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  • 31.08.2009 | FamGKG

    Streitwerte isolierter Kindschaftssachen

    von Dipl.Rpfl.in (FH) Karin Scheungrab, Leipzig

    Im vorangegangenen Beitrag wurden die ab 1.9.09 neuen Streitwerte der Kindschaftssachen im Verbund dargestellt (RVGprof. 09, 134). Dieser Beitrag wendet sich den übrigen Kindschaftssachen zu.  

     

    Kindschaftssachen sind in § 151 FamFG definiert. Die Bewertung ist nach §§ 44 f. FamGKG vorzunehmen. § 44 FamGKG greift für Kindschaftssachen im Verbund. §§ 45 und 46 FamGKG gelten außerhalb des Verbundes. Jedoch können die Vorschriften nicht getrennt voneinander betrachtet werden. § 45 FamGKG ist gemäß der amtlichen Überschrift lediglich für bestimmte Kindschaftssachen anzuwenden; § 46 FamGKG für die Übrigen.  

     

    Kindschaftssachen außerhalb des Verbundes - Isolierte Verfahren

    § 45 FamGKG greift bei einer Regelung über  

     

    • die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge bzw. eines Teils der elterlichen Sorge,
    • das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft oder
    • die Kindsherausgabe.

     

    Der Verfahrenswert beträgt 3.000 EUR. Dies gilt jedoch nur, soweit diese Verfahren nicht im Verbund mit der Ehesache geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 44 FamGKG.  

     

    § 45 Abs. 2 FamGKG stellt - leider - klar, dass auch, wenn die Sache mehrere Kinder betrifft, der Wert mit 3.000 EUR angesetzt wird.  

     

    Sowohl im FamFG als auch im FamGKG hat das Gericht einen sehr großen Ermessensspielraum bei der Kostengrundentscheidung und bei der Bemessung des Verfahrenswerts. Ist also der Regelwert des § 45 Abs. 1 FamGKG nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig, kann gemäß § 45 Abs. 3 FamGKG ein höherer aber auch niedrigerer Wert festgesetzt werden.  

     

    Praxishinweis: Ist die Regelung z.B. des Umgangsrechts aus bestimmten Gründen aufwändiger als üblich, etwa weil die Elternteile nach der Scheidung in verschiedenen Ländern wohnen, oder eine sachliche Kommunikation nicht mehr machbar ist, sollte ein Antrag auf Erhöhung des Gegenstandswerts gestellt werden. Gleiches gilt z.B. bei der Übertragung der Vermögenssorge auf ein Elternteil wenn das zu verwaltende Vermögen sehr hoch ist. Denkbar wäre auch die Regelung der Personensorge für ein schwer körperlich und geistig behindertes Kind.  

     

    Vergleich alte und neue Rechtslage

    Die Neuregelung des § 45 FamGKG bringt also keine grundlegende Änderung. Nicht unbeachtet bleiben sollte jedoch die Möglichkeit der individuellen Regelung des Werts bei erhöhtem oder geringem Aufwand.  

     

    Beispiel: Streitwert für mehrere isolierte Kindschaftssachen

    Nach Durchführung der Scheidung von F und M sollen noch das Umgangsrecht und die elterliche Sorge für die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder geregelt werden. Rechtsanwalt R vertritt F im Verfahren und nimmt den Termin wahr. Nach welchem Streitwert berechnen sich die Anwaltsgebühren?  

     

    Kindschaftssache  

    Umgangsrecht:  

    3.000 EUR  

    Elterliche Sorge:  

    3.000 EUR  

     

    Lösung: Da beide Kindschaftssachen in einem Verfahren geregelt werden, ist ein Gesamtwert von 6.000 EUR zu bilden. Eine Erhöhung, weil das Umgangsrecht und die elterliche Sorge für zwei Kinder zu regeln waren, findet nicht statt.  

     

     

    Abwandlung

    Nach der Scheidung muss das Umgangsrecht neu geregelt werden. Da keine außergerichtliche Einigung erreicht wird, wird die Kindschaftssache gerichtlich geltend gemacht. Einige Monate nach Abschluss des Verfahrens beantragt F die Übertragung der elterlichen Sorge für beide Kinder auf sich. Nach mehreren Terminen entscheidet das Gericht jeweils per Beschluss. Wie berechnet sich der Streitwert für R, der F in beiden Verfahren vertritt?  

     

    Lösung: Die beiden Verfahren sind getrennt abzurechnen und jeweils mit dem Gegenstandswert von 3000 EUR zu bewerten.  

     

    Übrige Kindschaftssachen

    Sind andere Bereiche einer Kindschaftssache zu regeln, die weder unter § 44 FamFG noch unter § 45 FamGKG fallen - also die „klassischen“ Kindschaftssachen - , findet § 46 FamGKG Anwendung. § 46 FamGKG verweist auf folgende Regelungen der Kostenordnung: § 18 Abs. 3, §§ 19-25, § 39 Abs. 2 und § 46 Abs. 4. Diese gelten beispielsweise für vermögensrechtliche Angelegenheiten, wie z.B. Vormundschaftssache, wobei das Vermögen des Pfleglings in Streit steht.  

     

    Ist eine Pflegschaft für einzelne Rechtshandlungen zu bewerten, bestimmt sich der Wert nach der jeweiligen Rechtshandlung, § 46 Abs. 2 FamGKG. Wird die Pflegschaft für eine gegenwärtige oder künftige Mitberechtigung bestellt, ermäßigt sich der Wert auf den Bruchteil, der dem Anteil der Mitberechtigung entspricht. Bei Gesamthandsverhältnissen ist der Anteil hieran maßgeblich.  

     

    Der Wert beträgt jeweils maximal 1 Million EUR, § 46 Abs. 3 FamGKG.  

     

    Beispiel: Streitwert für übrige Kindschaftssachen

    M und F kaufen für sich und das gemeinsame Kind K ein Grundstück. Da alle zu gleichen Anteilen Eigentümer werden sollen, sind die Eltern von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen. Ein Ergänzungspfleger wird bestellt. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 200.000 EUR, verkauft wird das Grundstück für 150.000 EUR. Wie berechnet sich der Streitwert?  

     

    Lösung: § 46 Abs. 2 FamGKG i.V.m. § 20 KostO ist anzuwenden: Maßgeblich ist der Anteil des Kindes von 50.000 EUR.  

     

     

    Quelle: Ausgabe 09 / 2009 | Seite 159 | ID 129631