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  • · Fachbeitrag · Übergangsrecht KostRÄG 2021

    Abweichender Streitwert in Kindschaftssachen führt zu höherer Vergütung

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Bekanntlich haben sich durch das KostRÄndG 2021 die Streitwerte im FamGKG erhöht (RVG prof. 20, 200). Dies kann dazu führen, dass die Streitwerte für das Gericht und für die beteiligten Rechtsanwälte differieren. Die praktischen Auswirkungen zeigt der folgende Praxisfall. |

     

    • Praxisfall

    Im Dezember 2020 beantragt Rechtsanwalt R für die Antragstellerin das alleinige Sorgerecht für das gemeinsame Kind. Rechtsanwalt Z wird im Januar mit der Vertretung durch den Antragsgegner beauftragt. Nach Abschluss des Verfahrens in 2021 (Beschluss nach mündlicher Verhandlung) setzt das Gericht den Verfahrenswert nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG a. F. auf 3.000 EUR fest. Nach welchem Wert berechnen sich die Vergütungen für R und Z?

     

    1. Der gebührenrechtliche Grundsatz nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG

    § 23 RVG regelt die allgemeinen Wertvorschriften. Nach Abs. 1 S. 1 gilt, dass der vom Gericht festgesetzte Wert für die Berechnung der anwaltlichen Vergütung bindend ist. Danach wäre die Vergütung sowohl für R als auch für Z eigentlich nach 3.000 EUR zu berechnen.

    2. Besonderheit durch das Übergangsrecht nach dem KostRÄG

    Da Rechtsanwalt Z im Praxisfall erst im Januar 2021 unbedingt mit der Vertretung beauftragt worden ist, greift für ihn die Regelung des § 60 Abs. 1 S. 6 RVG. Da das RVG im Zeitpunkt der anwaltlichen Beauftragung auf andere Vorschriften verweist, gilt die Fassung zum Zeitpunkt der Auftragserteilung. Dies bedeutet hier: Zum Zeitpunkt der Beauftragung von Z gilt nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG die Regelung des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG in der (Neu-)Fassung ab dem 1.1.21. Daher bemisst sich für Z der Wert zur Berechnung seiner Vergütung nach dem neuen Regelstreitwert von 4.000 EUR und nicht ‒ wie vom Gericht festgesetzt ‒ nach dem alten Regelstreitwert von 3.000 EUR.

     

    PRAXISTIPP | Grundsätzlich ist die Wertfestsetzung nach § 33 RVG subsidiär zur Wertfestsetzung nach § 32 RVG. Im Hinblick auf § 60 Abs. 1 S. 3 und § 60 Abs. 1 S. 6 RVG ist jedoch eine Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren möglich. Sie sollten daher in Übergangsfällen unbedingt darauf achten, dass Sie nach § 33 RVG beantragen müssen, den Wert zur Berechnung der anwaltlichen Vergütung im Vergleich zur alten Rechtslage heraufzusetzen. Stellen Sie einen solchen Antrag nicht, müssen Sie nach dem alten (niedrigeren) Wert abrechnen. Aufgepasst: Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist (§ 33 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 8 RVG).

     

    Beachten Sie | Durch die zum 1.1.21 in Kraft getretene Novelle hat sich auch der Verfahrenswert für die elterliche Sorge erhöht. Im vorliegenden Fall fallen wegen § 34 FamGKG einerseits und § 60 RVG andererseits die maßgeblichen Verfahrenswerte somit auseinander (vgl. AG Starnberg 10.2.21, 003 F 930/20, Abruf-Nr. 221603).

     

    • Vergleich der Anwaltsgebühren für Z nach altem und neuem Recht

    Altes Recht (Wert: 3.000 EUR)

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

    261,30 EUR

    1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

    241,20 EUR

    502,50 EUR

    Neues Recht (Wert: 4.000 EUR)

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

    361,40 EUR

    1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

    333,60 EUR

    695,00 EUR

    Für Z ergibt sich eine Erhöhung von ca. 38 Prozent.

     

    Muster / Antrag: Streitwertfestsetzung für Anwaltsvergütung (§ 33 RVG)

    An das

    …gericht

     

    Az.: …

     

    In der Kindschaftssache

     

    ... ‒ Antragsteller/in ‒

    gegen

     

    ... ‒ Antragsgegner/in ‒

     

    wird gemäß § 33 Abs. 1 RVG beantragt, den Wert zur Berechnung der anwaltlichen Vergütung auf 4.000 EUR festzusetzen.

     

    Begründung

    Durch Beschluss vom ... hat das erkennende Gericht den Verfahrenswert auf 3.000 EUR festgesetzt. Dies ist insofern richtig, als zum Zeitpunkt des Anhängigwerdens der Kindschaftssache noch „altes“ Kostenrecht galt (vgl. § 34 FamGKG).

     

    Im Hinblick auf die anwaltliche Berechnung der Vergütung gilt auch grundsätzlich, dass sich diese nach dem vom Gericht festgesetzten Wert berechnet (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG). Da im vorliegenden Fall allerdings der Unterzeichner erst nach dem Inkrafttreten des KostRÄndG 2021, d. h. nach dem 31.12.20, mit der unbedingten Vertretung der Partei beauftragt wurde, findet die Regelung des § 60 Abs. 1 S. 6 RVG Anwendung. Zu diesem Zeitpunkt galt bereits die Neuregelung des § 45 Abs. 1 FamGKG, sodass der Wert für den Unterzeichner auf 4.000 EUR festzusetzen ist.

     

    ...

    Rechtsanwältin/Rechtsanwalt

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2021 | Seite 85 | ID 47302371