Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Deckungsschutz

    Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Deckungsschutz hat für Rechtsanwälte eine enorme wirtschaftliche Bedeutung. Das AG Siegburg hat diesbezüglich jetzt eine für Anwälte wichtige Entscheidung getroffen. Danach ist für die Abwehr eines anwaltlichen Honoraranspruchs im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG im Rahmen des schuldrechtlichen Versicherungsschutzes Deckungsschutz zu gewähren. Das gilt auch, wenn in dem zugrunde liegenden Verfahren Versicherungsschutz ausgeschlossen war. |

     

    Sachverhalt

    Mandant M begehrte Deckungsschutz für Vergütungsfestsetzungsverfahren vor dem FamG. Rechtsanwalt R hatte M zunächst in einem Scheidungsverfahren vertreten und ihm unter dem 18.4.18 seine Schlussrechnung erteilt. Das sich daraus ergebende Honorar hatte er mit vereinnahmtem Fremdgeld verrechnet. M hatte dann den Anwalt aufgefordert, das einbehaltene Fremdgeld auszuzahlen, da dieses zweckbestimmt sei. Abgesehen davon stehe dem Anwalt kein Vergütungsanspruch zu, da er im Scheidungsverfahren widerstreitende Interessen vertreten habe. Der zugrunde liegende Anwaltsvertrag sei damit gemäß §§ 134 BGB, 43a Abs. 4 BRAO nichtig geworden, sodass M keine Vergütung schulde.

     

    Nach rechtskräftiger Verurteilung hat R das einbehaltene Fremdgeld ausgezahlt. Anschließend hat er unter dem 13.12.18 wegen seiner vermeintlichen Honoraransprüche vor dem FamG die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG beantragt. Für die Abwehr dieses Vergütungsanspruchs im Verfahren nach § 11 RVG beantragte der M Deckungsschutz bei seinem Rechtsschutzversicherer. Das hat dieser abgelehnt, weil es sich um eine Familiensache handele, für die kein Versicherungsschutz bestehe. Zudem sei der M im Dezember 2018 nicht mehr versichert gewesen, da das Versicherungsverhältnis am 6.9.18 ausgelaufen sei. Das AG hat den Rechtsschutzversicherer verurteilt, zu zahlen (AG Siegburg 8.1.20, 104 C 12/19, Abruf-Nr. 213627).

     

     

    Entscheidungsgründe

    In der Sache wird ein Anspruch auf Zahlung anwaltlicher Vergütung geltend gemacht. Solche Ansprüche fallen grundsätzlich unter den schuldrechtlichen Versicherungsschutz. Welchen Inhalt das zugrunde liegende Mandat hatte, ist insoweit irrelevant. So ist es hier ohne Bedeutung, dass eine Familiensache zugrunde lag, für die kein Versicherungsschutz bestand. Bei dem daraus resultierenden Vergütungsanspruch des Anwalts handelt es sich nicht um einen familienrechtlichen Anspruch, sondern um einen Zahlungsanspruch aus dem Anwaltsvertrag.

     

    Unerheblich ist ferner, dass das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG vor dem FamG stattfindet. Auch dadurch wird es nicht zur Familiensache.

     

    Ohne Bedeutung ist weiterhin, dass das Versicherungsverhältnis bei Einreichen des Vergütungsfestsetzungsantrags bereits beendet war. Entscheidend ist der Eintritt des Versicherungsfalls. Der Versicherungsfall war aber bereits am 18.4.18 eingetreten, nämlich mit Erteilung der Schlussrechnung. Insoweit hat der M geltend gemacht, dass hierin ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten liege, da der Anwalt aufgrund der Nichtigkeit des Anwaltsvertrags keine Rechnung hätte stellen dürfen.

     

    Beachten Sie | Dass der Vergütungsfestsetzungsantrag erst später gestellt worden ist, löst keinen neuen Versicherungsfall aus, da der Verstoß bereits mit Erteilung der Rechnung begründet war.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der anwaltliche Vergütungsanspruch ist abstrakt zu betrachten: Streitigkeiten hinsichtlich anwaltlicher Vergütungsansprüche oder Schadenersatzansprüche fallen daher grundsätzlich unter den schuldrechtlichen Versicherungsschutz. Insoweit ist es unerheblich, ob dem Mandat, aus dem die Vergütung herrührt, eine versicherte oder nicht versicherte Streitigkeit zugrunde lag.

     

    MERKE | Für die zeitliche Festlegung des Rechtsschutzfalls ist auch in Passivfällen auf den Verstoß abzustellen, den der Versicherungsnehmer seinem Gegner anlastet (BGH NJW 19, 2852). Wird einem Anwalt vorgeworfen, falsch abgerechnet zu haben, begründet dies den Versicherungsfall.

     

    Maßgebliches Datum ist also in der Regel das Datum, an dem der Anwalt die Rechnung erstellt hat.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Auftragserteilung unter der Bedingung einer Deckungsschutzzusage, RVG prof. 19, 152
    • Deckungsschutz für Zweitgutachten erhalten, RVG prof. 18, 42
    • Teilrechtsschutz: So wird abgerechnet, RVG prof. 18, 38
    • Abgasskandal und Deckungsschutz, Abruf-Nr. 44438649
    • Wenn der Anwalt die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels prüfen soll ..., RVG prof. 16, 172
    • Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels, RVGprof. 11, 6 (mit Musterformulierung)
    • Deckungsanfragen nach Aufwand abrechnen, RVGprof. 16, 93 (mit Checklisten)
    • Deckungsanfragen richtig abrechnen und gezielt Honorarvorschüsse einfordern, RVGprof. 15, 191
    Quelle: Ausgabe 03 / 2020 | Seite 48 | ID 46308845