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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 23.01.2003 – 13 K 101/99

    1. Für die Abziehbarkeit von Unterhaltsleistungen an die im Kosovo lebende Mutter, eine Albanerin, war es für das Streitjahr 1996 angesichts der politischen Verhältnisse im Kosovo –Verdrängung der albanischen Mehrheit aus dem öffentlichen Leben– nicht geboten, amtliche Bescheinigungen in der sonst vorgesehenen Form für den Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung der Unterhaltszahlungen und der Unterhaltsbedürftigkeit zu verlangen (hier: Anerkennung von zwei Geldübergaben durch einen Verwandten aufgrund Zeugeneinvernahme).

    2. Der Unterhaltsbegriff in § 33a Abs. 1 EStG betrifft nur typische Unterhaltsaufwendungen, so vor allem für Wohnung, Ernährung und Kleidung des Unterhaltenen, setzt aber anders als der Unterhaltsbegriff im BGB keine laufenden Zahlungen des Unterhaltsverpflichteten voraus. Der Steuerabzug ist also auch bei unregelmäßigen (z.B. ein- oder zweimaligen Leistungen im Jahr) Zahlungen möglich.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    wegen Einkommensteuer 1996

    hat der 13. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2003 durch Richter am Finanzgericht … als Einzelrichter

    für Recht erkannt:

    1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31. März 1999 wird der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 vom 30.05.1997 dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuerschuld auf DM 0,– herabgesetzt wird.

    2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Das Verfahren ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

    Tatbestand

    Streitig ist die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die im Streitjahr im Kosovo lebende, verwitwete Mutter des Klägers.

    Die Kläger (Kl.) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 machten sie Geldzuwendungen in Höhe von DM 6.000,– an die im Kosovo lebende, verwitwete Mutter – …, geb. 25.02.1948 – geltend. Der Einkommensteuererklärung lag eine Unterhaltsbescheinigung vom 31.12.1996 der Gemeinde G. Obrinje sowie eine Empfangsbestätigung der Unterhaltsempfängerin vom 15.01.1997 bei. Aus der Unterhaltsbescheinigung ergibt sich u.a., dass die Mutter weder über eigene Einkünfte verfügte noch ihr Vermögen zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichte. Die Empfangsbestätigung weist den Empfang folgender Zahlungen aus:

    15.04.1996:DM 1.000,–
    18.08.1996:DM 3.000,–
    21.12.1996:DM 2.000,–


    Im Einkommensteuerbescheid vom 30.05.1997 ließ der Beklagte (Bekl.) die Unterhaltszahlungen unter Hinweis auf die fehlende Zwangsläufigkeit unberücksichtigt.

    Dagegen legten die Kl. mit Schreiben vom 10.06.1997 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass in Jugoslawien Bürgerkrieg geherrscht habe und die Mutter im Kosovo lebe. In dieser Zeit sei für Frauen keine Arbeit zu finden gewesen. Eine Bedürftigkeitsbescheinigung sei vorgelegt worden. Die Geldübergabe sei durch einen Verwandten – Herrn B – erfolgt.

    Als weitere Nachweise für die Unterhaltszahlungen wurden im Einspruchsverfahren ein Kontoauszug des Kl. vom 26.08.1996 vorgelegt, aus dem sich eine Barabhebung vom 05.08.1996 in Höhe von DM 4.000,– ergibt (weitere Zahlungen sollen aus Barlohnzahlungen erbracht worden sein), sowie Kopien aus dem Reisepass des Herrn B mit folgenden Visas:

    26.05.1996

    18.08.1996

    26.10.1996

    22.12.1996.

    Durch Einspruchsentscheidung vom 31.03.1999 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Die Berücksichtigung der Zahlungen scheitere bereits daran, dass die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter nicht ausreichend nachgewiesen worden sei. Die vorgelegte Unterhaltsbescheinigung allein reiche für den Nachweis der Bedürftigkeit nicht aus, da sich die unterstützte Mutter noch im arbeitsfähigen Alter befunden habe. Deshalb hätten beweiskräftige Unterlagen vorgelegt werden müssen, aus denen sich ergebe, dass die Unterhaltsempfängerin arbeitslos bzw. arbeitssuchend gewesen sei und dass sie keine Hilfs- oder Gelegenheitsarbeiten habe ausüben können. Auch sei kein ordnungsgemäßer Zahlungsnachweis erbracht worden. Hinsichtlich der insgesamt geltend gemachten Unterhaltszahlungen in Höhe von DM 6.000,– sei nur für die Zahlung von DM 3.000,– ein zeitnaher Abhebungsnachweis sowie ein Aufenthaltsnachweis des Überbringers erbracht. Die Ausführungen, dass der Kl. auch Barlohn bezogen habe und diesen für die Unterstützung verwendet habe, seien nicht glaubwürdig. Im Übrigen seien alle Zahlungen schon allein deshalb nicht anzuerkennen, weil der Überbringer weder den Erhalt der Geldbeträge noch die Weitergabe des Geldes an die Mutter bestätigt habe. Es sei den Kl., unabhängig von den politischen Verhältnissen im ehemaligen Jugoslawien, zuzumuten, den Geldfluss zum Überbringer sowie die endgültige Übergabe des Geldes an die Mutter nachzuweisen. Da die Kl. die Feststellungslast treffe, gehe die verbleibende Ungewissheit zu ihren Lasten.

    Hiergegen wenden sich die Kl. mit ihrer – rechtzeitig – beim Finanzgericht eingereichten Klage.

    Zur Begründung tragen sie vor, dass der Kläger mit seiner Familie in Deutschland lebe. Seine Mutter lebe im Kosovo. Aufgrund ihrer Abstammung werde die Familie dort seit Jahren unterdrückt. Die Mutter sei am 25.02.1948 geboren und verwitwet. Seit 1996 erhalte sie keine Rente mehr und sei auf die regelmäßige Unterstützung ihres Sohnes angewiesen. Mit hohem Risiko habe sie die Unterhaltsbescheinigungen von der Gemeindebehörde ausstellen lassen. Auf den Inhalt der Bescheinigung habe sie keinen Einfluss gehabt. Einen Nachweis darüber, dass sie als 48jährige Witwe unter der politischen Unterdrückung keine Arbeit mehr erhalte, werde von keiner Stelle bescheinigt, müsse aber für alle, die das Land kennen würden, als Selbstverständlichkeit angesehen werden. Der Kl. habe sich bemüht, die Unterhaltszahlungen durch die vorgelegte Empfangsbestätigung, Passkopien des Überbringers sowie den Kontoauszug vom 05.08.1996 glaubhaft zu machen. Dass der Kl. über entsprechende Mittel verfügt habe, könne aus dem regelmäßigen Arbeitslohn abgeleitet werden. Soweit seitens des Bekl. die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter als nicht ausreichend nachgewiesen gewertet werde, so sei dies aufgrund der politischen Situation im ehemaligen Jugoslawien nicht nachvollziehbar. Da die Mutter seit Monaten auf der Flucht sei, könnten keine amtsärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder zusätzliche Bescheinigungen des Arbeitsamtes nachgereicht werden.

    Die Kläger stellen den Antrag,

    den Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 30.05.1997 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.03.1999 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuerschuld unter Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen in Höhe von DM 4.000,– herabgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er trägt ergänzend zur Einspruchsentscheidung vor, dass die Unterhaltszahlungen nicht anzuerkennen gewesen seien, da sich die unterstützte Person noch im arbeitsfähigen Alter befunden habe und die Kl. keine Nachweise erbracht hätten, dass es der unterstützten Mutter nicht möglich gewesen sei, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Soweit die Kl. vortragen würden, dass die Mutter bzw. die Familie aufgrund ihrer Abstammung seit Jahren unterdrückt und gemobbt würden, werde diese nicht näher konkretisierte Aussage mit Nichtwissen bestritten. Die politische Situation des Streitjahres 1996 sei mit der aktuellen nicht gleichzusetzen. Gleichwohl sei den besonderen Verhältnissen in dieser Region der Bundesrepublik Jugoslawien insoweit Rechnung getragen, als allein das Fehlen amtlicher Bescheinigungen den Kl. nicht ohne Weiteres zum Nachteil gereicht hätte. Der Vortrag der Kl. reiche jedoch nicht aus, um die Bedürftigkeit nachzuweisen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Mutter die Möglichkeit zur Gelegenheitsarbeit gehabt hätte. Unklar sei ebenfalls, ob die Mutter eigenes Vermögen (z.B. Landwirtschaft, Grundbesitz) habe, da die Angaben in der Bedürftigkeitsbescheinigung insoweit unvollständig seien. Soweit es den Kl. nicht möglich sei, beweiskräftige amtliche Unterlagen zu beschaffen, hätten sie das Vorliegen der Bedürftigkeit durch die Schilderung der gesamten Lebensumstände und durch die Vorlage anderer aussagekräftiger Unterlagen nachzuweisen.

    Im Schriftsatz vom 25.08.1999 tragen die Kl. vor, dass in den dem Bekl. vorgelegten Unterhaltsbescheinigungen vom 31.12.1996 und vom 15.01.1998 verneint bzw. ausgestrichen sei, dass die Mutter Arbeitslohn, Rente oder Einnahmen aus Landwirtschaft habe und ausdrücklich bestätigt sei, dass das Vermögen der unterstützten Person nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreiche und das Vermögen mit DM 0,– bestätigt werde. Zusätzliche Bescheinigungen der Arbeitsbehörde darüber, dass die Mutter nicht in die Arbeitsvermittlung aufgenommen werde, könnten nicht beschafft werden, da solche Frauen in diesem Alter nicht angestellt würden. Dass die Familie als Albaner im Bezirk Obir-Eeperme unterdrückt worden sei, sei auch dadurch glaubhaft zu machen, dass der Kläger im Jahr 1992 als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sei und hier nun als Asylant lebe und arbeite. Das wenige Land, das die Familie früher bewirtschaftet habe, sei über eine enteignende Steuer im Jahre 1994 eingezogen worden. Die Mutter habe in einer Wohnung der Gemeinde gelebt, bis diese im Jahr 1998 ausgebrannt worden sei; seitdem sei sie auf der Flucht.

    Im Schriftsatz vom 24.01.2000 stellten die Kl. die Lebensumstände der Mutter zusammengefasst dar. Danach lebte sie bis 1994 gemeinsam mit ihrem Ehemann in Obir-Eeperme in der Gemeinde Gllogovc im Kosovo. Der Kläger erhielt im Jahr 1992 in Deutschland politisches Asyl. Seit der Autonomie vom Kosovo 1989 habe die serbische Verwaltung verstärkt Druck auf die albanische Bevölkerung ausgeübt. Dem Vater des Klägers sei es dennoch gelungen, den Lebensunterhalt aus eigener Landwirtschaft, auf angepachteten Äckern, zu erzielen. Im Jahr 1994 sei der Vater an einem Herzinfarkt gestorben. Da die Ackerpacht nicht weiter aufzubringen gewesen sei, seien die Äcker eingezogen worden, so dass nur noch das eigene Häuschen übrig geblieben sei. Dies sei etwa Ende 1995 der Fall gewesen; ab diesem Zeitpunkt sei die Mutter auf die Unterstützungszahlungen des Klägers angewiesen gewesen. Bereits 1995 hätten nur noch Männer Arbeit erhalten, die den serbischen Staat schriftlich anerkannt hätten. Für albanische Frauen im Alter von 49 Jahren habe es somit in diesem Gebiet keinerlei Arbeit, auch keine Gelegenheitsarbeiten gegeben. Mitte 1998 sei das Haus der Mutter ausgebrannt worden und sie habe nach Albanien fliehen müssen. Erst im Februar 1999 habe wieder Kontakt zu den Kl. hergestellt werden können.

    Durch Beschluss vom 17.09.2002 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

    Ebenfalls am 17.09.2002 erging der Beschluss Beweis zu erheben über die Behauptung der Kl., dass am 15.04.1996 DM 1.000,–, am 18.08.1996 DM 3.000,– und am 21.12.1996 DM 2.000,– aus Geldmitteln der Kläger an die Mutter übergeben wurden sowie dass die Mutter im Jahr 1996 über kein bzw. nur geringes Vermögen verfügte und nicht beruflich – auch nicht gelegentlich tätig war – durch Vernehmung des Herrn B als Zeugen.

    Der vorstehende Sach- und Streitstand ist den Gerichtsakten, den vom Bekl. nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – vorgelegten Akten sowie der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 23. Januar 2003 entnommen.

    Gründe

    Die Klage ist begründet. Der Einkommensteuerbescheid vom 30.05.1997 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu DM 12.000,– im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Ist die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, können die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG). Aus diesem Grund ist der abzugsfähige Höchstbetrag nach der sog. Ländergruppeneinteilung (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 27.02.1996 IV B 6 – S 2365 – 4/96, BStBl I, 115), die eine insoweit zutreffende Auslegung des Gesetzes enthält, im vorliegenden Fall für Jugoslawien auf ein Drittel, also DM 4.000,– zu reduzieren.

    Weitere Voraussetzung für die Anerkennung von Unterstützungsleistungen als außergewöhnliche Belastung ist, dass die unterstützte Person keine oder nur geringe andere eigene Einkünfte oder Bezüge hat und kein Vermögen besitzt.

    Die in § 33a Abs. 1 EStG enthaltene Steuervergünstigung kann allerdings nur dann in Anspruch genommen werden, wenn ihre Voraussetzungen im Einzelfall nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht worden sind. Dabei muss sich der Umfang des Nachweises bei Angehörigen im Ausland im Rahmen des Zumutbaren bewegen (BFH-Urteil vom 20. Januar 1978 VI R 193/74, BFHE 124, 508, BStBl II 1978, 338). Vordem Hintergrund des jüngsten Kosovokonflikts, der mit der Aufhebung des Status des Kosovo als autonome Republik durch die Serben im Jahr 1989 begann und bis 1995 zu einer fast vollständigen Verdrängung der albanischen Mehrheit aus dem öffentlichen Leben führte (vgl. zur Historie des Kosovokonflikts unter http://www.hls.sha.bw.schule.de/konflikt/kosovo/kosovo.htm m.w.N.), ist es im Streitfall nicht erforderlich, amtliche Bescheinigungen in der sonst vorgesehenen Form für den Nachweis bzw. Glaubhaftmachung der Zahlungen und der Unterhaltsbedürftigkeit zu verlangen. Nach den vorgelegten Bescheinigungen und der Vernehmung des Zeugen das Gericht davon … überzeugt, dass die Mutter des Klägers jedenfalls im August und Dezember 1996 DM 2.000,– bzw. DM 3.000,– aus Geldmitteln der Kl. erhalten hat und über kein (nennenswertes) Vermögen und auch keine Einkünfte, auch nicht aus Gelegenheitsarbeiten, verfügte. Zwar ist die vorgelegte Unterhaltsbescheinigung vom 31.12.1996 lückenhaft, da sie keine Eintragungen zu den Punkten „eigenes Vermögen, Arbeitslosigkeit und Beginn der Arbeitslosigkeit” enthält. Auch deckt sich die Empfangsbestätigung nur teilweise mit den Urlaubszeiten des Geldüberbringers und dessen Visaeinträgen. Schließlich wurde auch nur ein Kontoauszug mit einer Barabhebung in Höhe von DM 4.000,– des Klägers vom 05.08.1996 vorgelegt. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung hat er aber zu zwei Terminen Geld der Kläger mitgenommen und dessen Mutter überreicht. Auch hat der Zeuge glaubhaft versichert, dass die Empfangsbestätigung von der Mutter des Klägers eigenhändig unterzeichnet worden ist, diese also den Empfang bestätigt hat. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Mutter des Klägers zumindest im August und Dezember Geldbeträge wie in der Empfangsbestätigung ausgewiesen, aus Geldmitteln der Kläger zugewendet worden sind. Insoweit decken sich die Urlaubszeiten des Zeugen als Überbringer mit der Empfangsbestätigung; auch ist insoweit zumindest im August eine zeitnahe Abhebung in übersteigender Höhe vorhanden. Zwar liegt für Dezember keine entsprechende Barabhebung vor, allerdings ist diese Summe (DM 2.000,–) nicht so hoch, als dass sie nicht durch Erspartes in den Vormonaten hätte angespart werden können, zumal aus dem August noch ein Betrag in Höhe von DM 1.000,– übrig war und der Kläger über ausreichende Einkünfte verfügt hat. Schließlich ergibt sich aus dem glaubhaften Zeugenvortrag auch, dass die Mutter über keine eigenen Einkünfte, auch nicht aus Gelegenheitsarbeiten, verfügte und auf die Unterstützungsleistungen ihres Sohnes mangels eigenen Vermögens angewiesen war.

    Unter Würdigung der Zeugenaussage steht daher zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Unterhaltszahlungen in Höhe von DM 5.000,– im Streitjahr an die Mutter des Klägers geleistet worden sind (wovon im Rahmen der Angemessenheitsprüfung DM 4.000,– als Unterhaltszahlungen anzuerkennen sind) und diese bedürftig im Sinne von § 33a Abs. 1 EStG gewesen ist.

    Schließlich scheitert die Anerkennung der Zahlungen als Unterhaltszahlungen auch nicht an der Tatsache, dass im Streitjahr letztendlich nur zwei Zahlungen geleistet worden sind. Der Begriff des Unterhalts gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH enger als der i.S. von §§ 1601 ff. BGB, § 33a Abs. 1 EStG betrifft nämlich nur typische Unterhaltsaufwendungen, so insbesondere für Wohnung, Ernährung und Kleidung des Unterhaltenen (BFH-Urteil vom 28. April 1978 VI R 145/75, BFHE 125, 167, BStBl II 1978, 456). Aufwendungen für den Unterhalt i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG setzen begrifflich keine laufenden Zahlungen des Unterhaltsverpflichteten voraus. Zu prüfen ist lediglich, ob durch die Unterhaltsleistungen die „laufenden” Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten befriedigt werden sollen. Dies kann ebenso durch laufende wie durch gelegentliche, etwa nur ein- oder zweimalige Leistungen im Jahr und u.U. auch durch die einmalige Zahlung eines Geldbetrages geschehen. Denn durch derartige Zahlungen kann in gleicher Weise der laufende Lebensbedarf einer Person gedeckt werden.

    Der BFH hat dementsprechend entschieden, die Üblichkeit von Unterhaltszahlungen werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass Zahlungen nicht laufend geleistet werden (BFH-Urteil vom 22. Januar 1971 VI R 47/69, BFHE 101, 384, BStBl II 1971, 325). Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das erkennende Gericht anschließt, können daher auch nur gelegentliche oder unregelmäßige Zuwendungen als Unterhaltsleistungen i.S. des § 33a Abs. 1 EStG anerkannt werden, sofern sie für den laufenden Lebensunterhalt des Empfängers bestimmt sind oder ihn für eine gewisse Zeit ermöglichen (BFH-Urteil vom 25. März 1966 VI 320/65, BFHE 86, 457, BStBl III 1966, 534; s. auch Urteile vom 17. Mai 1963 VI 273/62 U, BFHE 77, 164, BStBl III 1963, 378, und vom 2. Dezember 1960 VI 148/59 U, BFHE 72, 200BStBl III 1961, 76). Die Grundsätze dieser Rechtsprechung sind auf Unterhaltszahlungen von in der Bundesrepublik lebenden Gastarbeitern an ihre im Ausland lebenden bedürftigen Angehörigen in gleicher Weise anzuwenden wie auf Leistungen anderer Steuerpflichtiger an im Inland wohnende Unterstützungsempfänger (vgl. auch BFH-Urteil vom 22. Juni 1979 VI R 85/76, BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660). Dass einmalige oder unregelmäßige Zahlungen keine Unterhaltsleistungen seien, ist zudem weder dem allgemeinen Sprachgebrauch zu entnehmen noch ergibt sich dies aus der Verwendung des Begriffs „Unterhalt” in anderen Gesetzen. Insbesondere enthält § 1612 BGB insoweit keine Einschränkung des Unterhaltsbegriffs. Nach Absatz 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 3 Satz 1 dieser Vorschrift soll zwar der Unterhalt grundsätzlich durch Entrichtung einer monatlich im voraus zu zahlenden Geldrente gewährt werden. Aus Absatz 1 Satz 2 des § 1612 BGB ist aber zu entnehmen, dass Unterhaltszahlungen auch in anderer Form geleistet werden können (vgl. auch Urteil des FG Düsseldorf in EFG 1979, 552). Ähnlich besagt z.B. § 21 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), dass Hilfe zum Lebensunterhalt nicht nur durch laufende, sondern auch durch einmalige Leistungen gegeben werden kann.

    Diese Auslegung des § 33a Abs. 1 EStG entspricht seinem Zweck. Die Vorschriften über außergewöhnliche Belastungen bringen den Gedanken der Einkommensbesteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit besonders zur Geltung. Mit diesem Grundsatz wäre es nicht vereinbar, bei Leistungen zur Deckung des gewöhnlichen Lebensbedarfs danach zu unterscheiden, ob sie mehrmals oder nur gelegentlich bzw. nur einmal jährlich erbracht werden. Aus § 33a Abs. 4 EStG lässt sich ebenfalls nicht herleiten, dass nur mehrmalige Leistungen im Kalenderjahr als Unterhaltsaufwendungen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG anzuerkennen seien. Der Höchstbetrag von DM 12.000 gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG wird zwar nach Absatz 4 dieser Vorschrift nur zeitanteilig gewährt, wenn die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG nicht im ganzen Kalenderjahr vorgelegen haben. Die Einschränkung bezieht sich aber nur auf Fälle, in denen die in Absatz 1 geregelte Unterhaltsbedürftigkeit nicht während des ganzen Veranlagungszeitraums gegeben ist, was vorliegend unter Würdigung der Zeugenaussage nach Auffassung des Gerichts gerade nicht der Fall ist, weshalb auch keine anteilige Kürzung des Höchstbetrags vorzunehmen war.

    Werden Zahlungen nicht laufend, sondern nur gelegentlich, z.B. ein- oder zweimal jährlich, geleistet, so besteht auch nicht in tatsächlicher Hinsicht eine – allerdings widerlegbare – Vermutung, dass es sich hierbei nicht um Unterhaltsaufwendungen handele. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass in der Bundesrepublik beschäftigte Gastarbeiter häufig größere Beträge an ihre Angehörigen im Ausland überweisen, die – ganz oder teilweise – nicht für deren Unterhalt bestimmt sind, sondern anderen Zwecken, so z.B. der eigenen Existenzgründung oder dem Bau eines eigenen Hauses im Heimatland, dienen sollen. Ebenso wie Unterhaltsleistungen können jedoch auch solche Geldüberweisungen gelegentlich, häufig oder gar laufend erfolgen. Die Häufigkeit oder Nichthäufigkeit solcher Zahlungsvorgänge lässt mithin nicht erkennen, welche Zwecke hiermit erfüllt werden sollen. Hinzu kommt, dass es in beiden Fällen aus Gründen der Kostenersparnis oder zur Vermeidung von Zeitaufwand und Formalitäten sachgerecht sein kann, die Zahl der Geldsendungen gering zu halten. Dies gilt insbesondere im Streitfall, wonach es nach der glaubwürdigen Zeugenaussage äußerst gefährlich war, fremde Geldmittel in den Kosovo zu schmuggeln; um so nachvollziehbarer war es, die Unterhaltszahlungen auf einige wenige Male zu beschränken.

    Zwar ist nach der einschlägigen BFH-Rechtsprechung bei gelegentlichen Leistungen besonders sorgfältig zu prüfen, ob sie geeignet und bestimmt sind, den Lebensbedarf des Empfängers zu decken. Hierzu bestehen jedoch angesichts der damaligen Verhältnisse im Kosovo, der glaubwürdigen Aussagen des Zeugen und den Angaben in der Unterhaltsbescheinigung keine Bedenken.

    Nach alledem war der Einkommensteuerbescheid wie folgt zu ändern:

    DM
    Zu versteuerndes Einkommen bisher27.278
    ./. Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 14.000
    zu versteuerndes Einkommen lt. Finanzgericht23.278
    Einkommensteuer gem. Splittingtabelle lt. Finanzgericht0
    Einkommensteuer bisher814
    Weniger-Einkommensteuer814


    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 151 Abs. 1 FGO (BFH-Beschluss vom 15. April 1981 – IV S 3/81, BStBl II 1981, 402).

    Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg • Postfach 1001 08 • 76231 Karlsruhe

    Dienstgebäude: Moltkestraße 80 • 76133 Karlsruhe

    Fernsprecher: Vermittlung • (07 21) 9 26-0 Telefax (07 21) 9 26-35 59

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    VorschriftenEStG 1996 § 33a Abs. 1 S. 1, EStG 1996 § 33a Abs. 1 S. 5, BGB § 1612