Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 07.02.2024 · IWW-Abrufnummer 239570

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 07.11.2023 – 22 U 153/23

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf


    Tenor:

    Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung seiner Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt.

    Er erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis bis zum

    28.11.2023

    Stellung zu nehmen.

    1
    G r ü n d e :

    2
    I.

    3
    Der Kläger bot mit Angebot vom 19.01.2021 Leistungen der energetischen Fachplanung und Gebäudeplanung an. Das Angebot umfasste unter der Überschrift Baubegleitung „1 St“ Baubegleitung gemäß Bundesförderung für effiziente Gebäude, „1 St“ Lüftungskonzept gemäß DIN E 1946-6, „1 St“ Zusatzkosten für Antragstellung Auszahlung Zuschuss, als Eventualpositionen Ingenieurstunden und Fahrtkosten, unter der Überschrift Planung der Heizungsanlage „1 St“ Heizlastberechnung gemäß DIN EN 12821, „1 St“ Berechnung des hydraulischen Abgleichs im Rohrnetz, „1 St“ Heizflächenauslegung Heizkörper oder Heizelement je Heizkörper oder Heizelement, „1 St“ Projektierung des zentralen Energie- und Heizungssystems und als Eventualposition 3 Stunden für Bestandsaufnahme Heizflächen und Wärmeverteilung und unter der Überschrift Auslegung der Lüftungsanlage „1 St“ Projektierung Kellerlüftung, „1 St“ Projektierung Frischlufttechnik mit Wärmerückgewinnung und „1 St“ KfW Energieefffizient Bauen und Sanieren ‒ Zuschuss Brennstoffzelle. Die vorgenannten Positionen wurden in dem 12seitigen Angebot umfangreich textlich erläutert. Die zu den Positionen angegebenen Preise (ohne Eventualpositionen) belaufen sich auf 14.120,00 EUR netto = 16.802,80 EUR brutto. Der Beklagte nahm das Angebot mit Schreiben vom 24.02.2021 an.

    4
    Aufgrund von Streitigkeiten der Parteien wurde der Vertrag gekündigt.

    5
    Der Kläger hat auf Grundlage seiner Rechnung vom 04.05.2021 in erster Instanz einen Vergütungsanspruch für erbrachte Leistungen in Höhe von 15.722,80 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht.

    6
    In dieser Rechnung sind unter Überschrift Baubegleitung „0,6 St“ Baubegleitung gemäß Bundesförderung für effiziente Gebäude, „0,5 St“ Zusatzkosten für Antragstellung Auszahlung Zuschuss, unter der Überschrift „Planung der Heizungsanlage“ „1 St“ Heizlastberechnung gemäß DIN EN 12821, „1 St“ Berechnung des hydraulischen Abgleichs im Rohrnetz, „0,8 St“ Heizflächenauslegung Heizkörper oder Heizelement je Heizkörper oder Heizelement, „0,9 St“ Projektierung des zentralen Energie- und Heizungssystems und unter der Überschrift Auslegung der Lüftungsanlage „0,6 St“ Projektierung Frischlufttechnik mit Wärmerückgewinnung abgerechnet. Zudem sind in der Rechnung 20,5 Ingenieurstunden mit dem folgenden Leistungstext abgerechnet:

    7
    Ingenieurstunde für Datenaufnahme und Fahrtzeit am 20.04.2021, telefonische Angebotseinholung, Umplanung und Umzeichnung wegen falscher Pläne für das Dach, Anpassungen Polysun (geänderte Verbrauchsdaten und Pläne) Alle Leistungen, die nicht über Pauschalleistungen abgedeckt sind, werden zum Nachweis abgerechnet. Die Abrechnung erfolgt je angebrochene Viertelstunde.

    8
    Der Beklagte ist dem Vergütungsanspruch entgegen getreten. Wegen Verzögerungen bei der Erbringung der Leistung sei der Vertrag beendet worden und die Leistungen seien für ihn wertlos. Er hat mit einer Gegenforderung in Höhe von 5.400,00 EUR die Aufrechnung erklärt.

    9
    Der Kläger hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung eine neue Schlussrechnung vorgelegt und seine Klage erweitert. Mit Schlussrechnung vom 15.06.2023 hat er „0,6 St“ Baubegleitung gemäß Bundesförderung für effiziente Gebäude, „0,5 Ant“ Zusatzkosten für Antragstellung Auszahlung Zuschuss und Baubegleitung (BAFA) und gemäß § 55 HOAI berechnetes Honorar für die Wärmeversorgungsanlagen und Starkstromanlagen geltend gemacht. Die Schlussrechnung vom 15.06.2023 beläuft sich auf 21.583,75 EUR netto = 25.684,66 EUR brutto.

    10
    Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen und der in erster Instanz gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger 3.058,30 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung zu zahlen. Die Klageänderung sei nicht zulässig, da Sachanträge spätestens in der mündlichen Verhandlung gestellt werden müssten, auch wenn ein Schriftsatznachlass gewährt sei. Dahinstehen könne die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Vertrag von dem Beklagten gemäß § 648 BGB gekündigt oder einvernehmlich aufgehoben oder von dem Beklagten gemäß § 648a BGB gekündigt worden sei. Denn in allen Fällen stehe dem Kläger ein Anspruch auf die von ihm erbrachten Leistungen zu. Die fehlende Prüfbarkeit der Rechnung vom 04.05.2021 stehe der Fälligkeit des Honoraranspruchs des Klägers nicht entgegen, weil innerhalb von 30 Tagen keine Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Rechnung erhoben worden seien. Dem Kläger stünden aus der Rechnung die voll abgerechneten Positionen Heizlastberechnung gemäß DIN EN 12831 und Berechnung des hydraulischen Abgleichs im Rohrnetz zu. Diese Leistungen seien erbracht. Zudem stehe dem Kläger aufgrund einer Umplanung ein zusätzlicher Vergütungsanspruch für den hierdurch verursachten Zeitaufwand zu, der in Höhe von 14 Stunden nachgewiesen sei. Die danach insgesamt geschuldete Vergütung belaufe sich auf 2.570,00 EUR netto = 3.058,30 EUR brutto. Im Übrigen sei die Klage nicht schlüssig. Die Grundsätze der Abrechnung eines gekündigten Detailpauschalvertrags seien auch für die Schlüssigkeit der Klage zu beachten. Der Kläger habe bei den teilweise angesetzten Positionen nicht dargelegt, welche Leistungen insgesamt zu erbringen gewesen wären, welche Leistung erbracht worden seien und welcher Anteil des Angebotspreises der jeweiligen Position auf die erbrachten Leistungen entfalle. Der Vergütungsanspruch des Klägers sei nicht durch die Aufrechnung erloschen, der zur Aufrechnung gestellte Gegenanspruch sei nicht begründet.

    11
    Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er Zahlung weiterer 22.626,36 EUR begehrt.

    12
    II.

    13
    Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

    14
    Das Landgericht war nicht veranlasst, wegen der Vorlage der neuen Schlussrechnung vom 15.06.2023 die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

    15
    Die Ansicht des Klägers, er könne nach Mindestsätzen abrechnen, ist rechtsirrig. Das schriftliche Angebot des Klägers datiert auf den 19.01.2021, die schriftliche Annahme des Beklagten auf den 24.02.2021. Anwendbar ist somit die HOAI in der seit dem 01.01.2021 geltenden Fassung (§ 57 Abs. 2 HOAI). Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 HOAI richtet sich das Honorar nach der Vereinbarung, die die Vertragsparteien in Textform treffen. Eine Bindung der Parteien an Mindest- und Höchstsätze besteht nach der Neufassung der HOAI nicht mehr (Beck HOAI/Berger § 7 Rn. 4 ff.; Werner/Pastor/Werner Rn. 595). Der unzureichenden Darlegung zu den erbrachten Leistungen kann der Kläger daher mit der Vorlage der Schlussrechnung vom 15.06.2023 nicht abhelfen.

    16
    In seinem Angebot hat der Kläger zu den Leistungspositionen zahlreiche Leistungen zusammengefasst und für diese Leistungen nicht näher aufgegliederte Einheitspreise angeboten. Das Landgericht hat zutreffend gefolgert, dass bei einer solchen Gestaltung des Angebots bei Abrechnung nach Kündigung und nur teilweiser Erbringung der Leistungen so abgerechnet werden muss, wie im Falle der Kündigung eines Pauschalvertrages. Dabei ist allein die Besonderheit zu beachten, dass hier mehrere Pauschalen gebildet worden sind, die Bewertung also bezogen auf die Einheitspreise zu erfolgen hat. Diesen Anforderungen genügt die Abrechnung nicht, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat. Es genügt nicht, wenn der Kläger ohne nähere Begründung die erbrachten Leistungen mit Prozentsätzen bewertet (OLG Köln, Urt. v. 15.1.2021 ‒ 19 U 15/20, BauR 2023, 513; KG, Urt. v. 22.3.2013 ‒ 7 U 218/11, IBR 2014, 741).

    17
    Soweit der Kläger geltend macht, er habe die von ihm geschuldeten Leistungen zu mehr als 95 % erfüllt, ist das nach seinem Zahlenwerk nicht zutreffend. Der Angebotspreis belief sich auf 14.120,00 EUR netto (ohne Eventualpositionen). Mit der (ersten) Schlussrechnung hat der Kläger ‒ lässt man die zusätzlichen Kosten für die Umplanung außer Acht ‒ 11.060,00 EUR netto abgerechnet. Das sind ca. 78 % der Angebotssumme. Bezogen auf die einzelnen Positionen macht der Kläger je 50 %, 60 %, 80 % und 90 % bei den abgerechneten Positionen geltend. Für einen solchen Fall kommt es jedenfalls nicht in Betracht, die erbrachten Leistungen so zu bewerten, dass vom Gesamtpreis die Vergütung für nicht erbrachte Leistungen abgezogen wird (OLG Hamm, Urt. v. 10.01.2006 ‒ 24 U 94/05, NJW-RR 2006, 1392). Das gilt um so mehr, als im vorliegenden Fall der Abzug nicht nachvollziehbar ist.

    18
    Im Übrigen sind die erbrachten Leistungen in der Schlussrechnung vom 15.06.2023 nicht schlüssig dargelegt. In erster Instanz hat der Kläger zur Stützung seiner Schlussrechnung vom 04.05.2021 ein unkommentiertes Anlagenkonvolut vorgelegt, um seine Leistungen zu belegen. Durch welche Anlage welche Grundleistungen belegt werden sollen, lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen.

    19
    Ergänzend weist der Senat darauf, dass der Kläger die Regelung in §§ 650p, 650r BGB nicht beachtet hat. Die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele sind seinem Angebot nicht zu entnehmen. Der Kläger hätte daher dem Beklagten eine Planungsgrundlage zur Zustimmung vorlegen müssen. Da dies nicht geschehen ist, kann der Kläger keine Vergütung für solche Leistungen verlangen, die erst nach Abschluss der sog. Zielfindungsphase zu erbringen waren (OLG Frankfurt, Urt. v. 16.05.2022 ‒ 29 U 94/21, NJW 2022, 3516). Solche sind in der Schlussrechnung vom 15.06.2023 enthalten. Mit ihr werden die Leistungsphasen 1-3 und 5-6 abgerechnet.

    20
    Der Zeuge A. war nach der zutreffenden Begründung des Landgerichts (LGU Seite 10) nicht zu vernehmen. Mit den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts setzt sich die Berufung nicht auseinander.

    21
    Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben.

    22
    Der Senat weist darauf hin, dass über die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nicht zu entscheiden ist, wenn die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 zurückgewiesen wird. § 524 Abs. 4 ZPO findet auf die Klageerweiterung entsprechende Anwendung (BGH, Beschl. v. 06.11.2014 ‒ IX ZR 204/13, NJW 2015, 251).

    23
    Der Senat weist zudem darauf hin, dass der Streitwert für die erste Instanz gemäß § 63 Abs. 3 GKG abzuändern sein wird. Der Beklagte hat hilfsweise aufgerechnet und in Höhe der zugesprochenen Forderung hat das Landgericht über die Aufrechnung entschieden. Danach ist der Streitwert gemäß § 45 Abs. 3 GKG auf 18.781,10 EUR für die erste Instanz zu erhöhen. Insoweit liegt ein offenbares Versehen des Landgerichts bei der Streitwertfestsetzung vor. Das Landgericht ist für die von ihm bestimmte Kostenquote von einem Streitwert in Höhe von 18.781,10 EUR und einem Teilunterliegen des Beklagten in Höhe von 3.058,30 EUR (Honorarforderung) und weiteren 3.058,30 EUR (unbegründete Aufrechnung, soweit sie den Streitwert erhöht hat) ausgegangen.