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  • 01.08.2005 | Der praktische Fall

    Bemessung des Streitwerts bei dinglichem Wohnrecht

    von RA Gudrun Möller, Nordkirchen

    Bei Räumungsprozessen kommt es darauf an, ob ein Miet-, Pachtverhältnis oder gar ein dingliches Wohnrecht gem. § 1093 BGB vorliegt. Das folgende Beispiel zeigt, wie im letzten Fall der Streitwert richtig ermittelt wird.  

     

    Der praktische Fall: AG Lahr 21.7.04, 2 C 260/03, n.v., Abruf-Nr. 051764

    Der Kläger K begehrt von der Beklagten B die Herausgabe eines im Anbau seines Hausanwesen befindlichen Raumes. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sich ein der Beklagten zustehendes dingliches Wohnrecht auf den streitgegenständlichen Raum erstreckt. Wie wird der Streitwert für diesen Räumungsprozess richtig bemessen?  

     

    Lösung: Das Gericht bemisst den Streitwert nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO). Es liegt weder eine Grunddienstbarkeit noch ein Miet- bzw. Pachtverhältnis vor, so dass weder § 9 ZPO noch § 16 GKG direkt anwendbar sind. Das streitige Wohnrecht nach § 1093 BGB ist weder ein Recht auf wiederkehrende Nutzung noch ein dem Miet- bzw. Pachtverhältnis ähnliches Nutzungsverhältnis. In der Rechtsprechung wird im Rahmen der nach § 3 ZPO vorzunehmenden Schätzung auf folgende Vorschriften zurückgegriffen:  

     

     

    Praxishinweis: Bei der Frage, ob bei der Bemessung die Rechtsgedanken der §§ 16 GKG, 9 ZPO oder 24 KostO berücksichtigt werden können, hat das Gericht darauf abgestellt, dass sich das Interesse des Klägers aus dem Nutzungswert des streitgegenständlichen Raums ergibt. In diesem Fall wollte der Kläger für sich die künftige, unbeschränkte Nutzungsmöglichkeit des streitgegenständlichen Raumes herbeiführen. Dessen Nutzung war ihm jedoch als Bestandteil des Wohnrechts für die Dauer des Witwenstands der Beklagten unmöglich. Das Wohnrecht sollte erst mit dem Tod der Beklagten enden. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Kläger von der Nutzung der Räumlichkeit ausgeschlossen.  

     

    Das AG Lahr hat daher in diesem Fall auf die mutmaßliche Dauer des Wohnrechts und darauf abgestellt, welche Mieteinnahmen der Kläger im Fall der Herausgabe hätte erzielen können. Bei dieser Interessenlage erschien dem Gericht die Anlehnung an § 24 KostO als die zutreffende Bewertungsmöglichkeit. Nach § 24 KostO ist bei der Bewertung eines Rechts, das auf die Lebensdauer einer Person beschränkt ist, bei einem Alter der Beklagten zwischen 65 und 75 Jahren der 7,5-fache Betrag der einjährigen Leistung zu Grunde zu legen. Neuerdings wird nach § 24 Abs. 3 KostO der Geschäftswert bei Verwandten und Verschwägerten auf das Fünffache des einjährigen Betrages beschränkt. Unstreitig betrug der monatliche Nutzungswert des Raumes 180 EUR, der Jahreswert betrug 2.160 EUR und der fünffache Betrag 10.800 EUR.  

    (Beschluss eingereicht von RA Edgar Grußeck, Kenzingen)
     

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2005 | Seite 141 | ID 91920