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  • Außergerichtliche Angelegenheiten

    Streitwertermittlung für den Entwurf eines Mietvertrags

    Mit zunehmender Tendenz nehmen Mandanten heute frühzeitig – das heißt hier außergerichtlich – anwaltliche Hilfe in Anspruch. Dies entspricht einmal dem Willen des Gesetzgebers, die Gerichte zu entlasten. Zum anderen kommt es der Intention der Anwaltschaft entgegen, in außergerichtlichen Angelegenheiten an andere Berufsgruppen verlorene Geschäftsfelder zurückzugewinnen. Bei einer Tätigkeit des Anwalts im außergerichtlichen Bereich bereitet die Streitwertbestimmung oft Schwierigkeiten. Gerade hier wird die Notwendigkeit einer richtigen Streitwertbestimmung oftmals verkannt, was sich im Gebührenaufkommen nachteilig niederschlägt. Deshalb muß der Rechtsanwalt auf fundierte Kenntnisse des Kostenrechts zurückgreifen, um letztendlich durch eine korrekte Wertermittlung exakt und wirtschaftlich günstig abzurechnen. Der folgende Beitrag erläutert dies am Beispiel des Entwurfs eines Miet- oder Pachtvertrags.

    Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit kann kein Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein

    Kann der Gegenstand der außergerichtlichen Anwaltstätigkeit nicht auch den Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bilden, so scheidet eine Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGO und damit der Wertvorschriften für Gerichtskosten nach §§ 12 ff. GKG, §§ 3 ff. ZPO aus (vergleiche ausführlich: Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Auflage, Streitwert Nr. 1.2). Hier ist § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO anzuwenden. Danach gelten für den Gegenstandswert in anderen Angelegenheiten die Vorschriften der KostO, soweit sich aus der BRAGO nichts anderes ergibt:

    § 18 Abs. 2 KostO

    Grundsätze für den Geschäftswert

    § 19 KostO

    Bewertung von Sachen und von Grundbesitz

    § 20 KostO

    Wert bei Kauf; Vorkaufs- und Wiederkaufsrecht

    § 21 KostO

    Erbbaurecht; Wohnungseigentum

    § 22 KostO

    Grunddienstbarkeit

    § 23 KostO

    Pfandrecht und sonstige Sicherungen; Rangänderung

    § 24 KostO

    Wiederkehrende Leistungen und Nutzungen

    § 25 KostO

    Miet- und Pachtvertrag; Dienstvertrag

    § 39 Abs. 2 KostO

    Austauschverträge

    Für den Entwurf eines Mietvertrags gilt beispielsweise § 25 KostO. Hier kommt es darauf an, ob das Mietverhältnis unbefristet der befristet eingegangen werden soll. Hierzu folgende Beispiele:

    Beispiel 1: Unbefristeter Mietvertrag

    Rechtsanwalt R. wird im April 1998 von seinem Mandant A. beauftragt, einen unbefristeten Mietvertrag zu entwerfen. Der monatliche Mietzins soll 1.000 DM betragen. Zusätzlich soll der Mieter eine Kaution von 3.000 DM hinterlegen.

    Lösung:

    Da der Entwurf eines Miet- bzw. Pachtvertrags nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein kann, ist der Wert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 KostO zu berechnen. Hiernach bestimmt sich der Wert bei Miet- und Pachtrechten von unbestimmter Dauer nach dem Wert von drei Jahren. Dabei sind gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 KostO die Werte aller Leistungen des Mieters während der gesamten Vertragszeit maßgebend. Somit errechnet sich der Wert hier wie folgt:

    Mietzins: 1.000 DM x 12 x 3                                         = 36.000 DM
    zzgl. Kaution:                                                                     3.000 DM
    Gesamtwert                                                                     39.000 DM
    Es ergibt sich folgende Kostenrechnung:
    7,5/10-Geschäftsgebühr                                                                       948,80 DM
    Auslagenpauschale                                                                                 40,00 DM
    16 % Umsatzsteuer                                                                              158,21 DM
    Summe                                                                                              1.147,01 DM

    Hinweis: Falsch wäre hier die folgende Berechnung:
    Gegenstandswert nach § 16 GKG: 1.000 DM x 12 = 12.000 DM
    7,5/10-Geschäftsgebühr                                                                       446,30 DM
    Auslagenpauschale                                                                                 40,00 DM
    16 % Umsatzsteuer                                                                                77,81 DM
    Summe                                                                                                 564,11 DM

    Fazit: Die falsche Wertermittlung hätte zur Folge, daß der Anwalt 50 Prozent seiner Gebühren verschenkt.

    Beispiel 2: Befristeter Mietvertrag

    Rechtsanwalt R. wird im April 1998 von seinem Mandanten A. beauftragt, einen befristeten Mietvertrag zu entwerfen. Der Vertrag soll längstens für 30 Jahre geschlossen werden. Der monatliche Mietzins beträgt 1.000 DM, die Kaution 3.000 DM.

    Lösung:
    Bei Miet- oder Pachtverträgen mit bestimmter Vertragsdauer bemißt sich der Wert gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 KostO nach dem Gesamtbetrag der Leistungen des Mieters
    oder Pächters während der gesamten Vertragszeit. Höchstgrenze ist der 25fache Jahresbetrag. Es gilt:

    1.000 DM x 12 x 25 =                                                  300.000 DM
    zzgl. Kaution =                                                                3.000 DM
    Gegenstandswert =                                                    303.000 DM
    Die Gebührenberechnung hieraus ergibt:
    7,5/10-Geschäftsgebühr                                                                                  2.433,80 DM
    Auslagenpauschale                                                                                               40,00 DM
    16 % Umsatzsteuer                                                                                             395,81 DM
    Summe                                                                                                             2.869,61 DM

    Hinweis: Bei einer falschen Wertermittlung nach § 16 GKG würde der Gegenstandswert (1.000 DM x 12 =) 12.000 DM betragen. Hiernach entstünden anwaltliche Gebühren wie oben in Höhe von 564,11 DM. Bei richtiger Wertermittlung beträgt der Gebührenumsatz also mehr als500 Prozent.

    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 04/1998, Seite 7

    Quelle: Ausgabe 04 / 1998 | Seite 7 | ID 106113