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  • · Fachbeitrag · Vermögensabschöpfung

    Beschlagnahme in „nicht inkriminiertes“ Vermögen beim Drittbeteiligten im Verschiebefall

    von RD David Roth, LL.M. oec., Stv. Leiter des Staatl. Rechnungsprüfungsamts Köln

    | Überträgt ein Täter legal erworbenes Vermögen ohne rechtlichen Grund an einen Dritten, allein um Vermögensabschöpfungsmaßnahmen gegen sich selbst zu vereiteln, können nach Ansicht des OLG Düsseldorf auch Beschlagnahmen beim Drittbeteiligten in das verschobene Vermögen zulässig sein. |

     

    Sachverhalt

    Nachdem der Angeklagte wegen diverser Eigentums- und Vermögensdelikte in U-Haft genommen worden war, übertrug er ‒ nach vorläufiger Freilassung ‒ mit notariellem Vertrag seinen hälftigen Miteigentumsanteil am Wohnhaus an seine Ehefrau. Die Immobilie war vor rund zehn Jahren noch mit legalen Mitteln erworben worden. Neben einem Vermögensarrest in das Vermögen des Angeklagten beantragte die StA vor dem LG, auch gegen die Ehefrau (als Drittbeteiligte) einen Vermögensarrest anzuordnen. Dies hat das LG abgelehnt. Mit der Beschwerde vor dem OLG verfolgt die StA ihr Begehren erfolgreich weiter.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG gibt der StA recht und hat eine Beschlagnahme in das ‒ an die Drittbeteiligte übertragene ‒ legale Vermögen angeordnet, § 111b Abs. 1 StPO, § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2a, Abs. 2 StGB (OLG Düsseldorf 28.11.19, III-1 Ws 233-237/19, Abruf-Nr. 214278).

     

    Zwar lagen die Voraussetzungen einer Einziehung von Wertersatz mittels Vermögensarrest nach § 73b Abs. 1, 2, § 73c StGB bei der Ehefrau nicht vor, da ihr nicht Teile der Tatbeute bzw. dahin gehender Wertersatz (des Erlangten), sondern ein ‒ bereits Jahre vor dem Tatgeschehen ‒ legal erworbener Gegenstand übertragen worden war. Allerdings sprachen nach Ansicht des OLG dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen einer Einziehung nach § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2a, Abs. 2 StGB wegen rechtgrundloser Übertragung vorlagen. Mit dem Miteigentumsanteil habe die Drittbeteiligte einen Gegenstand erhalten, der „dem Wert des Erlangten entspricht“, § 73b Abs. 2 StGB.

     

    Die Einziehung des erworbenen Gegenstands scheide nicht deshalb aus, weil dieser zur Zeit der Übertragung weder der Tatbeute noch dem durch die Taten unmittelbar begünstigten Vermögen des Angeklagten zuzuordnen war. § 73b Abs. 2 StGB solle einer Vereitelung der Wertersatzeinziehung gem. § 73c StGB beim Täter vorbeugen und unterstellt zu diesem Zweck ausdrücklich auch die Übertragung v„nicht inkriminierten“ Vermögens der strafrechtlichen Abschöpfung, sofern sie unter den Voraussetzungen des § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2a StGB erfolgt („Verschiebungsfall“). Eine solche Einziehungsmöglichkeit beim Dritten sei notwendig, um zu verhindern, dass der Täter die ihm selbst drohenden Einziehungsmaßnahmen nach § 73 Abs. 1 oder § 73c StGB durch Vermögensübertragungen vereiteln kann.

     

    Aus der konkreten Ausgestaltung des notariellen Vertrags leitet das OLG hier deutliche Anzeichen dafür ab, dass es den Vertragsparteien in Wahrheit allein um eine bloße Vermögensverschiebung unter Vortäuschung einer Gegenleistung ging, mithin eine Übertragung „ohne Rechtsgrund“ vorlag. Durch das Ehepaar sei ausschließlich eine Vereitelung des staatlichen Zugriffs beabsichtigt gewesen.

     

    Eines zusätzlichen „Bereicherungszusammenhangs“ zwischen Tat und Vorteilseintritt beim Dritten, wie er nach der Rechtsprechung des BGH zu § 73 Abs. 3 StGB a. F. erforderlich war, bedarf es aus Sicht des OLG Düsseldorf nicht mehr (Korte, NZWiSt 18, 231, 234; Beckemper, ZJS 20, 17, 21; Köhler/Burkhard, NStZ 17, 665, 667; a. A. OLG Celle, StraFo 18, 206). Damit können Einziehungsmaßnahmen auch in zuvor legal erworbenes Vermögen angeordnet werden, das der Täter „ohne rechtlichen Grund“ an Dritte überträgt, nur um Vermögensabschöpfungsmaßnahmen gegen sich selbst zu vereiteln.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Ansicht des OLG Düsseldorf steht in Widerspruch zur Entscheidung des OLG Celle (2.3.18, 1 Ws 19/18, StraFo 18, 206; kritisch auch BGH 31.7.19, 2 StR 167/19, wistra 20, 27). Letzteres lehnt Vermögensabschöpfungsmaßnahmen in legal erworbenes Vermögen wegen fehlenden Bereicherungszusammenhangs mit der Tat grundsätzlich ab.

     

    Falls Strafverfolgungsbehörden unter Berufung auf das OLG Düsseldorf daher entsprechende Vermögensabschöpfungsmaßnahmen in „nicht inkriminiertes“ Vermögen vornehmen, kann der Berater diesen mit Hinweis auf das OLG Celle entgegentreten.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wegner, Schneeballsystem: Einziehung von Taterträgen bei Dritten nach Vermögensverschiebungen, PStR 19, 43
    Quelle: Ausgabe 06 / 2020 | Seite 126 | ID 46371528

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