Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Wirtschaftsstrafrecht

    Rückgewinnungshilfe: Anwaltliche Tätigkeit löst zusätzliche Verfahrensgebühr aus

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Nr. 4142 VV RVG gilt für eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die sich auf einen dinglichen Arrest zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz bezieht, auch, wenn der dingliche Arrest der Rückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 StPO dient (OLG Stuttgart 22.4.14, 1 Ws 212/13, Abruf-Nr. 143045).

     

    Sachverhalt

    Die Staatsanwaltschaft S hat gemäß § 111b Abs. 2 und Abs. 5, § 111d, § 111e Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 73 Abs. 3, Abs. 2 S. 1 und Abs. 1 S. 2, § 73a StGB wegen Gefahr im Verzug zur Sicherung des staatlichen Anspruchs auf Verfall von Wertersatz und zur Sicherung der zivilrechtlichen Ansprüche der Verletzten je einen dinglichen Arrest in Höhe von 1.600.000 EUR in das Vermögen des Angeschuldigten und das der Arrestbeteiligten zu 1. und 2. angeordnet. Auf Grundlage der Arreste wurden von S Pfändungsmaßnahmen in die Konten der Arrestbeteiligten zu 1. bei der Kreissparkasse (Guthaben ca. 340.000 EUR) und bei der Volksbank (Guthaben ca. 40.000 EUR) ausgebracht. Der frühere Verteidiger des Angeschuldigten und die Verfahrensbevollmächtigten der Arrestbeteiligten waren in den Verfahren tätig und beantragten erfolgreich die Festsetzung des Gegenstandswerts (anwaltliche Tätigkeit), § 33 RVG.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach dem OLG fällt auch für Anwaltstätigkeiten im Hinblick auf die Rückgewinnungshilfe die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG an. Sie erfasst Tätigkeiten zur Sicherung der künftigen Einziehung oder des künftigen Verfalls. Hinsichtlich der diesen Zwecken dienenden Beschlagnahme (§ 111b Abs. 1, § 111c, § 111f Abs. 1 und 2 StPO) ergibt sich dies aus der Formulierung „oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme“.

     

    Ist die Tätigkeit des Anwalts gegen eine vorläufige Maßnahme der Sicherung des Verfalls von Wertersatz (§§ 73, 73a StGB) gerichtet, kann nichts anderes gelten. Zwar wird der Verfall von Wertersatz nicht durch Beschlagnahme gemäß § 111c StPO gesichert, sondern durch die Anordnung des dinglichen Arrests (§ 111b Abs. 2, § 111d Abs. 1 StPO) und darauf gestützte Vollziehungsmaßnahmen, insbesondere Pfändungen (§ 111d Abs. 2 StPO in Verbindung mit §§ 928, 930 bis 932 ZPO, § 111f Abs. 3 StPO). Allerdings bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber den dinglichen Arrest in Nr. 4142 VV RVG bewusst ausgenommen hat.

     

    Einer Einbeziehung steht der Wortlaut von Nr. 4142 VV RVG nicht ausdrücklich entgegen, weil über den Verweis auf § 442 Abs. 2 StPO Tätigkeiten des Anwalts, die gegen die endgültige Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73 Abs. 3, § 73a StGB) gerichtet sind, eindeutig erfasst werden.

     

     

    Dem Passus „oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme“ liegt die gesetzgeberische Vorstellung zugrunde, dass auch Anwaltstätigkeiten im Zusammenhang mit vorläufigen Maßnahmen zur Sicherung der Einziehung oder gleichstehender Rechtsfolgen (§ 442 Abs. 1, 2 StPO) erfasst sein sollen.

     

    Praxishinweis

    In der Entscheidung des OLG kann „viel Geld stecken“, da es sich bei der Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG um eine Wertgebühr handelt, sie also vom Gegenstandswert abhängig ist. Anders als das OLG Stuttgart hat die Frage allerdings die bislang h.M. in der Rechtsprechung gesehen (KG Berlin RVG prof. 08, 173; OLG Hamm 17.2.09, 2 Ws 378/08; OLG Köln StraFo 07, 131). Das ist unter anderem damit begründet worden, ein Arrest diene lediglich der vorläufigen Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche und falle daher nicht unter die in Nr. 4142 VV RVG aufgeführten Tätigkeiten (OLG Hamm, a.a.O.; differenzierend Burhoff/Burhoff, RVG, 4. Aufl., Nr. 4142 VV RVG Rn. 6; aber zum Teil wie das OLG Stuttgart: OLG Hamm AGS 08, 341; 17.1.08, 3 Ws 560/07, 592/07, Abruf-Nr. 081933; OLG München wistra 10, 456).

     

    FAZIT | Der verteidigende Rechtsanwalt sollte sich in vergleichbaren Fällen auf die schön begründete Entscheidung des OLG Stuttgart berufen und die Gebühr Nr. 4142 VV RVG geltend machen. Der Gegenstandswert ist mit einem Drittel des zu sichernden Hauptanspruchs anzusetzen (OLG Stuttgart unter Hinweis auf OLG Hamm AGS 08, 175; 08, 341 ; OLG München AGS 10, 543).

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • RVG prof. 09, 108: Diese Entscheidungen müssen Sie kennen, Gebühren für Rückgewinnungshilfe, KG Berlin 15.4.08, 1 Ws 309/07, Abruf-Nr. 082878 
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 188 | ID 42811941