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  • · Fachbeitrag · Geldwäschegesetz

    Geldwäsche-Verdachtsmeldung:BMF legt vor, BaFin zieht nach

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause & Kollegen, Berlin

    | Das BMF hat bereits am 31.1.14 Auslegungshinweise zum Verdachtsmeldewesen im Bereich der Geldwäschebekämpfung nach § 11 GWG erarbeitet und diese auf seiner Homepage veröffentlicht (VII A 3 - WK 5023/10/10011, www.iww.de/sl434 ). Nun hat auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 5.3.14 für die seiner Aufsicht unterliegenden Institute ein Schreiben hierzu veröffentlicht, das auch von steuerstrafrechtlichem Interesse ist (GW 1 - GW 2001 - 2008/0003, www.iww.de/sl435 ). |

    1. Sanktionsrechtlicher Hintergrund

    Die Meldung von Sachverhalten, bei denen der Verdacht der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht, gehört zu den Hauptpflichten des GwG. Verstöße gegen diese Meldepflicht sind nach § 17 Abs. 1 Nr. 14 GwG bußgeldbewehrt. In Ausnahmefällen ist für Beschäftigte von Kreditinstituten auch eine Ahndung nach § 261 StGB (Geldwäsche) denkbar.

    2. Voraussetzungen der Meldepflicht nach § 11 Abs. 1 S. 1 GwG

    Liegen Tatsachen vor, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögenswerten, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt oder die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen, hat der nach dem GwG Verpflichtete diese Transaktion unabhängig von ihrer Höhe oder diese Geschäftsbeziehung unverzüglich mündlich, telefonisch, fernschriftlich oder durch elektronische Datenübermittlung dem Bundeskriminalamt (BKA) und der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zu melden (§ 11 Abs. 1 S. 1 GwG). Erfasst sind unter anderem:

    • unbare einschließlich elektronisch durchgeführter Transaktionen,
    • Bartransaktionen unabhängig von einem bestimmten Betrag,
    • sonstige Vermögensverschiebungen wie z.B. Inzahlungnahmen von Wertgegenständen, Sicherungsübereignungen, Schenkungen.

     

    Auch bevorstehende, laufende, abgelehnte oder noch nicht ausgeführte Transaktionen können von der Meldepflicht erfasst sein. Für den Verpflichteten und seine Mitarbeiter muss keinesfalls Gewissheit über den Bezug einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung zu einer Geldwäsche, einer entsprechenden konkreten Vortat oder zu einer Terrorismusfinanzierung bestehen. Für das Vorliegen eines meldepflichtigen Verdachts soll es bereits ausreichen, dass Tatsachen auf das Vorliegen einer Geschäftsbeziehung oder Transaktion „hindeuten“, die der Terrorismusfinanzierung dienen oder mit der illegale Gelder dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen oder mit der die Herkunft illegaler Vermögenswerte verdeckt werden sollen. In diesen Fällen könne ein krimineller Hintergrund einer Terrorismusfinanzierung oder einer Straftat gemäß § 261 StGB nicht ausgeschlossen werden. Es wird deutlich, dass die geldwäscherechtlichen Pflichtenkreise mit strafrechtlichen Kategorien nicht zu erfassen sind (etwa § 152 Abs. 2 StPO). Der Verpflichtete und seine Mitarbeiter besitzen bei der Frage, ob die zur Kenntnis gelangten transaktions-, geschäfts- und personenbezogenen Tatsachen i.S. des § 11 Abs. 1 GwG verdächtig sind, einen gewissen Beurteilungsspielraum, weil es dem Gesetzeswortlaut zufolge hierbei auch auf die subjektive Einschätzung des Verpflichteten in einer konkreten Situation ankommt.

     

    § 11 GwG setzt nicht voraus, dass der zur Meldung Verpflichtete das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 261 StGB einschließlich der der Geldwäsche zugrundeliegenden Vortat oder einer Terrorismusfinanzierung prüft oder gar den Sachverhalt „ausermittelt“. Die BaFin weist ausdrücklich darauf hin, dass der Pflichtige eine rechtliche Subsumtion des Sachverhalts unter die entsprechenden Straftatbestände nicht vorzunehmen hat. Hiervon abzugrenzen sind aber - unzulässige - Meldungen „ins Blaue“ hinein. Die Abgrenzungen sind nicht einfach und es sollte auch und gerade im Interesse der Institute liegen, eine Verdachtsanzeige gewissenhaft zu prüfen. Denn führt eine Anzeige später zu einem Strafverfahren und erfährt der Betroffene im Rahmen von Akteneinsicht nach § 147 StPO von dem Auslöser, können Geschäftsbeziehungen gefährdet sein, weil es für den Betroffenen an erforderlichem Vertrauen fehlt. Nicht selten wird dann der Vorwurf erhoben, „da hätte man aber intern vorher mal nachfragen können, bevor man diesen Vorgang an das BKA kommuniziert“.

     

    Sofern es sich nicht um Gelegenheitskunden handelt, soll der Verpflichtete die gesamten aus einer Geschäftsbeziehung vorhandenen Informationen heranziehen, um zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Meldepflicht erfüllt sind. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang:

    • Zweck und Art der Transaktion,
    • Besonderheiten in der Person des Kunden oder wirtschaftlich Berechtigten,
    • der finanzielle und geschäftliche Hintergrund des Kunden sowie
    • die Herkunft der eingebrachten oder einzubringenden Vermögenswerte.

     

    Gesteigerte Aufmerksamkeit des Verpflichteten wird nach Ansicht der BaFin insbesondere dann erforderlich sein, wenn

     

    • die Transaktion oder Geschäftsbeziehung keinen wirtschaftlichen Hintergrund erkennen lässt und deren Umstände bzw. hierzu erteilte Angaben undurchsichtig oder schwer überprüfbar sind; letzteres betrifft insbesondere die Identität der an der Transaktion oder Geschäftsbeziehung Beteiligten und den Zweck der Transaktion oder Geschäftsbeziehung;

     

    • die Art und Höhe, die Herkunft der Vermögenswerte bzw. der Empfänger der Transaktion im Übrigen nicht zu den dem Verpflichteten bekannten Lebensumständen bzw. zu der Geschäftstätigkeit des Kunden passen;

     

    • die Transaktion über Umwege abgewickelt werden soll bzw. Transaktionswege gewählt werden, die kostenintensiv sind und/oder wirtschaftlich sinnlos erscheinen.

    3. Meldepflicht nach § 11 Abs. 1 S. 2 GwG

    Die Pflicht zur Meldung nach § 11 Abs. 1 S. 1 GwG besteht auch, wenn Tatsachen darauf schließen lassen, dass der Vertragspartner seiner Offenlegungspflicht gemäß § 4 Abs. 6 S. 2 GwG zuwidergehandelt hat (§ 11 Abs. 1 S. 2 GwG). Verpflichtete müssen eine Verdachtsmeldung erstatten, wenn der Vertragspartner gegenüber dem Verpflichteten nicht offenlegt, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlichen Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will oder mit der Offenlegung dem Verpflichteten auch die Identität des wirtschaftlich Berechtigten nicht nachweist.

    4. Interne Meldeverfahren/Organisatorische Ausgestaltung

    Besonderes Augenmerk widmet die BaFin in ihrem Papier der Erstellung von Arbeits- und Organisationsanweisungen, die sicherstellen sollen, dass alle internen Verdachtsfälle - auch die angetragenen, aber abgelehnten Transaktionen und Geschäftsbeziehungen - von den Mitarbeitern, dem Geldwäschebeauftragten oder der Geschäftsleitung des Verpflichteten, soweit kein Geldwäschebeauftragter gesetzlich vorgesehen oder faktisch vorhanden ist, in prüfungstechnisch nachvollziehbarer Art und Weise zur Beurteilung und Entscheidung vorgelegt und dort auch dokumentiert werden.

     

    Der Verpflichtete muss durch innerorganisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass eine unverzügliche Meldung verdächtiger Sachverhalte i.S. des § 11 Abs. 1 GwG gewährleistet ist. Insoweit ist zu beachten, dass die einfache, briefliche Übersendung der Verdachtsmeldung regelmäßig nicht einer unverzüglichen Meldung entspricht. Wenn von den Strafverfolgungsbehörden ein sicheres elektronisches Verfahren für die Übermittlung zur Verfügung gestellt wird, ist regelmäßig dieses zu verwenden.

    5. Doppelte Verdachtsmeldungen

    Die Pflicht zur Erstattung einer Meldung gemäß § 11 Abs. 1 GwG besteht im Verdachtsfall auch dann, wenn dem Verpflichteten bekannt ist, dass ein anderer Verpflichteter oder ein Dritter wegen desselben Sachverhalts bereits eine Meldung bzw. Anzeige nach § 158 StPO erstattet hat oder der Verpflichtete weiß, dass die Strafverfolgungsbehörden schon anderweitig Kenntnis vom Sachverhalt erlangt haben.

    6. Inhaltliche Anforderungen an die Verdachtsmeldung

    Im Gegensatz zur Strafanzeige gemäß § 158 StPO unterliegt die Verdachtsmeldung einem bestimmten Formzwang und hat inhaltliche Mindestangaben aufzuweisen: Neben den internen Kommunikationsdaten muss jede Meldung die Mitteilung enthalten, ob eine verdächtige Transaktion noch nicht bzw. bereits durchgeführt oder abgelehnt wurde. Aus der Verdachtsmeldung soll ferner klar hervorgehen, ob es sich um eine Erstmeldung oder um eine Wiederholung i.S. von § 11 Abs. 2 GwG bzw. Ergänzung einer bereits zu einem früheren Zeitpunkt übermittelten Meldung handelt, der derselbe Sachverhalt zugrunde liegt. Bei den Angaben über die beteiligten Personen soll zwischen Kunden (Vertragspartnern), Nichtkunden (auftretenden Personen), wirtschaftlich Berechtigten und sonstigen Beteiligten differenziert werden.

     

    Die Angaben zu verdächtigen Transaktionen haben nach den Hinweisen der BaFin Angaben zu Art, Betrag, Datum, Filiale, der die Transaktion angetragen wurde, und Begünstigtem der Transaktion zu enthalten. Soweit auf Verträge, Vertragsabwicklungen, Kontounterlagen inklusive Kontoauszüge, Bezug genommen wird, sind diese in geeigneter Weise schlüssig darzustellen.

    7. Verdachtsmeldung nach einer Selbstanzeige (§ 371 AO)

    Ihr spezifisches steuerstrafrechtliches Interesse gewinnt das Papier der BaFin durch den Hinweis, dass ein nach dem GwG verpflichtetes Kreditinstitut, das Kenntnis davon erlangt, dass ein Kunde von ihm eine Selbstanzeige gemäß § 371 AO abgegeben hat oder die Abgabe einer solchen beabsichtigt und nicht auszuschließen ist, dass eine entsprechende Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen oder Vermögenswerten des Kunden steht, eine Verdachtsmeldung gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 GwG zu erstatten hat, soweit die darin genannten Voraussetzungen vorliegen. Dies folge bereits daraus, dass für den GwG-Verpflichteten in einem solchen Fall nicht erkennbar ist, ob die Selbstanzeige überhaupt wirksam ist. Die BaFin weist nochmals darauf hin, dass ein nach dem GwG Verpflichteter generell nicht angehalten ist, einen Sachverhalt auf das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale einer Vortat - und erst Recht nicht auf das wirksame Vorliegen eines persönlichen Strafausschließungsgrundes - hin zu prüfen.

     

    Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht Adressat einer steuerlichen Selbstanzeige sind und daher den Sachverhalt regelmäßig noch nicht kennen. Selbst wenn dies der Fall wäre, verlangten die Hinweise in Bezug auf § 11 GwG selbst bei vorhandener Kenntnis grundsätzlich eine Meldung. Schließlich bleiben selbst bei einer wirksamen Selbstanzeige des Täters andere Personen (Mittäter, Gehilfen) strafbar, wenn sie nicht selbst jeweils für sich eine Selbstanzeige erstattet haben, sodass in solchen Fällen ein Eigeninteresse des Kreditinstituts besteht, zur Vermeidung einer etwaigen „Strafbarkeit wegen leichtfertiger Beihilfe zur Steuerhinterziehung“, eine Verdachtsmeldung mit der Folge des § 261 Abs. 9 StGB zu erstatten.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Hinweise zur „leichtfertigen Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ zeigen, dass die steuerstrafrechtlichen Hinweise durch die BaFin selbst noch einmal genauer in den Blick genommen werden sollten. Hier sind offenkundig dogmatische Defizite vorhanden. Dem Steuerpflichtigen selbst muss bewusst sein, dass in der Kommunikation mit der Bank eine neue Risikoquelle entstehen kann, die die Wirksamkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige gefährdet. Denn durch eine GwG-Verdachtsanzeige können sich Sperrgründe nach § 371 Abs. 2 AO entwickeln.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wegner, Geldwäschegesetz: Worauf der Steuerberater achten muss (Checkliste), PStR 10, 250 ff.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 181 | ID 42611125

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