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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Belegprobleme und leichtfertiges Handeln im europäischen Binnenmarkt

    von RA Dr. Thomas Himmelreich, Krause & Kollegen, Berlin

    Bloße Zweifel an den Lieferwegen begründen kein leichtfertiges Handeln i.S. des § 378 AO (BFH 24.7.14, V R 44/13, Abruf-Nr. 142675).

     

    Sachverhalt

    Das beklagte FA stimmte der von der Klägerin K, eine im Kraftfahrzeughandel tätige Gesellschaft, erklärten Umsatzsteuer gemäß § 168 Abs. 2 AO zu. Infolge einer Außenprüfung verminderte es den Vergütungsanspruch und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Eine zuvor begonnene Steuerfahndungsprüfung kam anschließend zu dem Schluss, dass die K für Fahrzeuglieferungen nach Italien und Spanien die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen gemäß § 6a UStG zu Unrecht in Anspruch genommen habe. Das FA erließ daraufhin einen nach § 173 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid.

     

    Auch das FG sah die Lieferungen nicht als steuerfrei an. K habe den Beleg- und Buchnachweis nicht ordnungsgemäß geführt. Aus den Frachtbriefen gehe nicht hervor, wer auf wessen Veranlassung die Transporte durchgeführt habe und wer Auftraggeber der Spedition gewesen sei. Zudem bestehe eine der Erwerberfirmen nur zum Schein. Auch der Objektnachweis sei nicht erbracht, da die Zulassungen in Italien auf Dritte erfolgt seien. Das FA habe den Bescheid gemäß § 173 Abs. 2 AO ändern dürfen, da K leichtfertig gehandelt habe.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BFH hat das Urteil aufgehoben und an das FG zurückverwiesen. Nach Ansicht des BFH ergibt sich eine leichtfertige Steuerverkürzung nicht allein daraus, dass der Unternehmer die Steuerfreiheit nach § 6a UStG in Anspruch nimmt, ohne über einen vollständigen Beleg- und Buchnachweis zu verfügen. Das FG habe die Rechtsprechung des BFH nicht hinreichend berücksichtigt, wonach der Unternehmer die Steuerfreiheit nach § 6a UStG auch objektiv nachweisen kann. Daher handele der Unternehmer erst dann leichtfertig, wenn es sich ihm zumindest aufdrängen musste, dass er die Voraussetzungen des § 6a UStG weder beleg- und buchmäßig noch objektiv nachweisen kann. Das bloße Abstellen auf die Beleglage reiche jedenfalls nicht aus. Aufgrund der vom Bundeszentralamt qualifiziert bestätigten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers rechtfertigten bloße Zweifel an den Lieferwegen zwar gegebenenfalls die Versagung der Steuerfreiheit, nicht aber die Annahme leichtfertigen Handelns i.S. des § 378 AO.

     

    Praxishinweis

    Die aktuelle Entscheidung des BFH ist eine Klarstellung und Nachjustierung der am 30.3.06 (V R 47/03, DStR 06, 988) geänderten Rechtsprechung. Die dort erfolgte Erweiterung der Nachweismöglichkeiten spiegelt sich im subjektiven Tatbestand bei Steuerdelikten wieder. Dem Betroffenen drohen damit auch weiterhin steuerliche Risiken, in sanktions- und verjährungsrechtlicher Hinsicht ist aber ein Verteidigungsansatz eröffnet.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 275 | ID 42980208

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