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  • · Fachbeitrag · Abgabenordnung

    Schätzungsbefugnis nach Nichtvorlage der Buchführungsunterlagen

    Die im Schätzungswege gemäß § 162 AO erfolgte Kürzung der Betriebsausgaben erfüllt nicht die Voraussetzung einer sogenannten Strafschätzung i.S. der Rechtsprechung des BFH (FG Baden-Württemberg 27.11.13, 4 K 3798/10, Abruf-Nr. 142400).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K war im Jahr 2006 als Versicherungsvertreter gewerblich tätig. Der Einkommensteuerbescheid 2006 erging unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO. Im Jahr 2008 erfolgte eine Außenprüfung. Die Betriebsausgaben des K wurden im Schätzungswege gekürzt, da er trotz wiederholter Aufforderung keine Buchführungsunterlagen vorgelegt hatte.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Einkommensteuerbescheid ist nicht nach § 125 AO nichtig, da er an keinem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Die im Schätzungswege gemäß § 162 AO erfolgte Kürzung der Betriebsausgaben erfüllt nicht die Voraussetzung einer Strafschätzung (BFH 20.10.05, IV B 65/04, BFH/NV 06, 240). Ein „objektiv willkürlicher Hoheitsakt“ des FA liegt nicht vor. Da eine schuldhafte Verletzung der Mitwirkungspflichten des K vorliegt (§ 90 AO), darf die Schätzung auch sogenannte Unsicherheitszuschläge enthalten. Die Schätzung erscheint dem Grunde und der Höhe nach sachgerecht, da sich K pflichtwidrig geweigert hat, dem FA Buchhaltungsunterlagen vorzulegen.

     

    Praxishinweis

    Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen setzt nach § 162 AO voraus, dass die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann. Dies ist unter anderem der Fall, wenn Mitwirkungspflichten nicht erfüllt werden. Der BFH hat grundsätzlich festgestellt, dass eine Schätzung erst in Betracht kommt, wenn alle anderen Möglichkeiten, die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, für das FA ausgeschöpft sind.

     

    Wenn das Schätzungsergebnis trotz vorhandener Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären und Schätzungsgrundlagen zu ermitteln, deutlich von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass überhaupt und gegebenenfalls welche Schätzungserwägungen angestellt wurden, also ein „objektiv willkürlicher“ Hoheitsakt vorliegt, ist der Bescheid i.S. von § 125 Abs. 1 AO nichtig. Es ist dann davon auszugehen, dass die Schätzung nicht mehr mit der Rechtsordnung und den diese Ordnung tragenden Prinzipien in Einklang steht, da das FA grundsätzlich gehalten ist, diejenigen Erkenntnismittel, deren Beschaffung und Verwertung ihm zumutbar und möglich gewesen wäre, auszuschöpfen. Selbst wenn derartige Erkenntnismöglichkeiten und auch andere geeignete Anhaltspunkte fehlen, muss es Ziel der Schätzung sein, die Besteuerungsgrundlagen annähernd zutreffend zu ermitteln. Die Schätzung darf nicht dazu verwendet werden, die Steuererklärungspflichtverletzung zu sanktionieren.(DS)

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 248 | ID 42810554

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