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  • · Fachbeitrag · Kostenregelung

    Das sind die „Kosten der Säumnis“

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Wer trägt bei einem Versäumnisurteil welche Kosten? Diese Frage stellt sich auch, wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils (VU) und anschließendem Einspruchsverfahren folgende Kostenentscheidung ergeht: „Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben, mit Ausnahme der Kosten des Versäumnisurteils, die der Beklagte zu tragen hat.“ |

    1. Mehrkosten infolge des Einspruchsverfahrens

    Unter die Kosten der Säumnis fallen nicht die Kosten des versäumten Termins bzw. der unterlassenen Verteidigungsanzeige. Es sind vielmehr die Mehrkosten, die dadurch entstanden sind, dass das Verfahren auf einen Einspruch hin fortgesetzt worden ist (vgl. N. Schneider, NJW-Spezial 23, 91). Es kommt auf die Kosten an, die nicht entstanden wären, wenn die Partei im Termin nicht säumig gewesen wäre. Dabei ist zwischen Anwalts- und Gerichtskosten zu unterscheiden. Ob tatsächlich Mehrkosten durch die Säumnis einer Partei entstanden sind, wird erst im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren geklärt.

    2. Rechtsanwaltskosten

    Der Anwalt erhält nur für die erste Terminswahrnehmung eine Vergütung. Allerdings muss die säumige Partei die Kosten (anteilig) tragen, die durch ihr Versäumnis entstanden sind (= sog. Versäumniskosten). Dies gilt auch, wenn die säumige Partei einen erfolgreichen Einspruch eingelegt hat.

     

    • Beispiel 1: Anwaltliche Vergütung

    K erhebt gegen B Klage auf Zahlung von 10.000 EUR. Da B im Termin nicht erscheint, ergeht gegen ihn ein VU. Im Einspruchsverfahren wird die Klage abgewiesen. Beide Parteien sind anwaltlich vertreten. Die Kostenentscheidung lautet: „Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben, mit Ausnahme der Kosten des Versäumnisurteils, die der Beklagte zu tragen hat.“ Was können die Anwälte abrechnen?

     

    Lösung

    Beiden Parteien sind folgende Kosten entstanden:

    1,3-Verfahrensgebühr aus 10.000 EUR, Nr. 3100 VV RVG

    798,20 EUR

    1,2-Terminsgebühr aus 10.000 EUR, Nrn. 3104, 3105 VV RVG

    736,80 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    295,45 EUR

    1.850,45 EUR

     

    Beachten Sie | Wäre der Beklagte im ersten Termin nicht säumig gewesen und hätte man dort verhandelt, wäre ebenfalls eine 1,2-Terminsgebühr angefallen. Da der zweite Termin im Einspruchsverfahren keine weiteren Gebühren auslöst, weil das Verfahren bis zum Erlass des VU und das Einspruchsverfahren gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit bilden (§ 15 Abs. 2 RVG), fallen keine weiteren (Säumnis-)Kosten an.

     

    • Beispiel 2: Reisekosten

    K erhebt gegen B Zahlungsklage i. H. v. 10.000 EUR vor dem LG Koblenz. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt der auswärtige Rechtsanwalt des K, dass er keinen Antrag stellt. Es ergeht antragsgemäß ein VU gegen den K. Das LG bestimmt nach Einspruch durch K einen Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem der Rechtsanwalt des K wiederum anreist. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens erkennt B den Klageanspruch an. Es ergeht ein Anerkenntnisurteil zugunsten des K. Darin werden die Kosten des Rechtsstreits dem B mit Ausnahme der durch die Säumnis veranlassten Kosten auferlegt. K meldet folgende Kosten zur Festsetzung an:

    1,3-Verfahrensgebühr aus 10.000 EUR, Nr. 3100 VV RVG

    798,20 EUR

    1,2-Terminsgebühr aus 10.000 EUR, Nrn. 3104, 3105 VV RVG

    736,80 EUR

    Fahrtkosten für ersten (Säumnis-)Termin, Nr. 7003 VV RVG

    100,00 EUR

    Fahrtkosten für zweiten (Einspruchs-)Termin, Nr. 7003 VV RVG

    100,00 EUR

    Tage- und Abwesenheitsgeld für ersten Termin, Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG

    50,00 EUR

    Tage- und Abwesenheitsgeld für zweiten Termin, Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG

    50,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    352,45 EUR

    2.207,45 EUR

    Lösung

    Zu den Kosten der Säumnis gehören nur die Reisekosten und das Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung des Einspruchstermins (vgl. OLG Stuttgart MDR 89, 269; Habel NJW 97, 2357, 2358). Denn die erneute Anreise des Rechtsanwalts des K zum Termin zur mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren beruhte ausschließlich auf dessen Säumnis, sodass nur diese Kosten i. H. v. 150 EUR von K selbst zu tragen sind (OLG Köln JurBüro 18, 257). Die Reisekosten und das Abwesenheitsgeld für den ersten Säumnistermin stellen hingegen keine Säumniskosten dar.

     
    • Beispiel 3: Vergütung, wenn kein weiterer Termin stattfindet

    K erhebt gegen B Zahlungsklage i. H. v. 10.000 EUR vor dem LG. B erscheint nicht, sodass antragsgemäß ein VU ergeht. Nachdem B Einspruch eingelegt hat, wird die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und die Kosten gegeneinander aufgehoben (§ 91a ZPO). Dem B werden die Kosten der Säumnis auferlegt.

     

    Lösung

    Es sind keine Säumniskosten entstanden, da es nicht zu einem weiteren Termin gekommen ist.

     

    3. Gerichtskosten

    Wird das gerichtliche Verfahren durch Klagerücknahme, Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil, gerichtlichen Vergleich oder Erledigungserklärung ohne Kostenentscheidung nach § 91a ZPO beendet, ermäßigt sich die 3,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 KV GKG auf 1,0 (Nr. 1211 KV GKG). Davon wird eine Ausnahme gemacht, wenn ein VU vorausgegangen ist (vgl. Nr. 1211 KV GKG a. E.). Auch der in der Praxis immer wieder vorgetragene Einwand einer vereitelten Kostenreduzierung auf 1,0 ändert daran nichts. Der Erlass des VU hat keinerlei Einfluss auf die Höhe der von Anfang an entstandenen und später nicht ermäßigten 3,0-Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (OLG Köln NJW 19, 614). Diese 3,0-Gebühr ist nicht säumnisbedingt entstanden.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2023 | Seite 85 | ID 49318083