Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Büroführung

    Den Anfang vom Ende her denken: Fortsetzungs- und Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag

    von Dr. Niels George, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für Steuerrecht, Berlin

    | Bei der Gründung waren alle Gesellschafter noch guter Dinge: Für immer soll es sein. Kein Gedanke an eine Trennung. Inzwischen haben sich die Lebenskonzepte auseinanderentwickelt. Die Gesellschaft ist lahmgelegt. „Wir können nicht mehr miteinander“. Rechtsstreit steht ins Haus. Diese Streitigkeiten vermeiden Sie, wenn Sie bei der Gründung einer GbR, GmbH, Partnerschaft vom Ende her denken und in den Vertrag kluge Fortsetzungs-, Auseinandersetzungs- und Nachfolgeklauseln aufnehmen. |

    Breite Palette von Varianten erfordert Einzelfallgestaltung

    In Sachen Fortsetzungsklauseln können Sie aus einer breiten Palette von Gestaltungen wählen. Welche hängt von Ihren spezifische Bedürfnissen ab. Wichtige Faktoren, die geregelt werden sollten, sind die

    • Haftungsproblematik für Erben,
    • die Übertragbarkeit von Betriebsvermögen sowie
    • steuerliche Gesichtspunkte.

     

    Die Beitragsserie widmet sich den Fortsetzungsklauseln und beleuchtet verschiedene Spielarten bei Personengesellschaften und GmbH. Im vorliegenden Beitrag geht es um sachgerechte Regelungen zum Verkauf von GmbH-Anteilen und deren Vererbung.

     

    PRAXISHINWEIS | In der Praxis stellt sich die Frage, ob Sie gewünschte Regelungen, die im Gesellschaftsvertrag nicht vereinbart wurden, nachholen können. Die Antwort lautet: Ja. Sie können den Original-Vertrag jederzeit ändern. Voraussetzung ist, dass für die gewünschte Änderung in der Gesellschafterversammlung die erforderliche Mehrheit zustande kommt. Wie viele Stimmen erforderlich sind, richtet sich nach dem Vertrag, hilfsweise nach dem Gesetz.

     

    Veräußerung von Geschäftsanteilen in der GmbH

    Wenn Sie mit einem oder mehreren Gesellschaftern eine GmbH gründen wollen, sollten Sie dabei auch regeln, wie ein Verkauf von Geschäftsanteilen in der GmbH gehandhabt werden soll. Es gibt drei Möglichkeiten:

     

    1. Vinkulierungsklausel

    Geschäftsanteile an einer GmbH sind grundsätzlich frei veräußerlich (§ 15 Abs. 1 GmbHG). § 15 Abs. 5 GmbHG sieht jedoch die Möglichkeit vor, weitere Voraussetzungen für die Übertragung der Anteile im Gesellschaftsvertrag festzulegen. Eine weitverbreitete Regelung ist die sogenannte Vinkulierungsklausel. Sie besagt, dass die Gesellschaft bzw. die Gesellschafterversammlung zustimmen muss, wenn ein Gesellschafter über die Gesellschaftsanteile verfügen will. Sinn und Zweck der Klausel: Es soll verhindert werden, dass ein Dritter in die GmbH „eindringt“. Je personalistisch strukturierter die GmbH, je mehr die Auftraggeber an den einzelnen Architekten oder Ingenieur (Gesellschafter) gebunden sind, desto wichtiger wird dieser Aspekt.

     

    Wichtig | Regeln Sie in einer Vinkulierungsklausel genau, unter welchen Voraussetzungen ein GmbH-Anteil übertragen werden darf.

     

    • Beispiel
    • Die Gesellschafter wollen die Übertragung der Anteile davon abhängig machen, dass die Gesellschafterversammlung „zustimmt“. Dann muss die entsprechende Mehrheit klar definiert sein - es sei denn, die allgemeine satzungsmäßige Mehrheit soll für die Zustimmung ausreichen.
    • Außerdem müssen folgende Fragen eindeutig geregelt sein:
      • Darf der verfügungswillige Gesellschafter mitstimmen oder ist er von der Abstimmung ausgeschlossen?
      • Sofern „die Gesellschaft“ zustimmen muss: Muss die Geschäftsführung im Innenverhältnis die Gesellschafterversammlung befragen?
      • Im Fall, dass „die Gesellschafter“ zustimmen müssen: Ist eine Verweigerung der Zustimmung grundlos möglich oder ist ein sachlicher Grund vonnöten? Trifft Letzteres zu - was für ein Grund könnte das dann sein?
     

    2. Vinkulierungsklausel kombiniert mit Andienungsrechten

    In der Praxis wird die Vinkulierungsklausel oft mit sogenannten Andienungsrechten kombiniert. In dem Fall wird der veräußerungswillige Gesellschafter verpflichtet, seine Anteile zunächst den übrigen Gesellschaftern anzubieten. Hier wird oft vergessen, die Konditionen für das Anbieten der Anteile im Gesellschaftsvertrag festzulegen.

     

    Beispielsweise ist zu regeln, in welchem Verhältnis der verkaufswillige Gesellschafter seine Anteile den anderen Gesellschaftern anzubieten hat. In der Regel geschieht dies im Verhältnis der bisherigen Beteiligung. Ist eine Vinkulierungsklausel mit Andienungsrecht vorgesehen, kann der Gesellschafter seine Anteile erst dann frei veräußern und abtreten, wenn die anderen Gesellschafter von ihrem Ankaufsrecht keinen Gebrauch machen.

     

    PRAXISHINWEIS | Wichtig ist also zu regeln,

    • wie lange die anderen Gesellschafter ihr Ankaufsrecht nutzen dürfen,
    • in welcher Form sie mitzuteilen haben, dass sie vom Ankaufsrecht Gebrauch machen und
    • wem gegenüber sie diese Äußerung vornehmen müssen (Geschäftsführer, Gesellschafterversammlung oder andere Gesellschafter).
     

    3. Andienungsrechte in Verbindung mit Rückkauf- bzw. Vorkaufsrechten

    Wollen Sie Andienungsrechte verwenden, muss im Gesellschaftsvertrag klargestellt sein, dass die Gegenleistung bei Inanspruchnahme des Vorkaufsrechts allein aus dem abgeschlossenen Vertrag gilt.

    Vererblichkeit von GmbH-Anteilen

    GmbH-Geschäftsanteile sind im Erbfall Teil des Nachlasses. Das heißt: Die Anteile fallen den Erben zu (§ 15 GmbHG). Diese Regelung ist von den anderen Gesellschaftern oft aber nicht gewollt. Gibt es eine Lösung?

     

    PRAXISHINWEIS | Über den Gesellschaftsvertrag lässt sich die Vererblichkeit der Anteile nicht direkt ausschließen. Das Ziel „Nichtvererblichkeit“ kann im Gesellschaftsvertrag aber über Umwege erreicht werden. So kann dort beispielsweise geregelt werden, dass

    • die Erben die geerbten Anteile an die Gesellschaft (zwangs-)abtreten müssen,
    • der Geschäftsanteil im Erbfall von der GmbH einbezogen wird.
     

    GmbH-Satzung auf „Nichtvererblichkeit“ trimmen

    Wichtig ist zunächst, den gewünschten Personenkreis der Unternehmensnachfolge im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen. So kann der Vertrag eine Abtretungspflicht des Erben zugunsten eines Miterbens, der GmbH, eines Gesellschafters oder einer anderen Person begründen.

     

    Möchten die Gesellschafter eine solche Abtretungspflicht vereinbaren, müssen sie darauf achten, dass die Abtretungsverpflichtung in der Satzung einen klaren Zeitrahmen und definierte Kriterien für den Beschluss der Gesellschafterversammlung vorsieht.

     

    Wichtiges zum Anteilskauf durch die GmbH oder die Gesellschafter

    Die GmbH kann die Anteile nur kaufen, wenn die Einlage auf den jeweiligen Geschäftsanteil vollständig geleistet ist (§ 33 Abs. 1 GmbHG). Andernfalls ist der Erwerb nichtig - der Anteil verbleibt beim Erben.

     

    Die GmbH muss außerdem eine Rücklage für eigene Anteile (§ 272 Abs. 4 HGB) aus einem Vermögen bilden können, das das Stammkapital und die gesellschaftsvertragliche Rücklage übersteigt (§ 33 Abs. 2 GmbHG). Andernfalls führt dies zu einer Rückabtretungsverpflichtung der GmbH.

     

    PRAXISHINWEIS |

    • Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, dass der Geschäftsanteil beim Tod des Gesellschafters eingezogen wird. So kann der Geschäftsanteil - aufschiebend bedingt durch den Tod eines Gesellschafters - auf einen in der Satzung benannten Gesellschafter oder Dritten übergehen.
    • Ein unmittelbarer Übergang des Anteils „am Nachlass vorbei“ setzt in jedem Fall voraus, dass die GmbH-Satzung eine aufschiebend bedingte Abtretung nach § 15 Abs. 3 GmbHG zulässt.
     

    Weiterführende Hinweise

    • In der nächsten Ausgabe erfahren Sie, welche Optionen Ihnen zur Verfügung stehen, um den Wert des GmbH-Anteils zu bemessen.
    • Sie haben eine konkrete Frage zu Fortsetzungs- und Nachfolgeklauseln in Architekten- bzw. Ingenieur-Gesellschaftsverträgen? Dann mailen Sie diese an pbp@iww.de. PBP geht im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung gerne darauf ein.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2015 | Seite 22 | ID 43490920