für die Ausführung nach § 4 Nr. 8 bis 27 und 29 UStG umsatzsteuerfreier Umsätze verwendet hat (relevant insbesondere Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 ff. UStG), ist umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 28 UStG).

     

    Ertragsteuern

    Verfolgt eine Stiftung selbstlos, ausschließlich und unmittelbar (§§ 55 bis 57 AO) gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke im Sinne des §§ 52 bis 54 AO, so ist sie gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. Spenden an eine solche Stiftung werden wie folgt behandelt:

     

    • Es wird ein allgemeiner und vortragsfähiger Spendenabzug nach § 10b Abs. 1 EStG (bis 20 Prozent der Gesamteinkünfte oder 4/1000 der Summe aus Umsatz und Gehältern) gewährt.

     

    • Hinzu kommt ein zusätzlicher Abzugsbetrag gemäß § 10b Abs. 1a EStG von bis zu einer Mio. Euro (zwei Mio. Euro bei zusammenveranlagten Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG) im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen für Spenden in den Vermögensstock einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts.

     

    FAZIT | Die Umstrukturierung eines Vereins in eine Stiftung erfordert ‒ außer der Errichtung der Stiftung ‒ keinen allzu großen zusätzlichen Aufwand. Bei der Liquidation des Vereins einschließlich der Verwendung des Restvermögens ist größte Sorgfalt geboten. Denn die Praxis lehrt, dass in diesem Bereich häufig Fehler passieren.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2024 | Seite 63 | ID 49952923