15.04.2024 · IWW-Abrufnummer 240861
Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 22.12.2021 – 16 U 182/20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.10.2020 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen ‒ 12 O 182/20 ‒ wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das erstinstanzliche Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages erbringt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 839.652,10 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
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A.
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Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Generalplanervertrag vom 25.06.2009 im Berufungsverfahren noch wegen einer angeblichen Bauzeitüberschreitung auf Zahlung in Höhe von weiteren 839.652,10 € in Anspruch.
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Insoweit macht die Klägerin geltend, die Bauzeit habe sich trotz planmäßigen Beginns wegen sechs im Verantwortungsbereich der Beklagten liegenden Störereignissen von fest vereinbarten 67 Wochen auf ca. 151 Wochen verlängert. Deshalb stehe ihr nach den Grundsätzen zur Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB eine Vergütung für den ihr angefallenen Mehraufwand von 705.590 € netto = 839.652,10 € brutto zu.
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Wegen des Sachverhalts, der dem Rechtsstreit im Einzelnen ‒ insbesondere auch hinsichtlich der herangezogenen sechs Störereignisse ‒ zugrunde liegt sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Klage in Bezug auf die im Berufungsverfahren allein noch streitgegenständliche Bauzeitüberschreitung abgewiesen. Es sei zwar zu einer Überschreitung der Bauzeit von mindestens 47 Wochen gekommen, allerdings handele es sich insoweit um vorhersehbare Verzögerungen, die keine Vergütungsanpassung rechtfertigten. Wegen der Begründung ‒ insbesondere auch hinsichtlich der Vorhersehbarkeit der einzelnen Störereignisse ‒ wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
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Gegen diese Klageabweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
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Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung insbesondere, das Landgericht habe die materiellen Grundsätze des § 313 BGB und die dazu ergangene Rechtsprechung verkannt. Dies wird in der Berufungsbegründung hinsichtlich der geplanten Bauzeit sowie der Verzögerungen durch die sechs Störereignisse weiter ausgeführt. Die Einzelheiten der Berufungsrügen ergeben sich aus Ziffer B. I. und II. dieses Beschlusses.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen ‒ Az. 12 O 531/19 ‒ vom 27.10.2020 die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 839.652,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2016 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insbesondere führt sie im Einzelen dazu aus, dass die streitgegenständlichen Störereignisse vorhersehbar gewesen bzw. ohnehin dem Risikobereich der Klägerin zugehörig seien.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
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B.
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Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel nach einstimmiger Überzeugung des Berufungsgerichts offensichtlich nicht begründet ist, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
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I.
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Zur Begründung der offensichtlichen Erfolglosigkeit der Berufung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss vom 28.07.2021 Bezug genommen. Darin heißt es:
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„Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage in dem mit der Berufung weiter verfolgten Umfang zu Recht abgewiesen.
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Der Klägerin steht gegen den Beklagten der allein berufungsstreitgegenständliche Anspruch iHv 839.652,10 € wegen Bauzeitverzögerung nicht zu.
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Das Landgericht hat insoweit zutreffend erkannt, dass zwar bei schwerwiegenden, unvorhersehbaren und nicht von dem Architekten zu vertretenden Bauzeitverzögerungen gemäß den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ein Anspruch auf Anpassung des Architektenhonorars besteht (vgl. auch BGH, Urt. v. 30.9.2004 ‒ VII ZR 456/01 = BauR 2005, 115 = NZBau 2005, 46; OLG Köln, Urt. v. 19.09.2013 ‒ 24 U 15/10 = BeckRS 2015,1032; OLG Dresden, Urt. v. 06.09.2018 ‒ 10 U 101/18 = BauR 2021, 850), deren Voraussetzungen aber nach dem Vorbringen der Klägerin im Streitfall nicht erfüllt sind.
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Die Klägerin stützt ihr Klagebegehren darauf, dass ihre Tätigkeit als Generalplanerin bei einer vereinbarten Bauzeit von 67 Wochen tatsächlich aufgrund von der Beklagten zu verantwortender sechs Störereignisse 151 Wochen gedauert habe, womit eine Bauzeit-Überschreitung von 84 Wochen vorliege, die nach § 313 BGB eine Honoraranpassung in beantragter Höhe zur Folge habe. Ihr dazu gehaltener Vortrag ist indes nicht geeignet, hinreichend substantiiert darzulegen, dass eine zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führende Bauzeitverzögerung gegeben ist:
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1.
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Der Klagevortrag zu einer Bauzeit-Überschreitung leidet schon an Unklarheiten hinsichtlich des zeitlichen Ansatzes einer möglichen Überschreitung. Die Klägerin beruft sich auf die Verbindlichkeit des Rahmenterminplanes gemäß Ziffer 6.1 des Generalplanervertrages vom 12./25.6.2009. Der Rahmenterminplan setzt den Beginn des Bauvorhabens mit dem 22.1.2009 an und endet mit dem 31.12.2010. Das ergibt eine ‒ von der Beklagten und dem Landgericht zugrunde gelegte ‒ planmäßige Bauzeit von 104 Wochen. Die Klägerin will eine planmäßige Bauzeit von 67 Wochen zugrunde legen. Die verbindliche Vereinbarung einer solchen erheblich kürzeren Bauzeit lässt sich den vertraglichen Vereinbarungen indes nicht entnehmen. Im Schriftsatz vom 21.7.2021 will die Klägerin den Baubeginn auf den 21.9.2009 und das Bauende auf den 31.12.2009 [- insoweit muss es richtig heißen: 31.12.2010 -] datieren, so dass sich eine planmäßige Bauzeit von 67 Wochen und eine ‒ von ihr angenommen - um 84 Wochen verlängerte Gesamtbauzeit von 151 Wochen ergäbe. Den Baubeginn will sie mit den Beginn der Objektüberwachungstätigkeit verknüpfen. In dem Generalplanervertrag vom 12./25.6.2009 ist die Klägerin jedoch zunächst mit Planungsaufgaben beauftragt worden. Die Objektüberwachung ist ihr erst mit Schreiben des Beklagten vom 9.12.2009 übertragen worden (Anl. K 5, Klageschrift S. 51, Bl. 51 d.A.). Auch wenn der Generalplanervertrag erst nach dem Projektbeginn geschlossen worden ist, kann die Bezugnahme auf den gesamten Zeitrahmen des Rahmenterminplanes (22.1.2009 bis 31.12.2010) als Kalkulationsgrundlage für eine etwaige spätere Honoraranpassung Sinn machen. Eine von der Klägerin angenommene vertraglich bindende Planbauzeit von 67 Wochen findet in dem Generalplanervertrag jedenfalls keine Stütze.
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2. Der Vortrag der Klägerin zu den von ihr genannten sechs Störereignissen mit einer von ihr behaupteten Gesamtdauer von 84 Wochen erfüllt nicht die Anforderungen der zum Schadensersatzanspruch wegen Bauzeitverzögerung erforderlichen konkreten bauablaufbezogenen Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe (vgl. dazu das Senats-Urteil vom 31.05.2017 - 16 U 98/16, BauR 2018, 1020, zitiert nach juris, Rz. 27) und legt somit keine schwerwiegende unvorhersehbare Veränderung im Sinne von § 313 BGB schlüssig dar.
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Im Einzelnen:
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a. Das Vorbringen zu dem ersten auf den Zeitraum vom 13.07. bis zum 07.09.2009 datierten Störereignis der fehlenden Projektfreigabe seitens des Verwaltungsrats des Beklagten vermag keine Bauzeitverzögerung ‒ von rechnerisch 8 Wochen ‒ zu substantiieren. Zum einen war der im Rahmenterminplan auf den 21.09.2009 datierte Baubeginn entgegen der Ansicht der Klägerin kein fixer Zeitpunkt, denn in dem Vorgang 36 des Rahmenterminplanes wird der 21.09.2009 als „frühest möglicher Baubeginn“ bezeichnet. Dieser im Verhältnis zu dem von der Klägerin betonten Vorgang 41 des Rahmenterminplanes vorrangige Oberbegriff bringt deutlich zum Ausdruck, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen späteren Baubeginn bestand. Die Klägerin hatte also Verzögerungen einzukalkulieren, so dass die auf den Zeitraum 13.07.-07.09.2009 datierte Störung ohne Relevanz bleibt. Zum anderen hat die Klägerin in ihrem vorprozessualen Anwalts-Schreiben vom 12.12.2012 (Anlage K 14) ausdrücklich erklärt, sie werde ‒ u.a. ‒ aus dieser ersten Störung keine Mehrhonoraransprüche ableiten. Diese rechtskundig abgegebene Äußerung war aus der gemäß den §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht des Beklagten als eine bindende Erklärung der Klägerin dahingehend zu verstehen, aus diesen tatsächlichen Umständen generell keine Rechte gegen ihn geltend zu machen.
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b. Auch der für das zweite Störereignis der Vergabebeschwerde im Gewerk Rohbauarbeiten von der Klägerin angesetzte Verzögerungszeitraum vom 27.11.2009 bis zum 30.03.2010 = 12 Wochen bleibt aufgrund ihrer soeben erläuterten Erklärung in dem Anwalts-Schreiben vom 12.12.2012 außer Betracht.
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c. Das Vorbringen zu den in dem Zeitraum vom 29.11.2010 bis zum 06.01.2011 herrschenden erheblichen Witterungseinflüssen in Form von Schnee und Eis vermag ebenfalls keine im Rahmen des § 313 BGB zu berücksichtigende Bauzeitverzögerung ‒ von rechnerisch 6 Wochen ‒ zu begründen. Zum einen stellt die Klägerin auch hinsichtlich dieses dritten Störereignisses maßgeblich auf die fehlende Projektfreigabe seitens des Verwaltungsrats des Beklagten sowie die Vergabebeschwerde im Gewerk Rohbauarbeiten ab, die zu einer Verschiebung bestimmter Arbeiten in den genannten Zeitraum geführt haben sollen (GA 61, 413, 473). Auch insoweit hat die Klägerin in dem Anwalts-Schreiben vom 12.12.2012 aber ausdrücklich erklärt, aus diesem dritten Störereignis keinen Mehrhonoraranspruch abzuleiten, womit sie aus den bereits genannten Gründen rechtsverbindlich erklärt hat, aus diesen tatsächlichen Umständen generell keine Rechte gegen den Beklagten geltend zu machen. Zum anderen fallen die Auswirkungen einer Winter-/Schlechtwetter-Periode ‒ wie auch die Klägerin in dem Anwalts-Schreiben vom 12.12.2012 einräumt ‒ in ihren Architekten-Risikobereich. Zu ergänzen ist, dass den Beklagten als Bauherrn selbst für außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse in Form von Frost, Eis und Schnee keine Abwehrpflicht trifft (s. BGH, Urt. v. 20.04.2017 - VII ZR 194/13 = NJW 2017, 2025 Rz. 17 ff).
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d. Auch der Vortrag der Klägerin, der Beklagte habe für die ihm am 10.02.2011 überlassene Anlagenkonzeption der Lüftung in dem Zeitraum vom 24.02.-02.05.2011 zunächst keine Freigabe erteilt, was als viertes Störereignis zu einer Bauzeitverzögerung von 11 Wochen geführt habe (GA 326, 475), ist unzureichend. Die Klägerin legt bereits nicht dar, dass sie durch die Übergabe am 10.02.2011 ihrerseits alles getan hat, um die zeitlichen Vorgaben des Rahmenterminplanes einzuhalten. Weiterhin führt sie nichts dazu aus, dass der von ihr eingeräumte Prüfungszeitraum von zwei Wochen (10.-24.02.2011) konkret den zeitlichen Vorgaben des Rahmenterminplanes entspricht bzw. generell zur Erteilung einer Freigabe ausreichend war.
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e. Das Vorbringen der Klägerin, der Beklagte habe für die Steuerung der Laborlüftungsanlagen zunächst keine Freigabe erteilt, was als fünftes Störereignis zu einer Bauzeitverzögerung von 20 Wochen geführt habe (GA 61, 328, 475), ist gleichfalls nicht hinreichend substantiiert. Der Vortrag der Klägerin ist wechselhaft und daher bereits wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlich. Während sie in der Klageschrift vom 20.12.2019 auf den Zeitraum vom 31.01.-04.06.2011 abstellt (GA 61), benennt sie in der Replik vom 17.07.2020 ohne klarstellende Erläuterung den ‒ zudem weniger konkret gefassten ‒ Zeitraum zwischen September 2011 und Ende Januar 2012 (GA 328), um letztlich in dem zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 21.07.2021 erneut ohne klarstellende Erläuterung auf den Zeitraum vom 24.01.-04.06.2012 abzustellen (GA 481).
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f. Auch bezüglich des sechsten Störereignisses der „immer weiteren“ (GA 63) Bauablaufstörung von 27 Wochen fehlt es an der erforderlichen zeitlichen Substantiierung. Weder in der Klageschrift vom 20.12.2019 (GA 63), noch in der Replik vom 17.07.2020 (GA 329-331), noch in der Berufungsbegründungsschrift vom 29.01.2021, die sich nicht ausdrücklich mit dem sechsten Störungsereignis befasst, ist ein konkreter Zeitraum genannt. Das gleiche gilt für den zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 21.07.2021, denn dieser benennt im Wesentlichen lediglich die Umstände und Auswirkungen der Störungsereignisse eins bis fünf, ohne jedoch das hier streitgegenständliche sechste Störereignis nachvollziehbar zeitlich einzuordnen (GA 482-484).
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g. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine schwerwiegende Veränderung im Sinne von § 313 BGB in Anlehnung an § 2 Abs. 7 VOB/B ‒ und auch nach dem Maßstab der Klägerin (GA 318) ‒ erst ab einer Überschreitung der geplanten Bauzeit von rund einem Viertel vorliegt (vgl. Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Koeble, 5. Aufl. 2020, 11. Teil Rz. 410 und 520, Koeble in Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 13. Aufl. 2017, § 4 Rz. 23, 92 ff.)."
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II.
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An dieser Begründung des Hinweisbeschlusses vom 28.07.2021 hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest. Die von der Klägerin dagegen mit Schriftsatz vom 17.09.2021 erhobenen Einwendungen geben keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung:
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1. Die Klägerin moniert, der Senat gehe gemäß Ziffer 2. des Hinweisbeschlusses vom 28.07.2021 fälschlicherweise von einem Schadensersatzanspruch aus. Dies trifft nicht zu, denn bereits im Eingang des Beschlusses vor Ziffer 1 und auch in zahlreichen Passagen der Ziffer 2 wird konstant auf eine Anpassung des Architektenhonorars unter dem Aspekt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB abgestellt. Der in Ziffer 2. erwähnte „Schadensersatzanspruch wegen Bauzeitverzögerung“ bezieht sich allein darauf, dass die dafür erforderliche konkrete bauablaufbezogene Darstellung der geltend gemachten Verzögerungen auch Voraussetzung für den streitgegenständlichen Fall der Mehrvergütung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist (vgl. in dieser Richtung auch zuletzt OLG Celle, Urt. v. 06.10.2021 ‒ 14 U 39/21 = MDR 2021, 1455, Rz. 51).
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2. Die Klägerin rügt weiter, der Senat missachte die erstinstanzlich getroffene Feststellung, wonach unstreitig eine Überschreitung der planmäßigen Bauzeit um zumindest 47 Wochen vorgelegen habe. Auch dieser Einwand bleibt erfolglos.
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Zwar findet sich auf Seite 12 des angegriffenen Urteils in den Entscheidungsgründen eine entsprechende Passage („Durch Überschreitung der Bauzeit von zumindest 47 Wochen …“). Dies stellt aber keine den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindende Feststellung dar, denn nach dem erstinstanzlichen Parteivorbringen bestehen konkrete Zweifel an der Richtigkeit der zitierten Überschreitung. Das Landgericht selbst hat zurecht als Behauptung der Klägerin aufgenommen, die geplante Bauzeit von 67 Wochen habe sich auf ca. 151 Wochen verlängert (UA S. 4) - was sogar eine Überschreitung um 84 Wochen ergibt. Als Behauptung des Beklagten hat es festgehalten, „der Rahmenterminplan sehe eine Bauzeit von 104 Wochen vor, so dass auch nach dem Klägervortrag eine Überschreitung von 47 Wochen vorläge, die aufgrund des Umfangs des Bauvorhabens nicht unüblich sei“ (UA S. 7). Dem Beklagtenvorbringen ist bei verständiger Auslegung gerade nicht zu entnehmen, dass der Beklagte seinerseits von einer Bauzeitüberschreitung von mindestens 47 Wochen ausgeht, so dass dieser entgegen der weiteren Einschätzung der Klägerin auch keinesfalls ihr Vorbringen nach § 138 Abs. 2 ZPO zugestanden hat. Denn zum einen zieht der Beklagte seinen Schluss auf Basis des von ihm nicht unstreitig gestellten, sondern ausdrücklich als Behauptung bezeichneten Klägervorbringens zu einer Gesamtprojektlaufzeit von 151 Wochen. Damit trägt der Beklagte eine Bauzeit-Überschreitung von 47 Wochen nicht als eigene Tatsache vor, sondern führt lediglich aus, welche Konsequenz sich aus dem Klägervorbringen ergibt. Und zum anderen spricht der Beklagte in unmittelbarem Anschluss an die angegebenen Stelle dem Rahmenterminplan ohnehin die Eigenschaft zur Festlegung einer einzuhaltenden Bauzeit ab, wenn er vorbringt, dieser sollte lediglich einen Überblick geben und sei zum Teil auch widersprüchlich.
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3. Die Klägerin beanstandet weiter, der Senat übersehe, dass die Parteien mit dem Zeitraum vom 21.09.2009 bis zum 31.12.2010 eine Bauzeit von 67 Kalenderwochen verbindlich zur Vertragsgrundlage gemacht haben. Die Meinung des Senats, dass eine vertraglich bindende Planbauzeit von 67 Wochen im Vertrag keine Stütze finde, sei angesichts der Angaben in dem Rahmenterminplan (die entsprechende Anlage 4 des Generalplanervertrages vom 25.06.2009 ist im Verfahren als Anlage K17 im Anlagenordner gesondert hervorgehoben) nicht nachvollziehbar. Diese Einwände wissen weiterhin nicht zu überzeugen, so dass es dabei bleibt, dass die Parteien keine feste Bauzeit zur Geschäftsgrundlage der Tätigkeit der Klägerin gemacht haben.
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Die Klägerin verkennt, dass einer auf Basis der in dem Generalplanervertrag vom 25.06.2009 enthaltenen Angaben und beigefügten Anlagen verpflichtenden Bauzeit vom 21.09.2009 bis zum 31.12.2010 = 67 Kalenderwochen bereits fundamental entgegensteht, dass die Klägerin erst am 09.12.2009 mit der Bauüberwachung beauftragt wurde. Da sie erst frühestens ab dem 09.12.2009 ihre personellen Ressourcen für die Überwachung der Bautätigkeiten einsetzen und vorhalten musste, konnte der ursprünglich ab dem 21.09.2009 geplante Baubeginn für ihre Überwachungstätigkeit nicht (mehr) bindend sein. Eine dem Rechnung tragende Anpassung der Bauzeit ist unstreitig nicht erfolgt.
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Weiterhin übersieht die Klägerin, dass in dem Rahmenterminplan entgegen ihrem weiteren Einwand sehr wohl von einem „frühestmöglichen Baubeginn“ die Rede ist, dieser Begriff wird in der Zeile zum Vorgang Nr. 36 sogar zweifach genannt. Mit der Verwendung des Adjektivs „frühestmöglich“ haben gemäß den §§ 133, 157 BGB beide Parteien deutlich gemacht, dass gerade kein fixes Baubeginn-Datum vereinbart wurde, sondern bereits bei Vertragsschluss eine konkrete Ungewissheit bestand, ob der für den 21.09.2009 avisierte Baubeginn ‒ aus welchen Gründen auch immer ‒ eingehalten würde.
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4. Fehlt es demzufolge schon an einer fest vereinbarten Laufzeit der Bauüberwachungstätigkeit der Klägerin und damit an einer Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB bedürfen die einzelnen Einwände der Klägerin gegen die Einschätzung des Senats zu den von der Klägerin vorgetragenen sechs Störereignissen sowie der Unzumutbarkeitsschwelle keiner abschließenden Bewertung mehr. Insoweit wird daher nur noch punktuell auf folgende Erwägungen verwiesen:
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a. Das auf die Zeit vom 13.07. bis zum 07.09.2009 datierte Störereignis 1 fällt in den Zeitraum noch vor der am 09.12.2009 erfolgten Beauftragung der Klägerin mit der Bauüberwachung. Da die Klägerin in dem genannten Zeitraum noch nicht die Bauleitung inne hatte, hatte sie im Verhältnis zu dem Beklagten auch noch keine Bauleiter vorzuhalten, so dass ihr auch kein Mehraufwand dadurch entstanden ist, dass sie ‒ wie von ihr vorgetragen ‒ ihre Bauleitungskräfte nicht in anderen Projekten einsetzen konnte.
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Entsprechendes gilt teilweise für das vom 27.11.2009 bis zum 30.03.2010 datierte Störereignis 2, denn in dem Zeitraum 27.11.-08.12.2009 hatte die Klägerin auch insoweit noch keine vertragliche Bauleitungsverpflichtung.
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b. Soweit die Klägerin im Ansatz zutreffend ‒ insoweit ist dem Senat ein vermeidbares Redaktions-Versehen unterlaufen ‒ rügt, dass das Schreiben vom 12.12.2012 (Anlage K14) nicht von einem Rechtsanwalt, sondern von der Klägerin stammt, ändert dieser Umstand nichts an der im Hinweisbeschluss vom 28.07.2021 vertretenen rechtlichen Einschätzung. Auch wenn die darin enthaltene Erklärung, aus den Störereignissen 1, 2 und 3 keine Mehrhonoraransprüche herleiten zu wollen, nicht von einem Rechtsanwalt im Namen der Klägerin abgegeben wurde, stellt diese aus der Sicht des Beklagten eine rechtlich bindende Verzichts- bzw Erlasserklärung dar. Denn das Schreiben vom 12.12.2012 wurde von Herrn Q. verfasst, der die Klägerin gemäß dem Rubrum des Generalplanervertrages vom 25.06.2009 auch bei dem Vertragsschluss vertretenen hatte. Gibt der bevollmächtigte Vertreter einer ‒ wie hier ‒ im Bauplanungsbereich bei Großprojekten tätigen Aktiengesellschaft nach in dem Schreiben vom 12.12.2012 erfolgter, durchaus umfassender Darstellung der beidseitigen Rechtspositionen eine Erklärung dahingehend ab, aus konkreten Störereignissen keine Mehrhonoraransprüche ableiten zu wollen, so ist dies nach dem gemäß §§ 133, 157 BGB maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Beklagten dahingehend auszulegen, dass ein Rechtsbindungswille zur Abgabe einer Erlass-Erklärung im Sinne von § 397 Abs. 1 BGB vorliegt. Die zum Vertragsschluss erforderliche Annahme seitens des Beklagten bedurfte gemäß § 151 Satz 1 BGB keines ausdrücklichen Zugangs bei der Klägerin, da dies wegen der für den Beklagten ausschließlich bestehenden Vorteile nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten war (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 16.03.2006 ‒ 5 U 75/05 = NJW-RR 2007, 270, 271).
46
c. Soweit die Klägerin schließlich noch meint, die Unzumutbarkeits-Schwelle beginne bereits ab einer Überschreitung der geplanten Bauzeit von 20%, sei darauf hingewiesen, dass die von ihr zitierte Entscheidung des BGH (Urt. v. 30.06.2011 ‒ VII ZR 73/10) in dem dritten Leitsatz ausdrücklich ausführt, dass nicht auf eine starre Risikogrenze von 20 % der Gesamtvergütung abgestellt werden kann sowie darauf, dass dem Senat generell gemäß § 287 ZPO ein Schätzungsermessen zusteht.
47
III.
48
Die Ansicht der Klägerin, einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO stehe jedenfalls entgegen, dass dem Verfahren wegen der Privilegierung öffentlicher Auftraggeber grundsätzliche Bedeutung zukomme, trifft schon deshalb nicht zu, weil der Senat in seiner Entscheidung nicht auf einen dem entsprechenden Grundsatz abstellt. Auch im Übrigen liegen die weiteren Voraussetzungen, unter denen die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen ist, vor. Der Senat hat den Rechtsstreit auf der Grundlage der anerkannten Grundsätze zur Störung der Geschäftsgrundlage beim Architektenvertrag alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts entschieden. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren ist nicht geboten.
49
C.
50
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.