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  • · Fachbeitrag · Reisekosten

    Geschäftsreise: Kanzlei erfasst auch Zweigstellen

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    Unterhält eine Kanzlei mehrere Zweigstellen, liegt für alle Rechtsanwälte dieser Kanzlei eine Geschäftsreise nur dann vor, wenn das Reiseziel außerhalb sämtlicher Orte liegt, in denen sich eine Zweigstelle befindet (OLG Koblenz 27.4.15, 7 WF 407/15, Abruf-Nr. 145816).

     

    Sachverhalt

    Der Verfahrensbevollmächtigte V der Antragsgegnerin rechnete seine Vergütung mit der Landeskasse ab, darunter auch Auslagen für Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die beantragten Reisekosten (Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld nebst Umsatzsteuer) ab. Er begründete dies damit, dass die Kanzlei des V eine Zweigstelle am Gerichtsort unterhalte. Die hiergegen eingelegte Erinnerung wies das FamG zurück. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass der Begriff „Kanzlei“ im Sinne der Vorb. 7 Abs. 2 VV RVG auch die Zweigstelle  einer Rechtsanwaltskanzlei erfasse. Mit seiner Beschwerde macht V geltend, das Mandantengespräch habe am auswärtigen Hauptsitz der Kanzlei stattgefunden. Zudem sei er als alleiniger Sachbearbeiter am Hauptsitz ansässig und von dort zum Gerichtsort angereist. Seine Beschwerde blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Es liegt keine Geschäftsreise vor; denn am Reiseziel, also am Sitz des entscheidenden Gerichts, befindet sich eine Zweigstelle der Kanzlei des V. Unterhält eine Kanzlei mehrere Standorte, gilt jeder Standort als „Kanzlei“ im Sinne der Vorb. 7 Abs. 2 VV RVG. Der Begriff umfasst alle betriebenen Geschäftsstellen, also auch Zweigstellen einer Kanzlei (ebenso Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., VV 7003-7006, Rn. 12; Bischof/Jungbauer, RVG, 6. Aufl., Vorb. 7 VV, Rn. 10). Unerheblich ist, an welchem Ort die Besprechung mit dem Mandanten stattgefunden hat und von welchem Ort der Verfahrensbevollmächtigte zum Gerichtstermin angereist ist.

     

    Praxishinweis

    Das OLG Koblenz folgt dem OLG Dresden (7.6.10, 2 Ws 93/10, Abruf-Nr. 111412, RVG prof. 11, 87), wonach der Begriff der „Kanzlei“ im Sinne der Vorb. 7 Abs. 2 VV RVG auch Zweigstellen erfasst. Folglich kommt es nicht darauf an, von wo aus der Rechtsanwalt angereist ist. Anders stellt z.B. das OLG Düsseldorf (23.2.12, I-10 W 97/11, Abruf-Nr. 121509, RVG prof. 12, 164) bei einem Wohnsitz des Rechtsanwalts am Gericht und einer auswärtigen Kanzlei darauf ab, von wo aus der Anwalt seine Reise tatsächlich angetreten hat.

     

    FAZIT | Infolge der widersprüchlichen Rechtsprechung sollte der Rechtsanwalt vorsorglich eine Vergütungsvereinbarung schließen. Er sollte regeln, dass der Auftraggeber auf jeden Fall die Reisekosten vom Sitz des jeweiligen Standorts bis zum Gericht übernehmen muss.

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 204 | ID 43697278