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  • · Fachbeitrag · Notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung

    Nichtabgabe der Drittschuldnererklärung: Kosten der Zahlungsaufforderung festsetzbar

    | Der BGH hat entschieden: Die Kosten eines Rechtsstreits zwischen Gläubiger und Drittschuldner über eine gepfändete und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesene Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner sind als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungs- und damit festsetzungsfähig ( 20.12.05, VII ZB 57/05, Abruf-Nr. 060313 ). Davon ist auszugehen, wenn der Prozess gegen den Drittschuldner nicht von vornherein aussichtslos gewesen ist. Fraglich ist aber, ob die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die entstehen, weil der Drittschuldner die Drittschuldnererklärung nicht abgibt und daher zur Zahlung aufgefordert wird, ebenfalls notwendige Kosten darstellen. |

    1. Darum geht es

    In der Vollstreckungspraxis kommt es immer wieder zu folgender Situation: Der Drittschuldner gibt innerhalb der Zweiwochenfrist die Erklärung nach § 840 ZPO nicht ab. Der Rechtsanwalt des Gläubigers erinnert dann ggf. schriftlich an die Abgabe der Erklärung und berechnet hierfür nach Nr. 2300 VV RVG eine Geschäftsgebühr, die er vom Drittschuldner aus Verzugsgesichtspunkten erstattet verlangt.

     

    MERKE | Der Gläubiger hat jedoch keinen Anspruch auf diese Gebühr (BGH VE 12, 28). Grund: Unterlässt es der Drittschuldner, die geforderten Angaben zu machen, kann der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen. Folge: Er kann diesen Anspruch beim solventen Drittschuldner ohne Kostenrisiko einklagen. Er kann eine Leistungsklage erheben und diesbezüglich den Drittschuldner zuvor zur freiwilligen Zahlung auffordern. Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger daher auch für die Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Aufforderung zur Zahlung der gepfändeten Forderung.

     

    Die außergerichtliche Zahlungsaufforderung ist somit eine Vorstufe der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs und von der wiederholten Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung zu unterscheiden. Die verspätete Abgabe der Drittschuldnererklärung ist nämlich für den Schaden des Gläubigers in Gestalt außergerichtlicher Anwaltskosten für die Zahlungsaufforderung kausal geworden, wenn der Auftrag zur außergerichtlichen Geltendmachung der gepfändeten Forderung nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Abgabe der Drittschuldnererklärung und vor deren verspäteter tatsächlichen Abgabe erteilt wurde.

     

    Beachten Sie | Bei diesen Kosten handelt es sich nämlich um solche, die durch eine Vollstreckungsmaßnahme aufgrund des sog. Veranlassungsprinzips angefallen sind: Der Schuldner muss sie tragen, weil er den titulierten Anspruch des Gläubigers nicht erfüllt und hierdurch die Möglichkeit zur Drittschuldnerklage ausgelöst hat.

    2. Handlungsempfehlungen für Gläubigervertreter

    Als Rechtsanwalt des Gläubigervertreters sollten Sie wie folgt vorgehen, um die außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG zu erhalten:

     

    a) Drittschuldner zur freiwilligen Zahlung auffordern

    Zunächst sollten Sie versuchen, den Drittschuldner zur freiwilligen Zahlung zu bewegen. Hierzu können Sie die nachstehende Musterformulierung verwenden:

     

    Musterformulierung / Zahlungsaufforderung nach nicht fristgerechter Drittschuldnererklärung

    Einschreiben/Rückschein

     

    An den

    Drittschuldner …

     

    In der Zwangsvollstreckungsangelegenheit

     

    Gläubiger ./. Schuldner

     

    nehme ich Bezug auf den Ihnen durch den Gerichtsvollzieher … am … zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts … vom …, Az. … M … ./. …

     

    Gemäß § 840 Abs. 1 S. 1 ZPO sind Sie ab Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verpflichtet, dem Gläubiger gegenüber eine Drittschuldnererklärung abzugeben. Diese Frist hat am … begonnen und endete am …

     

    Da Sie innerhalb der Frist keine Drittschuldnererklärung abgegeben haben, kann der Gläubiger nun von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen (BGH VE 12, 28).

     

    Infolgedessen werden Sie hiermit unter Fristsetzung bis zum … aufgefordert, unter Angabe des Aktenzeichens auf eines der unten stehenden Konten den Betrag i. H. v. … EUR zu zahlen.

     

    Im Fall der Nichtzahlung werden wir unserem Mandanten empfehlen, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen.

     

    Darüber hinaus haften Sie gemäß § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO als Drittschuldner dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung Ihrer Erklärungsverpflichtung entstandenen Schaden. Hierunter fallen die Kosten dieser außergerichtlichen anwaltlichen Aufforderung zur Zahlung der gepfändeten Forderung.

     

    Auch diese Kosten sind innerhalb der gesetzten Frist zu zahlen. Sie werden wie folgt beziffert:

    1,5-Geschäftsgebühr (Mittelgebühr), Nr. 2300 VV RVG aus … EUR

    … EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    … EUR

    16 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    … EUR

    … EUR

     

     

    Rechtsanwalt

     

    Beachten Sie | Aus gebührenrechtlicher Sicht ist es wichtig, dass der Mandant noch keinen unbedingten Auftrag zur Klageerhebung erteilt. Ist dies dennoch der Fall, befinden Sie sich vergütungsrechtlich bereits in Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses. Dadurch entsteht Ihnen nur eine maximale 0,8-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG; erst wenn dann tatsächlich Drittschuldnerklage erhoben wird, entsteht eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Allerdings wäre der Rechtsanwalt vertraglich verpflichtet, den Mandanten darauf hinzuweisen, dass ein Prozessauftrag ggf. der kostengünstigere Weg wäre. Unterlässt er dies, könnte daraus ein Haftungsfall entstehen.

     

    b) Kostenfestsetzung gegen Schuldner beantragen

    Zahlt der Drittschuldner die außergerichtlichen Kosten nicht, kann der Gläubiger diese gemäß § 788 ZPO als notwendige Kosten auch gegen den Schuldner aufgrund des gegen diesen vorhandenen Vollstreckungstitels beantragen.

     

    Musterformulierung / Festsetzung der Kosten der außergerichtlichen Zahlungsaufforderung nach Nicht-abgabe der Drittschuldnererklärung

    An das

    AG … als Vollstreckungsgericht

     

    In der Zwangsvollstreckungssache Gläubiger … ./. Schuldner … wird gemäß § 788 Abs. 2 i. V. m. § 104 ZPO beantragt,

     

    • gegen den Schuldner als Antragsgegner die in der anliegenden Kostenberechnung aufgeführten Kosten als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung festzusetzen,

     

    • auszusprechen, dass der festgesetzte Betrag mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit (Zutreffendes auswählen) Antragstellung / seit dem … zu verzinsen ist sowie

     

    • dem Gläubiger als Antragsteller eine vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nebst Zustellbescheinigung zu erteilen.

     

    Das erkennende Gericht ist nach § 788 Abs. 2 ZPO für die Kostenfestsetzung zuständig, weil (Zutreffendes auswählen)

    ☐ es sich vorliegend lediglich um eine Forderungspfändung handelt und daher das AG zuständig ist, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Wohnsitz hat, § 828 Abs. 2 ZPO.

    ☐ zur Zeit der Antragstellung noch Vollstreckungsmaßnahmen laufen (genau aufführen) und daher ausschließlich das Vollstreckungsgericht zuständig ist, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO.

     

    ☐ die Vollstreckungsmaßnahmen bereits beendet sind. Somit ist das AG als Vollstreckungsgericht zuständig, in dessen Bezirk die letzte Handlung erfolgt ist.

     

    Zur Notwendigkeit wird Folgendes ausgeführt:

    Durch den Gerichtsvollzieher … wurde dem Drittschuldner … am … ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts … vom …, Az. … M … ./. …, zugestellt. Gemäß § 840 Abs. 1 S. 1 ZPO war der Drittschuldner verpflichtet, ab Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, dem Gläubiger gegenüber eine Drittschuldnererklärung abzugeben. Diese Frist hat am … begonnen und endete am …

     

    Der Drittschuldner hat innerhalb der Frist keine Drittschuldnererklärung abgegeben. Daher konnte der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen (BGH VE 12, 28).

     

    Infolgedessen wurde der Drittschuldner unter Fristsetzung bis zum … aufgefordert, den Betrag i. H. v. … EUR zu zahlen. Hierfür sind die im Antrag aufgeführten außergerichtlichen Kosten gemäß Nr. 2300 VV RVG angefallen.

     

    Beweis: Kopie des Aufforderungsschreibens an Drittschuldner vom …

     

    Es wird darauf hingewiesen, dass die außergerichtliche Zahlungsaufforderung somit eine Vorstufe der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs ist. Bei den Kosten handelt es sich um solche, die durch eine Vollstreckungsmaßnahme aufgrund des sog. Veranlassungsprinzips angefallen sind. Der Schuldner muss sie tragen, weil er den titulierten Anspruch des Gläubigers nicht erfüllt und hierdurch die außergerichtliche Zahlungsaufforderung mit ausgelöst hat.

     

    Soweit anwaltliche Auslagen in der Kostenberechnung aufgeführt sind, wird hiermit anwaltlich versichert und damit nach § 104 Abs. 2 S. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass diese entstanden sind.

    Der Antragsteller ☐ ist ☐ ist nicht (Zutreffendes auswählen) vorsteuerabzugsberechtigt.

     

    Rechtsanwalt

     

    Weiterführende Hinweise

    • Drittschuldnerprozess: Klagevorbereitungskosten können gegen Schuldner festgesetzt werden VE 10, 52
    • BGH erklärt Kosten des Drittschuldnerprozesses für festsetzbar gemäß § 788 ZPO, RVGprof 06, 55
    Quelle: Ausgabe 08 / 2020 | Seite 137 | ID 46575190