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  • 24.09.2019 · IWW-Abrufnummer 211310

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 20.08.2019 – 6 K 481/19 AO

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.
     
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    Tatbestand:
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    Streitig ist, ob der Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) durch die Vereinssatzung des Klägers vom … 2018 gesondert festzustellen, weil die Satzung nicht die Regelung enthält, dass die Körperschaft selbstlos tätig ist und nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.
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    Der Kläger ist ein am … 2018 ins Vereinsregister eingetragener Verein.
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    Aus der Vereinssatzung vom …2018 ergibt sich u. a. Folgendes: …
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    Wegen der weiteren Einzelheiten der Satzung des Klägers wird auf die Vertragsakte des Beklagten und die Beiakte zur FG-Akte Bezug genommen.
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    Aufgrund des Antrags des Klägers auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit bat der Beklagte den Kläger den § 2 der Mustersatzung in seine Satzung zu übernehmen. Der § 2 der Mustersatzung für Vereine, Stiftungen, Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, geistlichen Genossenschaften und Kapitalgesellschaften (Anlage 1 zu § 60 AO) lautet: Die Körperschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Seitens des Klägers wurde daraufhin mitgeteilt, dass, da die Satzung bereits inhaltlich von den Mitgliedern beschlossen, durch den Notar beim Amtsgericht eingereicht worden und die Satzung im Vereinsregister hinterlegt worden sei, es einen unverhältnismäßigen Aufwand und unnötige Kosten verursachen würde, diesen inhaltslosen Satz aufzunehmen.
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    Mit Bescheid vom 14.08.2018 lehnte der Beklagte den Antrag auf Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO ab. Begründet wurde dies damit, dass die Satzung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AO sämtliche Bestimmungen der Mustersatzung zu § 60 AO enthalten müsse. Die Satzung vom … 2018 enthalte nicht die Regelung, dass die Körperschaft selbstlos tätig sei und nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke fördere.
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    Gegen diesen Ablehnungsbescheid legte der Kläger am 27.08.2018 Einspruch ein, der durch Einspruchsentscheidung vom 06.02.2019 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zur Begründung seiner Entscheidung berief der Beklagte sich u. a. darauf, dass eine wichtige Voraussetzung für die Anerkennung als gemeinnütziger Verein die in § 55 AO normierte Selbstlosigkeit sei. Nach § 55 Abs. 1 AO erfolge eine Förderung oder Unterstützung selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden und die weiteren Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 5 des § 55 Abs. 1 AO erfüllt seien. Dabei lasse sich die Vorschrift des § 55 AO grob in zwei Bereiche gliedern. Zum einen enthalte § 55 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AO eine allgemeine Umschreibung selbstlosen Handelns, indem auf das Fehlen in erster Linie eigenwirtschaftlicher Zwecke verwiesen werde. § 55 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 bis 5 AO sowie die Absätze 2 und 3 enthielten hingegen Vorschriften über die gemeinnützige Mittelverwendung. In der Mustersatzung seien die gesetzlichen Regelungen des § 55 Abs. 1 AO in den §§ 2 bis 5 aufgenommen worden. § 2 der Mustersatzung wiederhole hierbei die Ausführungen in § 55 Abs. 1 Satz 1  1. Halbsatz AO, während die §§ 3 bis 5 der Mustersatzung die gesetzlichen Vorgaben der §§ 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 wiederholten, die kumulativ vorliegen müssten. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung der Mustersatzung den § 2 nicht als inhaltslosen Satz erachtet habe, welcher weggelassen werden könne, soweit die weiteren in der Mustersatzung normierten Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit erfüllt bzw. in die Satzung aufgenommen worden seien. Aus der Aufnahme/Erfüllung der weiteren Vorgaben in der Mustersatzung (Zweck, Zweckverfolgung, Mittelverwendung) lasse sich nämlich gerade nicht ableiten, dass damit der Verein zweifelsfrei selbstlos im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AO sei. Der Anwendungserlass AO lasse zwar offen, ob eine wörtliche Übernahme der in Anlage 1 zu § 60 Abs. 1 Satz 2 AO enthaltenen Festlegungen der Mustersatzung erforderlich sei. Jedoch enthalte die Regelung im Anwendungserlass den früheren Satz 3 nicht mehr, wonach es ausreichte, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen ergeben. Außerdem enthalte Nr. 2 die frühere Aussage nicht mehr, dass die Verwendung der Mustersatzung nicht vorgeschrieben sei. Stattdessen formuliere der Anwendungserlass in Nr. 2 beispielshaft zulässige Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung. Zwar habe das Hessische Finanzgericht (4 K 917/16) entschieden, dass Satzungen schon dann den gesetzlichen Neuregelungen genügten, wenn sie unabhängig vom Aufbau und vom Wortlaut der Mustersatzung die bezeichneten Festlegungen, nämlich die Verpflichtung zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung förderungswürdiger Zwecke sowie die Verwendung des Begriffs „selbstlos“ enthalte. Der Begriff „selbstlos“ sei jedoch in der Satzung des Klägers nicht zu finden.
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    Der Kläger hat am 28.02.2019 Klage erhoben.
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    Zur Begründung der Klage beruft er sich u. a. darauf, dass der Beklagte zu Unrecht der Auffassung sei, dass der Wortlaut der Mustersatzung Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit sei. Der vom Beklagten geforderte Satz „die Körperschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht ausschließlich eigenwirtschaftliche Zwecke“ sei bezüglich seines Inhalts der Satzung des Klägers sowie dem Kontext zu entnehmen. Der Beklagte verkenne, dass der Begriff der Selbstlosigkeit der Legaldefinition des § 55 AO unterliege. Selbstlosigkeit liege dann vor, wenn „nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt“ werden. Demnach sei der verlangte Satz „doppelt“. Wenn der Beklagte etwas verlangen könne, dann sei es entweder die Aussage „die Körperschaft sei selbstlos tätig“ oder „die Körperschaft verfolge nicht ausschließlich eigenwirtschaftliche Zwecke“. Beides zu verlangen, sei doppelte Anforderung und daher unnötig. Unnötige Anforderungen seien rechtswidrig. Wenn es reiche, dass in der Satzung stehe, „die Körperschaft verfolge nicht ausschließlich eigenwirtschaftliche Zwecke“, so müsse man überprüfen, ob dies zur Satzung passe. Wenn in § 1 Abs. 2 Satz 1 der streitgegenständlichen Satzung stehe, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge, so seien andere Zwecke denknotwendig ausgeschlossen. Wenn der Beklagte verlange, zu schreiben, der Kläger verfolge neben den ausschließlich gemeinnützigen Zwecken „nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke“, müsse der Laie schmunzeln und der Jurist wittere Widersprüche. Dies funktioniere nicht und könne daher von dem Kläger nicht verlangt werden.
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    Bei allem Verständnis für das Interesse des Beklagten an einer möglichst gleichen, einheitlichen Satzung aller Fördervereine dürfe die Privatautonomie des Klägers nicht derart eingeschränkt werden. Der Kläger habe ein Grundrecht auf die Gründung eines Vereins (Art. 9 GG). Soweit der grundrechtlich zweifellos geschützte Kläger gemeinnützige Zwecke fördere, sei er in der Steuer zu begünstigen. Soweit der Beklagte durch Vorgaben oder Abreden dieses Recht einschränke oder zu behindern suche, seien diese nichtig. Der Beklagte dürfe das Grundrecht der Bildung und Ausübung der Vereinstätigkeit nicht dadurch unmöglich machen, dass ein nicht gewünschter Wortlaut zwangsweise vorgeschrieben werde. Indem der Beklagte aber auf einem Wortlaut bestehe, sei diese Bevormundung verfassungswidrig und damit rechtswidrig. Denn indem der Beklagte dem Kläger keine Gemeinnützigkeit bescheinige, obwohl keine Zweifel an dieser bestünden, untersage er dem Kläger quasi die Vereinstätigkeit. Denn ohne die Befreiung durch den Beklagten könne der Kläger seine Vereinstätigkeit nicht ausüben. Ohne die Steuerbefreiung könne sich der Kläger weder in öffentlichen Registern als Spendenempfänger eintragen lassen, noch Anträge bei Fördertöpfen stellen.
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    Der Beklagte könne keinen speziellen Wortlaut vom Kläger verlangen. Dazu könne ihn kein Gesetz legitimieren, da ansonsten der Staat Einfluss auf die Art und Gestaltung von Vereinen und deren Satzungen nehmen könne. Schon gar nicht könne der Beklagte die Aufnahme doppelter Beschreibungen verlangen, nur weil es für ihn besser mit der Mustersatzung zu vergleichen sei. Sei etwas schon per Legaldefinition (Selbstlosigkeit § 55 AO) beschrieben, müsse der definierte Begriff nicht ausdrücklich in der Satzung auftauchen. Diene ein Verein bereits ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken, so könne er denknotwendigerweise nicht „nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecken“ dienen. Der Satzungszweck sei ausschließlich (100 % des Vereins) gemeinnützig, es sei daher kein Platz (0 % des Vereins) für eigenwirtschaftliche Zwecke. Auch wenn doppelte Verneinungen immer Schwierigkeiten bringen, so habe der Kläger bereits ausgeschlossen „in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke“ zu verfolgen, indem er „eigenwirtschaftliche Zwecke“ völlig ausgeschlossen habe und das, indem er ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolge.
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    Die Gemeinnützigkeit sei nicht nach der Mustersatzung und der 100-prozentigen Übereinstimmung des Wortlauts zu beurteilen. Auch sei die Gemeinnützigkeit nicht nach einzelnen Sätzen einer Satzung zu beurteilen. Die Gemeinnützigkeit eines Vereins sei nach dem Gesamtkontext und dem Wortlaut der gesamten Vereinssatzung zu beurteilen. Hiernach bestünden keine Zweifel an der Gemeinnützigkeit. Ein Förderverein einer städtischen Schule, der ausschließlich fördernden Ziele habe, sei gemeinnützig.
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    Etwa 93 % aller bei dem Beklagten befreiten Fördervereine verwendeten einen gleichen oder ähnlichen Wortlaut wie der Kläger und eben nicht diese streitgegenständlichen Sätze der Mustersatzung des Beklagten. Gründe, den Kläger nicht gleich zu behandeln oder eine Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung, lägen weder auf der Hand, noch seien sie vom Beklagten vorgetragen worden.
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    Der Kläger beantragt,
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                  den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 14.08.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.02.2019 aufzuheben,
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                  weil der Beklagte für die Entscheidung nicht zuständig war,
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                  und
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                  hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzung nach § 60a Abs. 1 AO durch die Satzung des Klägers vom … 2018 gesondert festzustellen.
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    Der Beklagte beantragt,
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                  die Klage als unbegründet abzuweisen.
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    Zur Begründung seines Antrags beruft er sich auf die Einspruchsentscheidung.
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    Entscheidungsgründe:
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    Die Klage ist unbegründet.
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    Bezüglich des Hauptantrages, den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 14.08.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.02.2019 aufzuheben, weil der Beklagte für die Entscheidung örtlich nicht zuständig gewesen sei, ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil gemäß 127 AO die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Eine andere Entscheidung in der Sache kann nur bei Ermessensentscheidungen und nicht bei gebunden Entscheidungen (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 127 AO Rz. 14 m. w. N.), wie der Entscheidung über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzung nach § 60a Abs. 1 AO, getroffen werden. Dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten nichtig war, wird vom Kläger nicht vorgetragen und dafür gibt es auch keine Anhaltspunkte.
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    Der Beklagte hat den Kläger auch zu Recht nicht als gemeinnützig anerkannt, da die Satzung keine den Anforderungen der Mustersatzung i. S. des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Regelung zur Selbstlosigkeit enthält.
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    Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG ist eine Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie nach ihrer Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient. Welche Voraussetzungen die Körperschaft hinsichtlich ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung im Einzelnen erfüllen muss, um die Steuerbefreiung zu erlangen, ist in den §§ 52 ff. AO geregelt. Diese Bedingungen müssen während des ganzen Veranlagungszeitraums, für den die Steuerbefreiung beansprucht wird, erfüllt sein (§ 63 Abs. 2 AO i.V.m. § 60 Abs. 2 AO).
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    Gemäß § 60 Abs. 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind. Außerdem muss die Satzung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AO die in der Anlage 1 bezeichneten Festlegungen enthalten. Gemäß § 2 der Anlage zu § 60 AO muss die Satzung aus steuerlichen Gründen folgende Regelung enthalten: Die Körperschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Diese Regelung ist in der Satzung des Klägers nicht enthalten.
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    Die Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO ist ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/11108 S. 46) eingeführt worden, weil nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 14.7.2004 I R 94/02, BStBl II 2005, 721) die Begriffe "ausschließlich" und "unmittelbar" in der Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft - entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung - nicht genannt werden mussten. Begründet wurde die Neuregelung damit, dass Auslegungsschwierigkeiten zukünftig dadurch vermieden werden sollen, dass die bisher nur im Anwendungserlass zur Abgabenordnung dargestellte Mustersatzung nunmehr in aktualisierter Fassung in der Abgabenordnung selbst und damit gesetzlich festgeschrieben werde (Jachmann/Unger in: Gosch, AO/FGO, § 60 Rz. 23 f.).
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    Zwar ist die formelle Satzungsmäßigkeit nach Auffassung des Senates nicht bereits deshalb zu versagen, weil die Mustersatzung nicht wörtlich übernommen wurde. Denn gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AO muss die Satzung nur die in der Anlage 1 bezeichneten Festlegungen enthalten. Es wird nicht gefordert, dass die Satzung einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck bzw. Muster entsprechen muss, was aber erforderlich wäre, wenn der Gesetzgeber tatsächlich eine wortwörtliche Übernahme der Mustersatzung gewollt hätte, wie das Hessisches Finanzgericht im Urteil vom 28.6.2017 (4 K 917/16, juris) zutreffend ausgeführt hat.
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    Satzungen genügen daher schon dann den Anforderungen des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn sie unabhängig vom Aufbau und vom genauen Wortlaut der Mustersatzung die bezeichneten Festlegungen enthalten. Ob der Begriff „selbstlos“ verwendet werden muss (so Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 28.6.2017 4 K 917/16, juris; Leisner-Egensperger in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 60 AO Rz. 8; Gersch, AO-StB 2010, 213; wohl auch Köster, DStZ 2010, 166) oder die genaue Wiedergabe des Inhaltes des Begriffs „selbstlos“ ausreicht, kann der Senat offenlassen. Denn eine Förderung oder Unterstützung geschieht gemäß § 55 AO selbstlos, wenn dadurch in erster Linie nicht eigenwirtschaftliche Zwecke - zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgt werden und wenn weitere im Einzelnen beschriebene Voraussetzungen gegeben sind. Im Streitfall findet sich in der Satzung nicht die Regelung, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden. Allein aus der Satzungsregelung, dass der Förderverein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i. S. des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung verfolgt, ergibt sich nicht, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden. Denn nach der mit Gesetzeskraft ausgestatteten Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) ist zwischen der Regelung zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger Zwecke in § 1 und der Regelung zur Selbstlosigkeit in § 2 zu unterscheiden (vgl. auch BFH-Beschluss vom 7.2.2018 V B 119/17, BFH/NV 2018, 544). Auch in der Rechtsprechung des BFH wird zwischen der Regelung zur Selbstlosigkeit in § 55 AO und Regelung zur unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger Zwecke in § 56 AO unterschieden (BFH-Urteil vom 4.4.2007 I R 76/05, BStBl II 2007, 631; Märtens, 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918-2018 (Festschrift für den Bundesfinanzhof) 2018, S. 1477, 1479).
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    Zu Unrecht beruft sich der Kläger für seine Rechtsauffassung auf die Regelung im AEAO zu § 60 Nr. 4, in der es heißt, dass eine Satzung nicht allein deswegen geändert zu werden brauche, weil in ihr auf Vorschriften des StAnpG (Steueranpassungsgesetz) oder der GemV (Gemeinnützigkeitsverordnung) verwiesen oder das Wort „selbstlos“ nicht verwandt wird. § 60 Nr. 4 AEAO bezieht sich nur auf die Pflicht zur Änderung von Satzungen, die bereits vor Geltung der AO existierten, wie sich aus der Regelung zur Verweisung auf Vorschriften des Steueranpassungsgesetz und der Gemeinnützigkeitsverordnung und aus der Tatsache ergibt, dass die Regelung schon seit Jahrzehnten existiert (vgl. BMF-Schreiben zu § 60 IV A 5-S 0062-38/87 vom 24.9.1987, Juris).
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    Durch die steuerlichen Regelungen zur Gemeinnützigkeit wird entgegen der Ansicht des Klägers nicht in den Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit eingegriffen. Die Vereinsmitglieder haben das Recht, ihren Verein im Rahmen der Satzungsautonomie frei zu gestalten. Sie können aber nicht verlangen, dass die Allgemeinheit ihr Tun durch von der Steuer abziehbare Spenden nachhaltig unterstützt (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2017 V R 52/15, BStBl II 2018, 218; BFH-Beschluss vom 7.2.2018 V B 119/17, BFH/NV 2018, 544).
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    Soweit der Kläger vorträgt, dass etwa 93 % aller bei dem Beklagten befreiten Fördervereine gleiche oder ähnliche Satzungswortlaute verwenden, ist zum einen unklar, woher der Kläger diese Information hat. Zum anderen gilt § 60 Abs. 1 Satz 2 AO nicht für Vereine, die vor dem 31.12.2008 gegründet wurden. Außerdem besteht eine sogenannte Gleichheit im Unrecht wegen des Vorrangs des Gesetzes nicht. Es gibt keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2017 V R 52/15, BStBl II 2018, 218).
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    Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Rechtsfrage, ob und inwieweit Formulierungen der Mustersatzung sich in Satzungen wiederfinden müssen, um die Anerkennung als gemeinnützig zu erreichen, angesichts der Vielzahl von gemeinnützigen Körperschaften von grundsätzlicher Bedeutung ist.
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    Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 FGO.