15.02.2019 · IWW-Abrufnummer 207227
Landgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 14.11.2018 – 2-15 S 76/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 14.11.2018
Az.: 2-15 S 76/18
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 03.04.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 30 C 1092/17 (20), teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 76,5 % und die Beklagte 23,5 % zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das am 03.04.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 30 C 1092/17 (20), ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Erstattung von Mietwagenkosten und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach einem Verkehrsunfall.
Die Klägerin war Eigentümerin und Halterin des Fahrzeugs ……… mit dem amtlichen Kennzeichen ……, das bei einem Verkehrsunfall am 13.05.2016 auf der Bundesautobahn 72 in Höhe der Abfahrt Stollberg durch den Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs beschädigt wurde.Mit dem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten der ……. vom 19.05.2016 wurden Reparaturkosten von € 4.043,18 brutto und eine Wertminderung von € 200,00 festgestellt. Für das Sachverständigengutachten fielen Kosten von € 539,21 brutto an.
Die Klägerin ließ das Fahrzeug reparieren. Hierfür fielen Kosten von € 4.071,28 brutto an. Für die Dauer der Reparatur vom 17.05.2016 bis 27.05.2016 mietete die Klägerin mit Mietvertrag vom 17.05.2016 (Bl. 145 d.A.) bei der Autovermietung ………ein Fahrzeug des…….. Die Autovermietung …….brachte das Fahrzeug nach den Vereinbarungen mit der Klägerin zu der Reparaturwerkstatt und holte es dort wieder ab. Die Klägerin vereinbarte mit der Autovermietung …… zudem eine Haftungsbeschränkung auf € 1.000,00. Die Klägerin war mangels Kreditkarte bzw. mangels Kreditkarte mit ausreichender Deckung nicht in der Lage, den Mietpreis vorzufinanzieren. Eine Anmietung zum Normaltarif hätte die Vorauszahlung des Mietpreises mittels Kreditkarte erfordert.
Die Autovermietung …….. berechnete der Klägerin am 30.05.2016 für die Anmietung insgesamt € 1.577,94 brutto (Anlage K 4, Bl. 37 d.A.).
Ausweislich der Rechnung wurden der "Tagestarif Gr. 3" in Höhe von jeweils € 100,00 für 11 Tage, die Kosten der Zustellung und Abholung von € 50,00, die Kosten für die Haftungsbeschränkung von jeweils € 16,00 für 11 Tage und Umsatzsteuer in Höhe von € 251,94 berechnet.
Das Fahrzeug der Klägerin ist der Mietwagenklasse 4 nach Schwacke-Liste zuzuordnen.
Die Klägerin ließ die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 08.06.2016 (Anlage K 7, Bl. 43 ff. d.A.) zur Zahlung u.a. von Mietwagenkosten in Höhe von € 1.577,94 und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 746,73 bis zum 17.06.2016 auffordern.
Die Beklagte erstattete der Klägerin die Reparaturkosten bis auf einen Betrag von € 22,61 für Lackierarbeiten. Auf die Mietwagenkosten zahlte die Beklagte € 728,11 und auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren € 571,44. Hinsichtlich der Mietwagenkosten nahm die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2016 (Anlage K 10, Bl. 51 d.A.) Bezug auf einen Prüfbericht Mietwagenrechnung, mit dem Mietwagenkosten auf Grundlage des Mittelwertes zwischen Schwacke-Liste und Fraunhofer Mietpreisspiegel ermittelt wurden. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verwies die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2016 darauf, dass nur eine Gebühr von 1,3 erstattungsfähig sei. Die übrigen Schadenspositionen glich die Beklagte in voller Höhe aus.
Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung von nicht durch die Beklagte regulierten Lackierkosten in Höhe von € 22,61, von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von € 849,83 und von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 175,29 jeweils nebst Verzugszinsen geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie könne Mietwagenkosten auf Grundlage der Schwacke-Liste des Jahres 2015 verlangen. Es sei auf den Tagestarif abzustellen, da der Klägerin die Dauer der erforderlichen Reparatur bei Anmietung des Ersatzfahrzeuges unbekannt gewesen sei.
Wegen der Inanspruchnahme der Vorfinanzierung der Mietwagenkosten durch das Mietwagenunternehmen sei ein Aufschlag von 30 % auf den Normaltarif vorzunehmen. Soweit es auf den Fraunhofer Mietpreisspiegel ankäme, sei der des Jahres 2015 heranzuziehen, da der Fraunhofer Mietpreisspiegel 2016 erst im September 2016 erschienen sei.
Die Klägerin hat weiterhin die Ansicht vertreten, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten seien in Höhe einer 1,5 RVG-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 6.565,43 zu erstatten, da die Angelegenheit umfangreich und schwierig gewesen sei.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin hätte Vergleichsangebote wohnortnaher Autovermieter einholen müssen. Sie verweist auf zwei Internetangebote von Europcar für 10 Tage, die sich auf € 510,87 und € 688,53 belaufen. Im Übrigen sei geeignete Schätzgrundlage für die Mietwagenkosten nicht die Schwacke-Liste, sondern der Fraunhofer Mietpreisspiegel. Die Kosten der Haftungsbeschränkung seien in den Werten des Fraunhofer Mietpreisspiegels bereits enthalten. Zur Berechnung des Mittelwertes zwischen Schwacke-Liste und Fraunhofer Mietpreisspiegel sei der Fraunhofer Mietpreisspiegel aus dem Jahr 2016 heranzuziehen, da dieser die zum Unfallzeitpunkt ermittelten Mietpreise wiedergebe .
Wegen des Stillstandes des eigenen Fahrzeuges der Klägerin seien im Wege des Vorteilsausgleichs auch bei Inanspruchnahme eines klassenniedrigeren Fahrzeugs 10 % der erstattungsfähigen Mietwagenkosten in Abzug zu bringen.
Vor dem Amtsgericht hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie € 22,61 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2016 und weitere € 849,83 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2016 zu zahlen.
Das Amtsgericht hat der Klage mit am 03.04.2018 verkündetem Urteil in Höhe von € 22,61 und € 182,01 jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2016 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Klägerin stünden weitere Mietwagenkosten lediglich in Höhe von € 182,01 zu. Geschuldet seien die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges der Mietwagenklasse 3 für 11 Tage. Das angemietete Fahrzeug sei ausweislich der Rechnung vom 30.05.2016 der Mietwagengruppe 3 zuzuordnen. Bei der Ermittlung der zu erstattenden Mietwagenkosten sei das arithmetische Mittel zwischen den Werten der Schwacke-Liste und des Frauenhofer Mietpreisspiegels zugrunde zu legen. Bei Zugrundelegung der Schwacke-Liste für 2015 ergebe sich für die Mietwagenklasse 3 und das Postleitzahlgebiet 091 unter Berücksichtigung des Wertes "nahe Mittel" ein Betrag von € 1.171,94. Zu dem Mietwagenpreis von € 903,00 (Wochenpreis € 525,00, Preis für drei Tage € 280,00, Tagespreis € 98,00) kämen für die Vollkaskoversicherung der von der Autovermietung …… abgerechnete Betrag von € 209,44, da sich aus der Schwacke-Liste ein höherer Betrag ergebe, und die Kosten der Zustellung und Abholung von € 59,50. Aus der Fraunhofer-Tabelle für 2016 ergebe sich unter Zugrundelegung der jeweiligen Mittelwerte für das Postleitzahlgebiet 091 und der Mietwagenklasse 3 ein Betrag von € 648,30. Zu dem Mietwagenpreis von € 379,36 (Wochenpreis € 196,77, Preis für drei Tage € 133,24, Tagespreis € 49,35) kämen auch hier für die Vollkaskoversicherung ein Betrag von € 209,44 und die Kosten der Zustellung und Abholung von € 59,50. Das arithmetische Mittel betrage € 910,12. Von diesem Betrag verbleibe nach Abzug des von der Beklagten geleisteten Betrages von € 728,11 der zugesprochene Betrag von € 182,01. Ein Anspruch auf weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Die Erstattung einer 1,5 Geschäftsgebühr könne die Klägerin nicht verlangen, da der vorliegende Verkehrsunfall lediglich einen durchschnittlichen Bearbeitungsaufwand verursacht habe.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.04.2018 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 09.05.2018, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.06.2018, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, begründet.
Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen die Teilklageabweisung. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Mietwagenkosten seien objektiv erforderlich gewesen, da der Normaltarif der Schwacke-Liste lediglich um 12 % überschritten werde. Der Normaltarif sei aufgrund der Schwacke-Liste zu schätzen. Das Amtsgericht habe verkannt, dass die Klägerin Anspruch auf Anmietung eines Fahrzeugs der Mietwagenklasse 4 habe. Die Klägerin habe keine Kenntnis davon, dass die Angabe "Tagestarif Gr. 3" in der Rechnung der Autovermietung …….. vom 30.05.2016 tatsächlich bedeute, dass ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 3 angemietet worden sei. Fehlerhaft sei das Amtsgericht zudem davon ausgegangen, dass der Anspruch der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten auf eine 1,3 Geschäftsgebühr beschränkt sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Endurteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 03.04.2018 zum Aktenzeichen 30 C 1092/17 (20) wird die Beklagte verurteilt, an die sie weitere 667,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2016 sowie weitere 175,29 € außergerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Amtsgerichts. Das Amtsgericht habe den Mietwagentarif zutreffend aus dem arithmetischen Mittel zwischen den Daten der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Liste ermittelt. Dabei habe das Amtsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 3 angemietet habe, was sich eindeutig aus der Rechnung der Autovermietung …….vom 30.05.2016 ergebe.
Demgemäß habe das Amtsgericht zugunsten der Klägerin auch keine Eigenersparnisse in Abzug gebracht. Die Feststellung des Amtsgerichts, es sei nur eine 1,3 Geschäftsgebühr erstattungsfähig weise keine Rechtsfehler auf.
II.
1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 517, 519, 520 ZPO.
2. Die Berufung ist nur teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes gemäß § 7, 18 StVG, § 249 BGB, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG von € 84,25 aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 13.05.2016. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu.
a) Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung von weiteren Mietwagenkosten verlangen.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 BGB nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann der Geschädigte für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen (BGH, Urt. v. 18.12.2012 - VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539 f., Tz. 8).
Der danach grundsätzlich zu erstattende "Normaltarif" kann im Wege des § 287 Abs. 1 ZPO vom Tatrichter geschätzt werden. Dabei gibt § 287 Abs. 1 ZPO dem Tatrichter die Schätzungsgrundlage nicht vor. Vielmehr können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben (BGH, Urt. v. 18.12.2012 - VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539, 1540, Tz. 10). Der BGH hat wiederholt entschieden, dass in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO der Normaltarif sowohl auf der Grundlage des Schwacke-Liste als auch des Fraunhofer Mietpreisspiegels ermittelt werden kann (BGH, Urt. v. 18.12.2012 - VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539, 1540, Tz. 10). Eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen hat er ebenfalls nicht als rechtsfehlerhaft erachtet (z.B. BGH, Urt. v. 18.05.2010 - VI ZR 293/08, NJW-RR 2010, 1251, Tz. 4). Der BGH hat dabei auch wiederholt die generelle Eignung beider Tabellenwerke zur Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO betont und hervorgehoben, allein der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen könnten, genüge nicht, um grundsätzliche Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzungsgrundlage zu begründen (so z.B. BGH, Urt. v. 12.04.2011 - VI ZR 300/09, NJW 2011, 1947, 1948, Tz. 18).
Die Kammer geht unter Aufgabe ihrer früheren Rechtsprechung nunmehr davon aus, dass das arithmetische Mittel aus der Summe der Mietpreise der Schwacke-Liste und des Fraunhofer Mietpreisspiegels die geeignete Schätzgrundlage ist. Eine Schätzung allein auf Basis einer der Listen ist nicht geeignet, da gegen beide Erhebungen in der Rechtsprechung und Literatur jeweils nachvollziehbare, erhebliche Bedenken vorgebracht werden.
Gegen die Preisermittlung der Schwacke-Liste wird vor allem vorgebracht, dass die Mietwagenkosten für Selbstzahler in der Weise erfragt würden, dass Fragebögen an die Mietwagenunternehmen versandt würden und der damit offengelegte Verwendungszweck die Gefahr einer Manipulation der Ergebnisse durch die Autovermieter in sich berge. Dieses Argument überzeugt, da die Durchschnittspreise der Tarife der Schwacke-Liste deutlich über den Normaltarifen des Fraunhofer Mietpreisspiegels liegen. Der Fraunhofer Mietpreisspiegel hat gegenüber der Schwacke-Liste den Vorteil, dass er aufgrund einer anonymen Abfrage von Mietwagenpreisen derartigen Manipulationen besser vorbeugen kann.
Allerdings ist gegen den Fraunhofer Mietpreisspiegel einzuwenden, dass ein großer Teil der Erhebungen auf Internetangeboten basiert, die auf dem maßgeblichen regionalen Markt nicht ohne weiteres zugänglich sind, da in der konkreten Unfallsituation nicht stets ein Internetzugang zur Verfügung steht oder aus anderen Gründen, etwa aufgrund von Vorbehalten gegen die erforderliche Verwendung von Kreditkarten, eine Buchung per Internet abgelehnt wird. Auch entspricht die bei der Erhebung des Fraunhofer Mietpreisspiegels zugrunde gelegte einwöchige Vorbuchungsfrist regelmäßig nicht der Anmietsituation nach einem Unfallgeschehen. Weiterhin ist hinsichtlich des Fraunhofer Mietpreisspiegels zu beachten, dass sich die Erhebungen - insbesondere auch per Telefon - auf ein Gebiet, das nach Maßgabe zweistelliger Postleitzahlen ausgewählt ist, beschränken und insofern ein räumlich relativ grobes Raster angelegt wird. Demgegenüber weist die Schwacke-Liste, deren Erhebung dreistellige Postleitzahlgebiete zugrunde liegen, eine größere Ortsnähe auf. Damit wird dem Umstand besser Rechnung getragen, dass sich der Geschädigte grundsätzlich nur auf den allgemein zugänglichen regionalen Markt verweisen lassen muss. Ein weiterer Vorteil der Schwacke-Liste ist, dass auch Zuschläge Berücksichtigung finden, die bei der Anmietung in der Praxis tatsächlich verlangt werden.
Aufgrund der aufgezeigten Mängel beider Erhebungen sieht die Kammer in beiden Listen jeweils für sich genommen keine geeignete Schätzungsgrundlage gemäß § 287 Abs. 1 ZPO für die Ermittlung des Normaltarifs. Vielmehr hält es die Kammer für sachgerechter, zwecks Ausgleichs der jeweiligen Schwächen beide Listen derart zu kombinieren, dass als Schätzgrundlage das aus der Summe der Mietpreise beider Listen gebildete arithmetische Mittel ("Fracke") herangezogen wird (so auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 22.12.2009 - 4 U 294/09, NJW-RR 2010, 541 ff. [OLG Saarbrücken 22.12.2009 - 4 U 294/09-83]; OLG Karlsruhe, Urt. v. 01.02.2013 - 1 U 130/12, BeckRS 2014, 02868; OLG Köln, Urt. v. 30.07.2013 - 15 U 186/12, NZV 2014, 314 ff.; OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.01.2014 - 1 U 165/11, BeckRS 2014, 21180; OLG Hamm, Urt. v. 18.03.2016 - Az.: 9 U 142/15, NZV 2016, 336 ff.; OLG Celle, Urt. v. 01.02.2017 - 14 U 61/16, BeckRS 2017, 140012). Auf diese Weise lässt sich ein angemessener Ausgleich zwischen den erheblichen Differenzen beider Listen erreichen.
Gegen diese Schätzmethode kann nicht mit Erfolg vorgebracht werden, dass damit letztlich Abstand von dem Ansatz genommen werde, als Grundlage für den Schadensersatzanspruch den tatsächlichen Marktpreis anhand einer empirischen Schätzungsgrundlage zu ermitteln (so aber OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.03.2015 - I-1 U 42/14, BeckRS 2015, 06715, Tz. 48 f.). Dem ist entgegenzuhalten, dass auch die beiden Markterhebungen nach Schwacke und Fraunhofer lediglich als Grundlage der Schätzung dienen und es dem Tatrichter im Rahmen seines Ermessens nach § 287 ZPO frei steht, von den sich aus den Markterhebungen ergebenden Tarifen etwa durch Zuschläge abzuweichen (so auch OLG Celle, Urt. v. 13.04.2016 - 14 U 127/15 NJW-RR 2016, 1119, 1122 [AG Rheine 12.05.2016 - 14 C 391/14], Tz. 30 f.). Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass das Ergebnis der richterlichen Schätzung die Wirklichkeit regelmäßig ohnehin nicht exakt abbildet. Demgemäß hat der BGH - wie bereits ausgeführt - die Bildung des arithmetischen Mittels grundsätzlich nicht als rechtsfehlerhaft erachtet.
Die Eignung des arithmetischen Mittels als Schätzgrundlage ist im vorliegenden Fall auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass eine der Parteien mit konkreten Tatsachen aufgezeigt hätte, dass Mängel dieser Schätzmethode sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (vgl. BGH, Urt. v. 18.05.2010 - VI ZR 293/08, NJW-RR 2010, 1251, Tz. 4). Den Parteien bleibt es unbenommen, bezogen auf den konkreten Einzelfall durch Vorlage im Hinblick auf Zeitraum und Anmietsituation etc. vergleichbare Angebote darzutun und gegebenenfalls nachzuweisen, dass dem Geschädigten im Verhältnis zur Schätzungsgrundlage ein vergleichbares Ersatzfahrzeug zu schlechteren oder besseren Konditionen zur Verfügung gestanden hätte. Dies ist hier nicht erfolgt. Soweit die Beklagte auf zwei Internetangebote von Europcar für 10 Tage verweist, hat sie damit keine vergleichbaren Angebote dargetan. Denn den vorgelegten "Screenshots" lassen sich die genauen Buchungsbedingungen nicht entnehmen; es bleibt etwa offen, ob das Fahrzeug sofort verfügbar wäre und ob es des Einsatzes einer Kreditkarte bedurft hätte.
Auf Basis des arithmetischen Mittels ergibt sich im vorliegenden Fall für den Normaltarif ein Schätzbetrag von € 705,67.
Dabei geht die Kammer bei der Bildung des arithmetischen Mittels von der Summe der in den Listen von Fraunhofer und Schwacke angegebenen Mietpreise aus und schlägt dem so ermittelten arithmetischen Mittel anschließend die erstattungsfähigen Nebenkosten zu, sofern sie in dem streitgegenständlichen Mietverhältnis tatsächlich angefallen sind.
Maßgeblich sind sowohl für die Schwacke-Liste als auch für den Fraunhofer Mietpreisspiegel die jeweiligen Listen aus dem Jahr 2016, da die Anmietung in der Zeit vom 17.05.2016 bis 27.05.2016 in den Zeitraum der Datenerhebung fällt. Die Erhebung der Daten der Schwacke-Liste erfolgte ab April 2016 (Editorial der Schwacke-Liste 2016, S. 5) und die Erhebung der Daten des Fraunhofer Mietpreisspiegels in der Zeit vom 04.03. bis 31.07.2016 (Fraunhofer Mietpreisspiegel 2016, S. 27).
Als maßgeblicher Postleitzahlenbezirk ist von dem PLZ-Gebiet 091 für Chemnitz auszugehen. Maßgeblich ist das Preisniveau an dem Ort, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird (BGH, Urt. v. 11.03.2008 - VI ZR 164/07, NJW 2008, 1519, juris-Rn. 11). Der maßgebliche Ort hierfür ist Chemnitz, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Bei der Anwendung des Fraunhofer Mietpreisspiegels hat die Kammer den zweistelligen Postleitzahlbereich und folglich das PLZ-Gebiet 09 zugrunde gelegt.
Die Schätzung erfolgt nach Mietwagenklasse 4, da das Fahrzeug der Klägerin dieser Klasse angehörte und das angemietete Fahrzeug nicht in eine niedrigere Mietwagenklasse fiel. Soweit das Amtsgericht unter Verweis auf die Rechnung der Autovermietung ……. vom 30.05.2016 von der Mietwagenklasse 3 ausgegangen ist, blieb - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - hierbei unberücksichtigt, dass sich die Angabe "Tagestarif Gr. 3" in der Rechnung der Autovermietung ……vom 30.05.2016 nicht eindeutig auf die Mietwagenklasse nach Schwacke-Liste bzw. Fraunhofer Mietpreisspiegel bezieht. Tatsächlich ist das angemietete Fahrzeug des Typs ……., wie die Kammer im Rahmen der Auswertung ihrer Schätzgrundlage festgestellt hat, in die Mietwagenklasse 5 einzuordnen.
Die Mietdauer von 11 Tagen ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts unstreitig. Bei der Bestimmung der Abrechnungseinheit teilt die Kammer den gesamten Mietzeitraum in Zeitabschnitte gemäß den Vorgaben der Listen auf. Danach ist hier der Mietpreis aus einer Wochenpauschale, einer Dreitagespauschale und einer Tagespauschalen zu ermitteln (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.08.2011 - 1 U 27/11, NJW-RR 2012, 26, 29).
Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, es seien ausschließlich Tagespauschalen anzusetzen, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar war die konkrete Reparaturdauer bei Anmietung des Fahrzeugs am 17.05.2016 nicht abzusehen, da das Gutachten erst am 19.05.2016 erstellt wurde.
Nach dem von der Klägerin vorgelegten Mietvertrag hatten die Klägerin und die Autovermietung ……..aber eine Mietdauer bis zum 25.05.2016 und damit von mehr als einer Woche veranschlagt.
Bei der Ermittlung des Mietpreises nach der Schwacke-Liste legt die Kammer den sogenannten "Modus" zugrunde. Dabei handelt es sich um den Wert, der am häufigsten genannt wurde (in früheren Listen als "gewichtetes Mittel" bezeichnet, vgl. Editorial der Schwacke-Liste 2016, S. 5). Der "Modus" kommt der realen Marktsituation am nächsten, da er eine reine Angebotserhebung darstellt. Dies entspricht am besten der Situation des Geschädigten nach einem Verkehrsunfall, wenn dieser sich bei mehreren Vermietern nach den Tarifen erkundigt. Die Fraunhofer Tabelle weist dagegen von vornherein lediglich das arithmetische Mittel aller erhobenen Einzelwerte aus.
Nach der Schwacke-Liste für 2016 ergibt sich als Normaltarif folgende Schätzung (Beträge inkl. Mehrwertsteuer):
Dreitagespauschale € 302,00
Tagespauschale € 106,00
Summe € 994,00
Nach dem Fraunhofer Mietpreisspiegel für 2016 ergibt sich als Normaltarif folgende Schätzung (Beträge inkl. Mehrwertsteuer):
Wochenpauschale € 209,75
Dreitagespauschale € 134,15
Tagespauschale € 73,44
Summe € 417,34
Das arithmetische Mittel aus der Summe der Mietpreise der Schwacke-Liste und des Fraunhofer Mietpreisspiegels beläuft sich auf € 705,67.
Nebenkosten waren nicht zu berücksichtigen. Kosten der Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs können zwar grundsätzlich zu dem erforderlichen Schadenersatz im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gehören (vgl. OLG Köln, Urt. v. 18.08.2010 - 5 U 44/10, NZV 2010, 614, 616).
Der Geschädigte hat aber bei einer Anmietung im Stadtgebiet vorzutragen, ob und inwieweit die Kosten erforderlich waren (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2005 - VI ZR 9/05, NJW 2006, 360, 361, Tz. 14). Dies hat die Klägerin, wie in der Verhandlung vor der Kammer erörtert wurde,nicht getan, obwohl sich der Sitz des Mietwagenunternehmens und der Ort der Entgegennahme des Mietfahrzeugs bei der Reparaturwerkstatt in Chemnitz befinden. Der pauschale Verweis der Klägerin darauf, dass es dem Geschädigten nicht zumutbar sei, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu einem Mietwagenunternehmen zu gelangen, ist nicht ausreichend.
Kosten für eine Haftungsreduzierung waren ebenso wenig zu berücksichtigen. Die von der Schwacke-Liste insoweit vorgesehenen Nebenkosten betreffen die Vereinbarung einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung unter € 500,00 (vgl. Editorial der Schwacke-Liste 2016, S. 5). Bei den Mietpreisen des Fraunhofer Mietpreisspiegels sind die Kosten für eine Haftungsreduzierung mit einer Selbstbeteiligung zwischen € 750,00 und 950,00 enthalten (vgl. Fraunhofer Mietpreisspiegel 2016, S. 24). Vorliegend belief sich die Selbstbeteiligung aber auf € 1.000,00. Eine solche Haftungsbeschränkung ist bereits in den in der Schwacke-Liste und dem Fraunhofer Mietpreisspiegel ausgewiesenen Normaltarifen berücksichtigt.
An die Feststellungen des Amtsgerichts zum Bestehen und zur Höhe der Nebenkosten ist die Kammer nicht gebunden. Die Änderung unselbstständiger Rechnungsposten innerhalb eines Anspruchs unter Beibehaltung der Endsumme stellt keinen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot (§ 528 ZPO) dar (vgl. BGH, Versäumnisurt. v. 24.07.2003 - VII ZR 99/01, NZBau 2004, 39, 40; OLG Saarbrücken, Urt. v. 09.10.2014 - 4 U 46/14, NJW-RR 2015, 223, 227, Tz. 62).
bb) Der zu erstattende Normaltarif ist im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO um einen pauschalen Aufschlag von jedenfalls nicht mehr als 10 % zu erhöhen.
Mit der Anmietung zu einem über dem Normaltarif liegenden Tarif verstößt der Geschädigte dann nicht gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (BGH, Urt. v. 05.03.2013 - VI ZR 245/11, NJW 2013, 1870, 1871, Tz. 15). Einen solchen allgemeinen unfallspezifischen Kostenfaktor, der einen höheren Mietpreis rechtfertigt, kann die Vorfinanzierung des Mietpreises darstellen (BGH, Urt. v. 05.03.2013 - VI ZR 245/11, NJW 2013, 1870, 1871, Tz. 18). Dabei ist es nicht erforderlich, die Kalkulation des konkreten Vermieters nachzuvollziehen, vielmehr hat sich die Prüfung darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen (BGH, Urt. vom 02.02.2010 - VI ZR 7/09, NJOZ 2010, 2652, 2653, Tz. 9).
Nach dem Vortrag der Klägerin hat sie nicht den Normaltarif des Vermieters in Anspruch genommen, sondern von der Vorfinanzierung durch die Autovermietung …….Gebrauch gemacht. Die Beklagte hat zwar die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung des in Rechnung gestellten Tarifs bestritten. Dies ist aber unerheblich, da die Vorfinanzierung des Mietpreises durch den Vermieter generell geeignet ist, einen Mehrpreis zu rechtfertigen.
Die erforderliche Erhöhung des Normaltarifs kann geschätzt werden, wobei auch ein pauschaler Zuschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 05.03.2013 - VI ZR 245/11, NJW 2013, 1870, 1871, Tz. 16). Der BGH hat etwa einen Aufschlag von 20 % für die Inanspruchnahme unfallbedingter Mehrleistungen gebilligt (BGH, Urt. v. 09.03.2010 - VI ZR 6/09, NJW 2010, 2569, 2570, Tz. 12). Die Kammer hält für die Übernahme des Ausfallrisikos der Mietforderung durch den Vermieter einen Aufschlag von jedenfalls nicht mehr als 10 % auf den Normaltarif für gerechtfertigt.
Die Klägerin hat auch nicht gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) verstoßen, da ihr eine Vorfinanzierung mittels Kreditkarte nicht möglich war (vgl. BGH, Urt. v. 05.03.2013 - VI ZR 245/11, NJW 2013, 1870, 1871, Tz. 16). Die Klägerin war nach ihrem unbestrittenen Vortrag mangels Kreditkarte bzw. mangels Kreditkarte mit ausreichender Deckung nicht in der Lage, den Mietpreis vorzufinanzieren.
cc) Eine Kürzung des Anspruchs ist nicht wegen Verletzung der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGBvorzunehmen.
Erforderlich hierzu ist die Darlegung, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne Weiteres" zugänglich war (BGH, Urt. v. 02.02.2010 - VI ZR 139/08, NJW 2010, 1445 f., Tz. 12). Dies ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass der Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif als der von der Kammer geschätzte Normaltarif in der konkreten Situation zugänglich gewesen sei.
dd) Die Klägerin muss sich aber auf den geschätzten Normaltarif ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen. In der Rechtsprechung wird bei Anmietung eines "klassengleichen" Fahrzeugs teilweise eine Ersparnis von 10 % der Mietwagenkosten und teilweise eine solche von 3-5 % angenommen (vgl. BGH, Urt. v. 05.03.2013 - VI ZR 245/11, NJW 2013, 1870, 1872, Tz. 26 mit Nachweisen). Die Kammer hält hier mit Rücksicht auf die Mietzeit von 11 Tagen und die Fahrleistung von 1.573 km einen Abschlag von 5 % von dem Mietpreis für angemessen. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt hier auch kein Fall vor, in dem wegen geringer Fahrleistung oder kurzer Mietzeit eine messbare Eigenersparnis überhaupt nicht feststellbar wäre (vgl. dazu MüKoStVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 249 Rn. 281).
ee) Nach der Erhöhung des Normaltarifs wegen der Vorfinanzierung um 10 % und der Kürzung wegen ersparter Eigenaufwendungen um 5 % ergibt sich ein Betrag von € 740,95. Abzüglich des bereits von der Beklagten geleisteten Betrages von € 728,11 und unter Berücksichtigung des vom Amtsgericht zugesprochenen Betrages von € 182,01 besteht kein weitergehender Anspruch der Klägerin. Mit Rücksicht darauf, dass nur die Klägerin Berufung eingelegt hat, verbleibt es bei dem vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag von € 182,01.
b) Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 84,25 zu.
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind vorliegend gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstattungsfähig, da die Klägerin die Beauftragung eines Rechtsanwaltes mangels klarer Höhe der Haftung für erforderlich halten durfte.
Erstattungsfähig sind die vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aber nur, soweit der Klägerin gegen die Beklagte Ansprüche in der Hauptsache zustehen (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2007 - VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888 f., Tz. 10 ff.). Vorliegend errechnet sich ein Gegenstandswert in Höhe von € 5.728,44, nämlich Reparaturkosten von € 4.071,28, Wertminderung von € 200,00, Sachverständigenkosten von € 539,21, Mietwagenkosten von € 740,95, Nutzungsausfall von € 152,00 und eine Kostenpauschale von € 25,00.
Aus diesem Gegenstandswert ist eine 1,5 Geschäftsgebühr angefallen und zu erstatten. Eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 kann gemäß § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin "überdurchschnittlich" war (BGH, Urt. v. 11.07.2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813, 2814, Tz. 8). Nach dem erstinstanzlich unbestrittenen Vortrag der Klägerin ist davon auszugehen, dass die Sache umfangreich war. Die Klägerin hat dargelegt, dass der zeitliche Aufwand drei Stunden überstieg, da mehrere persönliche und telefonische Besprechungen stattfanden, ihre Bevollmächtigten umfangreiche Verhandlungen mit der Beklagten geführt und vier Schreiben an die Beklagte verfasst sowie die Korrespondenz mit allen an dem Verkehrsunfall beteiligten Dienstleistern übernommen haben. Ausgehend von einem durchschnittlichen Zeitaufwand der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit von drei Stunden (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 28.11.2012 - 4 U 139/12, BeckRS 2012, 212879, Tz. 19), der hier überschritten ist, liegt eine umfangreiche Sache vor, die den Anfall einer 1,5 Geschäftsgebühr rechtfertigt. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungserwiderung bestritten hat, dass der zeitliche Aufwand drei Stunden überstiegen habe und umfangreicher Schriftverkehr mit der Beklagten geführt worden sei, ist dieser Vortrag nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.
Erstattungsfähig ist danach ein Betrag von € 655,69, nämlich eine 1,5 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG von € 531,00 nebst Auslagenpauschale von € 20,00 gemäß Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG von € 104,69. Abzüglich der Zahlung der Beklagten in Höhe von € 571,44 verbleibt ein Betrag von € 84,25.
Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung und nicht nur Befreiung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Zwar stand der Klägerin zunächst ein Freistellungsanspruch gemäß § 257 BGB gegen die Beklagte zu, da sie nicht dargelegt hat, die Rechtsanwaltsgebühren an ihre Bevollmächtigten gezahlt zu haben. Der Freistellungsanspruch wandelt sich aber gemäß § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte erfolglos eine Frist gesetzt oder wenn der Schuldner jede Schadensersatzleistung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2004 - XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868 f.). Dies war hier der Fall, da die Beklagte die Leistung weiteren Schadensersatzes abgelehnt hat.
c) Verzugszinsen kann die Klägerin von der Beklagten gemäß §§ 280, 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB seit dem 18.06.2016 verlangen. Verzug trat mit Ablauf der von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 08.06.2016 bis zum 17.06.2016 gesetzten Frist ein.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 2 Nr. 1 ZPO. Die Kosten der zweiten Instanz waren der Klägerin aufzuerlegen, da die Beklagte auf die Berufung lediglich zu einem geringfügig höheren Betrag zu verurteilen war und es sich hierbei um die nicht streitwerterhöhende Nebenforderung handelt.
RechtsgebietMietwagenVorschriften§ 287 ZPO