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  • · Fachbeitrag · Zwangsversteigerung

    Verschenken Sie bei Versteigerungsanträgen aus verschiedenen Rangklassen kein Geld

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Ungeklärt ist, wie abzurechnen ist, wenn ein Anwalt für einen Auftraggeber ein Zwangsversteigerungsverfahren aus unterschiedlichen Rangklassen anordnen lässt bzw. den Beitritt hieraus erklärt. Bedeutsam ist dies vor allem bei Versteigerungsverfahren einer Wohnungseigentümergemeinschaft wegen aufgelaufener rückständiger Hausgeldforderungen bzw. wenn ein dinglich gesicherter Gläubiger zusätzlich aus einem sog. persönlichen Anspruch die Versteigerung betreibt oder dem Verfahren beitritt. Der folgende Beitrag zeigt, was Gläubigeranwälte in solchen Fällen bei der Gebührenabrechnung beachten müssen. |

     

    • Ausgangsfall

    Aus dem Wohnungsgrundbuch des Schuldners ergibt sich in Abteilung III folgende Eintragung (vereinfacht dargestellt):

     

    Nr. 1: Grundschuld von 80.000 EUR nebst 15 Prozent zugunsten der Sparkasse K

    Nr. 2: Zwangssicherungshypothek von 12.000 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz zugunsten der Eigentümergemeinschaft, soweit die Forderung nicht dem Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG unterfällt

     

    K betreibt die Zwangsversteigerung. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 100.000 EUR. Die Eigentümergemeinschaft E, vertreten durch Rechtsanwalt R, tritt dem Verfahren zunächst aus der Rangklasse 2 nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG wegen rückständiger Hausgeldforderungen von 5.000 EUR bei. Kurze Zeit später erfolgt ein weiterer Beitritt aus der im Grundbuch eingetragenen Zwangssicherungshypothek aus der Rangklasse 4 und 5 nach § 10 Abs. 1 Nr. 4, 5 ZVG wegen des dinglichen und persönlichen Anspruchs. K löst gemäß § 268 BGB die ihr aus der Rangklasse 2 vorgehende E ab, indem sie die 5.000 EUR zahlt und stellt anschließend das Verfahren hieraus ein. Im Versteigerungstermin vertritt der R die E. Welche Gebührenansprüche hat R?

     

    1. Mehrfache Gebühren bei mehreren Angelegenheiten

    R kann nur mehrfach abrechnen, wenn gebührenrechtlich mehrere Angelegenheiten vorliegen (vgl. § 15 Abs. 2 RVG). § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG bestimmt, dass jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers eine besondere Angelegenheit darstellt.

     

    MERKE | „Vollstreckungsmaßnahme“ ist die gewählte Art der Vollstreckung (hier: Immobiliarvollstreckung). Folge: Bei unterschiedlichen Arten der Vollstreckung (z. B. Mobiliar-, Immobiliarvollstreckung) entstehen mehrfache Gebührenansprüche. „Vollstreckungshandlung“ ist die einzelne, im inneren Zusammenhang stehende Tätigkeit im Rahmen einer solchen Vollstreckungsmaßnahme (z. B. Versteigerungsantrag und späterer Antrag auf Verlegung des Versteigerungstermins).

     

    Der BGH (VE 04, 50) hat entschieden, dass die gesamten zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden, miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Einzelmaßnahmen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers oder bis zum sonstigen Abschluss der Vollstreckung dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit bilden. Dabei stehen nur die Einzelmaßnahmen in einem inneren Zusammenhang, die die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen. Insofern stellt das Betreiben der Zwangsversteigerung aus verschiedenen Rangklassen zunächst eine gebührenrechtliche Angelegenheit dar.

     

    MERKE | Im Ausgangsfall gilt die Besonderheit, dass E wegen ihres dinglichen Anspruchs aus Rangklasse 2 auf maximal fünf Prozent des festgesetzten Verkehrswerts (hier: 5.000 EUR) beschränkt ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 ZVG). Folge: Für die darüber hinausgehenden Ansprüche von 7.000 EUR ist E zwingend darauf angewiesen, das Verfahren aus der Rangklasse 4 und/oder Rangklasse 5 zu betreiben. Insofern liegen für R zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten vor. Für das Betreiben der Zwangsversteigerung aus Rangklasse 2 (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) und Rangklasse 4 und 5 (§ 10 Abs. 1 Nr. 4, 5 ZVG) fällt also jeweils eine gesonderte Gebühr an.

     

    2. So ist abzurechnen

    Das Betreiben aus Rangklasse 2 ist eine gesonderte Angelegenheit, da hierdurch 5.000 EUR beigetrieben werden sollen. Das Betreiben aus Rangklasse 4 und 5, obwohl unterschiedlich, stellt ebenfalls eine Angelegenheit dar. Grund: Diese eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme hat vorliegend dasselbe Ziel der Befriedigung: nämlich restliche 7.000 EUR. R kann daher im Ausgangsfall wie folgt abrechnen:

     

    • So kann R abrechnen

    1. Zwangsversteigerung aus Rangklasse § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG:

    0,4-Verfahrensgebühr, Nr. 3311 Nr. 1 RVG VV, § 26 Nr. 1 RVG aus 5.000 EUR

    121,20 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002, RVG VV

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 RVG VV

      26,83 EUR

    168,03 EUR

    Wichtig | Eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3311 Nr. 6 VV RVG entsteht nicht, da das Verfahren vor der Wahrnehmung des Versteigerungstermins durch Ablösung durch die Bank erledigt war.

    2. Zwangsversteigerung aus Rangklasse § 10 Abs. 1 Nr. 4, 5 ZVG:

    0,4-Verfahrensgebühr, Nr. 3311 Nr. 1 RVG VV, § 26 Nr. 1 RVG aus 7.000 EUR

    162,00 EUR

    0,4-Terminsgebühr, Nr. 3311 Nr. 6 RVG VV, § 26 Nr. 1 RVG aus 7.000 EUR

    162,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002, RVG VV

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 RVG VV

      65,36 EUR

    409,36 EUR

    Wichtig | Hier entsteht zusätzlich eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3311 Nr. 6 VV RVG, da R nur wegen der noch offenstehenden 7.000 EUR den Versteigerungstermin wahrgenommen hat.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 42 | ID 44448439