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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Schadensersatz und Verjährung wegen rechtswidrigen Steuerbescheids

    von RA Dr. Philipp Gehrmann, Krause Lammer Wattenberg, Berlin

    Beantragt der Steuerpflichtige nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerbescheids, hat dies für einen auf die Rechtswidrigkeit dieses Bescheids gestützten Schadensersatzanspruch in jeweils entsprechender Anwendung von § 209 Abs. 1 BGB a.F. verjährungsunterbrechende beziehungsweise von § 204 Abs. 1 BGB n.F. verjährungshemmende Wirkung (BGH 12.5.11, III ZR 59/10, Abruf-Nr. 112178).

    Sachverhalt

    Die Klägerin begehrt vom Land Schadensersatz wegen rechtswidriger Versagung der Anerkennung ihrer umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft in der Aufbauphase. Auf Grundlage einer USt-Sonderprüfung erließ das FA - jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende - Bescheide für die Jahre 1992 bis 1995. Die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche wies das FA zurück. 1999 beantragte die Klägerin eine Änderung der USt-Bescheide. Diese wies das FA zunächst ab, aber das BMF bejahte nach Einspruch die Unternehmereigenschaft. Daraufhin änderte das FA die Bescheide für die von der Festsetzungsverjährung noch nicht betroffenen Jahre 1994 und 1995. Die inzwischen in Liquidation befindliche Klägerin macht Schadensersatz von rund 34 Mio. EUR geltend.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Ansicht des BGH ist der Amtshaftungsanspruch für Schäden, die auf der Festsetzung für den VZ 1994 und 1995 beruhen, noch nicht verjährt. Vielmehr sei die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB, § 211 BGB a.F. analog dadurch unterbrochen worden, dass die Klägerin in unverjährter Zeit unter Ausnutzung des Vorbehalts der Nachprüfung am 29.7.99 nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO beantragt habe, die Ausgangsbescheide abzuändern.

     

    Praxishinweis

    Nach ständiger Rechtsprechung des Senats unterbricht bzw. hemmt die Inanspruchnahme fachgerichtlichen Primärrechtsschutzes i.S. des § 839 Abs. 3 BGB die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs in § 209 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 204 Abs. 1 BGB n.F. analog (BGH 11.7.85, III ZR 62/84, BGHZ 95, 238, 242; BGH 10.2.11, III ZR 37/10, MDR 11, 599). Obgleich es sich bei dem Änderungsantrag um kein förmliches Rechtsmittel handele, sei dieser - so das Gericht - gleichwohl ein Mittel des Primärrechtsschutzes. Denn es handele sich um eine gesetzlich ausgestaltete Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit eines materiell unrichtigen Steuerbescheids herzustellen und insoweit den Eintritt eines Schadens zu hindern oder beseitigen, der entstehen würde oder bestehen bliebe, wenn es bei dem unrichtigen Steuerbescheid verbliebe. Ein unvertretbares Hinausschieben des Verjährungseintritts sei hierin auch nicht zu sehen, da es die Finanzverwaltung doch in der Hand habe, in welcher Weise sie vor Eintritt der Festsetzungsverjährung von dem Vorbehalt der Nachprüfung Gebrauch macht.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2011 | Seite 219 | ID 28560790

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