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  • 25.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141850

    Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Beschluss vom 21.02.2014 – 3 Ta 17/14

    1. Maßgeblich für die Bewertung des Streitgegenstandes ist der Zeitpunkt der materiellen Einigung.

    2. Haben die Parteien ohne inhaltliche Mitwirkung des Gerichtes außergerichtlich eine Einigung erzielt, ist bei der Bewertung des Streitgegenstandes auf den Zeitpunkt der Mitteilung der materiellen Einigung (§ 278 Abs. 6 Satz 1 1. Alt. ZPO), nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung gemäß § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO abzustellen.


    Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

    Beschl. v. 21.02.2014

    Az.: 3 Ta 17/14

    In dem Beschwerdeverfahren
    pp.
    hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 21.02.2014 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende
    beschlossen:
    Tenor:

    Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der den Wert des Streitgegenstandes einschließlich des Vergleichsmehrwerts festsetzende Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 28.01.2014 - 2 Ca 10/14 - teilweise abgeändert:

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.166,68 EUR festgesetzt.

    Der Mehrwert des Vergleiches beträgt 5.687,51 EUR.

    Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
    Gründe

    I.

    Die Beschwerdeführer (Prozessbevollmächtigte der Klägerin) wenden sich mit Ihrer Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts, konkret gegen die nicht werterhöhende Berücksichtigung des Klagantrags zu 3. sowie gegen eine ihres Erachtens zu geringe Berücksichtigung des Wertes der Ziffer 2 des Vergleiches vom 28.01.2014.

    Die Klägerin war seit dem 01.07.2011 bei der Beklagten beschäftigt. Ihre Vergütung belief sich zuletzt auf 3.791,67 EUR brutto monatlich. Sie erhielt mit Schreiben vom 19.12.2013 die fristgemäße Kündigung zum 31.01.2014 und erhob am 02.01.2014 Kündigungsschutzklage. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 19.12.2013 wurde sie mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.01.2014 unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt (Anlage K 1, Bl. 4 d. A.). Mit Datum vom 09.01.2014 teilte die Klägerin dem Gericht mit, dass die Parteien sich außergerichtlich verglichen hätten und bat um eine Protokollierung gemäß § 278 Abs. 6 ZPO. Das Gericht stellte nach Anhörung der Parteien am 28.01.2014 (Bl. 15 d. A.) antragsgemäß das Zustandekommen des Vergleichs fest, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

    "1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 19.12.2013 mit Ablauf des 31.03.2014 enden wird.

    2. Die Klägerin wird ab 02.12.2013 unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung und unter Anrechnung auf bestehende und noch entstehende Urlaubsansprüche sowie evtl. Überstunden- und Zeitguthaben unwiderruflich freigestellt.

    3. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein berufsförderndes, qualifiziertes Schlusszeugnis ... mit folgender Formulierung:

    ..." (Bl. 15 f d. A.)

    Die Vertreter der Klägerin beantragten, den Gegenstandswert auf 15.166,68 EUR festzusetzen (1/4 Jahresbruttoverdienst für den Klagantrag zu 1. und eine Bruttomonatsvergütung für den Klagantrag zu 3.). Ferner wurde beantragt, als Mehrwert des Vergleiches für die Freistellung (Ziffer 2) ein Bruttogehalt und für die Zeugnisregelung (Ziffer 3) ein weiteres Brutto-Monatsgehalt, also den Betrag von 7.583,34 Euro festzusetzen (Bl. 7 d. A.).

    Das Arbeitsgericht setzte mit Beschluss vom 28.01.2014 den für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Streitwert auf 11.375,01 EUR (3 Bruttomonatsgehälter) und den Mehrwert des Vergleiches auf 5.687,51 EUR (1,5 Bruttomonatsgehälter) fest. Gegen diesen Beschluss haben die Beschwerdeführer am 31.01.2014 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert und den Mehrwert des Vergleiches antragsgemäß festzusetzen.

    Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 03.02.2014 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

    II.

    1. Die dem Beschwerdewert nach statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und damit zulässig. Beschwerdeführer sind die Klägervertreter aus eigenem Recht.

    Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der Streitwert war antragsgemäß heraufzusetzen. Insoweit war der Beschwerde stattzugeben. Der festgesetzte Mehrwert des Vergleiches ist korrekt. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.

    1. Die sofortige Beschwerde ist begründet, soweit mit ihr die Heraufsetzung des Gegenstandswertes auf 15.166,68 EUR begehrt wird.

    a) Den Klagantrag zu 1. hat das Arbeitsgericht gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG unter Berücksichtigung der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zutreffend mit 3 Bruttomonatsgehältern à 3.791,67 EUR festgesetzt. Das wird auch nicht beanstandet.

    b. Den Klagantrag zu 3. hat das Arbeitsgericht unzutreffend nicht streitwerterhöhend berücksichtigt. Das Arbeitsgericht ist fälschlicherweise ausweislich des Nichtabhilfebeschlusses vom 03.02.2014 davon ausgegangen, es handele sich insoweit um einen Hilfsantrag. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist als Hilfsantrag dann anzusehen, wenn er im Kündigungsrechtsstreit "für den Fall des Obsiegens" mit dem Kündigungsschutzantrag gestellt wird. Das ist jedoch gerade nicht der Fall. Die Klägerin hat ausweislich der Klageschrift ihr Weiterbeschäftigungsbegehren nicht an eine Bedingung geknüpft. Sie hat den Antrag auch nicht mittels anderer Formulierung nur hilfsweise gestellt. Damit handelt es sich nicht um einen Hilfsantrag. Der unbedingt gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten. Daher war der Wert des Streitgegenstandes auf insgesamt 15.166,68 EUR (insgesamt 4 Gehälter) heraufzusetzen.

    2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet, soweit mit ihr die Heraufsetzung des Mehrwerts des Vergleiches auf 7.583,34 EUR begehrt wird.

    a) Das Arbeitsgericht hat Ziffer 3 des Vergleiches zutreffend mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.791,67 EUR bewertet. Die Parteien haben sich insoweit nicht nur über die Zeugniserteilung, sondern auch detailliert über den Zeugnisinhalt geeinigt. Damit ist die Bewertung mit einem Bruttomonatsgehalt korrekt.

    b) Ziffer 2 des Vergleiches ist jedoch entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer vorliegend nicht mit einem weiteren vollen Bruttomonatsgehalt zu bewerten. Das Arbeitsgericht hat die getroffene Regelung zu Recht nur mit 1/2 Bruttomonatsverdienst bewertet.

    (1) Wäre die Freistellung streitig gewesen, hätte der Wert der vergleichsweisen Regelung sich am Zeitpunkt des Zustandekommens des Vergleiches orientieren müssen. Das ist hier nicht der 02.12.2013, wie die Vertreter der Klägerin meinen, und auch nicht der 28.01.2014, wie das Arbeitsgericht meint. Vielmehr haben sich die Parteien ausweislich des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 09.01.2014 ab diesem Zeitpunkt außergerichtlich geeinigt. Maßgeblich für die Bewertung des Streitgegenstandes muss insoweit der Zeitpunkt der materiellen Einigung bzw. der Mitteilung einer solchen gegenüber dem Gericht im Sinne des § 278 Abs. 6 Satz 1 1. Alt. ZPO sein. Auf den Zeitpunkt der gerichtlich feststellenden Beschlussfassung nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO ist dann nicht mehr abzustellen, wenn eine solche Einigung schon zwischen den Parteien ohne inhaltliche gerichtliche Mitwirkung außergerichtlich erzielt wurde.

    Die Einigung war vorliegend bereits vor der gerichtlichen Protokollierung erzielt worden.

    (2) Ungeachtet dessen kommt die seitens der Beschwerdeführer begehrte Festsetzung eines höheren Mehrwertes des Vergleiches nicht in Betracht. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 19.12.2013 war die Klägerin bereits seitens der Beklagten bis zum 31.01.2014 freigestellt worden. Für diesen Zeitraum bestand daher für die Freistellung kein Streit. Zu regeln war lediglich der Folgezeitraum 1. Februar 2014 bis 31. März 2014. Insoweit haben die Parteien in Ziffer 2 des Vergleiches materiell lediglich für zwei weitere Monate die Freistellung der Klägerin einvernehmlich geregelt. Für jeden streitigen Monat der Freistellung ist nach anerkannter Rechtsprechung die Festsetzung eines Wertes von 1/4 des Bruttomonatsgehaltes üblich. Diese Bewertung hat auch das Arbeitsgericht vorgenommen und den noch streitigen zweimonatigen Freistellungszeitraum zutreffend mit einem halben Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.895,84 EUR in Ansatz gebracht.

    Die Festsetzung des Mehrwerts des Vergleiches auf insgesamt 5.687,51 EUR ist daher nicht zu beanstanden.

    Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

    RechtsgebieteGKG, RVG, ZPOVorschriften§ 42 Abs. 3 S. 1 GKG; § 33 Abs. 1 RVG; § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO; § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO