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  • · Fachbeitrag · Grunderwerbsteuer

    Die Stiftung als RETT-Blocker

    RAin/StBin Martina Weisheit, Curacon GmbH, Darmstadt

    | Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung des Ergänzungstatbestands der „wirtschaftlichen Anteilsvereinigung“ in § 1 Abs. 3a GrEStG dem Einsatz von sogenannten RETT (Real Estate Transfer Tax)-Blocker Modellen zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer einen Riegel vorschieben. Der folgende Beitrag skizziert kurz die gesetzliche Ausgangslage und die geschaffene Neuregelung und gibt Hinweise für die mögliche Bedeutung von Stiftungen in der Transaktionspraxis. |

    1. Das RETT-Blocker Modell

    Die Neuregelung wurde durch das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz am 7.6.13 durch den Bundesrat verabschiedet. Als RETT-Blocker wird eine Steuergestaltung beim Erwerb von Grundbesitz haltenden Gesellschaften bezeichnet, bei der ein Käufer Anteile an einer Grundstücksgesellschaft teilweise direkt und teilweise indirekt, d.h. über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft erwirbt. Das Modell war damit darauf ausgerichtet, beim Erwerb von Anteilen an Grundbesitz haltenden Gesellschaften Grunderwerbsteuer zu vermeiden, obwohl dem Käufer im Gesamtergebnis mehr als 95 % der Anteile an dieser Gesellschaft durch eine indirekte Beteiligung zuzurechnen war.

    2. Regelungen des § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG

    Nach § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG lösen nicht nur Erwerbsvorgänge an Grundstücken durch einen Rechtsträgerwechsel Grunderwerbsteuer aus, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch der Erwerb von Anteilen einer inländischen Grundbesitz haltenden Gesellschaft. Dabei wird unterschieden zwischen

    • dem Anteilserwerb einer Grundbesitz haltenden Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG) und
    • einer Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 3 GrEStG).

     

    Ändert sich der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft mit inländischem Grundvermögen unmittelbar oder mittelbar in der Weise, dass innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen in einer Hand vereinigt werden, fällt Grunderwerbsteuer an.

     

    Bei Kapitalgesellschaften mit inländischem Grundvermögen wird Grunderwerbsteuer ausgelöst, wenn anstelle des Grundvermögens selbst lediglich die Anteile an der Gesellschaft übertragen oder schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäfte über die Veräußerung der Anteile abgeschlossen werden und sich dadurch die Anteile an der Grundstücksgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu 95 % in einer Hand vereinigen.

     

    Aufgrund der Rechtsprechung des BFH ist der mittelbare Anteilserwerb an einer Kapitalgesellschaft nur dann nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerpflichtig, wenn die Beteiligungsquote 95 % auf jeder Beteiligungsstufe beträgt (BFH 25.8.10, II R 65/08, DStR 11, 27, Abruf-Nr. 110449). Eine Multiplikation auf den jeweiligen Beteiligungsstufen bestehenden Beteiligungsquoten sollte dagegen nicht zulässig sein.

    3. RETT-Blocker Modell vor der Gesetzesänderung

    Die RETT-Blocker Modelle nutzten die Rechtsprechung des BFH und setzten bei einem Anteilserwerb an einer inländisches Grundvermögen haltenden Kapitalgesellschaft eine weitere Gesellschaft (RETT-Blocker) ein, die mindestens 5,1 % an der grundbesitzenden Gesellschaft erwirbt und an der ein Dritter mit 5,1 % (oder 0,00 %) beteiligt ist.

    • Beispiel: So funktionierte das RETT-Blocker Modell

    Das Modell funktionierte, wenn der Erwerber nur so viele Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft erwarb, dass sein Gesamtanteil an dieser Gesellschaft höchstens 94,9 % betrug. Die übrigen 5,1 % erwarb eine Kommanditgesellschaft, an deren Kapital der Erwerber zu 100 % (oder aus Vorsichtsgründen zu 94,9 %) und ein Mitgesellschafter (Co-Investor) zu 0,00 % (oder aus Vorsichtsgründen zu 5,1 %) beteiligt war.

    Da die mittelbare Beteiligung an der KG dem Erwerber nicht zugerechnet wurde (eine Beteiligungsquote von 95 % an der Kapitalgesellschaft musste auf jeder Stufe erreicht werden), konnte die Auslösung von Grunderwerbsteuer vermieden werden, obwohl der Erwerber wirtschaftlich betrachtet mehr als 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft erwarb.

    War der Erwerber allerdings eine Gesamthandsbeteiligung, durfte im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht auf den Anteil am Kapital der Gesamthandsgemeinschaft abgestellt werden, sondern auf eine Pro-Kopf-Betrachtung.

    4. Neuregelung des § 1 Abs. 3a GrEStG

    Der neu eingeführte § 1 Abs. 3a GrEStG soll diese und ähnliche Gestaltungen zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer unterbinden. Ab dem 7.6.13 unterliegen Anteilserwerbe von grundbesitzenden Gesellschaften (Personen- und Kapitalgesellschaft) der Grunderwerbsteuer, wenn ein Rechtsträger eine wirtschaftliche Beteiligung von mindestens 95 % erwirbt. Der Wortlaut des § 1 Abs. 3a GrEStG lautet: „Soweit eine Besteuerung nach Abs. 2 und Abs. 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang i.S. des Abs. 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung i.H. von mindestens 95 % an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren.“

     

    Dies bedeutet für den oben geschilderten Beispielsfall eines ehemaligen RETT-Blocker-Modells zukünftig, dass die 94,9 %-Beteiligung des Erwerbers an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft mit dem mittelbaren Anteil, den er über die Personengesellschaft (Kommanditgesellschaft) hält (5,1 % bei einer 100 % Beteiligung an der Kommanditgesellschaft), addiert wird. Damit hält der Erwerber in diesem Fall wirtschaftlich 100 % der Anteile. Bei dieser Ausgestaltungen würde daher bei Erwerbsvorgängen ab dem 7.6.13 (§ 23 Abs. 11 GrEStG) Grunderwerbsteuer anfallen.

     

    Die Finanzverwaltung hat zu der Neuregelung einen ersten Erlass-Entwurf verfasst, der allerdings noch nicht veröffentlicht wurde. Hinsichtlich der in dem Entwurf klarstellenden Lesart bestimmter Tatbestandsmerkmale (z.B. Begriff der „wirtschaftlichen Beteiligung“, entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG und eine möglichen Sperrwirkung der grunderwerbsteuerlichen Zurechnung eines Grundstücks zu einem Rechtsträger) durch die Finanzverwaltung bleibt die Veröffentlichung des endgültigen Erlasses abzuwarten (zum Erlass-Entwurf Wagner/Lieber, DB 13, 2295).

     

    Grunderwerbsteuer kann in den oben beschriebenen Fällen zukünftig nur vermieden werden, wenn der Veräußerer 5,1 % der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft behält oder wenn ein konzernfremder Dritter (Co-Investor) 5,1 % der Anteile übernimmt (Paintner, DStR 13, 1693).

    5. Stiftung als Co-Investor

    Als Co-Investor und konzernfremder Dritter kommt auch eine Stiftung in Betracht. Die Rechtsform einer Stiftung ist auch deshalb interessant, da ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang durch Beteiligung eines Co-Investors nur vermieden werden kann, wenn der Haupterwerber und der Co-Investor für grunderwerbsteuerliche Zwecke voneinander unabhängig sind (Wischott/Keller/Graessner/Bakeberg, DB 13, 2235). Eine Abhängigkeit kann z.B. angenommen werden, wenn

    • ein Organschaftsverhältnis vorliegt (Zusammenrechnung der Beteiligungen) oder
    • die vom Co-Investor für den Haupterwerber im Rahmen eines Treuhandverhältnisses gehaltenen Anteile dem Haupterwerber zugerechnet werden.
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    • Der Vorteil einer Stiftung besteht hier darin, dass sie keine Mitglieder besitzt, deren Beteiligung mittelbar zugerechnet werden könnte (Paintner, DStR 13, 1693). Im Einzelnen empfiehlt sich jedoch, eine etwaige Gestaltung im Vorfeld mit der Finanzverwaltung abzustimmen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Grunderwerbsteuer bei Stiftungen allgemein, Ritter, SB 14, 3 (in dieser Ausgabe)
    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 7 | ID 42461593