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  • · Fachbeitrag · Angelegenheit

    Wechselseitige Nichtzulassungsbeschwerde = dieselbe Angelegenheit

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Wechselseitige Nichtzulassungsbeschwerden kommen in der Praxis regelmäßig vor. Die Frage, die sich für die beteiligten Rechtsanwälte stellt: Können hierfür mehrfach Gebühren berechnet werden oder handelt es sich um eine gebührenrechtliche Angelegenheit. Der BGH ist jetzt zu der Ansicht gelangt, dass die anwaltliche Vertretung in einem Verfahren, das wechselseitige Nichtzulassungsbeschwerden zum Gegenstand hat, in der Regel dieselbe Angelegenheit gemäß § 15 Abs. 2 RVG darstellt. |

     

    Relevanz für die Praxis

    Entscheidend für eine mehrfache Gebührenabrechnung ist die Tatsache, dass es sich um mehrere Angelegenheiten handelt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten.

     

    Maßgeblich hierbei ist insbesondere der Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrags. Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn

    • zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und
    • sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielrichtung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen anwaltlicher Tätigkeit gesprochen werden kann (BGH RVG prof. 16, 136).

     

    MERKE | Im gerichtlichen Verfahren wird der für die Bejahung einer Angelegenheit notwendige Zusammenhang grundsätzlich schon dadurch hergestellt, dass das Gericht von einer Trennung der Verfahren wegen ihres Sachzusammenhangs absieht oder bei zwei ursprünglich getrennten Verfahren wegen ihres Sachzusammenhangs eine Verbindung herbeiführt. Regelmäßig ist das gerichtliche Verfahren in einem Rechtszug eine Angelegenheit (BGH RVG prof. 16, 136).

     

    Der BGH betont in seiner aktuellen Entscheidung: Der oft erhobene Einwand, mit den unterschiedlichen Nichtzulassungsbeschwerden werden unterschiedliche Sachgegenstände und Zulassungsgründe geltend gemacht, ist unerheblich (26.9.18, VII ZB 54/16, Abruf-Nr. 205029). Denn die Annahme einer Angelegenheit setzt nicht voraus, dass der Rechtsanwalt nur eine Prüfungsaufgabe erfüllen muss. Von einem einheitlichen Rahmen kann vielmehr auch gesprochen werden, wenn der Anwalt mehrere getrennte Prüfungsaufgaben erfüllen muss.

     

    (Wechselseitige) Beschwerden gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels kommen in den unterschiedlichsten Konstellationen vor, z. B. Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung, Revision oder Rechtsbeschwerde (vgl. auch die Übersicht von Mock, RVG prof. 17, 52).

     

    Wichtig | Der vom BGH entschiedene Fall der wechselseitigen Nichtzulassungsbeschwerden hat allerdings nichts mit dem in § 17 Nr. 9 RVG beschriebenen Fall zu tun. Diese Vorschrift regelt für die Anwaltsgebühren nur das Verhältnis der Nichtzulassungsbeschwerde zum nachfolgenden Revisionsverfahren, betrifft aber nicht das Verhältnis mehrerer Nichtzulassungsbeschwerden untereinander. Das Verfahren über ein Rechtsmittel und das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels stellen daher gebührenrechtlich stets gesonderte Angelegenheiten nach § 15 Abs. 2 RVG dar.

     

    Folge: Dem Rechtsanwalt stehen hierfür anfallende Gebühren neben der Vorinstanz und neben dem nachfolgenden Rechtsmittelverfahren nach Zulassung des Rechtsmittels zu. Insgesamt liegen also drei gebührenrechtliche Angelegenheiten vor und zwar das Ausgangsverfahren, das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 17 Nr. 9 RVG) und das Rechtsmittelverfahren, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen wird (§ 17 Nr. 1 RVG). Dabei ist jedoch die Anrechnung der Verfahrensgebühr des Zulassungs- und Rechtsmittelverfahrens zu beachten (vgl. Mock, RVG prof. 17, 52).

     

    Das Vorstehende gilt aber nur, wenn dem Rechtsanwalt noch kein unbedingter Prozessauftrag für das Rechtsmittelverfahren erteilt worden ist (Vorb. 3 Abs. 1 VV RVG). Liegt bereits ein Prozessauftrag vor, wird die Tätigkeit durch die entsprechende Verfahrensgebühr des Rechtsmittelverfahrens erfasst (Vorb. 3 Abs. 2 VV RVG, § 19 Abs. 1 S. 1 RVG).

     

    Weiterführender Hinweis

    • So vermeiden Sie Fehler bei der Abrechnung, RVG prof. 17, 52
    Quelle: Ausgabe 01 / 2019 | Seite 15 | ID 45581205