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  • 16.08.2023 · IWW-Abrufnummer 236847

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 12.05.2023 – L 8 BA 2807/22

    1. Bei der Erbringung von Architektur- und Planungsleistungen liegt dann keine abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor, wenn Grund der Beauftragung eine Spezialisierung und Nutzung einer eigenen patentgeschützten Software ist und die Leistungen ganz überwiegend in den Büroräumen des Auftragnehmers erbracht wurden. Dass die Auftraggeberin die vom Auftragnehmer erstellten Leistungen auf die Erfüllung der gesetzten Vorgaben kontrolliert hat, entspricht dem üblichen Vorgehen bei einem Werkvertrag, bei dem das Werk im Rahmen der Abnahme auf die Erfüllung der vereinbarten Eigenschaften und Zielvorgaben geprüft wird.

    2. Die vereinzelte Wahrnehmung von Terminen am Firmensitz der Auftraggeberin zum Zwecke der Koordinierung führt nicht per se zur Eingliederung in den Betrieb. Derartige Besprechungen sind bei großen Arbeitsaufträgen mit mehreren Gewerken üblich und erforderlich, um die verschiedenen Teilleistungen zeitlich zu koordinieren und in den gegenüber dem Kunden der Auftraggeberin vereinbarten Zeitplan einzupflegen (im vorliegenden Fall Fassadenplanung beim Bau einer U-Bahn-Station). Das Kriterium der Eingliederung bedarf bei komplexen Planungsleistungen mit mehreren Gewerken und Unternehmern insoweit der Fortentwicklung an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt.


    Landessozialgericht Baden-Württemberg

    Urteil vom 12.05.2023

    L 8 BA 2807/22

    Der 8. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat ohne mündliche Verhandlung am 12.05.2023 für Recht erkannt:

    Tenor: Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.07.2022 wird zurückgewiesen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren.

    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 5.000 Euro festgesetzt.

    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene in der Zeit ab dem 01.05.2017 bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

    Der 1973 geborene Beigeladene S1 (nachfolgend Beigeladener) ist Diplom-Ingenieur der Architektur. Die Klägerin ist ein Ingenieurbüro, welches auf die Tragwerks- und Fassadenplanung von nationalen und internationalen Bauprojekten in den Bereichen Hochbauten, Stahlbau, Holzbau, Brücken und Flughäfen spezialisiert ist. Schwerpunkt bildet die Entwicklung von Sonderlösungen komplexer Tragwerke und Fassaden.

    Im Rahmen eines U-Bahn-Bauprojektes in R1 wurde die Klägerin für die F1 GmbH (Unternehmen der G1) auf der Grundlage eines am 08.03.2017 geschlossenen Dienstleistungsvertrages tätig. Sie übernahm für das Projekt M1 eine konkret bezeichnete Planungsleistung. Der Beigeladene wiederum übernahm im Rahmen dieses Projektes für die Klägerin die Werk- und Montageplanung für die Fassade als Grundlage für die Fertigung.

    Am 27.04.2017 schlossen die Klägerin und der Beigeladene für das Projekt/Bauvorhaben "21, R1, S2", einen mit "Vertrag über freie Mitarbeit" überschriebenen Vertrag mit u.a. folgendem Inhalt:"§ 1 Tätigkeit

    Der Auftraggeber ist von der Firma G2 (nachfolgenden Hauptauftraggeber) mit Planungsleistungen für das Bauvorhaben beauftragt worden. Im Wege der Sub-Vergabe überträgt der Auftraggeber dem Auftragnehmer hiervon Leistungen im Rahmen der 'P1' (Arbeitsvorbereitung) Aufgaben. Vom Auftragnehmer sind die von ihm im als Anlage 1 beigefügten Angebot beschriebenen Leistungen zu erbringen. Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer zunächst mit den dort genannten Leistungen. Über eine Auftragserweiterung verständigen sich die Parteien zu gegebener Zeit.

    Der Auftragnehmer ist verpflichtet, weitere Leistungen für das Projekt zu übernehmen und hierfür Kapazität bereit zu halten. Der Auftragnehmer unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers. Er ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei. Er hat jedoch bei seinen Leistungen auf besondere betriebliche Belange des Auftraggebers im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit jedoch Rücksicht zu nehmen.

    Der Auftragnehmer ist an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder Arbeitszeit gebunden. Projektbezogene Zeitvorgaben des Auftraggebers sind ebenso einzuhalten wie fachliche Vorgaben, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind. Gegenüber den Angestellten des Auftraggebers hat der Auftragnehmer keine Weisungsbefugnis.

    Sofern der Auftragnehmer zwischen den oder innerhalb der ihm zur Verfügung gestellten Planunterlagen Widersprüche oder Abweichungen feststellt, ist er verpflichtet, den Auftraggeber unverzüglich auf diesen Umstand hinzuweisen. Die Leistungen des Auftragnehmers müssen den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, den anerkannten Regeln der Technik und dem Grundsatz der größtmöglichen Wirtschaftlichkeit entsprechen.

    § 2 Leistungserbringung

    Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers.

    Der Auftragnehmer übt seine Tätigkeit in seinen eigenen Räumlichkeiten aus. Soweit in Einzelfällen eine betriebliche Anwesenheit beim Auftraggeber erforderlich wird, stellt der Auftraggeber nach jeweiliger vorheriger Absprache die entsprechenden betrieblichen Einrichtungen zur Verfügung. Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer alle zur Ausübung seiner Tätigkeiten erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen zur Verfügung.

    Beide Vertragsparteien verpflichten sich zur gegenseitigen Kenntnisgabe, sofern sich bei der Vertragsdurchführung Abwicklungsschwierigkeiten oder aber vorhersehbare Zeitverzögerungen ergeben sollten.

    § 3 Vergütung

    Als Vergütung wird ein Stundenhonorar von 37,50 € zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, jeweils bis zum Zehnten des Folgemonats eine spezifizierte Abrechnung in Form einer Rechnung zu erstellen. Der Auftragnehmer ist ferner verpflichtet, den Auftraggeber innerhalb von einer Woche nach Anfall der Leistungen schriftlich über den jeweiligen Umfang zu informieren.

    § 4 Aufwendungsersatz und sonstige Ansprüche

    Der Auftragnehmer hat Anspruch auf Ersatz der abgerechneten und nachgewiesenen Aufwendungen, die ihm im Rahmen dieser Vereinbarung in der Ausübung seiner Tätigkeit entstehen. Die Ausgaben werden jedoch nur dann ersetzt, wenn der Auftragnehmer zuvor die schriftliche Zustimmung des Auftraggebers eingeholt hat.

    Die Versteuerung des Honorars sowie dessen eventuelle sozialversicherungsrechtliche Behandlung obliegen dem Auftragnehmer. Der Auftragnehmer wird darauf hingewiesen,
    dass er nach § 2 Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig sein kann, wenn er auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist.

    § 5 Haftung und Gewährleistung

    Sollte der Auftragnehmer auf Grund von Leistungen, die vom Auftragnehmer erbracht wurden, in Haftung genommen werden, so verpflichtet sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer, diesen von derlei Haftung freizustellen, soweit nicht der schadensursächliche Fehler vom Auftragnehmer grobfahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde.

    § 6 Konkurrenz

    Der Auftragnehmer darf auch für andere Auftraggeber tätig sein. Möchte der Auftragnehmer allerdings für einen unmittelbaren Wettbewerber des Auftraggebers tätig werden, bedarf dies der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers.

    § 7 Verschwiegenheit, Aufbewahrung und Rückgabe von Unterlagen[...]

    § 8 Urheberrecht

    Eventuelle Urheberrechte an den Leistungen des Auftragnehmers werden zur dauerhaften Nutzung auf den Auftraggeber übertragen und sind mit dem vereinbarten Honorar abgegolten. Das schließt auch das Recht zur nachträglichen Änderung und Verwertung ein.

    § 9 Termine/Fristen

    Der Auftragnehmer hat seine Leistungen gemäß dem als Anlage 2 beigefügten Rahmenterminplan zu erbringen. Die genannten Termine sind verbindliche Vertragsfristen. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, um sämtliche Vertragsfristen einzuhalten. Wird erkennbar, dass die Termine insgesamt oder zum Teil nicht eingehalten werden können, hat der Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe über die voraussichtliche Dauer der Verzögerung zu informieren und konkrete Vorschläge zur Abhilfe zu unterbreiten. Durch die Mitteilung einer voraussichtlichen Terminverzögerung ändern sich in keinem Fall die vereinbarten Termine, soweit nicht einvernehmlich neue Termine vereinbart werden.

    § 10 Vertragsdauer

    Der Auftragnehmer nimmt die Tätigkeit am 01.05.2017 auf. Das Vertragsverhältnis besteht für die Zeit der Mitarbeit an dem Projekt L1 2' voraussichtlich bis zum 31. August 2017. Über die freie Mitarbeit an einem Folgeprojekt/-gegenstand kann eine neue Vereinbarung abgeschlossen werden. Eine solche Nachfolgevereinbarung bedarf wiederum der Schriftform. Dieses Formerfordernis kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden.

    § 11 Kündigung

    Unbeschadet des Rechts des Auftraggebers, das vorliegende Vertragsverhältnis jederzeit gemäß § 649 S. 1 BGB zu kündigen, können die Parteien den Vertrag nur aus wichtigem Grund kündigen. In jedem Fall einer Kündigung oder sonstigen Beendigungen des Vertragsverhältnisses hat der Auftragnehmer seine Arbeiten so abzuschließen, dass es einem vom Auftraggeber beauftragten Dritten ohne unangemessene Schwierigkeiten möglich ist, die Leistungen zu übernehmen und das Projekt weiterzuführen.

    § 12 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften

    Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.

    § 13 Nebenabreden und salvatorische Klausel[...]."Am 09.08.2017 stellten die Klägerin und der Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich der von dem Beigeladenen für die Klägerin seit dem 01.05.2017 ausgeübten Tätigkeit. Sie beantragten festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege.

    Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gab der Beigeladene an, im Zusammenhang mit der zu beurteilenden Tätigkeit keine eigenen Arbeitnehmer/Auszubildenden zu beschäftigen, für mehrere Auftraggeber (die Klägerin und S4) tätig zu sein, neben dem zu beurteilenden Vertragsverhältnis selbständig tätig zu sein und über eine berufliche Haftpflichtversicherung zu verfügen. Die Auftragsausführung sei nicht kontrollgebunden, die Arbeitszeiten seien frei einteilbar, die Tätigkeit werde im Homeoffice ausgeübt und Besprechungen fänden nach Anforderung statt. Unternehmerisch trete er am Markt durch direkte Kontaktaufnahmen mit Interessenten auf.

    Auf Nachfrage der Beklagten legte der Beigeladene mit Schreiben vom 01.09.2017 Rechnungen vor und gab an, dass er Diplom-Ingenieur der Architektur sei und neben anderen Tätigkeiten (am Lehrstuhl für CAD) über fünf Jahre im Fassadenbau einer international tätigen Firma gearbeitet habe. Zudem verfüge er über erweiterte Kenntnisse in Softwareentwicklung und Produktionstechnologien (Stichwort: Industrie 4.0). Für das Projekt "L1 2" sei er mit der Werkplanung für die Fassade betraut gewesen. Es habe keine Einweisung oder Einarbeitung in die Tätigkeit gegeben, da er diese bereits bei seiner fünfjährigen Tätigkeit bei einer Fassadenbaufirma ausgeübt habe. Dabei handele es sich um selbständiges Arbeiten. Es gebe keine Begrenzung der abzurechnenden Stunden und auch kein Gesamthonorar. Es bestehe keine Verpflichtung, die Aufnahme, Unterbrechung und Beendigung der Tätigkeit der Klägerin gegenüber zu melden. Es gebe keine Vereinbarung bei längerer Verhinderung, dies sei sein Risiko. Berichte für die Klägerin seien nicht zu fertigen. Besprechungen zum jeweiligen Projekt würden meist einmal im Monat bei der Klägerin stattfinden. Die Planungsaufgabe sei komplex und persönlicher Kontakt daher notwendig. Der Projektleiter, die Büroleitung und die ausführende Firma würden an den Besprechungen teilnehmen. Die Koordination bei der Erfüllung des Auftrages übernehme der Projektleiter und die ausführende Firma. Zur Ausübung der Tätigkeit benötigte Arbeitsmittel seien Computer, Software, selbstentwickelte Programme, Drucker, Büro, Büroeinrichtung, Internetzugang und monatliche Cloud-Lizenz. Von der Klägerin würden keine Arbeitsmittel bereitgestellt werden. Er habe ein eigenes Büro mit allem Equipment (DIN A3 Laserdrucker, Hochleistungs-PC, Simulationsprogramme, CNC-Fräse etc.), für das er die Kosten selber trage. Eigenes Kapital zur Ausübung der Tätigkeit werde in Form der getätigten Investitionen für die bereits aufgeführten Arbeitsmittel (ca. 10.000,00 €) eingesetzt. Die Übergabe/Kontrolle/Abnahme der Arbeit erfolge meist über das Internet, einmal im Monat vor Ort bei der Klägerin. Zu Koordinationsaufgaben sei er bei der Klägerin in S3 in einem Hotel (meistens Hotel O1 über ca. 1,5 Wochen im Monat) einquartiert, für das die Klägerin die Kosten übernehme. Der PC im Büro in S3 sei sein PC. Kundenwerbung werde insoweit betrieben, als der Beigeladene die Firmen selber anschreibe und ihnen sein Portfolio gebe. Er habe gerade 150.000,00 € Venturekapital für die Erstellung eines Prototypen für modulares Bauen bekommen. Diese Akquisen würden mündlich über bestehende Kontakte laufen.

    Die Klägerin gab auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 11.09.2017 an, den Beigeladenen mit Aufgaben in der "P1" (Arbeitsvorbereitung) betraut zu haben, konkret mit der Koordination von Datenübertragung und Details in ein 3D-Geometrie-Modell, dem Vorbereiten eines geeigneten 3D-Modells und dem Datenexport daraus als Grundlage für die Herstellung der Stahlbauteile, der Angabe von lokalen Koordinaten/fab-sheets im Excel-Format, der Erstellung von Fertigungszeichnungen, der Einrichtung und Koordinierung von Qualitätskontrollmechanismen (intern und extern) sowie dem Überprüfen und Bestätigen der Richtigkeit der Daten. Die Einweisung/Einarbeitung in die Tätigkeit sei vor Ort im Büro der Klägerin in S3 erfolgt. Die Arbeitszeiten, die sich aus den zu bearbeitenden Aufgaben ergeben würden, würden maximal 10 Stunden pro Tag und ca. 180 bis 200 Stunden pro Monat betragen, wobei keine Obergrenze vereinbart worden sei. Eine Meldung zur Aufnahme, Unterbrechung und Beendigung der Tätigkeit sei nicht vereinbart worden. Laut Vertrag sei der Beigeladene verpflichtet, der Klägerin innerhalb einer Woche nach Anfall der Leistungen über deren jeweiligen Umfang zu informieren. Eine Vereinbarung zu längeren Verhinderungen gebe es nicht. In wöchentlichen Abständen sei der Beigeladene verpflichtet, seine Tätigkeiten und Arbeitszeiten nachzuweisen. Dies erfolge in einer Excel-Tabelle. Abstimmungen würden täglich telefonisch erfolgen. Außerdem würden alle vier bis sechs Wochen Besprechungen im Büro der Klägerin in S3 stattfinden, an denen der Beigeladene teilnehme. Im Wesentlichen arbeite der Beigeladene mit einem bzw. zwei Diplom-Ingenieuren der Klägerin zusammen. Zur Ausübung seiner Tätigkeit benötige der Beigeladene einen Computer und sein Telefon. Von der Klägerin würden dem Beigeladenen keine Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden. Die Übergabe/Kontrolle/Abnahme der Arbeit erfolge durch ein Vier-Augen-Prinzip. Bei der Klägerin würden keine festangestellten Mitarbeiter mit einer inhaltlich gleich gelagerten Tätigkeit arbeiten, weshalb der Beigeladene beauftragt worden sei. Wenn die Tätigkeiten in den Räumen der Klägerin ausgeführt werden, übernehme sie die anfallenden Übernachtungskosten des Beigeladenen. Eine Kostenbeteiligung durch den Beigeladenen an den laufenden Kosten der Klägerin in S3 gebe es nicht.

    Mit Schreiben vom 29.11.2017 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu ihrer Absicht an, für den Beigeladenen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung mit der Folge der Versicherungspflicht in der Kranken-, der Pflege- und der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festzustellen.

    Der durch seinen Prozessbevollmächtigten vertretene Beigeladene nahm mit Schreiben vom 14.02.2018 Stellung und führte weiter aus, dass der Beigeladene als selbständiger Architekt und nicht als abhängig Beschäftigter tätig sei. Er sei Mitglied der Architektenkammer und bezahle seine Beiträge abhängig von seinem Gewinn in die Versorgungskammer der Architekten ein. Er sei bis zum 31.03.2016 bei der E1 GmbH als angestellter Architekt tätig gewesen und habe hier in einem Spezialbereich der Fassadenkonstruktion gearbeitet. Nachdem das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden sei, habe er sich entschieden, als Architekt im Bereich der Fassadenkonstruktion eine selbständige freiberufliche Tätigkeit ausüben zu wollen. Er habe bereits im Jahr 2016 seine Selbständigkeit vorbereitet und umfangreiche Software programmiert, die er im Rahmen seiner Selbständigkeit habe einsetzen können. Er habe sich im April 2017 selbständig gemacht. Für seine selbständige Tätigkeit habe er neben monatelangen Programmierarbeiten an seiner eigenen Software erheblich in die Ausstattung seines Büros investiert, insbesondere habe er für einen deutlich fünfstelligen Betrag einen Hochleistungs-PC, einen DIN A3 Laserfarbdrucker, Spezial-Simulationssoftware und sogar eine CNC-Fräse angeschafft. Er sei freiberuflich als Architekt mit speziellen Fähigkeiten im Bereich der Fassadenkonstruktion tätig. Er benutze für seine Tätigkeit insbesondere von ihm selbst programmierte Software, an der er aufgrund seiner Eigenentwicklung das Urheberrecht auch nicht aus der Hand geben möchte. Die Vereinbarung eines freien Dienstverhältnisses diene letztlich auch dem Schutz seines Urheberrechts an seinen Programmierungen. Er unterliege keinem Weisungsrecht und keinerlei Vorgaben hinsichtlich seiner Arbeitszeit. Er sei nicht an feste Dienstzeiten gebunden und müsse auch nicht jederzeit abrufbar sein. Die geführte Stundenaufzeichnung/der Stundennachweis diene alleine der Abrechnung seiner erbrachten Leistungen. Er bekäme keine einzelnen Aufgaben zugewiesen und sei nicht verpflichtet, solche beim Auftraggeber abzuarbeiten. Er sei nicht verpflichtet, seine gesamte Arbeitskraft einem Auftraggeber zur Verfügung zu stellen. Er unterliege keinen engeren Weisungen/Bindungen als die Klägerin ihrem Auftraggeber wiederum unterliege. Auch die Klägerin habe den Rahmenterminplan einzuhalten. Terminvorgaben seien typisch im Bereich entsprechender Auftragsvergaben. Er erhalte keine feste Vergütung, sondern rechne auf Stundensatzbasis ab, was ebenso typisch für freiberufliche Architekten sei. Die Vereinbarung eines Stundensatzes ermögliche es ihm, unternehmerisch tätig zu sein und wesentlich höhere Verdienstmöglichkeiten als in einer abhängigen Beschäftigung zu realisieren. Zu den erforderlichen Koordinierungsgesprächen suche er das Büro der Klägerin auf, arbeite auch in dieser Zeit an einem ihm allein gehörenden PC. Dass er an Besprechungen teilnehme und seine Werkplanung in Abstimmung mit der Klägerin bzw. orientiert an den Vorgaben und in Abstimmung mit anderen Gewerken erbringe, sei typisch und unabdingbar im Bereich solch komplexer Planungsleistungen. Dies entspreche dem Leistungsbild der Leistungsphase 5 nach der HOAI. Dass die Aufgabenstellung vertraglich "genau" definiert und durch den Auftraggeber erweiterbar sei und die Tätigkeit einer ständigen Abstimmung und dauernden Konkretisierung durch den Auftraggeber bedürfe, sei ebenso typisch für Planungsleistungen eines Architekten. Es sei eine Planungsleistung beauftragt, die statischen, verkehrssicherungsrechtlichen und designerischen Anforderungen entsprechen müsse. Eine über den Gegenstand der Werkplanung hinausgehende Berichtspflicht bestehe nicht. Auch sei ihm die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen möglich, hierzu sei lediglich die Zustimmung der Klägerin erforderlich. Schließlich hafte er für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gegenüber der Klägerin und habe hierfür eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen.

    Mit Bescheiden vom 26.02.2018 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit für die Klägerin im Bereich Architekturleistungen seit dem 01.05.2017 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und in dem Beschäftigungsverhältnis ab dem 01.05.2017 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Vorliegend würden die folgenden Tätigkeitsmerkmale für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprechen: Die Aufgabenstellung sei vertragsgemäß genau definiert und durch die Klägerin erweiterbar. Die persönliche Leistungserbringung sei die Regel. Der Beigeladene erhalte als Vergütung einen festen, gewinnunabhängigen, pauschalen Stundenlohn. Der Beigeladene habe vertragsgemäß eine Berichtspflicht zu erfüllen. Es erfolge eine Zusammenarbeit mit weiteren Mitarbeitern der Klägerin und es erfolge eine Teilnahme an Besprechungen. Die Tätigkeit erfordere eine ständige Abstimmung sowie eine dauernde Konkretisierung durch die Klägerin. Durch die zu führenden Stundennachweise habe die Klägerin die Möglichkeit einer Kontrolle der Arbeitszeit. Der Beigeladene habe einen Rahmenterminplan einzuhalten. Die Klägerin hafte für das Gesamtprojekt. Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit würde sprechen, dass die Tätigkeit zum Teil auch im eigenen Homeoffice mit eigenen Arbeitsmitteln ausgeübt werde. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Dass die Tätigkeit des Beigeladenen durch eigene Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sei, schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Auch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis könne durch Eigenverantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sein. Der Auftraggeber setze dann nur noch den äußeren Rahmen, in dem die Tätigkeit ausgeübt werde. Ferner schließe auch die formale Berechtigung, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen, das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Das Unternehmerrisiko sei zum einen durch den Einsatz finanzieller Mittel geprägt, um einen zum Zeitpunkt des Einsatzes dieser Mittel ungewissen Gewinn zu erzielen, zum anderen auch durch das Risiko des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft, wenn offen bleibe, ob der Arbeitende für seine Tätigkeit überhaupt Entgelt erhalte. Der Beigeladene erhalte vorliegend durch die Zahlung einer erfolgsunabhängigen Stundenpauschale eine Vergütung, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse. Die in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehende Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses am 01.05.2017, da die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nicht erfüllt seien, weil der Antrag auf Statusfeststellung erst am 09.08.2017 und damit nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses gestellt worden sei.

    Mit Schreiben vom 17.03.2018 und 19.03.2018 legten der Beigeladene und die Klägerin gegen die Bescheide der Beklagten vom 26.02.2018 jeweils Widerspruch ein.

    Zur Widerspruchsbegründung trug die durch ihren Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin mit Schreiben vom 03.04.2018 vor, es sei das kennzeichnende Kriterium eines Architektenvertrages, dass der Auftraggeber seine Aufgabenstellung präzise definiere. Gemäß § 650p i.V.m. § 650b BGB sei ferner Charakteristikum des Werkvertrages, zu dem der Architektenvertrag zähle, dass der Auftraggeber das Recht habe, den Auftrag zu erweitern. Auch gehöre es zum Wesen des Planervertrages, dass die in seinem Rahmen zu erbringenden Leistungen als Dienstleistungen der höheren Art in aller Regel persönlich erbracht würden. Entscheidend sei, dass gleichwohl die Möglichkeit zur Sub-Vergabe bestehe. Des Weiteren trage der Beigeladene ein eigenes Unternehmerrisiko, dessen Realisierung zu keiner Anpassung seines Honorars nach oben führen würde, wenn z.B. seine eigenen Arbeitsmittel im eigenen Büro versagen würden und er deswegen mit hohem Aufwand neue Geräte würde anschaffen müssen. Ferner sei die titulierte "Berichtspflicht" nichts anderes als die Auskunftspflicht, die jeder Auftragnehmer oder Dienstleister gegenüber seinem Dienstherrn oder Auftraggeber zu erfüllen habe. Weiterhin mache gerade das Wesen einer Bauplanung aus, dass die einzelnen Planungsbeteiligten in regelmäßigen Abständen zusammentreffen würden, um die eigenen Planungsbeiträge aufeinander abzustimmen. Es sei Charakteristikum eines Planungsprozesses, dass eine ständige Abstimmung und fortlaufende Konkretisierung stattfinde. Ferner sei der Stundennachweis lediglich erforderlich, um korrekt abrechnen zu können. Auch obliege jedem Teilnehmer an einem Planungsprozess die Einhaltung eines Rahmenterminplans und hafte jeder Generalplaner im Rahmen seiner Planungstätigkeit für das Gesamtprojekt und der jeweilige zuarbeitende Sub-Planer jeweils nur für seinen Leistungsbereich.

    Der Beigeladene trug zur Widerspruchsbegründung mit Schreiben vom 01.05.2018 ergänzend vor, dass auch einem freien Auftragsverhältnis immanent sei, dass "Weisungen" zum Inhalt des Auftrages und zu dessen Fertigstellung erteilt würden, ebenso wie die Kontrolle der Werkleistung und die Prüfung der Abrechnung des Auftragnehmers. Dazu sei der Werkunternehmer verpflichtet, eine prüfbare Rechnung vorzulegen. Wenn nun die Art und Weise der Ausführung durch Normen vorgegeben sei, dürfe die Einhaltung dieser Vorschriften durch den Auftragnehmer nicht mit der Erteilung von Einzelanweisungen durch den Auftraggeber verwechselt werden. Es würden keine Einzelanweisungen erteilt, sondern lediglich der Auftragsinhalt sei bestimmt. Die Art der Ausführung bleibe hingegen dem Beigeladenen überlassen. In der Art und Weise der Erstellung der Werkplanung sei er frei. Es bleibe ihm überlassen, wie er die Wünsche des Auftraggebers umsetze. Der Umstand, dass die Aufgabenstellung Werkplanung "genau definiert" sei, entspreche typischerweise dem werkvertraglichen Auftrag an einen Architekten zur Erstellung der Werkplanung. Auch eine ständige Abstimmung sei immanent. Ferner sei die Berichtspflicht eines Architekten gegenüber seinem Auftraggeber eine seiner originären Leistungspflichten. Der Beigeladene erstelle im Rahmen des streitgegenständlichen Auftrages eine Werkplanung bzw. Ausführungsplanung. Die Ausführungspläne würden alle Angaben enthalten, die zur Erstellung oder zum Umbau des Bauwerkes erforderlich seien. Der Architekt müsse den Auftraggeber über die Werkplanung und die Auswirkungen auf die einzelnen Gewerke, ggf. erforderliche Änderungen in der Entwurfsplanung informieren. Diese Berichtspflicht erfülle der Architekt in der Zusammenarbeit mit anderen Auftragnehmern und mit der Teilnahme an gemeinsamen Besprechungen. Des Weiteren zeige der Umstand, dass lediglich ein Rahmenterminplan einzuhalten sei, dem im Übrigen auch die Klägerin unterworfen sei, dass der Beigeladene (ansonsten) frei in seiner Zeiteinteilung sei. Das Führen einer Zeiterfassung lediglich zu Abrechnungszwecken könne kein Kriterium für eine abhängige Beschäftigung darstellen. Ferner mache gerade die Vereinbarung eines Stundensatzes die Gewinnmöglichkeiten des Beigeladenen aus. Der Beigeladene trage ein unternehmerisches Risiko, da er erheblich in sein Büro mit Anschaffung einer speziellen EDV-Anlage und einer CNC-Fräse investiert habe, und sein Honorar von der erfolgreichen Erstellung der Werkplanung abhängig sei. Auch sei er nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Er erbringe seine Leistungen überwiegend im Homeoffice.

    Mit Widerspruchsbescheiden vom 22.01.2019 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin und des Beigeladenen gegen die Bescheide vom 26.02.2018 zurück. Dem Begehren der Feststellung des Nichtbestehens einer abhängigen Beschäftigung könne nicht entsprochen werden. Die Klägerin sei für ihre Kundin, die F1 GmbH, im Rahmen eines U-Bahn-Bauprojektes in R1 tätig geworden. Sie habe die Planung der Fassaden übernommen und die F1 GmbH bei der Projektierung unterstützt. Der Beigeladene wiederum habe die Klägerin bei der Planung der Fassaden unterstützt. Er habe innerhalb des Auftrages der Klägerin eine Teilleistung übernommen. Vertraglich sei er dazu verpflichtet gewesen, weitere Leistungen für das Projekt zu übernehmen und hierfür Kapazitäten bereit zu halten. Es sei davon auszugehen, dass nicht lediglich eine Beratungsleistung habe eingekauft werden sollen und die Klägerin selbst über eine ausreichende Expertise verfüge, um auf dem Gebiet der Fassadenplanung tätig zu werden. Somit erscheine das Tätigwerden des Beigeladenen als Mitarbeit bei der Klägerin. Der Beigeladene habe lediglich den bei der Klägerin angestellten Mitarbeiterstamm personell um seine Arbeitskraft verstärkt. Der Beigeladene habe seine Arbeiten für die Klägerin sowohl am Betriebssitz der Klägerin als auch an seinem Wohnsitz erbracht. In der Wahl des Arbeitsortes sei er frei gewesen. Allerdings sei die Arbeitsleistung funktionsgerecht dienend in die Betriebsabläufe der Klägerin integriert gewesen. Der Beigeladene habe Aufgaben übernommen, die weitestgehend durch die Klägerin geplant worden seien, und habe der Klägerin seine Arbeitskraft an dem Ort, der zweckmäßig erschienen sei oder an dem der konkrete Arbeitsbedarf bestanden habe, zur Verfügung gestellt. Feste Arbeitszeiten seien dem Beigeladenen - insbesondere im Homeoffice - nicht vorgegeben gewesen, allerdings habe er die Termine für regelmäßige Besprechungen und die Abgabetermine zu beachten gehabt. Absprachen mit den Mitarbeitern der Klägerin seien den Angaben der Klägerin zufolge täglich erfolgt. Auch wenn der Beigeladene nicht überwiegend am Betriebssitz der Klägerin tätig geworden sei, sondern die Arbeiten am Betriebssitz und im Homeoffice zu ungefähr gleichen Teilen stattgefunden hätten, habe der Beigeladene mit den Mitarbeitern der Klägerin zusammengearbeitet. Die Kontrolle seiner Arbeit sei durch ein Vier-Augen-Prinzip erfolgt. Dass dem Beigeladenen bezüglich der Art und Weise der Tätigkeitsausübung durch die Klägerin keine detaillierten Weisungen erteilt worden seien, spreche nicht hinreichend für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Für gewöhnlich setze jedes Unternehmen Fachpersonal zur Ausführung spezieller Tätigkeiten ein, unabhängig davon, ob dieses in einem Beschäftigungsverhältnis stehe oder selbständig tätig sei. Auch ein Angestellter müsse über erworbenes Wissen verfügen. Der Beigeladene habe der Klägerin stundenweise seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und nicht etwa pauschal die Erstellung eines Werkes abgerechnet, sondern die abgeleisteten und durch Stundennachweis bestätigten Arbeitsstunden in Rechnung gestellt. Daher sei davon auszugehen, dass hier lediglich die Arbeitskraft des Beigeladenen stundenweise nachgefragt worden sei. Damit unterscheide sich seine Arbeitsleistung nicht von der, die die angestellten Mitarbeiter regelmäßig bei der Klägerin erbringen würden. Kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Die Beteiligten würden entscheiden, "ob" es zu einem Vertragsabschluss komme. Im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens werde hingegen erst eine Tätigkeit beurteilt, "wenn" ein Vertrag zustande gekommen sei. Mithin sei die Möglichkeit der Ablehnung eines Auftrages für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung irrelevant. Ferner sei der Beigeladene verpflichtet, die Leistungen persönlich zu erbringen. Selbst wenn er zur persönlichen Leistungserbringung nicht verpflichtet wäre, würde allein die formale Berechtigung, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen, das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließen, sofern die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Des Weiteren sei der Umstand, dass der Beigeladene für weitere Auftraggeber tätig werden könne, für die Beurteilung des vorliegenden Vertragsverhältnisses nicht maßgeblich. Die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber/Arbeitgeber sei durchaus üblich. Mehrfachbeschäftigungen seien dem Sozialversicherungsrecht nicht fremd. Auch seien Beschäftigungsverhältnisse und selbständige Tätigkeiten nebeneinander möglich. Das deutsche Recht kenne den Typus eines universellen Selbständigen, der in jeder Beziehung selbständig tätig sei, nicht. Auch komme es bei der Gesamtbetrachtung nicht auf die Summe der selbständig ausgeübten Tätigkeiten an. Vielmehr sei grundsätzlich jede Tätigkeit gesondert zu beurteilen und darauf zu untersuchen, ob unter den konkreten Arbeitsbedingungen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorherrschend seien. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Bei der Prüfung des Unternehmerrisikos sei zu berücksichtigen, dass die Zuweisung von Risiken an den Arbeitenden nur dann für Selbständigkeit spreche, wenn damit größere Freiheiten und größere Verdienstmöglichkeiten verbunden seien, die nicht bereits in der Sache angelegt seien, weil allein die Zuweisung zusätzlicher Risiken einen abhängig Beschäftigten noch nicht zum Selbständigen mache. Unternehmerische Tätigkeit zeichne sich dadurch aus, dass sowohl Risiken übernommen als auch gleichzeitig Chancen eröffnet werden müssten. Der Beigeladene stelle der Klägerin seine Arbeitskraft gegen Entgelt zur Verfügung und unterscheide sich dahingehend nicht von einem angestellten Mitarbeiter. Es erfolge keine Honorierung aufgrund eines Projekterfolges, sondern eine stundenweise Entlohnung der aufgewendeten Arbeitszeit. Selbst wenn der Beigeladene zu Hause über ein eigenes Büro mit Computer und Kommunikationsmitteln verfüge, werde hierdurch ein unternehmerisches Risiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen nicht begründet. Ein bedeutsamer Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden sei, liege für die Tätigkeit bei der Klägerin nicht vor. Das Risiko, für seine Arbeit (beispielsweise bei Insolvenz des Arbeitgebers) kein Entgelt zu erhalten bzw. bei nicht zufriedenstellender Arbeit nicht weiter beschäftigt bzw. beauftragt zu werden, stelle kein unternehmerisches Risiko im Sinne der Rechtsprechung dar. Dieses Einkommensrisiko und das Risiko der Nichtbeschäftigung würden auch beschäftigte Arbeitnehmer tragen. Auch spiele es keine Rolle, dass im Vertrag keine Regelungen über Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall getroffen worden seien. Die Aufnahme derartiger Regelungen gehöre nicht zu den Voraussetzungen für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern ein solches habe - regelmäßig - zur Folge, dass Urlaubs- und Lohnfortzahlungsansprüche entstehen könnten.

    Am 06.02.2019 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Klagebegründung hat sie ergänzend zu den Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgetragen, die Auffassung der Beklagten verkenne sowohl die Struktur des Ingenieurbüros der Klägerin als auch die Aufgabe, mit welcher der Beigeladene beauftragt worden sei. Der Beigeladene sei von der Klägerin für das Projekt eines U-Bahn-Baus in R1 beauftragt worden. Die von der Klägerin im Rahmen des Projektes "R2" geschuldeten und erbrachten Leistungen seien weit über das übliche Leistungsbild der Tragwerksplanung bzw. der Fassadenplanung hinausgegangen. Der Beigeladene habe als Auftragnehmer der Klägerin im Rahmen der Werkstattplanung 3D-Fabrikationsmodelle mit einem sehr hohen Detaillierungsgrad erstellt. Bei dem beschriebenen Detaillierungsgrad handele es sich um eine hochgradige Spezialisierung, für die das Büro der Klägerin keine dauerhafte Verwendung habe. Auch hätte die Klägerin dem Beigeladenen für seinen Arbeitsinhalt weder Ratschläge noch Anweisungen erteilen können. Die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, die Tätigkeit des Beigeladenen inhaltlich zu steuern und anzuweisen. Sie sei vielmehr auf das Fachwissen des Beigeladenen angewiesen gewesen. Eine Kontrolle der Arbeiten des Beigeladenen habe nicht vorgenommen werden können. Die Arbeit des Beigeladenen habe vielmehr nur übernommen und in die übrigen Leistungen der Klägerin integriert werden können. Der Beigeladene sei während des gesamten Bearbeitungszeitraums für das Projekt im Frühjahr und Sommer des Jahres 2017 lediglich drei Mal für jeweils vier Arbeitstage bei der Klägerin im Büro in S3 gewesen. Der Beigeladene unterhalte sein eigenes Büro in B1 und habe dort seine eigene hochspezialisierte Computerausrüstung nebst Programmen eingesetzt. Die Arbeiten des Beigeladenen seien keineswegs zu gleichen Teilen am Betriebssitz der Klägerin und im Büro des Beigeladenen erbracht worden. Soweit erforderlich, hätte es vielmehr fernmündlich oder per E-Mail einen fachlichen Austausch mit dem Projektleiter bei der Klägerin gegeben. Da es sich bei dem Beigeladenen um einen absoluten Spezialisten handele, sei es gar nicht anders möglich gewesen, als dass der Beigeladene die von ihm beizusteuernden Leistungen persönlich erbrachte. Besonderes Gewicht für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit bei Dienstleistungen komme der Umstand zu, ob der Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig sein könne und ob seine Vergütung deutlich über dem Bruttolohn für eine entsprechende sozialversicherungspflichtige Tätigkeit liege, was vorliegend zu bejahen sei. Bei einer freiberuflichen Dienstleistung, die ohne große betriebliche Investitionen ausgeübt werden könne, könne das Unternehmerrisiko nicht das wesentliche und entscheidende Indiz für eine selbständige Tätigkeit sein. Unternehmerrisiko bedeute, dass der Auftragnehmer der Gefahr ausgesetzt sei, nicht nur keine Einnahmen zu erzielen, sondern mit Ausgaben für sein Büro belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen würden. Genauso verhalte es sich hier. Hinzu komme, wenn - wie tatsächlich nicht - die Leistung des Beigeladenen mit Fehlern behaftet gewesen wäre, er diese wie jeder Werkunternehmer hätte nachbessern müssen.

    Das SG hat S1 mit Beschluss vom 05.08.2019 zum Verfahren notwendig beigeladen.

    Der durch seinen Prozessbevollmächtigten vertretene Beigeladene hat sich mit Schreiben vom 16.09.2019 dem klägerischen Antrag angeschlossen und hat ergänzend ausgeführt, ein hoch spezialisierter Architekt zu sein, der seine Leistung mittels selbst programmierter Software und mit eigener Hardware im Wert von über 10.000,00 € erbringe. Seine selbst programmierte Software, die sich auf seiner Computeranlage befinde, sei selbstverständlich im Hause der Klägerin nicht vorhanden. Ein arbeitgeberrechtliches Weisungsrecht habe zu keinem Zeitpunkt bestanden und sei auch zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin ausgeübt worden. Im Falle von Mängeln seiner Programmierung oder Planung hätte er selbstverständlich nachbessern müssen.

    Das SG hat mit Urteil vom 14.07.2022 den Bescheid der Beklagten vom 26.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019 aufgehoben und hat festgestellt, dass der Beigeladene seine Tätigkeit im Bereich Architekturleistungen bei der Klägerin in der Zeit ab dem 01.05.2017 selbständig ausgeübt hat und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

    Bei Ausübung der übernommenen Tätigkeit sei der Beigeladene nicht in den Betrieb der Klägerin dergestalt eingegliedert gewesen, als dass er einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterlegen habe. Dem Beigeladenen seien weder Ort noch Zeit und Dauer der Leistungserbringung vorgegeben worden. Auch habe die Klägerin keinen Einfluss auf die Ausführung der geschuldeten Dienstleistung genommen. Die Klägerin habe dem Beigeladenen für seinen Arbeitsinhalt weder Ratschläge geben noch Anweisungen erteilen können, vielmehr sei sie auf das Fachwissen des Beigeladenen angewiesen gewesen. Eine Weisungsgebundenheit ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu erforderlichen Koordinierungsgesprächen das Büro der Klägerin in S3 aufgesucht habe. Zum einen hätten diesen Gesprächen den Angaben des Beigeladenen und der Klägerin zufolge Terminabsprachen auf Augenhöhe zugrunde gelegen, sodass sie keineswegs Ausdruck eines einseitigen Direktionsrechts gewesen seien, und zum anderen seien derartige Koordinierungsgespräche unabdingbar im Bereich solch komplexer Planungsleistungen. Zudem habe sich der Beigeladene hinsichtlich seiner Tätigkeit im Homeoffice, wo er seine Leistungen überwiegend erbracht habe, weder mit der Klägerin absprechen, noch für diese im Rahmen etwa vorab festgelegter Zeiten erreichbar sein müssen. Auch sei der Klägerin nicht das Recht zugekommen, die Tätigkeit im Homeoffice einzuschränken und Präsenz vor Ort zu verlangen. Der Beigeladene habe ferner auch seinen Urlaub nicht mit der Klägerin abgestimmt. Die Klägerin habe mithin keine Rechtsmacht, dem Beigeladenen einseitig Vorgaben zu Ort und Zeit der Ausführung seiner Tätigkeit zu machen. Auch dem Umstand, dass der Beigeladene einen Rahmenterminplan einzuhalten gehabt habe, an den im Übrigen auch die Klägerin selbst gebunden gewesen sei, komme keine entscheidende Bedeutung zu. Dies sei ebenso typisch im Bereich derartiger Auftragsvergaben und beruhe daher auf der Natur der Sache. Dass der Beigeladene verpflichtet gewesen sei, jeweils bis zum Zehnten des Folgemonats eine spezifizierte Abrechnung in Form einer Rechnung zu erstellen und innerhalb von einer Woche nach Anfall der Leistungen schriftlich über den jeweiligen Umfang zu informieren, sei ebenfalls nicht von entscheidender Bedeutung. Die geführte Stundenaufzeichnung seien den Angaben des Beigeladenen und der Klägerin zufolge lediglich zu Abrechnungszwecken erfolgt. Überdies könne aus dem bloßen Bestehen einer Mitteilungs- oder Berichtspflicht nicht automatisch auf eine aus dieser folgenden Weisungsbefugnis beispielweise zur Optimierung der Dienstleistung geschlossen werden.

    Entgegen der Ansicht des Beklagten ergebe sich eine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen auch gerade nicht daraus, dass die Aufgabenstellung genau definiert gewesen sei. Aufgrund dessen, dass die geschuldete Leistung nicht derart unbestimmt war, dass sie etwa erst durch eine Eingliederung in den Projektbetrieb konkretisiert werden musste, habe sich der Beigeladene der betrieblichen Ordnung der Klägerin gerade nicht unterwerfen müssen. Dass eine regelmäßige "Abstimmung" (außerhalb der vor Ort bei der Klägerin erfolgten Koordinierungsgespräche) fernmündlich oder per E-Mail mit dem Projektleiter der Klägerin erfolgt sei, begründe vorliegend ebenso keine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen. Im Rahmen dieser notwendigen Kommunikation habe der Beigeladene seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung entsprechend lediglich die sich in einem Planungsprozess zum Teil verändernden Informationen erlangt, deren Kenntnis Grundlage seiner Arbeit gewesen sei. Konkrete Einzelanweisungen habe er im Rahmen dessen nicht erhalten. Vielmehr habe er inhaltlich weisungsfrei gearbeitet.

    Auch dass der Beigeladene verpflichtet gewesen sei, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen, und die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Klägerin bedurft hätten, sei nicht von entscheidender Bedeutung. Da den Angaben des Beigeladenen und der Klägerin zufolge zur Erbringung der geschuldeten Leistung nur sehr wenige Spezialisten im Bereich der Fassadenkonstruktion in der Lage gewesen seien, dürfte es schon faktisch unwahrscheinlich und daher eher theoretischer Natur gewesen sein, einen Dritten zu beauftragen. Die hohe Spezialisierung des Beigeladenen dürfte dem entgegengestanden haben.

    Der Beigeladene habe auch ein gewisses Unternehmerrisiko getragen. Er habe sein eigenes Büro mit den für die Ausübung seiner Tätigkeit notwendigen Arbeitsmitteln unterhalten. So habe er erheblich in die Ausstattung seines Büros mit einem Hochleistungs-PC, einem DIN A3 Laserfarbdrucker und Spezial-Simulationssoftware im Wert von insgesamt über 10.000,00 € investiert, wobei er auch das Risiko der Beschädigung/des Untergangs dieser zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigten Arbeitsmittel getragen habe. Ferner habe er in Vorbereitung seiner selbständigen Tätigkeit monatelang umfangreiche Spezial-Software, die so auf dem Markt nicht verfügbar sei, programmiert. Zur Erledigung der übernommenen Aufgabe habe er insbesondere auch gerade seiner selbst programmierten Software bedurft, an der er aufgrund seiner Eigenentwicklung das Urheberrecht nicht aus der Hand geben wollte. Mithin habe der Beigeladene nicht - wie die Beklagte meine - lediglich seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, vielmehr sei mit dem vereinbarten Stundensatz insbesondere auch der Einsatz der selbst programmierten Software abgegolten worden. Ferner sei hier auch von Bedeutung, dass dem Beigeladenen entsprechend seinen Ausführungen und denen der Klägerin von der Klägerin keinerlei Betriebsmittel zur Verfügung gestellt worden seien. Selbst während der in S3 bei der Klägerin erfolgten Koordinierungsgespräche habe der Kläger an einem in seinem Eigentum stehenden PC gearbeitet. Hinzu komme, dass der Beigeladene nicht lediglich die Bereitstellung seiner Arbeitsleistung, sondern die Erbringung konkret beschriebener Leistungen in Form der erfolgreichen Erstellung der Werkplanung geschuldet habe und demensprechend nur für die tatsächliche Ausübung seiner Tätigkeit, die gewisse Fortschritte verzeichnen und in dem geschuldeten 3D-Fabrikationsmodell mit dem beschriebenen sehr hohen Detaillierungsgrad münden musste, entlohnt worden sei. Wäre seine Leistung mit Fehlern behaftet gewesen, hätte seine Programmierung oder Planung Mängel aufgewiesen, hätte er zudem auf eigene Kosten nachbessern müssen. Darüber hinaus habe der Beigeladene das Risiko getragen, dass er mit seiner Arbeitsleistung ausfällt und keinen Verdienst erzielt. Nicht entscheidend sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin im Falle der in S3 stattgefundenen Koordinierungsgespräche die Übernachtungskosten des Beigeladenen übernommen habe. Dies sei gerade Ausdruck des ausgehandelten Aufwendungsersatzanspruchs des Beigeladenen und damit indirekt der Vergütung gewesen.

    Zwar würde die vertraglich vereinbarte Verpflichtung des Beigeladenen, weitere Leistungen für das Projekt zu übernehmen und hierfür Kapazität bereit zu halten, und auch die vereinbarte Haftungsfreistellung (außer im Falle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit) für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen und deren Gewichtung bleibe jedoch festzustellen, dass von einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen auszugehen sei.Die Beklagte hat gegen das ihr am 20.09.2022 zugestellte Urteil am 28.09.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die Beklagte hat zur Berufungsbegründung auf die Begründung der angefochtenen Bescheide sowie das Vorbringen im Klageverfahren verwiesen. Ergänzend hat die Beklagte vorgetragen, dass entgegen der Wertung des SG der Beigeladene weisungsgebunden im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe in der fremden Arbeitsorganisation der Klägerin tätig gewesen sei. Der Beigeladene werde zur Erfüllung der der Klägerin ihrer Kundin gegenüber obliegenden vertraglichen Leistung eingesetzt. Entsprechend der Angaben der Beteiligten habe der Beigeladene die Tätigkeit persönlich ausgeübt und habe einen Rahmenterminplan einzuhalten gehabt. Der Klägerin allein habe die Koordination bei der Erfüllung des Auftrages gegenüber ihrem Kunden oblegen. Die Klägerin habe einen Projektleiter gehabt, mit dem regelmäßige Besprechungen und Abstimmungen stattgefunden hätten (zum Teil vor Ort bei der Klägerin, wofür diese die Kosten übernommen habe). Der Beigeladene habe mit Diplom-Ingenieuren der Klägerin zusammengearbeitet, die Übergabe/Kontrolle/Abnahme der Arbeit sei durch ein Vier-Augen-Prinzip erfolgt, der Beigeladene habe eine vertraglich vereinbarte Stundenvergütung erhalten und die Klägerin habe gegenüber ihrer Kundin gehaftet. Dementsprechend sei der Beigeladene bei der immer in Abstimmung mit dem Projektleiter der Klägerin zu erbringenden Teilleistung arbeitsstrukturell in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen und zwar, entsprechend seines Dienstes höherer Art, entgegen der Wertung des SG, im Sinne der funktionsgerecht dienenden Teilhabe. Entgegen der Wertung des SG habe auch kein unternehmerisches Risiko des Beigeladenen bestanden, dem auch keine unternehmerischen Chancen gegenübergestanden hätten. Der Beigeladene habe den vereinbarten Stundenlohn erhalten. Dass der Beigeladene eigene Hardware und eine von ihm selbst programmierte Software eingesetzt habe, stelle kein unternehmerisches Risiko dar, da er unstreitig bereits 2016 seine Selbständigkeit vorbereitet und im Zuge dessen sowohl Hard- als auch Software angeschafft bzw. erstellt hatte. Demgemäß seien die Arbeitsmittel nicht für dieses Auftragsverhältnis mit der Klägerin angeschafft worden. Maßgeblich sei jedoch das konkret beantragte Auftragsverhältnis.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.07.2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Beigeladene beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Klägerin hat zur Berufungserwiderung vorgetragen, dass in der Berufungsbegründung der Beklagten keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der vom SG zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, insbesondere dem Urteil des BSG vom 23.05.2017 - B 12 KR 9/16 R - erfolge. Das SG habe auf der Grundlage dieser Rechtsprechung die gebotene Gesamtschau vorgenommen und sei zu der Wertung gelangt, dass für das Metroprojekt in R3 die Klägerin den Beigeladenen als Spezialisten im Bereich der Werk- und Montageplanung für die Fassade hinzugezogen habe, weil die Klägerin selbst für diesen speziellen Fall nicht über die entsprechende Software und das Know - How zu deren Bedienung verfügte. Es mache das Wesen von Zusammenarbeit aus, dass man sich aufeinander abstimme. Das sei etwas Anderes, als wenn sich der eine Beteiligte ohne Wenn und Aber in einer Organisation einfügen müsse. Die Klägerin habe nie mehr als projektbezogene Wünsche gegenüber dem Beigeladenen geäußert. Die Beklagte könne keine einzige arbeitsrechtliche Weisung vortragen. Es spreche für ein betriebswirtschaftliches Unverständnis, wenn die Beklagte schließlich meine, es stelle kein unternehmerisches Risiko dar, dass der Beigeladene bei seiner Werkleistung für die Klägerin eine von ihm selbst programmierte Software eingesetzt habe. Immerhin - und das übersehe die Beklagte - habe der Beigeladene diese Software auf eigenes Risiko und mit eigenen Mitteln programmiert. Im Rahmen des Werkvertrages mit der Klägerin habe er diese von ihm selbst entwickelte Software kommerziell vermarktet. Das sei eine originäre selbstständige Tätigkeit.

    Der Beigeladene hat zur Berufungserwiderung vorgetragen, dass die Beklagte nicht zwischen Arbeitsanweisungen und Anweisungen im Rahmen eines Werkvertrages zu differenzieren vermöge. Sie übersehe völlig, dass die von der Klägerin und dem Beigeladenen geschilderte Auftragsvergabe und Auftragserfüllung dem völlig üblichen Ablauf am Bau entspreche, wenn verschiedene Gewerke untereinander abgestimmt werden müssten oder ein Generalunternehmer Subunternehmer einsetze. Die Auffassung, dass solche Tätigkeiten, wie sie der Beigeladene ausgeübt habe, nicht im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden könnten, entspreche nicht der Rechtslage.

    Die Agentur für Arbeit hat auf Anfrage der Berichterstatterin vom 12.01.2023 mit Schreiben vom 17.01.2023 mitgeteilt, dass sie keine Beiladung zum vorliegenden Rechtsstreit beantrage.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet.

    Der Bescheid vom 26.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Das SG hat daher den Bescheid vom 26.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019 zu Recht mit Urteil vom 14.07.2022 aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene seine Tätigkeit im Bereich Architekturleistungen bei der Klägerin in der Zeit ab dem 01.05.2017 selbständig ausgeübt hat und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

    Vorliegend ist noch § 7a SGB IV idF vom 29.03.2017 (gültig ab dem 05.04.2017 bis zum 31.03.2022) anzuwenden (vgl. zur Rechtsänderung des § 7a SGB IV ab dem 01.04.2022 Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 7a SGB IV 1. Überarbeitung, Stand: 06.09.2022, Rdnr. 11ff). Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV idF vom 29.03.2017 darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer nach dieser Gesetzesfassung unzulässigen Elementenfeststellung gleich (vgl. zur Änderung des § 7a SGB IV und zur Zulässigkeit der Elementenfeststellung ab dem 01.04.2022 Pietrek a.a.O.). Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll und auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat (vgl. BSG, Urteile vom 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R -, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2 und vom 04.06.2009 - B 12 R 6/08 R -, jeweils juris). Dem werden die streitgegenständlichen Bescheide gerecht.

    Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung haben die Klägerin sowie der Beigeladene am 09.08.2017 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

    Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

    Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (LSG Baden - Württemberg - Urteil vom 18.07.2013 - L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 R 25/10 R - BSGE 111, 257 mwN).

    Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der u.U. als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 25).

    Nach den genannten Grundsätzen stellt der Senat unter Abwägung aller Umstände fest, dass der Beigeladene im Zeitraum ab dem 01.05.2017 bei der Klägerin keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung durch die Verrichtung von Architektur- und Planungsleistungen ausgeübt hat und daher keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

    Dies hat bereits das SG im Urteil vom 14.07.2022 nach sorgfältiger und überzeugender Abwägung der wesentlichen Umstände zutreffend festgestellt. Auch der Senat kann im vorliegenden Fall keine Eingliederung des Beigeladenen in die Arbeitsorganisation der Klägerin und keine Weisungsabhängigkeit feststellen. Der Beigeladene hat die ihm übertragenen Aufgaben weit überwiegend in seinen Büroräumen verrichtet, denn hierzu benötigte er die von ihm entwickelte Software. Die Spezialisierung des Beigeladenen und die vom ihm entwickelte Software, für welche er auch das Patent hält, waren der wesentliche Grund für seine Beauftragung. Die Klägerin war, wie auch das SG schlüssig feststellt, nicht in der Lage, diesen Teil des von ihr übernommenen Auftrags mit eigenen Mitarbeitern zu verrichten, und konnte daher auch nicht dem Beigeladenen Weisungen bezüglich der Ausführung erteilen. Dass die Klägerin die vom Beigeladenen erstellten Leistungen auf die Erfüllung der gesetzten Vorgaben kontrolliert hat, entspricht dem üblichen Vorgehen bei einem Werkvertrag, bei dem das Werk im Rahmen der Abnahme auf die Erfüllung der vereinbarten Eigenschaften und Zielvorgaben geprüft wird. Der Beigeladene war jedoch während der Erstellung der vereinbarten Leistungen weder in die Datenstruktur noch die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert. Dass er zum Zwecke der Koordinierung Termine am Firmensitz der Klägerin wahrgenommen hat, führt ebenfalls nicht zur Eingliederung in den Betrieb. Derartige Besprechungen sind bei großen Arbeitsaufträgen mit mehreren Gewerken üblich und erforderlich, um die verschiedenen Teilleistungen zeitlich zu koordinieren und in den gegenüber dem Auftraggeber der Klägerin vereinbarten Zeitplan einzupflegen. Nach der Senatsrechtsprechung (vgl. zuletzt LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2021 - L 8 BA 1374/20 -, juris sowie Senatsurteil vom 25.10.2019 - L 8 BA 4226/18 -, n.v.) hat bei hochkomplexen, arbeitsteiligen Programmierleistungen das Erfordernis der Abnahme des programmierten Datenpakets durch den zuständigen Fachbereich des Auftraggebers vor Inbetriebnahme und Implementierung ins Gesamtwerk nicht per se die Eingliederung des Programmierers des einzelnen Datenpakets in die Betriebsorganisation des Auftraggebers zur Folge. Insofern ist das Kriterium der Eingliederung im Rahmen solcher Arbeitsprozesse nicht ohne weiteres passend und bedarf der Fortentwicklung an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt. Dies gilt nicht nur bei komplexen und arbeitsteiligen Computerprogrammen, sondern auch bei komplexen Planungsleistungen im Rahmen von großen Bauvorhaben, wie im vorliegenden Fall das U-Bahn-Bauprojekt in R3. Bei Baugroßprojekten sind mehrere Unternehmen für die einzelnen Gewerke zuständig, wobei teilweise wie im vorliegenden Fall (Teil-)Leistungen an Subunternehmer weitervergeben werden. Dass sich sowohl der Beigeladene als auch die Klägerin jeweils im Rahmen ihrer Position in der Leistungskette an den Gesamtzeitplan halten mussten, ist somit Folge der Komplexität und Größe des Projekts und begründet daher für sich genommen keine Eingliederung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn.

    Das SG führt auch zutreffend aus, dass die Tatsache, dass der Beigeladene zur höchstpersönlichen Arbeitsleistung verpflichtet war und die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Klägerin bedurfte, nicht von entscheidender Bedeutung ist. Die Klägerin hat den Beigeladenen gerade wegen seiner Expertise und seiner Spezialsoftware beauftragt. Es ist daher nachvollziehbar, dass sie bei einer Erfüllung des Auftrags durch eine dritte Person vorher sicherstellen wollte, dass diese ebenfalls über eine der Qualifikation des Beigeladenen entsprechende Expertise verfügt. Die Klägerin musste im Hinblick auf ihre Verpflichtungen gegenüber ihrer Auftraggeberin, der F1 GmbH, sicherstellen, dass bei Beauftragung Dritter die vereinbarten Qualitätsanforderungen eingehalten werden und bei fehlender eigener Expertise der Dritte über dieselbe verfügt. Somit spricht dieser Umstand nicht wesentlich für die Annahme einer Eingliederung in den Betrieb der Klägerin.

    Wesentliche Bedeutung erlangt für den Senat die Tatsache, dass der Beigeladene ein eigenes Architektur-Büro mit für die Ausführung von Planungsleistungen geeigneten Computern und Druckern unterhielt und Investitionen von 10.000 Euro in die Entwicklung einer Spezial-Simulationssoftware getätigt hat. Das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko ist ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG, Urteil vom 12.12.1990 - 11 RaR 73/90 -, juris; BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, juris). Zwar hatte der Beigeladene im konkreten Auftragsverhältnis nicht das Risiko zu tragen, ob der Einsatz seiner Arbeitskraft überhaupt mit einem Entgelt entlohnt wird, da eine Vergütung mit festem Stundensatz nach geleisteten Arbeitsstunden erfolgte. Grundsätzlich spricht die Vereinbarung eines festen Stundenhonorars nicht zwingend für abhängige Beschäftigung. Denn wenn es - wie vorliegend - um reine Dienstleistungen geht, ist anders als bei der Erstellung zB eines materiellen Produkts ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistung nicht zu erwarten (BSG, Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R -, juris). Der Beigeladene hat vorliegend dennoch ein gewichtiges Unternehmerrisiko getragen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei Planungsleistungen wesentlich die eigene (geistige) Arbeitskraft zum Einsatz kommt, hat der Beigeladene zusätzliche Investitionen in seinen Betrieb getätigt, um sein Portfolio zu erweitern und infolge der erlangten Spezialisierung und Expertise einen erweiterten Kundenstamm zu erlangen. Der Beigeladene ist somit über die herkömmlichen Architektenleistungen hinaus in der Lage, weitere Leistungen anzubieten. Hierzu hat er im Rahmen der Vorbereitung seiner Selbstständigkeit einen erheblichen zeitlichen und zunächst nicht vergüteten Aufwand zur Erstellung dieser Software betrieben. Diese Investition amortisiert sich nunmehr durch Aufträge wie den vorliegenden. Auch haftete er im Falle der Schlechtleistung für die Nachbesserung, welche wiederum seine Arbeitszeit ohne entsprechende zusätzliche Vergütung in Anspruch genommen hätte. Der Beigeladene tritt auch selbst werbend am Markt auf und hat eigenständige unternehmerische Aktivitäten mit Kapitalinvestitionen getätigt. Der Senat wertet daher - wie auch das SG - den Umstand des Einsatzes der selbst programmierten Software als wesentliches Kriterium für die Annahme eines gewichtigen Unternehmerrisikos. Das SG führt diesbezüglich zutreffend aus, dass vor diesem Hintergrund die vertraglich vereinbarte Verpflichtung des Beigeladenen, weitere Leistungen im Rahmen des Projekts zu übernehmen, in der Gesamtabwägung zurücktritt und im Ergebnis eine selbstständige Tätigkeit festzustellen ist. Der Senat schließt sich daher der Auffassung des SG an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

    Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung vom 11.11.2022 anführt, dass der Beigeladene weisungsgebunden in der fremden Betriebsorganisation der Klägerin tätig gewesen und von dieser zur Erfüllung der ihr gegenüber ihrer Kundin obliegenden Verpflichtung eingesetzt worden sei, sind diese Ausführungen nicht geeignet, die Annahme einer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im vorliegenden Fall zu begründen. Die Berufungsbegründung der Beklagten vom 11.11.2022 sowie die weiteren Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 13.02.2023 nehmen nicht zu der ausführlichen Abwägung und Prüfung des SG im angefochtenen Urteil Stellung, sondern wiederholen allgemein nur den bereits mehrfach vorgetragenen Standpunkt der Beklagten. Die Beklagte setzt sich wiederum nicht mit den komplexen Abläufen der modernen Arbeitswelt und der oftmals kleinteiligen Leistungserbringung im Rahmen von Großprojekten auseinander. Insofern lässt der Vortrag der Beklagten auch eine Aussage der Rentenversicherung vermissen, welche Voraussetzungen eine selbstständige Tätigkeit im Rahmen von technisch komplexen Programmier- und Planungsleistungen im Rahmen einer arbeitsteiligen und betriebsmittelarmen digitalisierten Arbeitswelt mit mehreren Leistungserbringern erfüllen müsste, als dass sie auch von Seiten der Rentenversicherung als selbstständig anerkannt werden würde. Hierzu reicht es nicht aus, die herkömmlichen Kriterien allgemein und fortwährend zu wiederholen, sondern diese sollten bezogen auf den konkreten Fall geprüft und im Rahmen der Modernisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt fortentwickelt werden. Gerade der Prüfungspunkt der Eingliederung bedarf angesichts der zunehmenden Digitalisierung und der damit einhergehenden Möglichkeit, die Arbeit von unterschiedlichen Orten zu verrichten, der sorgfältigen Prüfung im konkreten Fall. Auch ist es in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels für die Unternehmen teilweise schwierig, auf dem Markt sehr gefragte Fachkräfte als abhängig Beschäftigte zu gewinnen, so dass oftmals bei technisch komplexen Großvorhaben einzelne Bestandteile mangels eigener Expertise an Dritte weiter vergeben werden müssen. Diesen Gesamtumständen trägt der Vortrag der Beklagten nicht ausreichend Rechnung.

    Der Senat kann auch entgegen der Annahme der Beklagten im vorliegenden Fall keine Eingliederung des Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin und keine Weisungsabhängigkeit feststellen. Der Beigeladene schuldete - wie bereits ausgeführt wurde - die Erbringung von Planungsleistungen mit Hilfe der von ihm entwickelten Spezial-Software. Die Kontrollmöglichkeiten der Klägerin waren auf die Tauglichkeit des Endprodukts und die Erfüllung der vereinbarten Eigenschaften beschränkt, was den Gegebenheiten eines Werkvertrages entspricht. Hierauf geht die Beklagten in ihren Stellungnahmen im Berufungsverfahren nicht ein. Das zwischendurch Besprechungen und Abstimmungen stattfanden, liegt in der Natur der Sache und führt, solange die vereinbarten Leistungen fast ausschließlich im Büro des Beigeladenen erstellt werden, nicht zu einer Eingliederung des Beigeladenen. Die Klägerin konnte dem Beigeladenen somit keine Weisungen erteilen, sondern lediglich die vertraglich festgelegten Tätigkeiten im Rahmen des konkreten Projekts fordern. Dass der Beigeladene zugesagt hatte, im Rahmen des konkreten Projekts über die in der Anlage bezeichneten Leistungen hinaus weitere, im gegebenen Fall noch zu konkretisierende Leistungen zu übernehmen, führt ebenfalls nicht zur Annahme einer Weisungsgebundenheit im Sinne einer umfassenden Verfügungsmacht der Klägerin über die Arbeitskraft des Beigeladenen. Die Zusage galt nur für das konkrete Projekt, so dass die Klägerin die Arbeitskraft des Beigeladenen nicht für andere Vorhaben einsetzen konnte. Insofern ist die Zusage als vorsorgliche Reservierung des Fachwissens des Beigeladenen zur Sicherung der Projekterfüllung zu werten, falls unerwartete weitere Leistungen erforderlich geworden wären, welche die Klägerin nicht mit eigenen Mitarbeitern hätte erfüllen können. Diese vorsorgliche Reservierung von Kapazitäten kann noch nicht mit einer umfassenden Verfügbarkeit des Beigeladenen gleichgesetzt werden.

    Der Beigeladene unterlag auch keiner zeitlichen Anwesenheitspflicht bei der Klägerin. Er konnte somit frei entscheiden, wann er die vereinbarte Leistung erbringt. Auch war er weder verpflichtet, an bestimmten Tagen am Betriebssitz der Klägerin oder zumindest bei Online-Besprechungen anwesend zu sein, noch an den allgemeinen Besprechungen der Klägerin teilzunehmen. Ein zeitliches Weisungsrecht ist nur gegeben, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter auch ohne entsprechende Vereinbarung in nicht unerheblichem Umfang herangezogen wird, ihm die Arbeitszeiten letztlich zugewiesen werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2014 - L 11 R 4761/13 -, juris). Fehlende Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit der Ausübung der Tätigkeit sind starke Indizien für eine selbstständige Tätigkeit. Der Senat kann nach den vorliegenden Umständen kein zeitliches Weisungsrecht der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen feststellen. Eine faktische, durch die Arbeitsabläufe im Projekt entstehende Abhängigkeit lag im konkreten Fall des Beigeladenen nach dessen umfangreichen, glaubhaften und plausiblen Angaben nicht vor. Insoweit ergibt sich nichts anderes aus der Rechtsprechung des BSG zur Verfeinerung des Weisungsrechts bei Diensten höherer Art (BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R -, juris), denn jede Verfeinerung ist nicht ad infinitum möglich, ohne dass sich das maßgebliche juristische Kriterium auflöst (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2015 - L 4 R 3943/13 -, juris). Auf eine Weisungsabhängigkeit als Merkmal abhängiger Beschäftigung kann daher nicht vollständig verzichtet werden.
     
    Grundsätzlich kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist, dass in der vertraglichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der (hier fehlenden) Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG, Urteil vom 24.10.1978 - 12 RK 58/76 - SozR 2200 § 1227 Nr. 19).

    Im Rahmen der Gesamtabwägung sieht der Senat daher die fehlende Weisungsgebundenheit und fehlende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin, wie sie sich auf der Basis der individualvertraglichen Regelungen darstellt und tatsächlich gelebt wurde, und das bestehende Unternehmerrisiko durch die unternehmerischen Tätigkeiten und Investitionen des Beigeladenen als entscheidend an. Insgesamt überwiegen somit die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen.

    Die Berufung der Beklagte war daher zurückzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beklagte trägt auch die Kosten des Verfahrens im Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, da dieser einen eigenen Antrag gestellt hat, welcher ebenfalls erfolgreich war.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG endgültig festgesetzt. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Auffangstreitwert von 5.000,00 €, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.

    Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

    RechtsgebieteBGB, SGB IVVorschriftenBGB §§ 611, 631, 650b, 650p; SGB IV a.F. §§ 7a, 7 Abs. 1 S. 1