· Fachbeitrag · Büroführung
Kooperations- und Netzwerkpartner: So profitieren Sie vom aktiven Netzwerken
von Dipl. Betriebswirt Jörgen Erichsen, Leverkusen
| Das Vertragsverletzungsverfahren Deutschland, das darauf abzielt, dass Planungsleistungen für die Leistungsbilder Gebäude, Technische Ausrüstung und Tragwerksplanung in der Regel einheitlich ausgeschrieben werden müssen, ist so etwas wie der Wink mit dem Zaunpfahl. Als kleines oder mittelgroßes Büro brauchen Sie Kooperationspartner. Hier, um größere öffentliche Aufträge zu generieren. Aber auch generell, um Ihr Büro für die Zukunft zu wappen. Natürlich Netzwerken Sie auch heute schon. Aber vielleicht geht es noch etwas zielgerichteter und besser. |
So bauen Sie sich Ihr persönliches Netzwerk auf
Netzwerken hat nichts mit „Klüngeln“ oder sinnlosen Smalltalks zu tun. Sie sollten es strategisch angehen. Dazu müssen Sie sich die Frage beantworten, welche Ziele Sie mit einem Netzwerk verfolgen:
- Steht der kollegiale Austausch im Vordergrund?
- Benötigen Sie Unterstützung z. B. bei übergreifenden Fragen, wie etwa Digitalisierung, BIM, Prozesse?
- Benötigen Sie Kontakte, um Ihre Leistungen bei größeren Aufträgen anb ieten zu können (Stichwort VGV-Vergaben)
- Möchten Sie sich so positionieren, dass Sie alles aus einer Hand anbieten können also als Generalplaner auftreten?
- Oder kommen mehrere Motive in Betracht?
Die Tabelle zeigt beispielhaft, welche Art von Netzwerken für welches Ziel in Betracht kommen kann.
Ihre Ziele | Ihre konkreten Wünsche | Mögliche Netzwerke |
Erfahrungs- und Wissensaustausch mit anderen Büros | Besprechung von Praxisfällen, Problemlösungen, Wissensauffrischung/-ausbau | Arbeitskreis mit Berufskollegen (Erfa), Berufsverbände, Internetforen (z. B. XING/Linkedin), Rotarier |
Kontakte zu Unternehmern anderer Branchen aufbauen | Aufbau Netzwerk mit dem Ziel, an neue Aufträge oder Geschäftspartner (z. B. Lieferanten, Banken) zu gelangen | Unternehmertreffen z. B. Frühstücke, Stammtische, Veranstaltungen Wirtschaftsförderungen, Industriepark |
Kooperationen bei Kundenwünschen, die Sie selbst nicht bedienen können / wollen | Kunden „alles aus einer Hand“ anbieten, auch wenn eigene Kenntnisse / Kapazitäten fehlen | Mitmachen in einem institutionaliserten Verbund (z. B. „Planer-Allianz“), bilaterale Rahmenvereinbarungen mit anderem Büro |
Sie sehen: Oft wird es so sein, dass Sie mehrere Ziele haben, die aber mit einem einzigen Netzwerk nicht errreichen können. Also müssen Sie mehrere Netzwerke aufbauen. Das bringt aber automatisch einen höheren Zeit- und Koordinationsaufwand mit sich.
Kontaktaufnahme planen und vorbereiten
Wenn Sie Ihre Ziele und Vorstellungen formuliert haben, müssen Sie die Umsetzung und Vorgehensweise planen. Die folgende Frageliste soll Ihnen Orientierung bieten und helfen, Ideen zu erhalten. Dabei müssen Sie die Antworten pro Ziel und Netzwerktyp formulieren.
Fragen: | Antworten (i.W. bezogen auf vorherige Zielsetzungen) | ||
Arbeitskreis mit Berufskollegen | Unternehmertreffen | Kooperationsnetzwerke | |
In welchem lokalen Umfeld benötigen Sie Netzwerkpartner? | Regional, auch mit Wettbewerbern vor Ort denkbar (ggf. Ausschlüsse festlegen). Überregional und interdisziplinär (z. B. Berater Team Bau) | Im Wirkungskreis des Büros, da man ja neue Kunden aus der Region gewinnen will | Im Wirkungskreis des Büros, da die Kunden die Leistungen hier benötigten |
Welchen Zeiteinsatz können oder wollen Sie maximal leisten? | Ein Tag/Monat mit Treffen und regelmäßige Telefonate, tägliche Netzwerkpflege XING inkl. Beiträge z. B. in Foren | Ein Mal pro Monat ca. zwei bis drei Stunden | In der Aufbauphase: so viele Absprachen treffen wie nötig |
Wie können oder wollen Sie sich selbst einbringen? | Eigene Fälle mit Lösungen vorstellen, Vortrag zu meinem Spezialthema halten, Blog-/Forenbeiträge, Newsletter | Andere Büros zu Fachfragen, z. B. rechtliche Änderungen, neue IT, Ablaufverbesserung | Aufträge meiner Kunden vermitteln |
Wo erfahren Sie, ob und wo Netzwerke bestehen? | Bundesverbände Architektur, Ingenieurswesen, www.xing.com, www.linkedin.com | Kammer, örtliche Wirtschaftsforderung, ggf. Tagespresse | Fachkollegen, Kammern, ggf. Tagespresse |
Was können Sie tun, um das Thema „anzuschieben“? | Kollegen ansprechen, die sich gut im Internet präsentieren | Kollegen ansprechen |
Des Weiteren sollten Sie darauf achten, die Anzahl der Netzwerke oder Medien, in denen Sie aktiv sein möchten, zumindest zu Beginn zu begrenzen. Denn Netzwerken oder Kooperationen eingehen, kostet gerade in der Startphase, wo Sie selbst noch nicht bekannt sind, Zeit. Sie müssen auf Kollegen zugehen, Blogbeiträge erstellen und sich und ihr Leistungsangebot vorstellen. Gerade bei Kooperationen kommt der Punkt hinzu, dass Sie andere Büros überzeugen müssen, dass Sie gute Arbeit leisten, und dass das Risiko, zusammen Leistungen anzubieten, für den Partner gering ist („Wenn ich mit dem Büro kooperiere darf nichts schiefgehen, sonst verliere ich u.U. Kunden und Aufträge“). Evtl. müssen Sie am Anfang mit kleinen Projekten belegen, dass Sie gute Arbeit leisten oder Referenzen präsentieren.
PRAXISTIPP | Überlegen Sie sich, ob und für welche Zwecke Sie in elektronischen Medien vertreten sein möchten. In Deutschland ist XING für viele Unternehmer wichtig und Sie sollten dort eine Präsenz aufbauen, auch wenn Sie das Netzwerk nicht intensiv nutzen. Speziell, wenn es um Kooperationsfragen oder den Austausch geht, sind persönliche Kontakte und Treffen zielführender. Wägen Sie genau ab, wo Sie wie auftreten und wahrgenommen werden möchten. |
Zur Vorbereitung gehört, dass Sie sich einige Fragen stellen und ehrlich beantworten, z. B.
Fragen: | Antwortbeispiele: |
Welche Experten ergänzen Ihre Leistungen sinnvoll? | Fachplaner, andere Architekten, Freie Mitarbeiter, Rechtsanwalt (Wirtschaft-, Baurecht), Steuerberater, Bankexperte, Unternehmensberater (Schwerpunkt BWL, Controlling, Prozesse, Coaching), IT-/Personalfachleute |
Kennen Sie solche Experten bereits? | Befreundete Büros, Steuerberater, mit dem Sie schon zusammenarbeiten, Ihr Rechtsanwalt, eine Unternehmensberatung, die bereits für Sie oder Kollegen tätig war, Berufskollegen, mit denen Sie bereits kooperieren |
Können die Experten Interesse an einer Kooperation haben? | Befreundete Büro ist ausgelastet, Ihre Leistungen ergänzen sich , Bankmitarbeiter ist bereits Mitglied in Wirtschaftsförderung, Kollegen wahrscheinlich |
Möchten Sie weitere Partner ansprechen? Welche? | Wettbewerber für Kooperationszwecke (z. B. Büro X und Y), Büros, mit denen Sie nicht in Wettbewerbs stehen, die Ihr Leistungsportfoilo aber optimal ergänzen und im Saldo auf ein neues Level heben; Büros mit Spezialknowhow (z. B. BIM) |
Welchen Vorteil haben Ihre Kunden (nicht die Partner)? | Leistungen aus einer Hand, Geringeres Mängelrisiko, günstigere Preise, weniger Koordinationsaufwand |
Wie profitieren Sie selbst von der Zusammenarbeit? | Neue Aufträge, Steigerung des Büro-Knowhow, Input für Veränderungen im Büro, Überblick über rechtliche Änderungen, |
Welchen konkreten Nutzen haben Ihre Partner? | Neue Aufträge, Wissenstransfer, neue Ideen, ebenfalls Erweiterung des Netzwerks |
Sind vertragliche Vereinbaungen erforderlich? | Formlose (ggf. schriftliche) Vereinbarung, dass bei Kundenanfragen zunächst die Netzwerkpartner empfohlen werden und niemand Kunden des anderen abwirbt; Rahmenvereinbarung über gemeninsamen Außen-Auftritt in bestimmten Fällen, ggf. Juristen fragen |
Wie wollen Sie die Kontakte halten und intensivieren? | 1. Quartal: wöchentlich ein Treffen, danach: Ein Treffen alle zwei Monate, jederzeit: fallbezogene Kontakte, „Bedienen“ von XING mit Blogs und Informationen im Abstand von ein bis zwei Tagen |
Netzwerken umsetzen und aktiv leben
Mit den konkreten Vorstellungen im Gepäck können Sie „Ihr“ Netzwerken jetzt beginnen.
Arbeitskreis mit Berufskollegen
Nehmen Sie z. B. Kontakt mit Ihrem Berufsverband, Wirtschaftsförderung, Kammer oder ausgewählten Berufskollegen auf und fragen Sie nach möglichen Arbeitskreisen, der Häufigkeit und den Inhalten des Treffens. Je nach Zielen und Organisation eines Arbeitskreises steht lediglich der Informationsaustausch mit Gesprächen und der Wissensauffrischung im Fokus.
Häufig werden auch konkrete Fälle, Probleme bei der Auftragsbearbeitung sowie Lösungen hierzu besprochen, etwa Auswirkungen neuer gesetzlicher Regelungen auf die Angebotserstellung. In vielen Arbeitskreisen gibt es Vorträge zu Fach- und Sachthemen, von Mitgliedern oder Externen, die häufig einen anderen Blickwinkel haben und ein Problem von einer anderen Seite beleuchten als man das selbst tut.
PRAXISTIPP | PBP ist Mitiniator von drei Erfa-Kreisen „Planer am Bau“. Mailen Sie an pbp@iww.de, wenn Sie Interesse haben und mehr wissen wollen. |
Unternehmertreffen-/stammtisch
Wenn Sie an einem Unternehmertreffen teilnehmen möchten, gehen Sie im Kern vor wie beim Treffen mit Arbeitskollegen. Es gibt die traditionellen beruflichen Institutionen wie Kammern oder Verbände. Es gibt aber auch institutionalisierte Vereinigungen, in denen sich Unterenr jeder Couleute tummeln, z. B.
- das Business Network International (BNI), die Organisation für Geschäftsempfehlungen
- der Toast Master interessant
Kooperationsnetzwerke
Dieser Netzwerktyp ist sicher der mit den höchsten Ansprüchen und Zeitbedarf und sollte nur realisiert werden, wenn Sie einem Netzwerk als Partner beitreten. Nur mit viel Erfahrung im Netzwerken sollten Sie die Aufgabe übernehmen, es ggf. selbst leiten.
PRAXISTIPP | Ein Netzwerk ist keine Einbahnstraße! Wenn Sie nur fordern, werden Sie schnell feststellen, dass Ihre Ansprechpartner „mauern“ und keine Unterstützung mehr anbieten. Gegenseitiges Geben und Nehmen in Netzwerken ist Pflicht. Erwecken Sie nicht den Eindruck, Sie wollten nur Informationen, Wissen und Kontakte „abtanken“, sondern bringen Sie sich von Beginn an mit Ihrem Angebot aktiv in Ihre Netzwerke ein. |
Checkliste / Netzwerken mit Erfolg | |
☐ | Netzwerken funktioniert nur, wenn Sie Geben und Nehmen! Bringen Sie sich aktiv ein, werden auch Ihre Partner Informationen preisgeben. |
☐ | Erwarten Sie zu Beginn nicht zu viel. Es dauert, bis aus Kontakten Beziehungen und ggf. zusätzliche Einnahmen werden. Erfolge über Erfahrungsaustausch und Wissensaufbau hinaus stellen sich oft erst nach Monaten ein. |
☐ | Je mehr Partner, desto größer Koordinationsaufwand, Haftungsfragen und Missbrauchsrisiko. Am ehesten profitieren Sie von Netzwerken, in denen max. 20-25 Personen aktiv und regelmäßig zusammenarbeiten. |
☐ | Achten Sie bei Arbeitskreisen mit Berufskollegen darauf, Ihre direkten Konkurrenten nicht ungewollt mit Informationen zu „füttern“. Schließen Sie sich eher mit Kollegen zusammen, die in einer anderen Region als Sie aktiv sind, auch wenn das ggf. mehr Fahrzeiten bedeuten sollte. |
☐ | Bei Unternehmertreffs sollten Sie gut strukturierte Treffen bevorzugen, die Sacharbeit leisten. Treffen mit Fokus Smalltalk bringen Sie langfristig kaum weiter. |
☐ | Bei Kooperationsnetzwerken muss geprüft werden, ob und welche schriftlichen Vereinbarungen nötig sind. Denn kommt es wider Erwarten zu Problemen, ist die Vertrauensbasis schnell dahin. Prüfen Sie ggf. mit einem Anwalt, ob und was sinnvoll ist, und halten Sie sich von Partnern fern, die sich nur eigennützig verhalten. Als Kooperationspartner kommen Branchenkollegen infrage, wenn Sie sich gegenseitig helfen, entlasten ‒ und vereinbaren, nie die Kunden des anderen abzuwerben! |