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  • 04.01.2022 · IWW-Abrufnummer 226704

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 20.08.2021 – 6 K 196/20

    1.

    Das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit mit Gewinnausschüttungen in § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG ist weit auszulegen. Es ist nicht erforderlich, dass der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten einer Stiftung nehmen kann.
    2.

    Ausschüttungen einer Stiftung an einen Destinatär sind als Kapitalertrag zu berücksichtigen, soweit diese aus den Erträgen der Stiftung erfolgen.



    Tatbestand

    Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Zahlung einer ausländischen Stiftung bei dem Kläger einkommensteuerpflichtig ist.

    Im Dezember 2008 wurde mit Sitz in der Schweiz die Stiftung A als eine Familienstiftung im Sinne der Artikel 80 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches gegründet. Der 1988 geborene Kläger ist Angehöriger der Familie B im Sinne der Stiftungsstatuten.

    Die Stiftungsstatuten enthalten insbesondere folgende Regelungen:

    Art. 2 Zweck

    Die Stiftung verfolgt die Zwecke einer Familienstiftung i.S.v. Art. 335 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB). Als Familienstiftung bezweckt sie die Unterstützung von Angehörigen der Familie B zum Zwecke der Ausstattung und soll als Starthilfe für Mitglieder dieses Personenkreises verwendet werden.

    Als Angehörige der Familie B im Sinne der Stiftungsstatuten gelten die Nachkommen der Familienstämme von C und D.

    Die Stiftung verfolgt keinerlei wirtschaftliche Zwecke.

    Art. 3 Stiftungsvermögen

    [...] Zur Erfüllung des Stiftungszwecks stehen sowohl die Erträge des Stiftungsvermögens als auch das Stiftungsvermögen selbst zur Verfügung.

    Art. 4 Ausrichtung

    Die Unterstützungsleistungen können Angehörige der Familie B einmalig in jugendlichen Jahren ausgerichtet werden. Der Stiftungsrat entscheidet im Rahmen des Stiftungszwecks gemäß Art. 2 dieser Stiftungsstatuten nach seinem Ermessen darüber, ob eine Zuwendung erfolgt, über den Empfänger, die Höhe und den Zeitpunkt der auszurichtenden Unterstützungsleistung.

    Niemand hat einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Mitteln aus der Stiftung. Leistungsversprechen können unter Einhaltung einer angemessenen Frist ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.

    Art. 6 Stiftungsrat

    Der Stiftungsrat besteht aus 3-5 Mitgliedern.

    Zwei Stiftungsratsmitglieder werden erstmalig von der Stifterin gemäß separatem Beschluss bestimmt. Die Ernennung des dritten Stiftungsratsmitglieds obliegt dem Stiftungsrat und hat innert 6 Monaten nach Gründung der Stiftung A zu erfolgen. Der Stiftungsrat entscheidet im Rahmen von Art. 6 dieses Stiftungsstatuts über die Wahl von weiteren Personen in den Stiftungsrat.

    Art. 11 Beschlussfassung

    [...] Der Stiftungsrat ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit der Stiftungsräte/innen anwesend ist. Die Beschlüsse werden mit einfachem Mehr gefasst. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende/der Vorsitzende.

    Art. 18 Aufhebung

    Die Dauer der Stiftung ist unbegrenzt.

    Die Stiftung wird aufgelöst, wenn ihr Zweck unerreichbar geworden ist (Art. 88 ZGB).

    Das Stiftungsvermögen ist in diesem Falle der Stifterin zuzuwenden.

    Im Jahr 2017 erhielten der Kläger und sechs weitere Angehörige der Familie B einen Brief, in dem sie eingeladen wurden, sich bei der Stiftung A vorzustellen. Im Rahmen dieses Vorstellungstermins hielt der Kläger einen Vortrag. Noch am Ende desselben Tages wurden dem Kläger und den anderen Teilnehmern die Zusage einer einmaligen Geldunterstützung erteilt.

    Mit Schreiben des Stiftungsrates der Stiftung A vom 18. Mai 2017 erhielt der Kläger eine einmalige Geldunterstützung (Starthilfe) in Höhe von ... € (darin enthalten ... B-Aktien) aus den Erträgen der Stiftung. Der Stiftungsrat erklärte, dass die Zuwendung ohne Rechtsanspruch erfolge und unter Einhaltung einer angemessenen Frist ohne Angabe von Gründen widerrufen werden könne.

    Zudem wies der Stiftungsrat daraufhin, dass die Starthilfe in der Bundesrepublik Deutschland möglicherweise als Schenkung unter Lebenden nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) oder nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG schenkungspflichtig sein könnte. Es sei insoweit ein gerichtliches Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) mit dem Aktenzeichen II R 6/16 bezüglich eines anderen Zahlungsempfängers anhängig. Der Stiftungsrat erklärte außerdem, dass, sollte die Zuwendung schenkungssteuerpflichtig sein oder einer anderen Steuer unterliegen, die auf die Zuwendung entfallene Steuer von der Stiftung A übernommen werde.

    Die Stiftung A meldete die Zuwendung dem damaligen zuständigen Erbschafts- und Schenkungssteuerfinanzamt E, welches daraufhin die entsprechenden Schenkungssteuerbescheide erließ.

    Nachdem der BFH durch Urteil vom 7. März 2019 (II R 6/16, BStBl. II 2020, 61) die Zahlung der Stiftung an einen 1981 geborenen Zahlungsempfänger nicht als freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 ErbStG qualifizierte, da die Stiftung die Zahlung aufgrund ihrer Satzungsbestimmungen erbracht habe, hob das Finanzamt E den erlassenen Schenkungssteuerbescheid wieder auf und teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 3. März 2020 mit, dass der Kläger eine Zuwendung der Stiftung A in Höhe von ... € erhalten habe. Das Finanzamt E gab ferner an, dass es nicht bekannt sei, ob der Kläger die Einnahme im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung angezeigt habe und bat um Prüfung.

    Am 17. März 2020 forderte der Beklagte den Kläger zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 auf.

    Der Kläger übermittelte am 27. März 2020 seine Einkommensteuererklärung für 2017. Neben einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € erklärte er Kapitalerträge in Höhe von ... € nebst Kapitalertragsteuer in Höhe von ... € Solidaritätszuschlag in Höhe von ... € und ausländischer Steuer in Höhe von ... €. Den Erhalt der streitigen Zuwendung erklärte der Kläger nicht.

    Mit Schreiben vom 20. April 2020 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er Kenntnis von der Zuwendung habe und bat ihn um Aufklärung des Sachverhaltes sowie um den Nachweis der Zahlung und eines möglichen Steuereinbehalts.

    Der Kläger übersandte das Schreiben des Stiftungsrates vom 18. Mai 2017 und erklärte, dass keine Steuer einbehalten worden sei. Der Beklagte erteilte daraufhin den Hinweis, dass die Zuwendung als Kapitalertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Einkommensteuer unterliege und er daher beabsichtige, die Kapitalerträge für 2017 um ... € zu erhöhen.

    Mit Einkommensteuerbescheid 2017 vom 19. Juni 2020 erfasste der Beklagte die Zuwendung der Stiftung als Kapitalertrag gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG.

    Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 6. Juli 2020 Einspruch ein, welchen der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2020 als unbegründet zurückwies.

    Der Kläger hat am 10. November 2020 Klage erhoben. Er, der Kläger, ist der Auffassung, dass die Zahlung der Stiftung nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu besteuern sei. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG seien nicht gegeben. Die Norm erfasse nur solche Einnahmen aus Stiftungsleistungen, die Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar seien. Dies sei ausschließlich dann der Fall, wenn Destinatäre der Stiftung eine Position innehätten, die der eines Gesellschafters wirtschaftlich vergleichbar sei. Insbesondere müssten Destinatäre der Stiftung auf die Entscheidungen der Stiftung und vor allem das Ausschüttungsverhalten direkt oder indirekt Einfluss nehmen können. Bei einer anderen Auslegung liefe das einschränkende Tatbestandsmerkmal "wirtschaftlich vergleichbar" leer. Dies werde insbesondere durch das Urteil des BFH vom 3. November 2010 (I R 98/09, BStBl. II 2011, 417) und die Urteile des FG Nürnberg vom 21. Februar 2019 (6 K 719/18, EFG 2020, 1610) und des FG Berlin-Brandenburg vom 5. November 2020 bestätigt. Beide finanzgerichtlichen Urteile seien rechtskräftig. Die Ausführungen des BMF-Schreibens vom 27. Juni 2006 (BStBl. I 2006, 417), wonach Zuwendungen einer Stiftung undifferenziert als steuerbar gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu behandeln seien, seien offensichtlich rechtswidrig. Dies habe der BFH bereits ausdrücklich in seiner Entscheidung vom 28. Februar 2018 (VIII R 30/15, BFH/NV 2018, 857) entschieden.

    Der Kläger trägt vor, dass er erst im Jahr 2016 von der Existenz der Stiftung erfahren habe. Er habe als Empfänger der Zuwendung keine Organstellung oder ein sonstiges Amt innerhalb der Stiftung gehabt und weder eine direkte noch eine indirekte Möglichkeit gehabt, auf die Stiftung Einfluss zu nehmen. Er, der Kläger, sei weder direkt noch indirekt an der Stiftung beteiligt. Er habe keinen Einfluss auf die Wahl eines Organes der Stiftung gehabt. Auch habe er keinen Rechtsanspruch auf die Zuwendung gehabt. Der Stiftungsrat entscheide nach seinem Ermessen, ob überhaupt eine Zuwendung erfolge, über die Person des Zuwendungsempfängers, die Höhe und den Zeitpunkt der Zuwendung. Seine Präsentation bei der Stiftung könne nicht als Einflussnahme gewertet werden, denn diese Gespräche dienten nur dem Zweck, zu prüfen, ob er im Sinne der Stiftung geeignet sei, die Zuwendung zu erhalten. Nach Angabe des Klägers erhielten nicht alle Familienangehörigen, die er kenne, solche Zuwendungen. Auch variierten die Zahlungshöhen. Die Verwirklichung des Stiftungszweckes sei nicht an den jeweils erwirtschafteten und vorhandenen Überschüssen ausgerichtet, sondern es stehe für die Anschubfinanzierungen gemäß Art. 3 Abs. 2 des Stiftungsstatuts auch das Stiftungsvermögen zur Verfügung. Es hänge vom Zufall ab, ob Erträge oder das Vermögen für die Zahlungen genutzt würden.

    Die Zuwendung sei nicht einkommensteuerbar, weil ihr keine erwerbswirtschaftliche Betätigung zugrunde liege, sondern die Zahlung aufgrund einer freien Ermessensentscheidung des Stiftungsrats der Stiftung beruhe. Er, der Kläger, habe gerade keinen Anspruch auf die Zahlung gehabt. Die an ihn ausgerichtete Zuwendung der Stiftung A könne deshalb allenfalls schenkungssteuerrechtlich, keinesfalls jedoch einkommensteuerrechtlich relevant sein.

    Der Gerichtsbescheid des Hessischen Finanzgerichts vom 25. Mai 2021 (10 K 707/20, juris) überzeuge nicht, auch seien die Ausführungen nicht auf diesen Fall übertragbar, da in dem Fall des Hessischen Finanzgerichts nur die Erträge, nicht aber das Vermögen der Stiftung habe eingesetzt werden dürfen. Auch könne nicht nur aus einer familiären Verbindung der erforderliche Einfluss abgeleitet werden. Die vom Hessischen Finanzgericht vorgenommene Auslegung habe den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG in verfassungswidriger Weise überdehnt.

    Der Kläger rügt außerdem, dass der Beklagte die von ihm, dem Kläger, beantragte Erörterung an Amtsstelle verweigert habe. Dies sei rechtswidrig gewesen und stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid für 2017 über Einkommensteuer vom 19. Juni 2020 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2020 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer nur in der Höhe festgesetzt wird, die sich ohne Einbeziehung der Zuwendung der Stiftung A, F, Schweiz, in Höhe von ... € in die Besteuerungsgrundlagen ergibt.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte ist der Auffassung, die Zuwendung sei zutreffend bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt worden. Die Stiftung A falle grundsätzlich unter die in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG aufgeführten Vermögensmassen. Stiftungen seien rechtlich selbständige Vermögensmassen, an deren Vermögen sich niemand beteiligen könne. Ebenfalls bestünden keine Mitgliedschaftsrechte. Die spezielle Form der Familienstiftung verfolge regelmäßig keinen gemeinnützigen, sondern einen rein wirtschaftlichen Zweck. Familienvermögen solle langfristig zusammengehalten werden und der Versorgung der Familienmitglieder über Generationen dienen. In diesem Zusammenhang erfolge die von einem Entscheidungsgremium zu beschließende Auskehr von Erträgen des Stiftungsvermögens an die sogenannten Destinatäre. Zum Zwecke des Vermögensschutzes werde hierbei niemanden uneingeschränkt ein fester Anspruch auf Auszahlung eingeräumt. Die Leistung müsse nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG mit einer Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sein. An dieser Stelle sei eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich. Danach müsse im ersten Schritt eine Kapitalüberlassung vorliegen, wobei der Gesetzgeber keine Einschränkung vorgenommen habe, von wem das Kapital überlassen werde. Es müsse sich ferner bei der Leistung um den aus der Nutzung des überlassenen Kapitals erwirtschafteten Ertrag handeln.

    Die Beteiligung des Leistungsempfängers an dem Kapital der Körperschaft, Personenvereinigung und Vermögensmasse im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sei nicht notwendig, damit das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit der Leistungen mit Gewinnausschüttungen erfüllt sei. In Kenntnis der strukturellen Unterschiede seien durch den Gesetzgeber auch Vermögensmassen in die Norm aufgenommen worden, obwohl an Stiftungen als Vermögensmasse keine Kapitalbeteiligung möglich sei, es trotzdem aber zu Leistungen an die "hinter diesen Gesellschaften stehenden Personen" komme. Es komme demnach nicht darauf an, ob der Destinatär rechtlich die Stellung eines Anteilseigners inne habe, sondern darauf, ob seine Stellung aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit der eines Anteilseigners im Hinblick auf die Möglichkeit der direkten oder indirekten Einflussnahme auf Entscheidungen und das Ausschüttungsverhalten vergleichbar sei.

    Die Stiftung A verfolge die Zwecke einer Familienstiftung, die Unterstützungen von Angehörigen der Familie B zum Zwecke der Starthilfe leisten solle. Nach dem Stiftungszweck und den Stiftungsstatuten sei der begünstigte Personenkreis auf die Abkömmlinge der Herren C und D begrenzt. Die durch die Satzung festgelegten Begünstigten seien zwar nicht unmittelbar am Stiftungsvermögen beteiligt, seien aber die Nutznießer der Erträge und somit einem Gesellschafter vergleichbar.

    Der Kläger habe im Vorwege der Zahlung die Möglichkeit der Darstellung seiner Lebens- und Ausbildungsumstände erhalten, um so die Stiftungsratsmitglieder direkt davon zu überzeugen, dass er die Voraussetzungen für eine Zuwendung entsprechend der Stiftungsstatuten erfülle, was eine direkte Einflussnahme bedeute, zumal er lediglich einmal im Leben die Möglichkeit gehabt habe, eine solche Unterstützungszahlung zu erhalten. Er habe daher eine größere Einflussmöglichkeit auf die Stiftung gehabt als beispielsweise ein Kleinaktionär. Unabhängig davon sei eine indirekte Einflussnahmemöglichkeit darin zu sehen, dass die Mitglieder des Stiftungsrates in der Regel durch Beschluss der stimmberechtigten Familienmitglieder berufen und abberufen würden. Insofern habe der Kläger als stimmberechtigtes Familienmitglied die Möglichkeit, indirekt über die Mitglieder des Stiftungsrates der Stiftung A Einfluss zu nehmen. Die aufgezeigten Möglichkeiten des Klägers zur direkten und indirekten Einflussnahme auf die Verwendung der Erträge der Stiftung sowie das Auszahlungsverhalten führten dazu, dass die Zahlung in Höhe von ... € an den Kläger durch die Stiftung A wirtschaftlich mit einer Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG vergleichbar sei.

    Das Urteil des FG Berlin-Brandenburg sei nicht auf den Streitfall übertragbar, weil es einen wesentlichen Sachverhaltsunterschied gebe, da der Kläger seine Zahlung aus den Erträgen und nicht aus dem Vermögen der Stiftung erhalten habe. Aus den anderen von dem Kläger zitierten Urteilen ergebe sich gerade nicht, dass eine Einflussnahmemöglichkeit des Klägers auf die Stiftung erforderlich sei.

    Eine Erörterung an Amtsstelle sei nicht sinnvoll gewesen, weil der Kläger nicht alle Unterlagen vorgelegt habe, um den Sachverhalt aufzuklären. Hierzu sei er verpflichtet gewesen, da es sich um einen Auslandssachverhalt handele. Der Kläger habe die wesentlichen Unterlagen erst im Klageverfahren vorgelegt und erst im Erörterungstermin den wesentlichen Sachverhalt erläutert.

    Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze verwiesen.

    Die Beteiligten haben auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet. Es wird bezüglich der weiteren Einzelheiten auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 8. Juni 2021 verwiesen. Dem Gericht haben die Einkommensteuerakten und die Rechtsbehelfsakten zu der Steuernummer ... vorgelegen.
    Entscheidungsgründe

    Die Entscheidung ergeht mit Zustimmung der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

    I.

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2017 vom 19. Juni 2020, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2020, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht die Zuwendung der Stiftung A in Höhe von ... € als Kapitalertrag gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst.

    1. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), die Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen im Sinne der Nummer 1 gehören; Nummer 1 Satz 2, 3 und Nummer 2 gelten entsprechend. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG ist Satz 1 ist auf Leistungen von vergleichbaren Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, entsprechend anzuwenden.

    Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen im Falle der streitgegenständlichen Zahlung der Stiftung A an den Kläger vor.

    a) Die Stiftung A ist als rechtsfähige Familienstiftung eine sonstige juristische Person des privaten Rechts nach § 1 Abs. Nr. 4 KStG. Die Familienstiftung ist keine eigene Stiftungsart, sondern eine Sonderform der rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts. Als ausländische Familienstiftung ist sie gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG erfasst. Mit der Ergänzung von § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2011 wollte der Gesetzgeber insbesondere Leistungen von ausländischen Stiftungen erfassen (Buge in Herrmann/Heuer/Raupach § 20 EStG Rn. 349 mit Hinweis auf BT-Drucksache 17/2249, 81).

    b) Die Einnahmen müssen aus Leistungen der Stiftung herrühren, die Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind und nicht bereits zu den Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.

    aa) Mit der Zahlung von ... € hat die Stiftung an den Kläger eine Leistung erbracht.

    Als Leistung ist in Anlehnung an § 22 Nr. 3 EStG jedes Tun, Dulden oder Unterlassen anzusehen, also auch der Vermögenstransfer durch Geldhingabe oder die Übertragung von Aktien; ausgeschlossen sind nur solche Leistungen, denen im weitesten Sinn eine Gegenleistung des Empfängers gegenübersteht (BFH, Urteil vom 3. November 2010, I R 98/09, BStBl. II 2011, 417). Ein derartiger Leistungsaustausch ist erkennbar nicht gegeben. Insbesondere stellt die Präsentation des Klägers keine entsprechende Gegenleistung dar.

    bb) Auf Seiten des Klägers stellt sich die Leistung als Einnahme im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG dar, denn er hat Geld und Aktien erhalten.

    cc) Eine Einnahme gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt unstreitig nicht vor, so dass der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG eröffnet ist.

    dd) Diese Leistung der Stiftung ist einer Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs.1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar.

    Die Frage, wann eine Leistung einer Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar ist, ist nicht abschließend geklärt. Insbesondere ist ungeklärt, ob Voraussetzung hierfür ist, dass der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen kann (vgl. z.B. Levedag in Schmidt § 20 Rn. 131; Gerichtsbescheid, Hessisches Finanzgericht, vom 25. Mai 2021,10 K 707/20, juris).

    aaa) Zwar gibt es Urteile des BFH und der Finanzgerichte, dass es sich um vergleichbare Einnahmen aus Leistungen dann handelt, wenn der Destinatär Einflussmöglichkeiten auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung hat (z.B. Urteil BFH, vom 12. Oktober 2011, I R 102/10, BStBl. II 2014, 484, Urteil, FG Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2009, 5 K 277/06, EFG 2009, 1558). Das FG Schleswig-Holstein hatte aber ausdrücklich offen gelassen, ob bereits im Falle der Auskehrungen von Stiftungen an Angehörige und Abkömmlinge unabhängig von weiteren Besonderheiten des Einzelfalls in jedem Fall bereits auf Grund des verwandtschaftlichen Näheverhältnisses zu dem Stifter als ursprünglichem Kapitalgeber und der erfolgten Begünstigung durch die Zuwendung die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG angenommen werden könne.

    In seinem Urteil vom 28. Februar 2018 (VIII R 30/15, BFH/NV 2018, 857) hat der BFH zwar eine weitere Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. nicht unterschiedslos alle wiederkehrenden oder einmaligen Zahlungen einer Stiftung erfasst, die von den beschlussfassenden Stiftungsgremien aus den Erträgen der Stiftung an den Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge während des Bestehens der Stiftung oder anlässlich ihrer Auflösung ausgekehrt werden. In diesem Zusammenhang hat der BFH ausgeführt: "Dementsprechend sollten Zahlungen, die sich als Verteilung des erwirtschafteten Überschusses darstellen, gleichbehandelt werden. Der Gesetzesbegründung ist allerdings nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die aufgrund der Auflösung einer Kapitalgesellschaft erfolgende Vermögensverteilung als eine Leistung angesehen hat, die "einer Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG" wirtschaftlich vergleichbar ist und er daher in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG von einer Bezugnahme auf Nr. 2 abgesehen hat. Ein solches Verständnis erscheint in Anbetracht der ausdrücklichen Trennung der Einkunftstatbestände in § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG fernliegend." (Urteil, BFH vom 28. Februar 2018, VIII R 30/15, BFH/NV 2018, 857, Rn. 19 bei juris). Eine weitere darüber hinaus gehende Einschränkung hat der BFH aber nicht vorgenommen.

    Das FG Münster stellt ausdrücklich fest, dass zumindest dann, wenn der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung Einfluss nehmen kann, die Leistungen einer Stiftung Gewinnausschüttungen vergleichbar sind. Ausschlaggebend sei, ob die Stellung wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspreche (Urteil, FG Münster vom 16. Januar 2019, 9 K 1107/17 F, EFG 2019, 1010).

    Auch das FG Nürnberg hat entschieden, dass Versorgungsleistungen die eine Stiftung aus den Erträgen ihres Stiftungsvermögens an ihre Stifter erbringt, jedenfalls dann mit Gewinnausschüttungen wirtschaftlich vergleichbar sind, wenn die Stifter unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können. Denn dann seien sie als "hinter der Stiftung stehende Personen" anzusehen, weil sie ähnlich einem Gesellschafter die Erträge aus dem einst hingegebenen Kapital erhielten und ähnlich einem Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und letztlich auch auf deren Vermögen nehmen könnten (Urteil, FG Nürnberg vom 21. Februar 2019, 6 K 719/18, EFG 2020, 1610).

    Aus diesen Entscheidungen ergibt sich indes nicht, dass eine solche Einflussmöglichkeit auch zwingend erforderlich ist (so auch Gerichtsbescheid, Hessisches FG vom 25. Mai 2021, 10 K 707/20, rkr. zitiert nach juris). Denn der BFH hat auch entschieden, dass von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG nur solche Leistungen nicht erfasst sein sollen, denen im weitesten Sinne eine Gegenleistung des Leistungsempfängers gegenübersteht (Urteil, BFH vom 3. November 2010, IR 98/09, BStBl. II, 2011, 417).

    bbb) Nach der Verwaltungsanweisung ist § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf alle wiederkehrenden und einmaligen Leistungen einer Stiftung anzuwenden (BMF vom 27. Juni 2006, BStBl. I 2006, 417). Der BFH hat diese Verwaltungsauffassung zwar als zu weitgehend abgelehnt, dies bezog sich indes nur auf die Liquidationszahlungen nach Auflösung der Stiftung (BFH, Urteil vom 28. Februar 2018, VIII R 30/15, BFH/NV 2018, 857 zu § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG vor Einfügung des § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007).

    ccc) Orth (DB 2017, 1410) weist zu Recht daraufhin, dass für den Rechtsanwender die Frage entstehe, wie weit der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG "trägt" bzw. einer Auslegung zugänglich sei, weil der Gesetzgeber gerade keine Fiktion eingesetzt habe, sondern einen wirtschaftlichen Vergleich mit Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften verlange und dass diese Frage bisher noch nicht abschließend entschieden sei. Im Schrifttum ist die Frage umstritten:

    Bleschick (in Kirchhof/Seer 20. Aufl. 2021 § 20 EStG Rn. 61) vertritt die Ansicht, dass Zahlungen an die Destinatäre einer Stiftung nur dann Leistungen darstellen, die wirtschaftlich einer Gewinnausschüttung vergleichbar sind, wenn die Destinatäre unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können. Auch Jochum (in Kirchhof/Söhn § 20 Rn. C/9 14) sieht diese Voraussetzung als erforderlich an. Ratschow (in Blümich § 20 Rn. 338a) sieht es ebenso, verweist allerdings auch auf das BMF-Schreiben vom 27. Juni 2006 (BStBl. I 2006, 417), welches dies gerade nicht fordert. Jachmann-Michel/Lindenberg (in Lademann/Söffing § 20 Rn. 458) sehen es als erforderlich an, dass die Destinatäre, ähnlich einem Gesellschafter, Einfluss auf die Verwendung der Erträge nehmen, ähnlich auch Bergschneider (Familienvermögensrecht, 3. Aufl. 2016 Rn. 11.115; weitere Hinweise bei Gerichtsbescheid, Hessisches Finanzgericht, vom 25. Mai 2021,10 K 707/20, juris).

    Es werden jedoch auch andere Ansichten vertreten. Möllenbeck (in Littmann/Bitz/Pust § 20 EStG Rn. 742) meint, dass nur solche Leistungen nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst sein sollen, denen im weitesten Sinne eine Gegenleistung des Leistungsempfängers gegenüberstehe. Richter (Stiftungsrecht, 1. Aufl. 2019 Rn. 72) spricht sich für eine weite Auslegung der Vergleichbarkeit mit Gewinnausschüttungen aus und sieht diese Frage als noch nicht von der Rechtsprechung entschieden an. Auch Moritz/Strohm (in Frotscher § 20 Rn. 199) fordern nicht diese zusätzliche Voraussetzung und meinen, dass alle Vorteilszuwendungen erfasst seien, die durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch ein anderes Rechtsverhältnis veranlasst sind. Fischer (FR 2017, 897) vertritt die Auffassung, dass bei satzungsmäßigen Zuwendungen die Leistung immer einer Gewinnausschüttung wirtschaftlich vergleichbar sei, weil sie wie eine Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft ihre Rechtsgrundlage in der Satzung habe (ähnlich auch Kutac, IStR 2021, 409). Ob die Destinatäre eine Einflussmöglichkeit auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung haben, sei unerheblich.

    ddd) Nach Auffassung des Senats sind für die Entscheidung, ob die Zuwendung einer Stiftung wirtschaftlich mit einer Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar ist, maßgeblich die Grundentscheidungen des Gesetzgebers heranzuziehen: Der Gesetzgeber hat mit § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG einen neuen Einkommenstatbestand im Gesetz geschaffen, der (u.a.) Vermögensübertragungen von rechtsfähigen Stiftungen an die "hinter diesen stehenden" Personen erfassen soll. Dabei sollen nur solche Leistungen steuerlich nicht erfasst werden, denen im weitesten Sinn eine Gegenleistung des Empfängers gegenübersteht (so auch Gerichtsbescheid, Hessisches Finanzgericht, vom 25. Mai 2021,10 K 707/20, juris).

    Das Tatbestandsmerkmal der Vergleichbarkeit mit Gewinnausschüttungen ist nach Ansicht des Gerichts deshalb weit auszulegen. Dies ergibt sich insbesondere aus der historischen Auslegung.

    (1) Mit der Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433) wollte der Gesetzgeber bestehende Belastungsunterschiede zwischen Stiftungen/Destinatären einerseits und Kapitalgesellschaften/Anteilseignern andererseits ausgleichen (vgl. auch Urteil BFH, vom 21. Januar 2015, X R 31/13, BStBl. II 2015, 540). Bei den aufgeführten Körperschaften gebe es grundsätzlich keine Ausschüttungen an Anteilseigner oder Mitglieder. Gleichwohl komme es zu Vermögensübertragungen an die "hinter diesen Gesellschaften stehenden" Personen. Diese Vermögensübertragungen seien wirtschaftlich gesehen mit den erwähnten Gewinnausschüttungen vergleichbar. Der Gesetzgeber hat einen neuen Einkommenstatbestand geschaffen (BT-Drucksache 14, 2683, S. 114).

    Die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. des StSenkG enthielt den Zusatz, dass die Leistungen Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar sein müssen, noch nicht. Dieser wurde erst durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) mit Wirkung zum 25. Dezember 2001 (vgl. Art. 12 Abs. 1 UntStFG) ergänzt. Der Gesetzgeber betrachtete dies als Klarstellung: Bei Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, denen die von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfassten Leistungen wirtschaftlich vergleichbar sein müssen, handele es sich um die gesellschaftsrechtlich veranlasste offene oder verdeckte Verteilung des Gewinnes der Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter, der im Rahmen des Gesellschaftszweckes erwirtschaftet worden sei (vgl. BT-Drucksache 14/6882, S. 35).

    Für die Annahme von Einnahmen aus Leistungen, die Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind, kommt es nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger rechtlich die Stellung eines Anteilseigners innehat und am Vermögen beteiligt ist. Dies folgt schon daraus, dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG ausdrücklich Leistungen von "Vermögensmassen" aufführt, demnach auch selbständige Stiftungen meint, obwohl bei diesen eine Beteiligung der Leistungsempfänger am Vermögen nicht möglich ist und auch Mitgliedschaftsrechte nicht bestehen. Wie aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 14/2683, S. 114) ersichtlich ist, war dem Gesetzgeber bewusst, dass bei den in der Vorschrift genannten Körperschaftsteuersubjekten grundsätzlich keine Ausschüttungen an Anteilseigner oder Mitglieder möglich sind. Zudem ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber die weiteren strukturellen Unterschiede zwischen Kapitalgesellschaften und Vermögensmassen bekannt waren. Gleichwohl hat er auch deren Leistungen ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG einbezogen, woraus zu schließen ist, dass er diesen Unterschieden keine der Besteuerung ihrer Leistungen als Kapitaleinkünfte entgegenstehende Bedeutung beigemessen hat (Urteil BFH, vom 3. November 2010, I R 98/09, BStBl. II 2011, 417). Hieraus lässt sich schließen, dass nur solche Leistungen nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst sein sollen, denen im weitesten Sinne eine Gegenleistung des Leistungsempfängers, z.B. in Form eines Mitgliedsbeitrags, gegenübersteht (Urteil BFH, vom 3. November 2010, I R 98/09, BStBl. II 2011, 417).

    Es ist deshalb nicht relevant, ob die Leistungsempfänger am Vermögen beteiligt sind oder dass der Leistungsempfänger die Stiftung weder selbst begründet hat, noch zur Gründung beigetragen hat. Dies folgt schon daraus, dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG ausdrücklich Leistungen von "Vermögensmassen" aufführt, demnach auch selbständige Stiftungen, obwohl bei diesen eine Beteiligung der Leistungsempfänger am Vermögen nicht möglich ist und auch Mitgliedschaftsrechte nicht bestehen. Stiftungen sind Vermögensmassen, die weder über Gesellschafter noch Mitglieder verfügen und zu denen auch keine anderen Steuersubjekte in einem gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis stehen. Bei einer Stiftung bestimmt zwar der Stifter durch das Stiftungsgeschäft welchen Zweck die Stiftung verfolgt und wie die aus dem Stiftungsvermögen erwirtschafteten Erträge verwendet werden. Ist die Stiftung jedoch errichtet, verfügt der Stifter ebenso wenig wie jedes andere Rechtssubjekt außerhalb der Stiftung über gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnliche Befugnisse. Ab diesem Zeitpunkt "gehört die Stiftung sich selbst". Auch wenn der Stifter selbst Organ der Stiftung wird oder die Zusammensetzung der Organe bestimmt, vollzieht er nur seinen ursprünglichen Willen, wie er im Stiftungsgeschäft niedergelegt ist, und ist hieran wie jede andere Person, die als Organ der Stiftung fungiert, gebunden. Die Auskehrungen der Stiftung haben ihren Grund ausschließlich im Stiftungsgeschäft bzw. in der Satzung und nicht in einem gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis des Destinatärs zur Stiftung. Insofern besteht bereits zivilrechtlich ein erheblicher Gegensatz zwischen Kapitalgesellschaften, die vom wandelbaren Willen ihrer Mitglieder getragen werden, und insbesondere Stiftungen (vgl. Theuffel-Werhahn in: Bergschneider, Familienvermögensrecht, 3. Aufl. 2016, m.w.N.).

    Das Merkmal der "hinter der Gesellschaft stehenden Personen" ist nicht nur dann erfüllt, wenn im Falle der Auflösung der Gesellschaft der Zahlungsempfänger zu den Begünstigten zählt. Im Streitfall wird nach Art. 18 der Stiftungsstatuten das Vermögen im Falle der Auflösung der Stiftung den Stiftern zugewendet. Diese Stifter sind selbst nicht Nutznießer der Stiftung, denn sie zählen nicht zu dem begünstigten Familienkreis. Es handelt sich hierbei um eine strukturelle Besonderheit von Stiftungen gegenüber Kapitalgesellschaften. In den Stiftungsstatuten ist ausdrücklich geregelt, dass eine Auflösung der Stiftung nur erfolgen kann, soweit der Stiftungszweck nicht mehr zu erreichen ist. Dadurch wird sichergestellt, dass lediglich eine Begünstigung der Familienangehörigen erfolgt und eine Auflösung so lange nicht möglich ist, wie es die in der Satzung näher bezeichneten Nachfahren der Familienstämme der Familie B gibt.

    Werden gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG die im Rahmen des Stiftungszwecks erwirtschafteten Überschüsse an die im Stiftungszweck benannten Begünstigen verteilt, kommt es bei diesen "hinter einer Stiftung stehenden Personen" zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Es ist gerade bei Familienstiftungen der Normalfall, dass das Familienvermögen auf spätere Generationen übertragen werden soll. Insofern kann der § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht nur auf diejenigen beschränkt bleiben, die die Stiftung errichtet haben oder als Organe der Stiftung fungieren.

    (2) Auch teleologische Überlegungen sprechen für eine weite Auslegung der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit, da anderenfalls durch eine Gestaltung der Stiftungssatzung erreicht werden könnte, dass sog. weiße Einkünfte erreicht werden, eine Besteuerung also insgesamt vermieden werden könnte. Hierdurch würde aber gerade die vom Gesetzesgeber gewünschte Gleichstellung von Stiftungen und Kapitalgesellschaften konterkariert werden, denn bei einer Kapitalgesellschaft kann eine Besteuerung gerade nicht verhindert werden.

    In diesem Sinne versteht das Gericht auch die Entscheidung des 2. Senats des BFH vom 3. Juli 2019 (II R 6/16, BStBl. 2020, 61). Der BFH argumentierte, dass kein Grund erkennbar sei, Ausschüttungen von Stiftungen anders zu behandeln als eine Gesellschaft und deren Ausschüttungen. Er verweist in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich auf § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Im Gesellschaftsrecht seien Zuwendungen, die dem Gesellschaftszweck dienen, als gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als freigebige Zuwendung an die Gesellschaft zu beurteilen. Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern existierten deshalb jedenfalls im Grundsatz keine freigebigen Zuwendungen. Hieraus leitet das erkennende Gericht ab, dass Zuwendungen, die der Satzung entsprechen nicht der Schenkungssteuer, sondern der Einkommensteuer unterliegen (vgl. auch Loose, jurisPR-SteuerR 49/2019 Anm. 3).

    Nach Ansicht des Gerichts sind deshalb sämtliche Ausschüttungen einer Stiftung als steuerpflichtige Einkünfte zu berücksichtigen, da sie entweder die Voraussetzungen der Kapitalertragsteuer oder der Erbschafts- und Schenkungssteuer erfüllen. Satzungsgemäße Ausschüttungen einer Stiftung, die keine freigiebigen Zuwendungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sind, führen unabhängig von der erzielten Einkunftsart auf Ebene der Stiftung, stets zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG (so auch Kutac IStR 2021, 409, 413).

    (3) Diese weite Auslegung widerspricht nicht dem Wortlaut der Norm. Denn aus dem Wortlaut der Norm, insbesondere aus der Formulierung "Gewinnausschüttungen wirtschaftlich vergleichbar" ergibt sich gerade nicht das zusätzliche Kriterium der Einflussnahme des Destinatärs auf die Zahlung durch die Stiftung.

    (4) Auch systematische Erwägungen können nicht gegen diese weite Auslegung herangezogen werden, insbesondere ergibt sich die zusätzliche Voraussetzung, der möglichen Einflussnahme nicht aus anderen Vorschriften.

    eee) Angewandt auf den Streitfall folgt hieraus, dass die Zahlung der Stiftung in Höhe von ... € einer Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs.1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar war.

    Der Kläger hat die ... € erhalten, ohne eine Gegenleistung erbracht zu haben. Insbesondere kann seine Präsentation nicht als Gegenleistung betrachtet werden.

    Zwar ist der Kläger weder im Stiftungsrat noch hat er innerhalb der Stiftung Wahl- oder Mitwirkungsmöglichkeiten hinsichtlich der Bestellung des Stiftungsrates oder der Auswahlentscheidung, welcher der Abkömmlinge der Familie B ein Angebot für ein Auswahlgespräch erhalten soll. Ein solcher Einfluss ist nach Ansicht des Gerichts allerdings auch nicht erforderlich für die Frage, ob die Stellung des Leistungsempfängers wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspricht, denn auch die Einflussnahmemöglichkeiten eines Kleinaktionärs sind sehr beschränkt, wenn es um die Frage geht, wer als Organ der Kapitalgesellschaft zu bestellen ist oder ob Gewinne auszuschütten sind bzw. in welcher Höhe Ausschüttungen erfolgen sollen.

    Entscheidend ist, dass es nicht nur dem Zufall überlassen war, dass der Kläger die Zuwendung erhalten hat. Der Kläger gehört als Nachkomme der Familienstämme von C und D grundsätzlich zum Empfängerkreis der Zuwendungen der Stiftung. Der Stiftungsrat war nicht frei in seiner Entscheidung, an wen Zahlungen erfolgen sollten, sondern war verpflichtet, innerhalb des Satzungszweckes eine Entscheidung nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen. Diese Entscheidungen des Stiftungsrates waren auch überprüfbar. Hierfür zuständig war die Revisionsstelle der Stiftung, welche insbesondere die Einhaltung der Bestimmungen der Statuten zu überprüfen hatte. Die Zugehörigkeit des Klägers zu der Familie B ist das verbindende Merkmal, vergleichbar der Gesellschaftereigenschaft bei einer Kapitalgesellschaft (vgl. auch Gerichtsbescheid, Hessisches Finanzgericht vom 25. Mai 2021, 10 K 707/20). Dieses genügt nach Ansicht des erkennenden Senats, um eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit mit einem Anteilseigner anzunehmen.

    Die Zahlung an den damals 29jährigen Kläger stellte auch keine satzungswidrige Zahlung dar, sondern es war vom Stiftungsrat zumindest vertretbar, 29 Jahre als "jugendliche Jahre" zu werten. Es ist auch weder vorgetragen worden, noch ansonsten erkennbar, dass der Stiftungsrat den Satzungszweck überschritten haben könnte, wobei ihm ein weiter, gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer, Entscheidungsspielraum zusteht (vgl. Urteil BFH, vom 3. Juli 2019 II R 6/16, BStBl. 2020, 61).

    Zudem hat der Kläger auch durchaus mittelbare Einflussmöglichkeiten dadurch gehabt, dass er die Wahl hatte, ob er der Einladung nachkommt und er eine Präsentation durchführt. Es stand dem Kläger frei, der Aufforderung der Stiftung zu folgen und am Bewerbungsverfahren teilzunehmen. Durch seine Teilnahme an diesem Termin hat er hinsichtlich seiner eigenen Zuwendung aktiv mitgewirkt und die Ausschüttung veranlasst, so dass es sich nicht um eine aufgedrängte Bereicherung gehandelt hat. Zudem erfolgt die streitgegenständliche Ausschüttung nur einmal im Leben eines Abkömmlings. Es ist insoweit ausreichend, dass der Kläger eine Einflussnahmemöglichkeit auf seine eigene Zuwendung hatte. Dass er darüber hinaus auch eine Mitwirkungspflicht hinsichtlich weiterer Zuwendungen hat, ist nicht erforderlich.

    ee) Ausschüttungen einer Stiftung sind als Kapitalertrag nur dann zu berücksichtigen soweit diese aus den Erträgen der Stiftung erfolgen. Nur Zahlungen, die sich als Verteilung des erwirtschafteten Überschusses darstellen, sollen gleichbehandelt werden (Urteil BFH, vom 28. Februar 2018, VIII R 30/15, BFHE 261, 47).

    Im Streitfall ist nach der Mitteilung der Stiftung die Zahlung an den Kläger aus den Erträgen der Stiftung erfolgt.

    Insofern ist die Entscheidung des FG Berlin Brandenburg vom 5. November 2020 (2 K 2243/17) nicht mit dem Streitfall vergleichbar. Denn in dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg ergibt sich aus dem Tatbestand, dass die Zuwendung nicht aus laufenden Gewinnen, sondern aus der Substanz der Stiftung erfolgte. Ausschüttungen aus dem Vermögen einer Stiftung sind nicht mit Gewinnausschüttungen wirtschaftlich vergleichbar. Vielmehr entspricht eine Ausschüttung aus dem Vermögen einer Stiftung einer "Teilauflösung" der Stiftung und somit einer Schenkung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG oder ggf. einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr.

    Zwar hat der von der Stiftung bedachte Zahlungsempfänger keinen Einfluss darauf, ob die Stiftung die Zahlung aus den Erträgen oder dem Vermögen der Stiftung leistet. Für ihn hängt es vom Zufall ab, ob es sich bei ihm um eine einkommensteuerpflichtige Einnahme handelt. Hieraus folgt jedoch keine andere Beurteilung. Auch der Gesellschafter, der seinen Gesellschaftsanteil geerbt oder geschenkt bekommen hat, muss Gewinnausschüttungen bei der Einkommensteuer versteuern, nicht aber Liquidationserlöse oder die Rückgewähr von Einlagen.

    ff) Es wurde von der Familienstiftung keine deutsche Kapitalertragsteuer einbehalten.

    gg) Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG liegen nicht vor, da es sich lediglich um eine einmalige Leistung der Stiftung gehandelt hat und es sich aus der Satzung der Stiftung ergibt, dass weitere Zahlungen nicht möglich sind. Darüber hinaus wäre der § 22 EStG auch subsidiär.

    hh) Nachdem das für die Schenkungssteuer zuständige Finanzamt den Schenkungssteuerbescheid aufgehoben hat, besteht keine Gefahr für eine möglicherweise unzulässige Doppelbesteuerung von Ertrag- und Schenkungssteuer, so dass hier nicht über die Frage entschieden werden musste, ob eine Doppelbesteuerung grundsätzlich zulässig wäre (vgl. z.B. Jachmann-Michel/Lindenberg in Lademann/Söffing § 20 Rn. 458; Fischer FR 2017, 897).

    2. Die Nichtdurchführung der Erörterung an Amtsstelle gem. § 364a der Abgabenordnung (AO) hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die vom Beklagten vertretene Ansicht, dass eine Erörterung an Amtsstelle nicht sinnvoll gewesen sei, wenn der Sachverhalt vom Steuerpflichtigen trotz seiner Verpflichtung gem. § 90 Abs. 2 AO nicht dargelegt wurde und insbesondere keine angeforderten Unterlagen vorgelegt worden sind, keine Ermessensfehler aufweist. Es ergibt sich aus der Akte, dass der Sachverhalt erst im gerichtlichen Verfahren vom Kläger dargelegt wurde. Auch wurde die Satzung der Stiftung erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt. Zudem kommt eine Aufhebung des Bescheides oder der Einspruchsentscheidung auch deshalb nicht in Betracht, weil bei einem - unterstellten - Verfahrensfehler keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können, weil es vorliegend nicht um eine Ermessensentscheidung gegangen ist (§ 127 AO).

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage gibt, wann eine Leistung einer Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar ist.