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  • 23.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130216

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 24.10.2012 – 2 Ta 270/12

    Für die Auskunftsklage gegen den Entleiher zur Vorbereitung eines Prozesses gegen den Verleiher auf Vergütung (equal-pay) ist mangels Schätzungsgrundlage ein Viertel des Regelwertes aus § 23 RVG anzusetzen. Der spätere Zahlungsantrag kann nicht berücksichtigt werden, da die Schätzungsgrundlage zu Beginn des Auskunftsprozesses zu Grunde zu legen ist, § 4 ZPO.


    LAG Köln, 24.10.2012

    2 Ta 270/12

    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde des Kläger-Prozessbevollmächtigten gegen den Gegenstands-festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 23.08.2012 - Az. 13 Ca 2237/12 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
    Gründe

    I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Auskunft nach § 13 AÜG in Anspruch. Sie war von ihrer Arbeitgeberin an die Beklagte des vorliegenden Verfahrens entliehen worden. Im Arbeitsverhältnis waren die Tarifverträge der CGZP vereinbart. Die Beschäftigungsdauer belief sich vom 02.08.2006 bis zum 31.10.2007. Nach dem Gütetermin erteile die Beklagte Auskunft über die Einkünfte vergleichbarer Stammarbeitnehmer als Küchenhilfe.

    Bei Einleitung des Verfahrens hatte die Klägerin eine erwartete Nachzahlung von ca. 168,00 € pro Monat geschätzt und den voraussichtlichen Gegenstandswert mit 2.520,00 € angegeben. Die Zahlungsklage, die sie gegenüber dem Verleihunternehmen, ihrem damaligen Arbeitgeber, nunmehr erhoben hat, beläuft sich auf 12.915,89 €. Im dortigen Verfahren ist sowohl Verjährung als auch Verfall der Forderung streitig.

    Das Arbeitsgericht hat im Auskunftsverfahren den Gegenstandswert auf 1.000,00 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin und vertritt die Ansicht, maßgeblich müsse der Wert der Zahlungsklage sein, so dass der Gegenstandswert sich auf 12.915,89 € belaufe; hilfsweise sei ein Abschlag von 50 % vorzunehmen, so dass jedenfalls ein Gegenstandswert von 6.457,95 € festzusetzen sei.

    II. Die zulässige und fristgerechte Beschwerde ist nicht begründet.

    Da aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung eine Kostenentscheidung erforderlich war, sind gemäß Anlage 1 Nr. 8211 GKG Gerichtsgebühren angefallen, für die eine Gegenstandsfestsetzung erforderlich war. Damit richtet sich die Anwaltsvergütung gemäß § 32 Abs. 1 RVG nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert. Dieser ergibt sich aus § 48 i. V. m. § 40 GKG. Zugrunde zu legen ist somit der Wert der Auskunft bei Einleitung des Rechtszuges, d. h. bei Klageerhebung am 16.03.2012 § 4 Abs. 1 ZPO. Zu diesem Zeitpunkt waren Anhaltspunkte, die eine auf Tatsachen begründete Schätzung des Wertes des durch die Auskunftsklage vorbereiteten Zahlungsprozesses ermöglichten nicht gegeben.

    Grundsätzlich geht die Rechtsprechung bei Auskunftsklagen davon aus, dass der spätere Zahlungsanspruch, der durch die Auskunftsklage vorbereitet werden soll, maßgeblich für den Wert der Auskunft ist. Allerdings werden in erheblichem Maße und unterschiedlicher Höhe Abschläge von der späteren Zahlungsforderung gemacht. So geht das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in der Entscheidung vom 01.03.2010 - 1 Ta 29/10 - davon aus, dass bei einer Auskunftsklage im Zusammenhang mit betrieblicher Altersversorgung die Festsetzung von 30 % des Wertes der Leistungsklage angemessen ist. Bei der Streitwertfestsetzung für eine Auskunftsklage gegen den Entleiher nach § 13 AÜG hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg in seiner Entscheidung vom 12.08.2011 - 7 Ta 60/11 - den Wert der Auskunft auf 50 % der Zahlungsklage festgesetzt. In der Kommentierung zu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 68. Auflage wird zum einen unter Rn. 24 Anhang § 3 eine Entscheidung des BGH referiert, wonach 600,00 € für eine Auskunft hinsichtlich eines ganzen Nachlasses angemessen sein soll. Weitere Rechtsprechungsnachweise liegen zwischen 10 % und 25 % des Leistungsanspruchs.

    Die erkennende Kammer sieht bei der hier erforderlichen Schätzung mit Klageeinreichung erhebliche Schwierigkeiten, eine Schätzungsgrundlage bereits bei Einleitung des Prozesses feststellen zu können. Die klagende Partei kennt zwar ihre erhaltene Vergütung, hat aber in der Regel keinerlei Information darüber, wie die Mitarbeiter des Auskunftspflichtigen bezahlt werden und wie hoch der Vergütungsabstand tatsächlich ist. Ebenso wenig weiß die beklagte Partei, was ihr Vertragspartner, das Verleihunternehmen, an seine Mitarbeiter gezahlt hat und welche Kosten damit entstehen können, wenn die Auskunft nicht erteilt wird. Weiter ist für den Wert der späteren Zahlungsklage maßgeblich, wie lange der Einsatz des Leiharbeitnehmers gedauert hat. Zudem ist es auch denkbar, dass zum Zeitpunkt der Erhebung der Auskunftsklage das Verleihunternehmen bereits insolvent ist. In diesem Falle könnte statt der Zahlungsklage allenfalls erfolgreich eine Feststellungsklage zur Insolvenztabelle erhoben werden. Denkbar ist auch, dass im späteren Zahlungsprozess die Klage wegen einer erhobenen Verjährungseinrede oder einer Verfallfrist, die ggf. wirksam vereinbart worden ist, vollständig abgewiesen wird. Obwohl in jedem Fall der Auskunftsanspruch der Schlüssel zu späteren Zahlungen ist, ist damit eine Schätzungsgrundlage für die wirkliche Werthaltigkeit der Zahlungsklage nicht ersichtlich. Dies spricht dafür, dass der reine bei Klageerhebung der Auskunftsklage überhaupt noch nicht bekannte Differenzwert zwischen der Vergütung, die der Auskuftsberechtigte erhalten hat und die der Auskunftsverpflichtete an eigene Arbeitnehmer für gleichartige Tätigkeit leistet, nicht der Gegenstandswertbemessung zu Grunde gelegt werden kann.

    Berücksichtigt man weiterhin, dass üblicherweise bei einer Stufenklage auf Auskunft und Zahlung gegenüber demselben Verpflichteten nach § 44 GKG nur der höhere Gegenstandswert einmalig zur Anwendung kommt, so zeigt auch dies, dass der Auskunft im Regelfall, in dem Auskunftsverpflichteter und Zahlungsverpflichteter eine Rechtsperson sind, kein eigener Gegenstandswert zukommt. Durch die Aufteilung der Auskunft und des Zahlungsanspruchs auf zwei verschiedene Verpflichtete sollte deshalb keine Kostenexplosion entstehen. Zudem ist bei der nach § 3 ZPO erforderlichen Ermessensentscheidung hinsichtlich der Gegenstandswertfestsetzung auch zu berücksichtigen, dass auch für den Prozessgegner des Auskunftsprozesses die Möglichkeit gegeben sein muss, sein Prozessrisiko bereits bei Einleitung des Prozesses abzuschätzen und feststellen zu können, welche Anwaltskosten aufgrund des Ausschlusses der Kostenerstattung im Arbeitsgerichtsverfahren auf ihn zukommen.

    In diesen Fällen der mangelnden Schätzungsgrundlage bietet § 23 Abs. 3 S.2 RVG einen Hilfswert an, der nach Lage des Falles auch höher oder niedriger ausfallen kann. Es entspricht billigem Ermessen, diesen Hilfswert auch bei der Schätzung nach § 3 ZPO als Ausgangswert zu Grunde zu legen.

    Die erkennende Kammer hält es deshalb für angemessen, ausgehend vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 2. HS in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung ein Viertel des Hilfswertes und damit 1.000,00 € anzunehmen, soweit nicht im Einzelfall der Zahlungsbetrag noch hierunter liegt. Berücksichtigt wurde dabei, dass der Gesetzgeber bei einer Stufenklage gegen einen Beklagten ausdrücklich eine Gegenstandswertbegrenzung vorgesehen hat. Fallen Auskunft und Zahlung in einen Prozess, würde nur einmal der Wert der Zahlungsklage berücksichtigt. Dies rechtfertigt die Herabsetzung auf ein Viertel des Hilfswertes.

    Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

    RechtsgebietZPOVorschriften§ 4 ZPO