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  • · Fachbeitrag · Stiftung

    Gemeinnützige Stiftung: Wegfall der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    Einer gemeinnützigen Stiftung ist die Gemeinnützigkeit nicht mehr zuzuerkennen, wenn Vermögen zur Vergabe von Darlehen an Schuldner der mittelständischen Wirtschaft verwendet wird (FG Münster 11.12.14, 3 K 323/12 Erb, Abruf-Nr. 143956, Revision zugelassen).

     

    Sachverhalt

    Der 2001 verstorbene Erblasser bestimmte eine gemeinnützige Stiftung privaten Rechts als Erbin (Klägerin K). Das FA setzte die ErbSt für das übergegangene Vermögen unter Gewährung der Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG auf 0 EUR fest. In der Folgezeit reichte die Stiftung aus ihrem Vermögen Darlehen an Schuldner der mittelständischen Wirtschaft aus, ohne hinreichende Sicherheiten einzuholen. Im Jahr 2006 rügte die Bezirksregierung diese Anlagepolitik und riet von der Vergabe weiterer Darlehen ab. Die Ertragssituation entwickelte sich rückläufig, weil Wertberichtigungen auf die Darlehensforderungen einzustellen waren. Die Mittelverwendung erfolgte neben der Bildung von Rücklagen und Mittelvorträgen durchgängig zugunsten kirchlicher Einrichtungen.

     

    Im Jahr 2010 entzog das KSt-FA der K die Gemeinnützigkeit mit sofortiger Wirkung, da die Ordnungsmäßigkeit der tatsächlichen Geschäftsführung nicht nachgewiesen sei. Daraufhin änderte das ErbSt-FA die ErbSt-Festsetzung und setzte die ErbSt ohne Gewährung der Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG fest.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Klägerin ist die Gemeinnützigkeit nicht mehr zuzuerkennen, weil die tatsächliche Geschäftsführung nicht den Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 AO entsprach. Die Steuerfreiheit gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG entfällt daher. Allerdings ist das Vermögen der K nicht in dem vom FA angenommenen Umfang nicht steuerbegünstigten Zwecken zugeführt worden. Es wurden auch Auskehrungen für die satzungsmäßigen Zwecke vorgenommen und Rücklagen gemäß § 58 Nr. 7 und Nr. 12 AO gebildet.

     

    Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16b S. 1 ErbStG sind Zuwendungen an inländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen, von der ErbSt befreit. Die Befreiung entfällt nach § 13 Abs. 1 Nr. 16b S. 2 ErbStG rückwirkend, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit innerhalb von zehn Jahren nach der Zuwendung entfallen und das Vermögen nicht begünstigten Zwecken zugeführt wird. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit im Rahmen der KSt-Festsetzung ist aber kein Grundlagenbescheid für die Entscheidung über die Steuerfreiheit gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG (FG Köln 27.11.03, 9 K 3304/02, EFG 04, 664).

     

    Bei ihrer Gründung war das Vermögen der K bei Kreditinstituten in Form von Sparkassenzertifikaten, Wertpapieren etc. angelegt. In den Jahren 2002 bis 2009 wurden frei werdende Sparanlagen zur Vergabe von Darlehen an diverse Schuldner der mittelständischen Wirtschaft verwendet. Die Anlagen waren in größerem Umfang unzureichend besichert und damit risikobehaftet. Neben diesen grundlegenden Verstößen gegen die ordnungsmäßige Geschäftsführung spricht auch die Darstellung der Vermögenslage der Stiftung gegen eine ordnungsmäßige Geschäftsführung: Trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Darlehensnehmers wurde nur eine Forderungsabschreibung vorgenommen. Mit der Insolvenz steht dieses Vermögen für die Erfüllung satzungsgemäßer Zwecke aber nicht mehr zur Verfügung. Der Ausfall dieser Forderung ist als schädliche Mittelverwendung zu werten, weil er auf der insgesamt gegen die ordnungsmäßige Geschäftsführung verstoßenden Anlagestrategie der K beruht. Als Erwerb i.S. des § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG ist der Betrag der Besteuerung zu unterwerfen.

     

    Praxishinweis

    Die Stiftung rechtfertigte ihre Strategie der Vermögensanlage mit dem rückläufigen Zinsniveau. Das FG vertrat hierzu sogar die Ansicht, dass eine vermögenserhaltende Anlagestrategie darauf ausgerichtet sein müsse, ausreichende Erträge zu erzielen, sodass bei abnehmendem Zinsniveau wegen höherer Ertragschancen auch Anlageformen gewählt werden können und müssen, denen gegenüber mündelsicheren Anlageformen ein größeres Ausfallrisiko anhaftet. Die Umschichtung von Stiftungsvermögen in Anlagen, die einseitig und ganz oder teilweise nicht ausreichend besichert sind, hält das FG allerdings nicht für zulässig. In der Praxis würde dies bedeuten, dass gemeinnützige Institutionen Darlehen nur ausreichen dürfen, wenn diese angemessen, z.B. durch Grundschulden, besichert werden. Nicht in Betracht kämen damit Unternehmensanleihen.

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2015 | Seite 143 | ID 43247122