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  • · Fachbeitrag · Insolvenz

    Forderungsanmeldung: So sichern Sie sich bestmöglich Ihre Gebühren

    von Christian Noe B. A., Göttingen

    | Immer wieder berichten Leser von diesem Problem: Der Rechtsschutz will die Anmeldung der Forderung des Mandanten zur Insolvenztabelle nicht übernehmen ‒ die Vollstreckungskosten, die man übernimmt, seien ausgeschöpft. Was kann man in dieser Situation tun? Der folgende Beitrag zeigt, wie Sie hier am besten reagieren und taktisch vorgehen können, und gibt Ihnen zwei Arbeitshilfen an die Hand. |

    1. Wer eine Forderung anmeldet, vollstreckt nicht

    Mitunter geraten Schuldner in die Insolvenz, während gegen sie vollstreckt wird. Meldet der Gläubigervertreter daraufhin die Forderung des Gläubigers beim Insolvenzverwalter an, kann er nach Ansicht des LG Münster hierfür eine 0,5-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3320 VV RVG zuzüglich Auslagen verlangen (19.3.09, 015 O 281/08, Abruf-Nr. 233516).

     

    Beachten Sie | Das LG Münster hatte zwar nicht explizit beurteilt, ob eine Forderungsanmeldung als Vollstreckungsmaßnahme anzusehen ist oder nicht. Sobald aber ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, sei keine Vollstreckung mehr möglich. Die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle stellt daher keine Vollstreckungsmaßnahme dar. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die streitige Interessenwahrnehmung zwischen den ursprünglichen Parteien Gläubiger und Schuldner beendet.

     

    PRAXISTIPP | Sie als Gläubigervertreter sollten in die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) schauen, die für die Police Ihres Mandanten gelten. Dort ist in der Regel festgelegt, wie der Versicherer die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle einstuft bzw. vergütet. Viele Versicherer werten allerdings die Tätigkeit der Forderungsanmeldung fälschlicherweise als Vollstreckungsmaßnahme, obwohl sie keine ist.

     
    • Beispiel 1: Zwei Vollstreckungsversuche

    Rechtsanwalt R hat für Gläubiger S eine Forderung über 6.000 EUR tituliert. R will nun vollstrecken und holt eine Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung des S ein. Diese gewährt Kostenschutz für drei Vollstreckungsversuche. R leitet daraufhin zwei Vollstreckungsmaßnahmen ein, die erfolglos bleiben. Nun gerät der Schuldner in Insolvenz und R meldet die Forderung zur Insolvenztabelle an.

     

    Lösung: R kann gegenüber dem Rechtsschutz jeweils zweimal die 0,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3309 VV RVG) zuzüglich Auslagen abrechnen sowie einmal eine 0,5-Verfahrensgebühr (Nr. 3320 VV RVG) zuzüglich Auslagen. Da noch nicht alle Vollstreckungsmaßnahmen verbraucht waren, braucht es den R nicht zu kümmern, dass der Rechtsschutz die Forderungsanmeldung als Vollstreckung einstuft.

     

     

    • Beispiel 2: Drei Vollstreckungsversuche

    Ausgangslage ist dieselbe wie in Beispiel 1, allerdings hat R bereits alle drei Vollstreckungsmaßnahmen verbraucht, die der Versicherer abdeckt.

     

    Lösung: Ein Streit (bis zur Klage) mit dem Rechtsschutz über die Kostenübernahme kann aufwendig sein. R kann den Versicherer aber auf dem Kulanzweg darum bitten, dass er die Kosten für die Forderungsanmeldung zusätzlich übernimmt. Damit erspart er sich zunächst auch eine Auseinandersetzung darüber, dass die Forderungsanmeldung gar nicht zur Vollstreckung gehört.

     

    2. Versuchen, dass zusätzliche Gebühren übernommen werden

    Deckungsanfragen für die Zwangsvollstreckung können Sie grundsätzlich so formulieren, dass sie sich auf eine (perspektivisch mögliche) Forderungsanmeldung in Insolvenzverfahren erstrecken. Eine Musterformulierung hierfür finden Sie am Ende des Beitrags und unter iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 49052749. Dies gilt vor allem, wenn für den Rechtsschutz Vollstreckung und Forderungsanmeldung getrennte Leistungen sind ‒ hier benötigen Sie auch für letztere eine Deckungszusage. Idealerweise haben Sie diese vor der eigentlichen Forderungsanmeldung bereits eingeholt.

     

    Musterformulierung / Deckungsanfrage für die ZV

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    in der o. g. Angelegenheit beziehen wir uns auf Ihre Deckungszusage vom …, mit der Sie Kostenschutz für die Zwangsvollstreckung erteilt haben. Seitdem haben wir nach sorgfältiger Prüfung der Erfolgsaussichten und gezielten Recherchen drei Vollstreckungsversuche unternommen, um die Forderung Ihres VN zu realisieren. Leider waren diese erfolglos, wie Sie den beigefügten / bereits vorliegenden Unterlagen entnehmen können.

     

    Zwischenzeitlich befindet sich der Schuldner in der Insolvenz, sodass wir auf Wunsch Ihres VN die Forderung umgehend zur Insolvenztabelle angemeldet haben, damit diese gesichert bzw. im Verfahren berücksichtigt wird. Angesichts der existenziellen Bedeutung der titulierten Forderung und des aus anwaltlicher Vorsorge gebotenen zügigen Handelns bitten wir zeitgleich freundlichst im Rahmen einer Kulanzentscheidung um eine Deckungszusage auch für diesen Verfahrensabschnitt und der Anmeldung der Forderung/en Ihres Versicherten.

     

    Freundliche Grüße

     

    Rechtsanwalt

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Sonderausgabe „Kosten und Vergütung in der Zwangsvollstreckung: Praktische Lösungen für mehr Umsatz“, iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 48024325
    • So rechnen Sie die Auswertung eines Vermögensverzeichnisses ab, RVG prof. 23, 25
    • Zwangsvollstreckung: Sind die Kosten für die Offenlegung einer Lohnabtretung erstattungsfähig?, RVG prof. 22, 109
    Quelle: Ausgabe 03 / 2023 | Seite 47 | ID 49047000