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  • 11.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120753

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 24.11.2011 – 10 K 275/11

    Zu den Anforderungen an eine Rechtsbehelfsbelehrung i. S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO.


    Macht die FinVerw Angaben zur Form der Einspruchseinlegung, erwähnt dabei aber die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per Email nicht ausdrücklich, so kann das zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung führen.


    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Einspruchs.
    Der Kläger wohnt in F. Er betreibt in L den Gewerbebetrieb „P”. Für diesen Betrieb werden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) vom Beklagten (dem Finanzamt – FA–) gesondert festgestellt. Da der Kläger für die Jahre 2006 und 2007 zunächst keine Feststellungserklärungen abgab, schätzte das FA jeweils einen Gewinn und erließ entsprechende Feststellungsbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen.
    Im Dezember 2009 übersandte das für die Einkommensteuerveranlagung des Klägers zuständige FA F dem beklagten FA eine Gewinnermittlung des Klägers für das Jahr 2006. Da der Gewinnermittlung keine Feststellungserklärung und kein förmliches Einspruchsschreiben beilag, veranlasste das beklagte FA zunächst nichts weiter. Im Dezember 2010 übersandte der Kläger dann die Gewinnermittlungen für die Jahre 2006 – 2008 an das beklagte FA.
    Daraufhin forderte das FA den Kläger mit Schreiben vom 14. Januar 2011 auf, weitere Nachweise vorzulegen. Nachdem der Kläger dieser Aufforderung nicht gefolgt war, hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung bezüglich der Feststellungserklärungen 2006 und 2007 mit Bescheiden vom 30. März 2011 auf. Am selben Tag erließ das FA auch einen Feststellungsbescheid für 2008. Die Rechtsbehelfsbelehrungen aller drei Bescheide enthielten jeweils den Satz: „Der Einspruch ist beim Finanzamt X schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären.” Weitere Angaben zur Form des Einspruches enthielten die Belehrungen nicht. Auf allen drei Bescheiden befindet sich in den Fußzeilen neben der Anschrift, der Telefonnummer, den Sprechzeiten und den Kontoverbindungen des beklagten FA auch deren Email-Adresse. Auf den Bescheiden für 2006 und 2007 ist unterhalb der Email-Adresse die Aufforderung abgedruckt: „Nutzen Sie das elektronische Service-Angebot Ihrer Steuerverwaltung: www.elster.de”.
    Mit Schreiben vom 20. Mai 2011 beantwortete der Kläger das Anforderungsschreiben des FA vom 14. Januar 2011 und bat, die Schätzungen zurückzunehmen. Das FA betrachtete dieses Schreiben als Einspruch gegen die Feststellungsbescheide für 2006 – 2008 vom 30. März 2011 und verwarf diesen Einspruch wegen Überschreitung dieser Einspruchsfrist als unzulässig.
    Hiergegen richtet sich die vom Kläger erhobene Klage. Er ist der Ansicht, dass das Einspruchsschreiben vom 20. Mai 2011 nicht verspätet sei. Denn das FA habe in den Rechtsbehelfsbelehrungen nicht über die Möglichkeit belehrt, dass der Einspruch auch per Email eingelegt werden könne. Dies führe dazu, dass dem Kläger für die Einlegung des Einspruchs die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO zur Verfügung gestanden habe.
    Der Kläger beantragt,
    die Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 aufzuheben,
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Insbesondere seien auch die Rechtsbehelfsbelehrungen nicht fehlerhaft oder unvollständig. Zwar sei eine Einspruchseinlegung per Email ohne weitere Voraussetzungen möglich; auch enthielten die Rechtsbehelfsbelehrungen keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per Email; dies sei jedoch (wie auch ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per Telefax) auch nicht erforderlich, da die Email (ebenso wie das Telefax) eine Unterform der Schriftform darstelle.
    Gründe
    I. Die Klage ist mit ihrem eingeschränkten Antrag auf Aufhebung der Einspruchsentscheidung zulässig.
    Zwar ist nach § 44 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat; in den Fällen jedoch, in denen ein Rechtsbehelf zu Unrecht als unzulässig verworfen wurde, ist auch die isolierte Anfechtung der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung möglich (von Groll in Gräber, Kommentar zur FGO, § 44 Rn. 38 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Demnach durfte der Kläger vorliegend seine Klage auf die Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011, mit der das FA den Einspruch vom 20. Mai 2011 als unzulässig verworfen hat, begrenzen.
    II. Die Klage ist auch begründet. Die angefochtene Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat den Einspruch des Klägers vom 20. Mai 2011 zu Unrecht als unzulässig verworfen.
    Das vom FA zu Recht als Einspruch gegen die Bescheide vom 30. März 2011 angesehene Schreiben des Klägers vom 20. Mai 2011 ist zwar nicht innerhalb der Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO beim beklagten FA eingegangen; dies führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Einspruchs, da der Kläger aufgrund der vom FA unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrungen jeweils die Möglichkeit hatte, binnen eines Jahres seit Bekanntgabe der Verwaltungsakte Einspruch einzulegen (§ 356 Abs. 2 AO). Diese Jahresfrist hat der Kläger unzweifelhaft eingehalten.
    1. Die insoweit inhaltsgleichen Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30. März 2011 waren unrichtig im Sinne des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO.
    a) Nach § 356 Abs. 1 AO ist Voraussetzung für den Beginn der Einspruchsfrist, dass die Behörde über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig im Sinne des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie die in § 356 Abs. 1 AO vorgeschriebenen Angaben nicht vollständig enthält oder diese unzutreffend bzw. derart unvollständig oder missverständlich wiedergibt, dass hierdurch bei objektiver Betrachtung die Möglichkeit der Fristwahrung gefährdet erscheint (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 1998 X R 3/96, BStBl II 1998, 742). Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung noch andere als die notwendigen Angaben, so müssen auch diese Angaben richtig, vollständig und unmissverständlich sein (BFH-Urteil vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung oder die ergänzenden Angaben nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (vgl. Werth in Bermann/Gosch, Kommentar zur AO, § 356, Rn. 18). Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten gehen dabei zu Lasten der Behörde (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064).
    b) Nach diesen Grundsätzen, denen sich der erkennende Senat anschließt, sind die in den Bescheiden vom 30. März 2011 enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrungen unrichtig, da sie über die in § 356 Abs. 1 AO genannten Elemente hinaus Angaben zur Form der Einspruchseinlegung machen, aber dabei die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per Email nicht (ausdrücklich) erwähnen.
    aa) Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, seinen Einspruch wirksam auch per Email einzulegen.
    Dies ergibt sich zwar nicht aus der vom FA zitierten Norm des § 357 Abs. 1 AO. Denn nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Dabei genügt es nach Satz 2 des § 357 Abs. 1 AO, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Ebenfalls ist auch die Einlegung durch Telegramm zulässig (§ 357 Abs. 1 Satz 3 AO). Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht.
    Darüber hinaus lässt der durch das dritte Änderungsgesetz zur VwVfV vom 21. August 2002 (Bundesgesetzblatt I 2002, 3322) in die AO eingeführte § 87 a AO auch die Übermittlung elektronischer Dokumente zu, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat (§ 87 a Abs. 1 Satz 1 AO). Nach § 87 Abs. 3 Satz 1 AO kann dabei eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden.
    Indem das beklagte FA in den Fußzeilen der angefochtenen Bescheide (und auch in seinem übrigen Schriftverkehr) seine Email-Adresse angegeben hat, hat es einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente im Sinne des § 87 a Abs. 1 AO eröffnet, da sie damit grundsätzlich ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente erklärt hat (so auch Wünsch in Pahlke/König, Kommentar zur AO, § 87 a, Rn. 20; VG Neustadt, Urteil vom 22. September 2011 4 K 540/11 NW, juris, zur Parallelvorschrift des § 3 a Abs. 1 VwVfG).
    Insoweit genügt für die wirksame Einlegung eines Einspruchs die Übermittlung einer einfachen Email. Entgegen dem Wortlaut des § 87 a Abs. 3 Satz 2 AO bedarf es in diesem Fall einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz nicht. Dies folgt aus der Regelung in § 357 Abs. 1 Satz 2 AO, wonach der Einspruch keiner Unterschrift bedarf, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Dieser in der Literatur verbreiteten Ansicht (statt vieler: Pahlke in Pahlke/Koenig, Kommentar zur AO, § 357 Rdn. 13) hat sich auch die Finanzverwaltung insgesamt angeschlossen (vgl. Einführungserlass zur Abgabenordnung – AEAO – zu § 357 Nr. 1). Damit gehen die Beteiligten übereinstimmend zu Recht davon aus, dass der Kläger seinen Einspruch mit einer einfachen Email ohne Signatur hätte einlegen können.
    bb) Über diese Möglichkeit der Einspruchseinlegung per Email hat das beklagte FA den Kläger in den Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30. März 2011 nicht (ausreichend) belehrt.
    Soweit das FA der Ansicht ist, dass die Formulierung in den Rechtsbehelfsbelehrungen, der Einspruch sei „schriftlich” einzulegen, ausreichend sei, da die Email eine Unterform der Schriftform sei, folgt der Senat dem nicht. Ein derartiges Verständnis wird weder vom Wortlaut getragen, noch steht dies im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers und der Systematik des Gesetzes.
    aaa) Dem Wortlaut nach verbindet der insoweit maßgebliche objektive Empfänger die Formulierung „schriftlich” in der Regel mit dem Vorliegen von Schriftzeichen auf einem stofflichen Medium (zumeist Papier). Bei der Übermittlung elektronischer Dokumente per Email ist die Herstellung eines Papierausdrucks durch den Empfänger zwar möglich; ihr kommt jedoch keine entscheidende Bedeutung mehr zu (so auch VG Trier, Urteil vom 22. September 2009 1 K 365/09.TR, juris). Hierdurch unterscheidet sich der Versand elektronischer Dokumente per Email von der Übermittlung von Texten durch andere moderne Kommunikationsmittel wie z.B. Telefax oder Computerfax. Diesen Formen ist gemeinsam, dass die maßgeblichen Erklärungen dadurch schriftlich fixiert werden, dass sie beim Empfänger ausgedruckt werden. Auf dieses Charakteristikum der Schriftform verweist auch die amtliche Begründung zum Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr (BT-Drucksache 14/4987, Seite 1). Aufgrund dieses Unterschieds kann die Rechtsprechung, nach der die (Finanz)Behörde auf die Möglichkeit einer Einspruchseinlegung per Telefax nicht gesondert hinzuweisen braucht, nicht auf die Hinweispflicht der Möglichkeit einer Einspruchseinlegung per Email übertragen werden.
    bbb) Von einem derartigen Verständnis, nach dem sich die Schriftform von der Übermittlung elektronischer Dokumente unterscheidet, geht auch der Gesetzgeber aus. In der amtlichen Begründung zur Einführung der Parallelnormen §130a ZPO und § 86a VWGO beschreibt der Gesetzgeber das elektronische Dokument als „Alternative zur Schriftform, modifizierte Schriftform sowie neue prozessuale Form” (vgl. Bundestagsdrucksache 14/4987 Seite 23 f.).
    ccc) Dieser gesetzgeberische Wille zur Unterscheidung zwischen schriftlichen und elektronisch übermittelten Dokumenten kommt auch in der Gesetzessystematik der AO zum Ausdruck. So weist unter anderem die Formulierung des § 356 Abs. 1 Satz 1 „ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch”, daraufhin, dass zwischen diesen beiden Arten von Dokumenten zu differenzieren ist.
    Gleiches gilt im Ergebnis für die Formulierungen in § 87a Abs. 3 Satz 1 AO. Dort wird geregelt, dass eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform … durch die elektronische Form ersetzt werden kann. Die ausdrückliche Normierung eines Ersatztatbestandes wäre nicht erforderlich, wenn die Email als elektronische Form bereits eine Unterform der Schriftform wäre (a.A. Skrobotz in juris Praxisreport IT-Recht – PR-ITR – 7/2011 Anm. 6; Braun, juris PR-ITR 15/2011 Anm. 5; vgl. auch VG Neustadt, Urteil vom 22. September 2011 IV K 540/11.NW, juris mit ausführlicher Wiedergabe des Meinungsstandes).
    ddd) Schließlich scheint auch der VII. Senat des BFH davon auszugehen, dass es sich bei der Email nicht um einen Unterfall der Schriftform handelt, da er in seinem Beschluss vom 26. Juli 2011 (VII R 30/10, BFH/NV 2011, 1967) ausführt, dass „Klagen nur auf dreierlei Art und Weise erhoben werden können: schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder aber elektronisch.”
    cc) Da die Einspruchseinlegung per Email von der Formulierung „schriftlich” nicht umfasst ist, ist eine Rechtsbehelfsbelehrung ohne den Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung des Einspruchs unvollständig. Dieser Hinweis ist auch nicht aus anderen Gründen verzichtbar.
    aaa) Wenn demgegenüber der III. Senat des BFH in seinem Beschluss vom 2. Februar 2010 (III B 20/09, BFH/NV 2010, 830) es für ausreichend hält, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung den Wortlaut des § 357 Abs. 1 AO wiedergibt, wonach der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären ist, folgt der Senat dem nicht. Denn die vom BFH vorgetragene Argumentation, nach der eine Rechtsbehelfsbelehrung immer dann ausreichend sei, wenn sie den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns informiere, vermag bezogen auf den Streitfall nicht zu überzeugen. Denn § 357 Abs. 1 AO ist nur eine von zwei Vorschriften, in denen Formerfordernisse hinsichtlich des Einspruchs geregelt sind. Ergänzend zu § 357 Abs. 1 AO bestimmt § 87a Abs. 3 AO, dass die Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden kann. Wenn aber mehrere Gesetzesnormen Bestimmungen über die Formbedürftigkeit des Einspruchs enthalten, so ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die nur eine der Normen ihrem Wortlaut nach wiedergibt, nicht vollständig und damit unrichtig i.S.d. § 356 Abs. 2 Satz 1 AO (vgl. auch Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 356 Tz. 7, wonach die abstrakt-schlichte Wiedergabe des Wortlauts des § 356 Abs. 1 nicht ausreicht und es widersprüchlich erscheint, in den Zeiten zunehmenden Email-Verkehrs einerseits den Einspruch durch Email zuzulassen andererseits aber auf diese Möglichkeit in der Einspruchsbelehrung nicht hinweisen zu müssen, a.A. VG Neustadt, Urteil vom 22. September 2011 4 K 540/11.NW, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. April 2011 20 ZB 11.349, juris, jeweils mit Hinweis auf den genannten BFH-Beschluss).
    bbb) Der Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per Email durfte auch nicht im Hinblick darauf unterbleiben, dass die Aufnahme dieses Hinweises die Rechtsbehelfsbelehrung überfrachtet und damit zu unübersichtlich gemacht hätte. Eine dahingehende Ansicht wird in der Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten (VG Frankfurt, Urteil vom 8. Juli 2011 11 K 4808/10. F, juris; VG Berlin, Beschluss vom 20. Mai 2010 12 L 253/10, juris; FG Magdeburg, Urteil vom 15. Juni 2011 S 12 KA 295/10, juris; Braun, PR-ITR 15/2011 Anm. 5). Der erkennende Senat verkennt nicht, dass die Rechtsbehelfsbelehrung so einfach und klar wie möglich gehalten werden soll. Denn im Interesse rechtsunkundiger Beteiligter ist eine inhaltliche Überfrachtung zu vermeiden, die statt Klarheit zu schaffen wegen ihres Umfangs und ihrer Kompliziertheit Verwirrung stiftet (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 2006 X R 18/05, BStBl II 2006, 455).
    Die in Rechtsprechung und Literatur geäußerte Ansicht (VG Frankfurt, Urteil vom 8. Juli 2011 11 K 4808/10. F, juris; VG Berlin, Beschluss vom 20. Mai 2010 12 L 253/10, juris; FG Magdeburg, Urteil vom 15. Juni 2011 S 12 KA 295/10, juris; Braun, PR-ITR 15/2011 Anm. 5), wonach der Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung bzw. Klageerhebung zur Unübersichtlichkeit der Rechtsbehelfsbelehrung führt, bezieht sich jeweils auf Rechtslagen, nach der die Email mit einer elektronischen Signatur versehen sein muss. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Aufnahme eines Hinweises über die elektronische Einlegung des Einspruchs einschließlich einer qualifizierten elektronischen Signatur zu einer derartigen Unübersichtlichkeit und Unklarheit der Belehrung führen würde. Ist aber – wie hier – die Einlegung eines Einspruchs mit einfacher Email ohne Signatur möglich, so führt ein entsprechender Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu deren Überfrachtung. Letztlich kann die Formulierung „der Einspruch ist beim Finanzamt schriftlich einzureichen” durch die ebenso einfache wie klare Formulierung „der Einspruch ist beim Finanzamt schriftlich oder per Email einzureichen” ersetzt werden.
    c) Schließlich ist der fehlende Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung des Einspruchs per Email auch geeignet, den rechtsunkundigen Steuerbürger von der Einlegung eines Einspruchs abzuhalten. Dieses von der Rechtsprechung entwickelte zusätzliche Tatbestandsmerkmal dient letztlich auch dazu, die Rechtsbehelfsbelehrungen einfach und übersichtlich zu halten, indem nicht jede unwesentliche Unvollständigkeit zur Unrichtigkeit der Belehrung führt. Dabei kommt es für die Frage, ob eine Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung geeignet ist, dem Empfänger von der Einlegung eines Einspruchs abzuhalten nicht auf den jeweils konkreten Empfängerhorizont an. Ausreichend ist vielmehr, dass die verwendeten Formulierungen abstrakt geeignet sind, die Rechtsbehelfseinlegung für einen durchschnittlichen Empfänger zu erschweren (vgl. Pahlke in Pahlke/Koenig, Kommentar zur AO, § 356 Rdn. 17 mit zahlreichen Nachweisen aus Literatur und Rechtsprechung).
    Nach diesen Grundsätzen ist der Hinweis auf die Möglichkeit, einen Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen, geeignet, bei einem objektiven Empfänger die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass eine elektronische Einspruchseinlegung nicht möglich sei. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Kläger selbst oder seinem Prozessbevollmächtigten die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung bekannt war und diese über die Möglichkeit verfügten, elektronische Dokumente an das FA zu übermitteln (vgl. VG Trier, Urteil vom 22. September 2009 1 K 365/09.TR, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Februar 2011 OVG 2 N.10.10, juris; a.A. Skrobotz, juris PR-ITR 7/2011 Anm. 6; zweifelnd auch Braun, juris PR-ITR 15/2011 Anm. 5).
    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Insoweit war zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Klageantrag erst in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Frage, ob eine Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis auf die Möglichkeit einer Einspruchseinlegung per Email enthalten muss, grundsätzliche Bedeutung hat.

    VorschriftenAO § 356, AO § 357