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  • 29.01.2009 | Streitwert

    Streitwertberechnung in Mietsachen

    von Bürovorsteher Detlev Schönemann, Würzburg

    Bei der Bestimmung des Streitwerts in Mietsachen gelten einige Besonderheiten. Die folgende Checkliste informiert Sie darüber.  

     

    Checkliste: Streitwertberechnung in Mietsachen
    • Ausgangslage der Streitwertermittlung: Die Bestimmung des Gegenstandswerts in mietrechtlichen Angelegenheiten erfolgt gemäß § 23 RVG nach § 41 GKG. Soweit sich aus dem GKG keine Regelungen ergeben, ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG ergänzend die KostO heranzuziehen. Ergibt sich der Gegenstandswert auch daraus nicht und steht er auch sonst nicht fest, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000 EUR, nach Lage des Falls niedriger oder höher, nicht jedoch über 500.000 EUR anzunehmen, § 23 Abs. 3 RVG.

     

    • Streitwert für Staffelmiete: Hinsichtlich einer Staffelmiete war streitig, wie der Gegenstandswert zu ermitteln sei. Teilweise wurde die Ansicht vertreten, dass aus allen Staffeln ein Durchschnittswert zu bilden sei. Nach anderer Ansicht sei die höchste Staffel maßgeblich. Hier hat der BGH ebenfalls Klarheit geschaffen und festgelegt, dass die jeweils höchste Staffel die Grundlage für die Berechnung des Gebührenstreitwerts bildet (AGS 06, 143).

     

    Beispiel: Die Parteien hatten zum 1.7.07 einen 5-Jahres-Mietvertrag abgeschlossen. Vereinbart war ein monatlicher Mietzins von 800 EUR, der sich jeweils zum 1.7. des Folgejahres um 100 EUR erhöhen sollte. Im Mai 08 hat der Vermieter das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Gleichzeitig wurde die Räumungsklage eingereicht.

     

    Lösung: Die höchste Staffelmiete hätte ab dem 1.7.11 monatlich 1.200 EUR betragen, sodass als Streitwert für die Räumungsklage 12 x 1.200 EUR = 14.400 EUR in Betracht kommt.

     

    Abwandlung: Ist dagegen im Beispiel ein unbefristetes Mietverhältnis vereinbart worden, lässt sich die genaue streitige Zeit nicht bestimmen. In diesem Fall ist nach § 9 ZPO ein Zeitraum von 3 1/2 Jahren anzunehmen, der zum 31.12.10 enden würde (so zur Rechtsmittelbeschwer BGH AGS 03, 489). Zu berücksichtigen ist somit der Wert der letzten 12 in den 3 1/2 Jahreszeitraum hineinfallenden Mietzinsen, somit Miete für Januar bis Juni 2010 = 6 x 1.000 EUR = 6.000 EUR und Miete für Juli bis Dezember 2010 = 6 x 1.100 EUR = 6.600 EUR, zusammen 12.600 EUR.

     

    • Streitwert für Kündigung und Räumungsverlangen: Gemäß § 41 Abs. 2 GKG errechnet sich der Streitwert für die Kündigung und das Räumungsverlangen eines Wohnraums nach dem einjährigen Mietzins. Bis zur Entscheidung des BGH vom 14.3.07 (NJW 07, 2050) war die Berechnung der Anwaltsgebühren umstritten. Teilweise wurde vertreten, dass der Gegenstandswert für den Ausspruch einer Kündigung allein nach den Vorschriften der KostO zu bemessen sei, mithin gemäß § 25 Abs. 1 KostO nach dem dreijährigen Betrag der Nettomiete. Der Streitwert für das Räumungsverlangen sollte sich nach § 41 Abs. 2 GKG richten, da die außergerichtliche Kündigung ein anderes Rechtsschutzziel verfolge als das Herausgabeverlangen (OLG Köln AGS 04, 17; Enders, JurBüro 89, 529). Der BGH hat nun klargestellt, dass der Ausspruch der Kündigung und die Räumungsklage denselben Gegenstand betreffen, sodass keine verschiedene Gebührenberechnungen mehr in Betracht kommen. Damit wird auch nicht mehr unterschieden, ob ein Mietvertrag von bestimmter oder unbestimmter Dauer vorlag.

     

    • Streitwert für außerordentliche fristlose Kündigung: Der Streitwert einer außerordentlichen fristlosen Kündigung richtet sich nach § 41 Abs. 2 GKG. Auszugehen ist vom Jahresbetrag der Nettomiete. Etwas anderes gilt, wenn der auf die streitige Zeit entfallende Betrag geringer ist. Gerade bei der fristlosen Kündigung kann die streitige Zeit erheblich geringer sein, als bei Berücksichtigung von Kündigungsfristen, sofern keine Räumungsfrist gewährt wurde. Es ist danach zu differenzieren, ob der Beklagte die Beendigung des Mietverhältnisses bestreitet oder ob die streitige Zeit nur die hypothetische Kündigung betrifft. Dies ist z.B. die Zeit zwischen dem Zugang der fristlosen Kündigung und dem Ende des Mietverhältnisses entsprechend einer hypothetischen ordentlichen Kündigung. Der jeweilige Zeitraum ist für die Bestimmung der streitigen Zeit und somit für die Ermittlung des Streitwerts maßgebend (LG Rostock ZMR 02, 922).

     

    • Streitwert für Zustimmung zur Erhöhung des Wohnraummietzinses: Wird die Zustimmung zur Erhöhung des Wohnraummietzinses verlangt, kann dies nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein, da die Zustimmung gerade ein ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen voraussetzt. Der Gegenstandswert richtet sich somit gemäß § 23 Abs. 3 RVG nach § 25 KostO. Bei Miet- oder Pachtrechten von unbestimmter Vertragsdauer ist somit der Wert dreier Jahre maßgebend. Erst wenn ein ordnungsgemäßes Zustimmungsverlangen ausgesprochen wurde, kann der Zustimmungsanspruch gerichtlich geltend gemacht werden. Für diese Klage richtet sich der Streitwert nach § 41 Abs. 5 GKG, wonach der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete maßgebend ist. Gleiches gilt bei der Geltendmachung von Mietminderung. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist der entsprechend niedrigere Betrag maßgebend.

     

    • Streitwert für Mieterhöhungsverlangen für Gewerberaum: Der Gegenstandswert bemisst sich dabei für das außergerichtliche Begehren ebenfalls gemäß § 23 Abs. 3 RVG nach § 25 KostO. Klagt der Vermieter sodann auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete, richtet sich der Streitwert nach §§ 3, 9 ZPO, sodass der 3 1/2 fache Jahresbetrag maßgebend ist. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Erhöhung auf veränderten Indexwerten oder auf einer Änderungskündigung beruht. Da § 41 Abs. 5 GKG sich nur auf Wohnraummiete bezieht und eine Sonderregelung für Gewerberaummiete im GKG nicht vorgesehen ist, kann nur auf die Wertbestimmungen der ZPO zurückgegriffen werden.

     

    • Streitwert für Klagen auf zukünftige Zahlungen: Diese kommen in Betracht, wenn der Mietzins nicht oder nicht pünktlich gezahlt wird und sich damit die Besorgnis der nicht oder nicht rechtzeitigen Erfüllung ergibt, §§ 257, 259 ZPO (BGH NJW 03, 1395). Da es hierbei nicht um die Frage geht, ob das Bestehen oder die Dauer eines Mietverhältnisses streitig ist, greifen § 41 Abs. 1 u. Abs. 2 GKG nicht. Maßgebend ist vielmehr § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, wonach auf die Streitwertvorschriften der ZPO für den Zuständigkeitsstreitwert verwiesen wird, sodass gemäß § 9 ZPO vom 3 1/2 fachen Jahreswert auszugehen ist, soweit nicht der streitige Zeitraum geringer ist.

     

    Bei einem auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrag oder einem solchen, der eine Dauer von mehr als 3 1/2 Jahren hat, ist vom 3 1/2 fachen Jahreswert auszugehen.

     

    Werden mit der Klage auf zukünftige Leistung auch bereits fällige Mietzinsen geltend gemacht, sind diese fälligen Beträge gemäß § 42 Abs. 5 GKG dem Streitwert hinzuzurechnen (BGH Jur Büro 04, 378).

     

    Beispiel: Der Mieter zahlt seit Oktober 07 keine Miete mehr, da er der Ansicht ist, dass das Mietverhältnis aufgrund einer von ihm ausgesprochenen Kündigung mit dem 30.9.07 beendet sei. Der Vermieter dagegen geht davon aus, dass das Mietverhältnis noch bis zum 31.12.12 fortbesteht und klagt im Januar 08 auf künftige Leistung bis zum 31.12.12. Der monatliche Mietzins beträgt fortlaufend 500 EUR.

     

    Lösung: Der Streitwert für die Klage auf zukünftige Leistung richtet sich nach § 9 ZPO, mithin auf den 3 1/2 fachen Jahreswert, somit 42 Monate à 500 EUR = 21.000 EUR. Hinzuzurechnen sind die bei Klageeinreichung bereits fällig gewesenen Mietzinsen für die Monate Oktober bis Dezember 07
    somit 3 Monate à 500,00 EUR = 1.500 EUR, insgesamt 22.500 EUR.

     

    • Streitwert bei Klagehäufung: Werden die Ansprüche und Rechte auf Räumung und Zahlung geltend gemacht, ist zunächst von § 9 ZPO auszugehen, jedoch mit der Einschränkung, dass i.d.R. keine 3 1/2 Jahre vom Zeitpunkt der Einreichung der Räumungsklage bis zu dem der Räumung und damit dem Wegfall des Anspruchs auf die Nutzungsentschädigung vergehen. Die Rechtsprechung geht hier von einem Zeitraum von 6 bis 12 Monaten aus
    • 12 Monate (LG Dessau AGS 06, 514),
    • 7 Monate (OLG Düsseldorf AGS 07, 46),
    • 6 Monate, wenn bereits ein Räumungstitel vorliegt (LG Nürnberg-Fürth AGS 06, 32).

     

    Wenn bei Klageeinreichung neben den zukünftigen Nutzungsentschädigungen auch bereits fällige Mieten oder Nutzungsentschädigungen geltend gemacht werden, ist in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 5 GKG der Wert der fälligen Beträge hinzuzurechnen.

     

    Beispiel: Der Vermieter klagt nach vorangegangener vorgerichtlicher Kündigung auf Räumung sowie gleichzeitig auf Zahlung fälliger Mieten in Höhe von 1.500 EUR sowie auf künftige Nutzungsentschädigung bis zur Räumung. Der monatliche Mietzins belief sich auf 500 EUR sowie eine Nebenkostenpauschale von 65 EUR.

     

    Lösung: Die Werte der Klageanträge sind einzeln zu ermitteln und sodann gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen:

     

    Der Streitwert für die Räumungsklage richtet sich nach § 41 Abs. 2 S. 1 GKG. Maßgebend ist damit der Wert des einjährigen Entgelts. Die vereinbarte Nebenkostenpauschale i.H.v. 65 EUR ist gemäß § 41 Abs. 2 S. 2 GKG mit zu berücksichtigen, wenn diese nicht gesondert abgerechnet wird, wovon in diesem Beispiel ausgegangen wird. Der Streitwert für die Räumungsklage errechnet sich daher wie folgt: 565 EUR x 12 = 6.780 EUR. Hinzu kommt der Streitwert für die bereits fälligen Mietzinsen, der mit 1.500 EUR anzusetzen ist, da § 41 Abs. 1 S. 2 GKG bei Zahlungsklagen nicht anzuwenden ist. Ferner kommt hinzu der Streitwert für die zukünftige Nutzungsentschädigung inklusive der vereinbarten Nebenkostenpauschale. Dieser ist weder nach § 41 Abs. 1 S. 2 GKG noch nach § 9 ZPO zu ermitteln, sondern nach § 3 ZPO, da vor Ablauf des 3 1/2 jährigen Zeitraums mit einer Räumung zu rechnen ist. Es soll hier von 7 Monaten ausgegangen werden (OLG Düsseldorf AGS 07, 46), also 565 EUR x 7 = 3.955 EUR, insgesamt 12.235 EUR (6.780 EUR + 1.500 EUR + 3.955 EUR = 12.235 EUR). Das Erfordernis der Werteaddition ergibt sich aus § 39 GKG i.V.m. § 42 Abs. 5 RVG.
     

     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2009 | Seite 27 | ID 124147