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  • 27.09.2002 · IWW-Abrufnummer 021226

    Oberlandesgericht Nürnberg: Urteil vom 14.12.2001 – 6 U 2285/01

    Bei einem Architektenvertrag über alle Leistungsphasen handelt es sich um einen Werkvertrag, bei dem sich i.d.R. der Vertragsgegenstand schrittweise konkretisiert.



    Wird ein Bauplan zur Genehmigung eingereicht, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Erstellung dieses Bauwerks in der geplanten Lage Vertragsgegenstand ist.



    Wird die Baugenehmigung versagt und kann sie auch nicht durch zumutbare Modifikationen nachgebessert werden, kann der Architekt mangels vertraglichen Erfolges für die Leistungsphasen 3 und 4 kein Honorar verlangen, möglicherweise aber für die Leistungsphasen 1 und 2.


    Oberlandesgericht Nürnberg
    IM NAMEN DES VOLKES
    ENDURTEIL

    6 U 2285/01

    Verkündet am 14. Dezember 2001

    In Sachen

    wegen Forderung,

    hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Soldner und die Richter am Oberlandesgericht Moezer und Breitinger aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2001

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 22. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

    II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    IV. Die Beschwer der Kläger wird auf 38.252,18 DM festgesetzt.

    Beschluß:

    Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 38.252,18 DM festgesetzt.

    Tatbestand:

    Die Erben eines Architekten (Kläger) fordern für ein vom Erblasser geplantes Bauvorhaben des Beklagten Honorar für Leistungsphasen 1 bis 4, obwohl die Baugenehmigung versagt worden ist. Das Erstgericht hat für die Leistungsphasen 1 und 2 Honorar zugesprochen im übrigen die Klage abgewiesen.

    Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger.

    Entscheidungsgründe:

    Die Berufung der Kläger ist unbegründet.

    Der geltend gemachte Anspruch steht den Klägern als Erben des Architekten H H nicht zu, da dieser die vertragliche Werkleistung, die dem Honoraranspruch zugrunde liegt, nicht erbracht hat (§ 631 BGB).

    1) Der Senat macht sich insoweit zunächst Ziffer 3 der überzeugenden Gründe des Ersturteils zu eigen und nimmt darauf Bezug.

    2) Ergänzend ist auszuführen:

    a) Die Kläger können, wovon auch das Erstgericht ausgeht, auf der Basis der bisher erbrachten Leistungen endgültig abrechnen (§ 631, 640 BGB), da das Vertragsverhältnis faktisch beendet worden ist. Weder wollen die Beklagten weitere Architektenleistungen, noch sind die Kläger in der Lage, den Vertrag fortzusetzen. Damit steht den Klägern grundsätzlich ein Anspruch auf Vergütung der bisher erbrachten Leistungen zu, soweit die Leistungen mängelfrei sind, ohne daß es einer Abnahme bedarf (ständige Rechtsprechung; vgl. BGH NJW 93, 1973 m.w.N.).

    Da damit der Honoraranspruch davon abhängt, daß die berechneten Leistungen vertragsgemäß erbracht worden sind, ist jedenfalls für die hier streitgegenständlichen Leistungsphasen 3 (Entwurfsplanung) und 4 (Genehmigungsplanung) der Anspruch nicht gegeben. Denn das Werk des Architekten ist nur dann vertragsgemäß, wenn er im Rahmen der vertraglichen Vorgaben genehmigungsfähig geplant hat (vgl. BGH BauR 99, 934; BauR 98, 579). Tatsächlich waren die eingereichten Pläne nicht genehmigungsfähig. Damit waren allenfalls die für Grundlagenermittlung und Vorplanung erbrachten Arbeiten zu honorieren (vgl. OLG Düsseldorf, NJW RR 99, 1696).

    b) Allerdings wäre denkbar, daß die Parteien Honorar für diese Leistungsstufen auch für den Fall vereinbart hätten, daß keine genehmigungsfähige Planung gelänge. Eine solche Vereinbarung wäre zwar ungewöhnlich, ist aber im Rahmen der Vertragsfreiheit möglich (vgl. BGH BauR 99, 1195). Dies hätten die Kläger aber ebenso zu beweisen, wie die Behauptung, jede beliebige Lage des beabsichtigten Wohnhauses auf dem Beklagtengrundstück sei vereinbart worden, wenn man nur irgendwie eine Baugenehmigung erhalten hätte. Dieser Beweis ist ihnen nicht gelungen.

    Aus der Aussage des Zeugen S H können sie dies schon deshalb nicht ableiten, weil das Gespräch im Vorfeld der Beauftragung des Architekten geführt wurde. Bei dem späteren Vertragsabschluß war der Zeuge nach eigenem Bekunden nicht anwesend.

    Eine solche Vertragsgestaltung kann auch nicht nach den Regeln des Anscheinsbeweises angenommen werden. Sie widerspräche der Lebenserfahrung und würde dem Wesen eines Architektenvertrags auch nicht gerecht. Bei einem Architektenvertrag, der über alle Leistungsphasen geht, handelt es sich um einen Werkvertrag, in dem sich der Vertragsgegenstand von Schritt zu Schritt mehr konkretisiert. Entspricht es dem Wesen eines Bauvertrags als Langzeitvertrag, daß er der Kooperation beider Parteien bedarf (vgl. NJW 96, 2158), dann gilt das umso mehr für einen Architektenvertrag. Bei diesem stehen naturgemäß in der Regel allgemeine Zielvorstellungen am Anfang und wird erst mit der Entwicklung der einzelnen Leistungsstufen das vertragsgemäße Werk erarbeitet.

    Ist deshalb kein anderer Vertragsinhalt erwiesen, so verkörpert sich in dem vom Bauherrn gebilligten und der Genehmigungsbehörde vorgelegten Plan der vereinbarte Bau einschließlich der vorgesehenen Lage auf dem Grundstück als Vertragsgegenstand des Architektenvertrags. Denn dies ist das Ergebnis der pflichtgemäßen Voranfragen und Ermittlungen im Vorfeld der Planeinreichung und der entsprechenden vorbereitenden Besprechungen mit dem Bauherrn (vgl. hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Auflage Rn 790 ff).

    3) Soweit die Kläger ein Recht auf Nachbesserung geltend machen, ist ihnen zunächst entgegen zu halten, daß sie selbst nicht nachbessern können, da sie als Erben eines Architekten nur dann den Architektenvertrag fortsetzen könnten, wenn sie selbst Architekten wären. Ob sie sich eines Vertreters bedienen dürfen, kann aber dahinstehen. Denn ihnen steht ein Nachbesserungsrecht auch aus rechtlichen Gründen nicht zu.

    Bei einem vorzeitig beendeten Bauvertrag hat zwar der Architekt ebenso wie der Unternehmer ein Recht auf Nachbesserung (vgl. BGH BauR 87, 689; BGH BauR 88, 92; BGH MDR 01, 385). Eine Nachbesserung setzt aber eine Nachbesserungsfähigkeit des Werks voraus. Das könnte man annehmen, wenn die Modifizierung dieses eingereichten Planes eine dem Bauherrn zumutbare oder vom Vertrag gedeckte Planungsabweichung ergäbe. Davon kann im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Denn die vom Landratsamt als genehmigungsfähig vorgeschlagene Planung weicht - wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert - von der eingereichten Planung so weit ab, daß sich der Beklagte auf einen Plan dieser Art nicht einlassen muß.

    Nebenentscheidungen:

    Kosten: § 97 ZPO.

    Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 10 ZPO.

    Beschwer: § 546 Abs. 2 ZPO.

    Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor (§ 546 Abs. 1 ZPO).

    RechtsgebieteBGB, HOAIVorschriftenBGB § 631 HOAI § 15 Verfahrensgang: LG Regensburg 3 O 12/01