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  • 11.04.2016 · IWW-Abrufnummer 185034

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 29.07.2015 – 7 Ta 150/15

    1) Nehmen die Parteien den Vergleichsschluss in einem Zahlungsrechtsstreit zum Anlass, sich auch auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verständigen, rechtfertigt dies regelmäßig einen Vergleichsmehrwert, im Zweifel in Höhe eines Vierteljahresverdienstes.

    2) Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen eines solchen Beendigungsvergleichs anstatt einer Abfindung eine verlängerte Kündigungsfrist mit bezahlter Freistellung, wirkt sich dies nicht zusätzlich streitwerterhöhend aus.


    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 26.03.2015 wird zurückgewiesen.



    Gründe



    1. Die nach § 33 Abs. 3 RVG statthafte, form- und fristgerecht erhobene Streitwertbeschwerde der anwaltlichen Vertreterin des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 26.03.2014 in Sachen 4 Ca 4310/14 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht Köln hat den anwaltlichen Gebührenstreitwert für das vorgenannte Klageverfahren zutreffend festgesetzt.



    a. Über den Verfahrensstreitwert in Höhe von 23.279,99 € besteht Einigkeit. Seine Höhe entspricht der Addition der eingeklagten Zahlungsforderungen des Klägers.



    b. Einigkeit zwischen Arbeitsgericht und Beschwerdeführerin besteht auch darin, dass der Umstand, dass die Parteien den Zahlungsrechtsstreit 4 Ca 4310/14 zum Anlass genommen haben, eine einvernehmliche Regelung über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zu treffen, einen Vergleichsmehrwert auslöst. Das Arbeitsgericht hat hier zutreffend unterstellt, dass die umfassende einvernehmliche Regelung der Parteien über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses geeignet war, einen ansonsten drohenden zukünftigen Bestandsschutzrechtsstreit zu vermeiden. Immerhin heißt es in Ziffer 1. des Vergleichs, dass der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung "ansonsten unumgänglich" geworden wäre. Es lag nahe und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht beanstandet, für die Regelung über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses den in § 42 Abs. 2 S. 1 GKG festgelegten Höchstwert für Bestandsschutzstreitigkeiten im Umfang eines Vierteljahresgehalts des Arbeitnehmers anzusetzen.



    c. Unstreitig sind ferner die Mehrwertpositionen in Höhe von 3.366,-- € für den Krankengeldzuschuss und von 9.769,46 € für die Zeugnisregelung des Vergleichs.



    d. Der Vergleichsstreitwert beträgt somit unter Einbeziehung des Verfahrensstreitwerts insgesamt 65.723,83 €, wie vom Arbeitsgericht festgesetzt.



    2. Ein darüber hinausgehender Vergleichsmehrwert kann mit der von der Beschwerdeführerin hierfür gegebenen Begründung nicht gerechtfertigt werden.



    a. Ein zur Erhöhung des anwaltlichen Gebührenstreitwerts führender sog. Mehrvergleich liegt vor, wenn der Anwalt am Abschluss eines Vergleiches mitgewirkt hat, in welchem zusätzliche Streitpunkte der Parteien, die (noch) nicht Gegenstand des vorliegenden oder eines anderen Rechtsstreits waren oder sind, ausgeräumt werden oder dem Entstehen solcher Streitigkeiten vorgebeugt wird. Dagegen ist für die Frage der Bemessung des Gebührenstreitwerts irrelevant, welche Leistungen sich die Parteien im Wege des gegenseitigen Nachgebens im Rahmen eines Vergleiches versprechen (ständige Rechtsprechung des Beschwerdegerichts, z. B. 7 Ta 36/13 vom 07.05.2013; 7 Ta 363/09 vom 12.02.2010; 4 Ta 467/08 vom 03.03.2009; 2 Ta 353/08 vom 13.10.2008; 5 Ta 237/07 vom 06.09.2007).



    b. Typisches Merkmal einer Vergleichsregelung über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist, dass dem Arbeitnehmer dafür, dass er sich mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses freiwillig einverstanden erklärt, Vorteile versprochen werden, auf die er sonst keinen Anspruch hätte. Der wahrscheinlich statistisch gesehen häufigste Fall einer solchen Gegenleistung, nämlich die Kündigungsschutzabfindung, ist in § 42 Abs. 2 S. 1 letzter Halbs. GKG ausdrücklich erwähnt, und zwar in der Weise, dass sie sich nicht streitwerterhöhend auswirkt. Nichts anderes gilt dann, wenn die Parteien, wie hier, anstelle einer Abfindung eine mit bezahlter Freistellung verbundene verlängerte Kündigungsfrist wählen. Auch dies stellt nichts anderes als die Gegenleistung des Arbeitgebers für das freiwillige Einverständnis des Arbeitnehmers mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dar.



    c. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Parteien und ihre Prozessbevollmächtigten im Rahmen der Vergleichsverhandlungen intensiv darum gerungen haben mögen, wie groß die Gegenleistung ausfallen soll. Um nichts anderes geht es aber bei der Frage, Gehälter in welcher Höhe der Arbeitgeber während der vereinbarten langen Kündigungsfrist zu zahlen haben wird.



    3. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen.

    Vorschriften§ 33 Abs. 3 RVG, § 42 Abs. 2 S. 1 GKG, § 42 Abs. 2 S. 1 letzter Halbs. GKG