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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Steuererklärungspflicht bei laufendem Ermittlungsverfahren

    von RAin Stefanie Schott, FAin StrR, FAin StR, kipper+durth, Darmstadt

    | Der Umgang mit Steuerstrafverfahren gegen den eigenen Mandanten wirft bei Steuerberatern erfahrungsgemäß folgende Fragen auf: Müssen und sollen überhaupt weitere Steuererklärungen abgegeben werden, solange der strafrechtliche Vorwurf noch nicht geklärt ist? Und wenn ja, welche Angaben sollen gemacht werden, um das Risiko zu vermeiden, dass sich daraus neue strafrechtliche Vorwürfe ergeben? |

     

    Frage des Steuerberaters: Gegen meinen Mandanten läuft ein Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Schmiergeldzahlungen in vergangenen Jahren an bestimmte Empfänger. Der Mandant hatte die Zahlungen als Provisionen deklariert und als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht. Er bestreitet, dass es sich dabei in Wirklichkeit um strafbare Zuwendungen gehandelt hat. Es ist auch aktuell noch zu Provisionszahlungen an die Empfänger gekommen, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in früheren Jahren Schmiergeldzahlungen erhalten haben. Wie verhalte ich mich bezüglich der Abgabe von aktuellen Steuererklärungen?

     

    Antwort des Verteidigers: Der Steuerpflichtige wird durch ein gegen ihn laufendes Strafverfahren und den dort geltenden Nemo-tenetur-Grundsatz nicht von der steuerlichen Pflicht befreit, vollständige und wahrheitsgemäße Steuererklärungen abzugeben (ständige Rechtsprechung, z.B. BGH 2.12.05, 5 StR 119/05, wistra 07, 232; zuletzt FG Münster 10.4.13, 13 K 3654/10E, Abruf-Nr. 132150 ). Begründet wird das damit, dass weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde allein dadurch tangiert werden, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist. Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schütze nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens, sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht ( BGH 2.12.05, 5 StR 119/05 ; siehe auch BVerfG, NJW 05, 352, 353).

     

    Trifft der Vorwurf der Staatsanwaltschaft zu, handelt es sich bei den Provisionszahlungen um nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG nicht abziehbare Betriebsausgaben. Wird dem FA bekannt, dass solche Zahlungen weiterhin geleistet worden sind, teilt es dies der Staatsanwaltschaft nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 3 EStG mit. Der Mandant läuft dadurch Gefahr, dass das wegen Korruption geführte Strafverfahren erweitert oder ein weiteres Verfahren gegen ihn eingeleitet wird. Behandelt der Steuerpflichtige die Zahlungen weiterhin als abziehbare Betriebsausgaben, riskiert er, sich nach § 370 AO einer weiteren Steuerhinterziehung strafbar zu machen, mit dem erschwerenden Vorwurf, dass er trotz des bereits laufenden Strafverfahrens die Zahlungen erneut als Betriebsausgaben geltend gemacht habe. Es ist daher davon abzuraten, die Zahlungen unverändert als Betriebsausgaben abzuziehen, auch wenn der Vorwurf, es sei zu Korruptionszahlungen gekommen, noch zu klären ist.

     

    Für den Empfänger vermeintlicher Korruptionsleistungen betont der BGH, dass der Steuerpflichtige zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflicht die Einkünfte aus Bestechungsgeldern nur betragsmäßig offenlegen und einer Einkunftsart zuordnen müsse, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (z.B. BGH 2.12.05, a.a.O.). Umgekehrt könnte der Steuerpflichtige sich darauf beschränken, die als Betriebsausgaben bilanzierten Provisionen außerbilanziell nur betragsmäßig zu berichtigen, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass es sich um nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG nicht abziehbare Betriebsausgaben handelt. Die Steuer würde dann, für den Fall, dass es sich tatsächlich um Korruptionszahlungen handelt, in zutreffender Höhe festgesetzt, sodass eine Steuerhinterziehung ausscheiden und eine Mitteilung nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 3 EStG an die Staatsanwaltschaft aufgrund der Erklärung des Steuerpflichtigen nicht erfolgen würde.

     

    Allerdings scheidet über den zuvor beschriebenen Weg die steuerliche Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben aus, wenn sich nach Bestandskraft der neueren Bescheide bestätigt, dass es sich bei den Zahlungen tatsächlich nicht um Schmiergeld gehandelt hat. Abgesehen davon wird sich das FA vermutlich spätestens bei der nächsten Prüfung dafür interessieren, was es mit den außerbilanziellen Korrekturen auf sich hat. Das gilt umso mehr, wenn bestimmte Zahlungsempfänger bereits aufgrund der laufenden Ermittlungen im Fokus stehen. Es liegt daher nahe, dass entsprechende Zahlungen früher oder später doch auffallen.

     

    Soll die Möglichkeit der Berücksichtigung der Ausgaben als Betriebsausgaben offengehalten werden, muss dem FA der Hintergrund der Zahlungen mitgeteilt werden. Schon bei der Verbuchung der Betriebsausgaben sollte, auch mit Blick auf die Ordnungswidrigkeit der Steuergefährdung gemäß § 379 Abs.1 S. 1 Nr. 3 AO, kenntlich gemacht werden, dass die Abzugsfähigkeit zweifelhaft ist. Zudem sollte in der Steuererklärung angegeben werden, dass es sich um Zahlungen an Empfänger handelt, bei denen die Staatsanwaltschaft für frühere Jahre davon ausgeht, dass diese dem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG unterliegen, dass der Mandant diese Auffassung jedoch nicht teilt und daher von der Abziehbarkeit als Betriebsausgaben ausgeht. Dabei sollten zunächst möglichst keine (falschen) Angaben zum Sachverhalt gemacht werden.

     

    Setzt das FA die Steuer ohne Anerkennung des Betriebsausgabenabzugs fest, kann der Steuerpflichtige dagegen Einspruch einlegen und versuchen, die Aussetzung des Verfahrens (nach § 363 Abs. 1 AO bzw. § 74 FGO) bis zum Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens zu erreichen (dazu BFH 23.1.13, VII B 135/12, PStR 13, 279, m.w.N.)

     

    PRAXISHINWEIS | Gleichzeitig mit der Offenlegung der Zahlungen gegenüber dem FA sollte auch die Staatsanwaltschaft über die weiteren Zahlungen informiert werden, bevor sie durch das FA davon erfährt. Das Verfahren wird dann möglicherweise einheitlich erledigt oder die später bekannt gewordenen Zahlungen können nach § 154 StPO behandelt werden. Zu beachten ist, dass jede Korruptionszahlung die Gefahr birgt, dass für die damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte der Verfall angeordnet wird.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 109 | ID 42584854

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