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  • 03.03.2011 | Stiftung & Steuern

    Verlust der Gemeinnützigkeit und die Folgen

    von RAin Gabriele Ritter, FAin für Steuer- und Sozialrecht, BDO Deutsche Warentreuhand AG, Köln

    Mit Beschluss vom 12.10.10 (I R 59/09, Abruf-Nr. 110083) hat der BFH über die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit bei Ausschüttungen des Vermögens der Körperschaft an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter entschieden. Anknüpfungspunkt der Entscheidung ist die tatsächliche Geschäftsführung. Nach § 59 AO wird die Steuervergünstigung gewährt, wenn die formalen Satzungsanforderungen erfüllt sind und die tatsächliche Geschäftsführung den Satzungsbestimmungen entspricht.  

    1. Sachverhalt

    Im Fall des BFH ging es um die Veräußerung von Anteilen an einer gemeinnützigen GmbH durch steuerpflichtige Gesellschafter an eine ebenfalls steuerbegünstigte Körperschaft. Die steuerbegünstigten Zwecke sollten auch nach dem Anteilseignerwechsel weiter verfolgt werden. Die Klägerin, eine GmbH, ist eine seit 1994 staatlich anerkannte private Fachhochschule, die nach ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. 1992 hatten A und seine Ehefrau 25 % bzw. 75 % der Geschäftsanteile an der Klägerin erworben. Die Klägerin schloss mit A 1996 einen Geschäftsführervertrag, der ein monatliches Bruttogehalt von 10.000 DM vorsah. Im März 1998 schloss A mit der Klägerin einen Geschäftsführer-/Präsidentenvertrag über ein Jahresgehalt von 240.000 DM. Im Mai 1998 verkauften die Eheleute ihre Geschäftsanteile an eine andere steuerbegünstigte GmbH für 100.000 DM. Der Geschäftsführer/Präsidentenvertrag zwischen der Klägerin und A wurde im Dezember 1998 gegen Zahlung einer Abfindung von 1.080.000 DM beendet. Das beklagte Finanzamt erkannte daraufhin die Gemeinnützigkeit der Klägerin wegen schädlicher Mittelverwendung im Prüfungszeitraum 1996 bis 1999 ab. Sowohl das erstinstanzlich damit befasste FG Münster (3.3.09, 9 K 5195/04) als auch der BFH gaben dem Finanzamt recht.  

    2. Entscheidungsgründe des BFH

    Der BFH befand für den Fall, dass die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen GmbH nicht während des gesamten Besteuerungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet ist, dies grundsätzlich nur zu einer Versagung der Steuerbefreiung für diesen Besteuerungszeitraum führt. Schüttet eine gemeinnützige GmbH jedoch die aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinne überwiegend verdeckt an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter aus, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO vor, der die Anwendung des § 61 Abs. 3 AO erlaubt. Danach kann die Steuerbegünstigung rückwirkend für die letzten zehn Jahr entzogen werden. Der BFH stellt vor allem auf das Kriterium der Selbstlosigkeit ab. Die Steuerbefreiungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG setzen voraus, dass die Körperschaft nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten Zwecken dient (§§ 59, 63 Abs. 1 AO). Die steuerbegünstigte Zweckverfolgung muss selbstlos erfolgen. Dies ist für die gemeinnützige Zweckverfolgung in § 52 AO, für die mildtätige Zweckverfolgung in § 53 AO und für die kirchliche Zweckverfolgung in § 54 AO vorgesehen. Was unter Selbstlosigkeit im Einzelnen zu verstehen ist, regelt § 55 AO. Selbstlosigkeit setzt u.a. voraus, dass  

     

    • die Mittel der Körperschaft nur für die in der Satzung festgelegten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke verwendet werden dürfen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2. AO) und

     

    • die Körperschaft keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO).