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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Steuerliche Behandlung einer aus den Erträgen eines Stiftungsvermögens gezahlten Leibrente

    RAin/StBin Martina Weisheit, Frankfurt a.M.

    | Wollen vermögende Privatpersonen ihr Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung hinterlassen und gleichzeitig ihre nächsten Angehörigen oder Ehegatten durch eine Rente gesichert wissen, kann dies bei den ­begünstigten Angehörigen neben der erbschaftsteuerlichen Belastung auch einkommensteuerliche Folgen nach sich ziehen. Das FG Köln hat mit Urteil vom 27.9.12, 6 K 2039/09, Abruf-Nr. 133740 ) zu der Frage der steuerlichen Behandlung von Leib­renten aus Erträgen von Stiftungsvermögen Stellung genommen. |

    1. Der Fall des FG Köln

    C gründete 1984 eine nicht rechtsfähige Stiftung, die vom Verein A-Verband der Stadt B e.V. treuhänderisch verwaltet wurde. Bei der Stiftung handelt es sich um eine Körperschaft, die als steuerbegünstigt i.S. der §§ 51 ff. AO anerkannt ist. Nach dem Tod des C sollten die Aufgaben der Stiftung aus dem Vermögen erfüllt werden, das dem A-Verband als Stiftungsträger hinterlassen wird. Die Klägerin war die Ehefrau des am 24.2.00 verstorbenen C. § 3 Abs. 2 der ­Stiftungssatzung bestimmte, dass „entsprechend der letztwilligen Anordnung des Stifters aus den Erträgnissen vorweg 2.000 DM monatlich, höchstens jedoch im Jahr 10 % der Erträgnisse“ an die Klägerin lebenslänglich abzuführen waren. Dieser Betrag war durch Koppelung an den Lebens­haltungsindex wertgesichert. Vor dem Tod des C wurde die Stiftungssatzung angesichts der Höhe des voraussichtlich zu vermachenden Vermögens zweimal geändert. Die erste Änderung sah vor, dass die Klägerin - ohne Bezugnahme auf die Erträgnisse der Stiftung - ein fester Betrag in Höhe von ­monatlich 5.000 DM (wertgesichert) ausbedungen wurde. Bei einer zweiten Änderung wurde der Klägerin „entsprechend der letztwilligen Anordnung des Stifters ein Betrag von jährlich 2 % des dem A-Verband als Stiftungs­träger hinterlassenen Vermögens, höchstens jedoch 120.000 DM“ zugesagt.

     

    Von den Änderungen unberührt blieb § 3 Abs. 3 der Satzung. Dieser sieht vor, dass das Stiftungsvermögen nach dem Ableben des Stifters unbeschadet der Bestimmung in Abs. 4 in seinem Wert ungeschmälert zu erhalten ist. § 3 Abs. 4 bestimmt, dass das Stiftungsvermögen nach dem Ableben des Stifters bis zu 10 % seines Werts in Anspruch genommen werden kann, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient und der mit der Inanspruchnahme ­verfolgte Stiftungszweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. In den folgenden Jahren ist dann das Stiftungsvermögen aus den Erträgen wieder auf seinen vollen Wert aufzufüllen, soweit die Abführung der Vorabbeträge an die Ehefrau des Stifters nach § 3 Abs. 2 der Stiftungssatzung und die Durchführung bereits eingeleiteter Maßnahmen hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

     

    Die Klägerin reichte eine Erbschaftsteuererklärung ein, in der sie einen „wertgesicherten Stiftungsbetrag“ als zum Nachlass gehörende Renten oder ­andere wiederkehrende Bezüge angab, dessen Kapitalwert - ausgehend von ­einem Jahreswert von 120.000 DM - mit insgesamt 1.272.120 DM beziffert war und vom Finanzamt durch Bescheid mit 2.686.646 DM angesetzt wurde. In ­Folge (2000 bis 2004) erhielt die Klägerin durch die Vermächtnisanordnung jährliche ­Zahlungen, die sie in ihrer Steuererklärung in vollem Umfang als steuerpflichtige ­sonstige Bezüge (wiederkehrende Unterhaltsleistungen) behandelte.

     

    Im Rahmen der Einkommensteuererklärung der Klägerin und ihres neuen Ehemanns für 2005 vertrat das Finanzamt zunächst die Auffassung, dass die Zahlungen voll steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen sind. In der Einspruchsentscheidung ordnete es die Zahlungen als Versorgungs- und ­Unterstützungsleistungen ein, die nach § 22 Nr. 1 S. 2a EStG als wiederkehrende Bezüge voll zu besteuern seien. Gegen diese Einordnung erhob die ­Klägerin Klage. Sie beantragte, die Zahlungen als steuerfreie Unterhalts­leistungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG zu behandeln, hilfsweise bei den wiederkehrenden Bezügen eine Besteuerung nur mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 S. 3a bb EStG vorzunehmen.

    2. Die Entscheidung des FG Köln

    Das FG Köln entschied, dass die Zahlungen an die Klägerin aus dem Stiftungsvermögen vom Finanzamt zu Recht als steuerbare und steuerpflichtige wiederkehrende Bezüge angesehen wurden (§ 22 Nr. 1 S. 2 EStG). Allerdings gab das Gericht dem Hilfsantrag statt und will allein den Ertragsanteil einer Besteuerung unterwerfen, da es sich um wiederkehrende Bezüge in Form einer Leibrente handelt (§ 22 Nr. 1 S. 3a bb) EStG).

     

    2.1 Keine Einkünfte aus Kapitalvermögen

    Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen sind nach § 22 Nr. 1 S. 1 EStG als sonstige Einkünfte steuerbar. Da sonstige Einkünfte zu den übrigen ­Einkünften subsidiär sind, hat das FG Köln zunächst konkludent das Vorliegen von ­Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeschlossen. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind nur Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 vergleichbar sind, als Kapitaleinkünfte steuerpflichtig. Dies gilt jedoch nach dem Wortlaut nicht für Körperschaften, die von der Körperschaftsteuer ­befreit sind und damit auch nicht für Leistungen einer als Alleinerbin eingesetzten Stiftung.

     

    2.2 Keine Versorgungsleistungen i.S. des § 22 Nr. 1b EStG

    Versorgungsleistungen i.S. des § 22 Nr. 1b EStG i.V. mit § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind steuerpflichtige sonstige Leistungen, wenn beim Leistenden der ­Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG geltend gemacht werden kann (Korrespondenzprinzip). Zwar gelten die Regelungen des § 22 Nr. 1b EStG i.V. mit § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch für Versorgungsleistungen, die durch eine Verfügung von Todes wegen erbracht werden (BMF 11.3.10, BStBl I 10, 227, Rn. 47). Zudem können auch die Ehepartner begünstigte Empfänger der Versorgungsleistung sein (BMF 11.3.10, Rn. 50). Dies kann jedoch vorliegend dahinstehen, da der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG im Körperschaftsteuerrecht keine Anwendung findet und ein Sonderausgabenabzug für die unselbstständige Stiftung nicht existiert (R 32 Abs. 1 Nr. 1 EStR).

     

    2.3 Rentenzahlung als steuerpflichtige wiederkehrende Leistung

    Werden die Bezüge freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht gewährt, sind sie beim Bezieher nicht als wiederkehrende Leistungen steuerbar und beim Zahlenden nicht als Sonderausgaben abziehbar (§ 12 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 2 HS 1 EStG). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass im Privatbereich bereits versteuertes Einkommen nicht doppelt der Besteuerung unterliegen soll (BFH 19.10.78, VIII R 9/77, Streck/Horst, DStR 11, 959).

     

    Eine Rückausnahme gilt für Bezüge, die von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke i.S. des §§ 52 bis 54 AO gewährt werden. Diese Bezüge sind beim Empfänger steuerbar (§ 22 Nr. 1 S. 2 HS 2 EStG). Nach § 22 Nr. 1 S. 3a bb EStG gehören zu den in § 22 Nr. 1 S. 1 EStG ­bezeichneten Einkünften auch wiederkehrende Bezüge in Form von Leib­renten. Bei den in der Verfügung von Todes wegen und in der Stiftungssatzung vorgesehene Regelung handelt es sich nach Ansicht des Gerichts um eine Leibrente. Diese setzt gleichbleibende Bezüge voraus, die für die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden (BFH 15.7.91, BStBl II 92, 78). Die Klägerin erhält auf Lebenszeit Einnahmen in Geld, die über die gesamte Laufzeit gleichbleibend sind. Sie bekommt die im Testament und der ­Stiftungssatzung als Höchstbetrag festgelegten 120.000 DM pro Jahr, da das hinterlassene Vermögen den Betrag von 6 Mio. DM überstiegen hat. Die ­Vereinbarung der Wertsicherungsklausel schließt die Annahme einer Leibrente nicht aus (BFH 2.12.66, BStBl III 67, 179; H 22.3 EStR). Da eine Leibrente vorliegt, erfolgt eine Besteuerung nur in Höhe des Ertragsanteils der Rente.

     

    2.4 Keine Kapitalrückzahlung durch Rentenzahlung

    Das FG sah in den Zahlungen auch keine Kapitalrückzahlungen. Aus der ­Zusammenschau der Regelungen der Satzung ergibt sich, dass die ­Zahlungen aus den Erträgen des Stiftungsvermögens zu erbringen sind. Nach § 3 Abs. 3 der Satzung ist das Stiftungsvermögen in seinem Wert ungeschmälert zu ­erhalten. Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn dies der Erfüllung des ­Stiftungszwecks dient und dieser auf andere Art und Weise nicht erreicht ­werden kann. In diesem Fall muss allerdings das Stiftungsvermögen in den Folgejahren aus den Erträgen wieder aufgefüllt werden, soweit die Zahlung der Rente an die Klägerin und die Durchführung bereits eingeleiteter Maßnahmen hierdurch nicht beeinträchtigt werden (§ 3 Abs. 4 der Satzungsregelung).

     

    Da diese Satzungsregelung nicht geändert wurde, ist erkennbar, dass die Rente bevorzugt und nicht aus dem Kapitalstamm zu zahlen ist. Laut FG steht dem die Regelung in § 3 Abs. 2 der Satzung nicht entgegen, wonach als ­Rente ein Betrag von „ 2 % des hinterlassenen Vermögens“ zu zahlen ist. Hierbei handelt es sich allein um die Bemessung der Höhe der Rente. Da die Rentenzahlungen an die Klägerin aus den Erträgen zu leisten sind, die die Stiftung mit dem erhaltenen Vermögen erwirtschaftet, liegen auch keine Unterhaltszahlungen des Ehemanns an die Klägerin vor. Das FG stellt darauf ab, dass bei der Besteuerung wiederkehrender Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 S. 2 HS. 2a EStG nach dem Willen des Gesetzgebers eine Doppelentlastung vermieden werden soll. Die von der Stiftung steuerfrei erzielten Erträge sollen auf jeden Fall einmal besteuert werden. Dies geschieht beim Empfänger.

     

    Darüber hinaus hält das FG die Rechtsprechung des 2. Senats des BFH für anwendbar, der die Begrenzung des § 58 Nr. 5 AO nicht auf Leistungen zur ­Erfüllung von Ansprüchen des Stifters und dessen nächster Angehörigen aus der Übertragung von Vermögen anwendet (BFH 21.1.98, II R 16/95, BStBl II 98, 758). Danach mindern Verbindlichkeiten, die in Ausführung des Stiftungs­geschäfts auf die Stiftung übergehen, von vornherein das der Stiftung zugewandte Vermögen. Ihre Erfüllung ist daher auch kein Verstoß gegen das ­Ausschließlichkeitsgebot (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., § 4, Rn. 21). Deshalb ist die Vermögensübertragungsregelung gemeinnützigkeitsrechtlich für die unselbstständige Stiftung ­ unschädlich.

    3. Konsequenzen aus dem Urteil

    Das Urteil des FG Köln - gegen das beim BFH Revision eingelegt wurde - ist in mehrerer Hinsicht interessant.

     

    • Das Gericht macht deutlich, dass Rentenzahlungen dem Ausnahmetat­bestand des § 22 Nr. 1 S. 2 HS 2a EStG unterliegen, wenn sie aus dem noch nicht einkommensteuerbelasteten Erträgen der Stiftung erfüllt werden.

     

    • Das FG führt nicht aus, ob im Fall der Rentenzahlung aus dem Vermögensstamm diese der Einkommensteuer unterliegt. Aus dem Zusammenhang kann man jedoch entnehmen, dass das FG keine Ertragsbesteuerung ­annehmen würde. Damit greift das FG Köln den Rechtsgedanken des 8. Senats des BFH auf, der für Privatpersonen eine ertragsteuerliche ­Doppelbelastung ausschloss, indem er es zuließ, dass einkommensteuerlich bereits versteuertes Vermögen an Rentenberechtigte einkommensteuerfrei zugewendet wird (BFH 9.2.10, VIII R 43/06).

     

    • Wenn der BFH das Urteil bestätigt, dürfte mehr Klarheit in der einkommensteuerlichen Behandlung geben. In der Praxis könnte dann durch bestimmte Gestaltungen erreicht werden, dass die laufenden Rentenzahlungen beim Berechtigten keine sonstigen Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 1 S. 2 HS 2a EStG sind. Denkbar wäre, u.a. die Zahlung des Rentenanspruchs auf die Substanz des Nachlasses und dessen Substanzsurrogaten unter Ausschluss einer Einmalzahlung zu beschränken (Reich, DStR 11, 1742).

     

    • Zum anderen folgt das FG Köln der Auffassung des 2. Senats des BFH (21.1.98, II R 16/95, a.a.O.) und sieht in der Rentenverpflichtung eine von Anfang an geminderte Vermögensausstattung der Stiftung, sodass über die Anwendbarkeit des § 58 Nr. 5 AO aus Sicht des FG nicht entschieden werden muss. Da diese Auffassung des 2. Senats von der Finanzverwaltung nicht angewandt und im Schrifttum kontrovers diskutiert wird, bleibt abzuwarten, ob der 10. Senat in der Revisionsentscheidung in einem obiter dictum zu dieser Frage Stellung nimmt.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 231 | ID 42429542