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  • 06.12.2022 · IWW-Abrufnummer 232661

    Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 27.03.2019 – 12 U 66/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Hamm

    12 U 66/17

    Tenor:

    Auf die Berufungen der Parteien wird das am 20.06.2017 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer ‒ Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert und neu gefasst.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 398.760,41 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 342.926,81 € seit dem 24.11.2011 und aus weiteren 55.833,60 € seit dem 08.07.2016 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Es wird festgestellt, dass der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Rückabtretung eines Teilbetrages von 200.000,00 € in der Hauptsache erledigt ist.

    Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 6 % und die Beklagte 94 %.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 4 % und der Beklagten zu 96 % auferlegt.

    Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweiligen Gegenpartei abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 600.000,00 € festgesetzt.
     
    1
    Gründe:

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    A.

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    Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn aus einem Bauvorhaben, die Beklagte widerklagend Schadensersatz.

    4
    Die Beklagte schloss mit der Stadt A einen Erschließungsvertrag zum Plangebiet „Bstraße“. Mit Vertrag vom 22.02.2011 beauftragte die Beklagte ihrerseits die Klägerin mit der Durchführung der für die Erschließung erforderlichen Arbeiten. Die Beauftragung umfasste das C01 (Schmutzwasser- und Regenwasserkanalisation, Regenrückhaltebecken, Baustraße) und das C02 (Straßenendausbau). Die Parteien vereinbarten einen pauschalen Festpreis von brutto 731.229,89 € sowie Einheitspreise für die Positionen 1.1.40, 1.1.60, 1.1.80, 1.2.10., 1.2.20 und 1.2.30 des C01. Die Parteien waren sich einig, dass unter anderem die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Teile B und C, Bestandteil des Vertrages sein sollten. Wegen des weiteren Vertragsinhalts wird auf die Anlage K2 zur Klageschrift (Blatt 45 ff. der Akte) Bezug genommen.

    5
    Unter dem 26./30.05.2011 schlossen die Parteien im Hinblick auf die Sicherheitsleistung für den Vertrag eine „Abtretungsvereinbarung“. Darin heißt es in § 1:

    6
    „Die … (Beklagte) tritt ihre auf dem Tagesgeldkonto (Nummer Konto01) des Bankvereins D AG, D, liegenden Gelder im Rang nach dem Bankverein D AG an … (die Klägerin) ab. Die auf dem vorgenannten Tagesgeldkonto liegenden Gelder dienen ausschließlich der Finanzierung/Sicherung der Durchführung der Erschließungsmaßnahmen des Bauvorhabens Bstraße in A. Die auf dem Konto liegenden Gelder decken die vom Bankverein D AG ausgelegte Bürgschaft zu Gunsten der Stadt A für die vorgenannten Baumaßnahme.“

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    In § 5 heißt es weiter:

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    „… (Die Klägerin) wird unverzüglich nach Erlöschen des Sicherungsgrundes nach § 648a BGB entsprechend der Höhe der geleisteten Zahlungen der … (Beklagten) die dann zu diesem Zeitpunkt noch abgetretene Summe rückabtreten oder der Bank eine entsprechende Enthaftungserklärung erteilen. Alle Rückabtretungen dürfen von … (der Beklagten) unverzüglich dem Bankverein D AG angezeigt werden. Hinsichtlich der abgetretenen Forderung in Höhe von 200.000,00 EUR für die später zu erbringenden Leistungen für den Endausbau verpflichtet sich … (die Klägerin), diesen Betrag sofort rückabzutreten bzw. freizugeben, wenn Umstände eintreten, die dazu führen, dass … (die Klägerin) die Arbeiten für die Erstellung des Endausbaus nicht durchführt bzw. durchführen kann.“

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    Die Klägerin führte Arbeiten im Hinblick auf das C01 durch. Eine dahingehende Abnahme unter Fertigung eines Abnahmeprotokolls erfolgte am 02.09.2011. Daraufhin stellte die Klägerin der Beklagten mit Teilschlussrechnung vom 11.10.2011 für das C01 der Baumaßnahme einen Betrag von 758.178,68 € brutto in Rechnung. Nach Prüfung der Teilschlussrechnung durch ein von ihr beauftragtes Unternehmen kürzte die Beklagte die Teilschlussrechnung im November 2011 auf 347.360,81 €.

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    Mit Schreiben vom 23.12.2011 forderte die Klägerin die Beklagte mit Fristsetzung zum 11.01.2012 zur Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB auf. Mit weiterem Schreiben vom 23.02.2012 machte sie wegen der nicht fristgerecht erbrachten Sicherheit ein Leistungsverweigerungsrecht geltend. In der Folge leitete die Klägerin beim Landgericht Bochum im Hinblick auf die von ihr erstellte Baustraße ein selbständiges Beweisverfahren, geführt unter dem Aktenzeichen 3 OH 5/12, ein.

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    Mit Schreiben vom 02.07.2013 übersandte die Klägerin der Beklagten eine aktualisierte Teilschlussrechnung vom 25.06.2013 nebst Berechnungen zu den Einzelpositionen und Mengenberechnung. Unter Geltendmachung von Kosten für das selbständige Beweisverfahren ergab sich eine Restforderung von 482.129,68 €. Nach vergeblichen Einigungsversuchen forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 29.07.2013 erfolglos auf, bis zum 12.08.2013 den Rechnungsbetrag zu zahlen oder Sicherheit nach § 648a BGB in Höhe von 555.000,00 € zu leisten; ansonsten stellte sie eine Kündigung in Aussicht. Mit Schreiben vom 13.08.2013 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Kündigung des Vertrages.

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    Mit der Klage hat die Klägerin zunächst für das C01 einen Werklohn von 367.008,44 € geltend gemacht. Sie hat die Klage um 55.833,60 € im Hinblick auf das wegen der Kündigung nicht ausgeführte C02 erweitert. Die Beklagte hat mit der Widerklage die Rückabtretung im Hinblick auf die 200.000,00 € begehrt. Widerklageerweiternd hat sie zudem die Feststellung geltend gemacht, dass ihr die Klägerin wegen der Nichtvorlage einer Gewährleistungsbürgschaft zum Schadensersatz verpflichtet sei.

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    Mit Schreiben vom 09.12.2014 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB in Höhe von 465.106,44 € bis zum 18.12.2014 auf. Auf eine entsprechende Klage ist die Beklagte ‒ inzwischen rechtskräftig - zur Sicherheitsleistung verurteilt worden. In der Folge stellte die Beklagte die gewünschte Sicherheit. Mit Schreiben vom 07.07.2016 bot die Klägerin der Beklagten den Abschluss einer Rückabtretungsvereinbarung im Hinblick auf das nach Maßgabe der Abtretungsvereinbarung von 26./30.05.2011 abgetretene Guthaben in Höhe von 492.256.53 € an. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18.08.2016 ab.

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    Die Beklagte hat die Widerklage im Hinblick auf den Feststellungsantrag zurückgenommen. Im Übrigen hat sie die Widerklage für erledigt erklärt. Dem hat sich die Klägerin nicht angeschlossen. Die Beklagte begehrt daher insoweit die Feststellung der Erledigung.

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    Die Parteien streiten über das Vorliegen von Mängeln sowie die Beauftragung und Ausführung verschiedener Arbeiten. Soweit einzelne, im Leistungsverzeichnis enthaltene Arbeiten des C01 unstreitig von der Klägerin nicht ausgeführt worden sind, ist zwischen den Parteien streitig, welchen Umfang diese Arbeiten haben und in welchem Verhältnis diese zu den Gesamtleistungen stehen.

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    Im Übrigen hat die Klägerin die Auffassung vertreten, zur Rückabtretung der 200.000,00 € bis zur Stellung der Sicherheit durch die Beklagte nicht verpflichtet gewesen zu sein. Wegen ihrer Forderungen gegen die Beklagte im Hinblick auf das C01 habe ihr zumindest ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden.

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    Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei nicht zur Kündigung des Vertrages berechtigt gewesen. Insbesondere habe die Klägerin keinen Anspruch auf weitere Sicherheit neben derjenigen aus der Abtretungsvereinbarung gehabt. Diese sei im Sinne von § 648a BGB hinreichend gewesen.

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    Wegen der unberechtigten Kündigung ständen der Beklagten Entschädigungsansprüche zu. Die Arbeiten zum C02 hätten nur mit höheren Kosten und verspätet erledigt werden können. Insoweit hat die Beklagte hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht, äußerst hilfsweise die Aufrechnung geltend gemacht. Wegen der fehlenden Rückabtretung hat sich die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 03.06.2014 gegenüber etwaiger Werklohnansprüche auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Zudem hat sie hilfsweise mit einem diesbezüglichen Anspruch auf gesetzliche Verzugszinsen die Aufklärung erklärt.

    19
    Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E, Z, Y, F, X, W, G, V und U. Zudem hat es Gutachten der Sachverständigen H und I eingeholt. Sodann hat es der Klage in Höhe von 371.683,60 € nebst Zinsen sowie der Widerklage stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage in Höhe von 34.905,83 € als derzeit unbegründet und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

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    Der Klägerin stehe an restlichem Werklohn für das C01 und an Vergütung für das nicht ausgeführte C02 unter Berücksichtigung eines Gewährleistungseinbehalts noch ein Betrag von 371.683,60 € zu.

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    Im Hinblick auf das C01 habe die Klägerin einen Werklohnanspruch von insgesamt 586.652,64 € netto = 698.116,64 € brutto. Hinsichtlich der vom Pauschalpreis umfassten Arbeiten könne sie 443.558,90 € von der Beklagten verlangen.

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    Dem könne die Beklagte nicht eine Nichterfüllung der Positionen 3.1.10, 3.4.30, 4.1.10., 4.4.30, 7.1.10 und 7.4.30 entgegenhalten. Der gewünschte Leistungserfolg sei jeweils eingetreten. Die Gräben seien ausgehoben und wieder verfüllt worden. Es habe sich nicht erwiesen, dass das dazu verwendete Material nicht verdichtungsfähig gewesen sei. Vielmehr habe der Sachverständige H aus technischer Sicht keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Verdichtungsfähigkeit des Materials gesehen. Er habe im Rahmen des Ortstermins keine Absackungen festgestellt, die Rückschlüsse auf eine fehlende Verdichtungsfähigkeit zuließen. Daraufhin habe die Beklagte die Verdichtungsfähigkeit des Materials mit Schriftsatz vom 07.09.2016 unstreitig gestellt. Dass die Beklagte das ausgehobene Material wieder eingebaut habe, hindere den Vergütungsanspruch nicht. Der Beklagte sei nach der Leistungsbeschreibung nachgelassen gewesen, das ausgehobene Material frei zu verwenden. Mangels weiterer Anforderungen an das Material habe die Beklagte ihre Leistungsverpflichtung mit dem gewonnenen Aushub erfüllen können. Welchen Aufwand sie hierzu habe betreiben müssen, habe allein ihr oblegen. Das Gericht folge den Feststellungen des Sachverständigen H. Seine Stellungnahmen seien nachvollziehbar und von der erforderlichen Sachkunde geprägt.

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    Die Einwände der Beklagten im Hinblick auf die Positionen 6.2.10, 6.2.20, 7.9.20 und 7.9.40 griffen nicht durch. Der Einbau des Recyclingmaterials sei nicht zu beanstanden. Der Sachverständige H habe dargelegt, dass der Einbau dieses Materials nach der Baubeschreibung und den vereinbarten technischen Lieferbedingungen zulässig gewesen sei. Zudem habe der Bauherr der Verwendung des Materials bereits im Vorfeld der Arbeiten zugestimmt. Das entsprechende Schreiben sei über den Zeugen W an die Klägerin weitergeleitet worden, sodass davon ausgegangen werden könne, dass dies auch im Verhältnis der Parteien Geltung gehabt habe. Die geforderte Tragfähigkeit des Planums sei bei den Privatstraßen und -wegen gegeben. Der Sachverständige H habe im selbständigen Beweisverfahren bereits in seinem Gutachten festgestellt, dass im Hinblick auf an vier Stellen durchgeführte Plattendruckversuche die erforderlichen Mindestwerte erfüllt, teilweise sogar deutlich übertroffen worden seien. In seinem Ergänzungsgutachten habe er dargelegt, dass bei sämtlichen Privatstraßen und -wegen die Verformungsmodule der Schottertragschicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon zum Zeitpunkt der Fertigstellung vorhanden gewesen seien. Hierauf beruhe die Überzeugungsbildung des Gerichts. Ergänzend sei auszuführen, dass im Laufe von zwei Jahren keine Schäden aufgetreten seien. Die von der Klägerin erstellten Straßen und Wege seien auch von der Beklagten als Grundlage für den Endausbau verwendet worden. Dem stünden das Schreiben des Ingenieurbüros J und die von ihm durchgeführten Untersuchungen nicht entgegen, da eine andere Untersuchungsmethode angewandt worden sei. In der Baubeschreibung und in den entsprechenden Positionen des Leistungsverzeichnisses sei indes das vom Sachverständigen H angewandte Verfahren verbindlich vorgeschrieben.

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    Wegen der nicht ausgeführten Restarbeiten des C01 müsse sich die Klägerin einen Abzug von 6.940,00 € gefallen lassen. Für die Positionen 5.5.110 (846,50 €), 5.5.120 (1.502,00 €), 7.11.20 (563,50 €), 10.1.20 (966,00 €), 3.8.30 Restarbeiten (90,00 €), das Abschneiden der Hindernisse in den Drainagerohren (500,00 €) und die TV-Befahrung (1.000,00 €) habe der Sachverständige H die Einzelwerte bereits in seinem Gutachten vom 27.07.2016 ausgewiesen. Hinsichtlich der Position 5.5.130 habe er seine Schätzung aus dem Gutachten nicht mehr aufrechterhalten, sondern zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass diese Position in der Ausschreibung nicht mit einer Fernüberwachung per Funk in Einklang zu bringen sei, sodass nur ein Betrag von 1.472,00 € zutreffend sei. Ausgehend von einem Pauschalpreis von 450.498,90 € für das C01 ergebe sich für die nicht erledigten Arbeiten eine Quote von 1,54 %, sodass eine Abrechnung nach der Urkalkulation nicht angezeigt sei.

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    Im Hinblick auf die vereinbarten Einheitspreise zu C01 könne die Klägerin insgesamt 99.568,66 € verlangen. Die Positionen 1.1.40, 1.1.60, 1.1.80, 1.2.10, 1.2.20 und 1.2.30 seien mit insgesamt 95.157,78 € unstreitig. Im Hinblick auf die Position 1.2.20 könne die Klägerin wegen der in den Aufmaßen 1 und 2 ausgewiesenen Mieten weitere Beträge von 3.903,75 € und 507,13 € geltend machen.

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    Die Größen- und Mengenangaben im Aufmaß 1 seien von dem im Auftrag der Beklagten tätigen Zeugen W abgezeichnet und damit anerkannt worden. Der Vorbehalt beziehe sich ausdrücklich nur auf den Vergütungsanspruch dem Grunde nach. Damit weise das Aufmaß 1 156,15 m³ separierte Blöcke größer 63 cm aus. Der Sachverständige H habe ausgeführt, dass nach den Vorgaben der Bodenklasse 7 eine Korngröße von mindestens 630 mm erforderlich sei. Derartige Blöcke habe er auf einer Vielzahl von Lichtbildern identifiziert. Da die Blöcke nur vereinzelt aufgetreten seien, seien sie als besondere Leistungen zu behandeln. Dass von der Position 1.1.40 des Leistungsverzeichnisses auch besondere Leistungen erfasst sein sollten, sei nicht zu erkennen. Der Hinweis auf Ziffer 4.2.5 der Baubeschreibung passe nicht, da die Steinbrocken nicht eingebaut gewesen seien. Zudem beziehe sich die Regelung nicht auf den Erdwall. Der Sachverständige H habe einen Betrag von 25,00 €/m³ für angemessen erachtet.

    27
    Im Hinblick auf das Aufmaß 2 habe der Sachverständige H ausgeführt, dass die vorhandenen Mauerreste nicht aber die Fundamente zur Pauschalpreisposition 1.1.10 gehörten. Das sich aus dem Aufmaß ergebende Fundament von 21,40 m Länge sei daher über 1.2.20 abzurechnen. Ausweislich der Mengenberechnungen entfielen auf das Fundament 10,27 m³ bei einem Preis von 49,38 €/m³,

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    Auf den Nachtrag N2 könne die Klägerin 25.259,26 € verlangen. Unstreitig stehe der Klägerin wegen der Straßenbeleuchtung und der Entwässerung ein Anspruch von insgesamt 10.666,46 € zu. Im Übrigen folge ein Vergütungsanspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B.

    29
    Der Klägerin stehe im Hinblick auf Position 1 eine Vergütung von 5.763,44 € zu. Änderungen der Preisermittlungsgrundlage, insbesondere bei einer anderen Bodenklasse fielen in den Risikobereich des Auftraggebers. Es stehe aufgrund der vorliegenden Lichtbilder sowie den Aussagen der Zeugen X und V fest, dass der abzutragende Erdwall einen Anteil von Blöcken der Bodenklasse 7 enthalten habe; im Leistungsverzeichnis seien nur die Bodenklassen 3 bis 6 genannt. Die geltend gemachten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen X teile das Gericht nicht. Das Gericht erachte den Zeugen nach dem persönlichen Eindruck für glaubwürdig. Tendenzen für ein einseitiges Aussageverhalten des Zeugen, der nicht mehr bei der Klägerin beschäftigt gewesen sei, seien nicht erkennbar gewesen. Durch die Änderung der Bodenklasse sei ein zusätzlicher Aufwand entstanden. Der Sachverständige H habe dargelegt, dass eine getrennte Entsorgung nach Separierung günstiger sei. Die Kosten der Separierung seien erstattungsfähig. Nach den Ausführungen des Sachverständigen H seien die Kosten auf Basis der Urkalkulation zutreffend ermittelt. Es sei durch die Vernehmung des Zeugen G nachgewiesen, dass die Urkalkulation authentisch sei. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe den Erdwall selbst errichtet, sei nach dem Bestreiten durch die Klägerin ohne weitere Darlegung und Beweisantritte geblieben.

    30
    Die Klägerin könne im Hinblick auf Position 2 des Nachtrags eine Vergütung von 10.848,43 € verlangen. Die Position 1.1.40 weise keinen Müll beziehungsweise keine Abfälle aus. Dass im Erdwall Müll enthalten gewesen sei, stehe aufgrund der Angaben der Zeugen X und V sowie der vorliegenden Lichtbilder fest. Die Aussage des Zeugen W stehe dem nicht entgegen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen H sei die Separierung günstiger gewesen als die unseparierte Entsorgung und der angesetzte Preis zutreffend aus der Urkalkulation ermittelt.

    31
    Zudem stehe der Klägerin eine Vergütung für die Entsorgung des Mülls zu. Die Menge von 64,82 t sei durch die durchgeführte Beweisaufnahme bewiesen. Die Klägerin habe entsprechende Wiegescheine vorgelegt. Die Mutmaßungen der Beklagten, dass es sich um zwei Baustellen handele, teile das Gericht nicht. Anhaltspunkte für eine zweite Baustelle gebe es nicht. Die Angabe zweier Straßen habe vielmehr ersichtlich dem Zweck gedient, die kleinere Straße besser auffinden zu können. Die Zeugen V und X hätten die Größenordnung glaubhaft bestätigt. Der gegenbeweisliche Zeuge W habe einräumen müssen, selbst keine Feststellungen getroffen zu haben. Die Menge sei auch plausibel. Die Klägerin könne indes nur einen Preis von 133,40 € je Tonne verlangen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen H sei das Einsammeln des Mülls herauszurechnen. Belastbare Anhaltspunkte für eine mangelhafte Separierung gebe es nicht. Es sei ersichtlich überzogen, von der Klägerin zu verlangen, Anhaftungen abzulösen beziehungsweise abzuwaschen.

    32
    Die Vergütung für die Folienabdeckung stehe der Klägerin ebenfalls zu. Der von der Beklagten beauftragte Zeuge W habe diese am 12.07.2011 angeordnet und die Abdeckung sei am 13.07.2011 erfolgt. Ansatzpunkte für die von der Beklagten angeführte Täuschung durch den Zeugen X oder ein sonstiges schuldhaftes Verhalten der Klägerin seien nicht ersichtlich. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Zeuge X Kenntnis von der Unrichtigkeit der von der K GmbH ermittelten Werte gehabt habe. Die Höhe der Kosten sei nicht angegriffen. Soweit die Beklagte mit den Kosten für eine spätere Analyse aufrechnen wolle, sei ein Verschulden der Klägerin nicht ersichtlich.

    33
    Im Hinblick auf die Rodungsarbeiten außerhalb des Baufeldes bestehe ein Anspruch in Höhe von 19.947,90 €. Die Durchführung der Arbeiten sei von der Beklagten beauftragt worden. Deren Prokuristin habe eine entsprechende Nachfrage seitens der Klägerin bejaht. Eine mögliche Fehlvorstellung der Prokuristin sei unerheblich. Maßgeblich sei die objektivierte Sicht der Klägerin als Erklärungsempfängerin. Die angesetzten Einheitspreise seien von der Beklagten nach Bestätigung durch den Sachverständigen H nicht mehr angegriffen worden. Die ausgewiesenen Mengen seien nachgewiesen. Der Zeuge X habe glaubhaft bekundet, die ausgewiesenen Stückzahlen gezählt zu haben. Der Zeuge U habe die Vorgehensweise bei der Zählung plausibel und anschaulich geschildert. Demgegenüber sei die Behauptung der Beklagten, ein derartiger Bewuchs sei nicht möglich gewesen, nicht nachgewiesen. Das Gutachten des Sachverständigen I vermöge dem Gericht eine dahingehende Überzeugung nicht zu geben. Die Berechnung des Sachverständigen zum Platzbedarf der Bäume sei nicht schlüssig. Dies habe der Sachverständige bei der Erläuterung seines Gutachtens nicht auflösen können. Der Sachverständige I habe einräumen müssen, dass Bäume am Rand des relevanten Feldes ihren Platzbedarf außerhalb dieses Feldes abdeckten. Schließlich habe der Sachverständige eingestanden, dass die abgerechneten Zahlen theoretisch möglich seien, auch wenn er dies in der Praxis noch nie gesehen habe.

    34
    Die Klägerin müsse sich im Hinblick auf Massenkürzungen, Mängelbeseitigungskosten und Schäden eine Kürzung von 13.489,40 € gefallen lassen, der sich aus folgenden unstreitigen Posten zusammensetze:

    35
    Position 4.4.20:              3.414,40 €Gefälleabweichung:              1.500,00 €Ablagerungen in Halterungen:              2.800,00 €Drainagerohre in den Sinkkästen:              500,00 €Restarbeiten gemäß Gutachten H:              3.775,00 €Mangel Toranlage:              1.500,00 €

    36
    Da die Voraussetzungen für eine Gewährleistungsbürgschaft nach § 7 Abs. 1 des Vertrages nicht gegeben seien, könne die Beklagte von dem für das C01 zu zahlenden Betrag 5 % = 34.905,83 € als Sicherheit einbehalten. Insoweit sei die Klage zurzeit unbegründet. Zudem seien Zahlungen von insgesamt 347.360,81 € zu berücksichtigen.

    37
    Im Hinblick auf das C02 könne die Klägerin nach § 648a Abs. 5 Satz 2, § 631 BGB einen Betrag von 55.833,60 € verlangen. Die Kündigung der Klägerin vom 13.08.2013 sei nach § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB berechtigt gewesen, da die Beklagte trotz Fristsetzung die Sicherheit nach § 648a BGB nicht geleistet habe. Die geforderte Sicherheit von 555.000,00 € sei nicht übersetzt gewesen. Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 22.04.2016 sei eine zu sichernde Restvergütung von 360.609,54 € brutto anzusetzen. Da auf das C02 ein Festpreisanteil von 195.136,20 € brutto entfalle, ergebe sich für den damaligen Zeitpunkt ein Sicherungsbedarf von mindestens 555.757,74 €. Die Abtretungsvereinbarung ersetze die Sicherheit nach § 648a BGB nicht, weil die Abtretung im Rang nach der Bankverein D AG erfolgt sei. Auf das Senatsurteil vom 22.04.2016 werde im Übrigen verwiesen.

    38
    Auf die vereinbarte Nettovergütung von 163.980,00 € müsse sich die Klägerin Ersparnisse von insgesamt 108.147,40 € anrechnen lassen. Die Klägerin habe nachgewiesen, dass sie das erforderliche Material nicht für die kalkulierten 59.607,22 € eingekauft hätte, sondern für netto 46.461,82 €. Sie habe Belege vorgelegt, denen günstigere Preise zu entnehmen seien. Der Befund eines gleichbleibenden Preisniveaus habe sich aus den schriftlichen Unterlagen und den Angaben der Zeugen Y und F ergeben. Zudem habe die Klägerin durch Vorlage entsprechender Angebote und die glaubhaften Angaben der Zeugen E und Z nachgewiesen, dass sie die mit 55.909,35 € kalkulierten Nachunternehmerarbeiten mit insgesamt 48.401,65 € in Auftrag hätte geben können. Nach Maßgabe der Kalkulation seien ersparte Gerätekosten von 10.119,71 €, ersparte Kosten für Betriebsstoffe von 2.563,22 € sowie ersparte Kosten für Lastplattendruckversuche von 600,00 € zu berücksichtigen. Abzüge für ersparte Lohnkosten seien nicht vorzunehmen. Die Klägerin habe substantiiert dargelegt, dass sie die für das C02 vorgesehenen Arbeiter auf anderen Baustellen habe einsetzen können, die bereits vor Ausspruch der Kündigung beauftragt gewesen seien. Die Klägerin sei insoweit ihrer sekundären Darlegungslast hinreichend nachgekommen. Das Bestreiten der Beklagten verfange nicht. Der Verweis auf die Kalkulation der Firma L sei nicht tauglich, da es nicht darum gehe, wie andere Firmen einen solchen Auftrag kalkuliert hätten.

    39
    Da die Kündigung berechtigt gewesen sei, könne die Beklagte den Ansprüchen der Klägerin keine eigenen Ersatzansprüche im Wege der Aufrechnung oder des Zurückbehaltungsrechtes entgegenhalten.

    40
    Zinsen könne die Klägerin nach Ablauf der im Schreiben vom 14.11.2011 gesetzten Frist, mithin ab dem 24.11.2011 verlangen. Der Beklagten habe jedoch im Zeitraum 03.06.2014 bis 07.07.2016 ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden. Wegen dieses Zurückbehaltungsrechtes bestehe im Hinblick auf C02 erst ab dem 08.07.2016 ein Anspruch auf Prozesszinsen.

    41
    Das noch verfolgte Widerklagebegehren sei begründet. Eine Erledigung der Widerklage sei dadurch eingetreten, dass die Klägerin die Rückabtretung angeboten habe. Dadurch sei das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, da es die Beklagte in der Hand gehabt hätte, das verfolgte Ziel auch ohne gerichtliche Hilfe durchzusetzen.

    42
    Die Widerklage sei zum Zeitpunkt der Erledigung zulässig und begründet gewesen. Die abgetretene Forderung sei nach § 5 Abs. 2 der Abtretungsvereinbarung sofort rückabzutreten gewesen, wenn Umstände eintreten, die dazu führten, dass die Klägerin die Arbeiten für die Erstellung des Endausbaus nicht durchführe beziehungsweise nicht durchführen könne. Dieser Fall sei eingetreten, da die Klägerin den Vertrag berechtigt gekündigt habe und die Arbeiten an einen anderen Unternehmer vergeben worden seien. Die getroffene Regelung differenziere ersichtlich nicht danach, wer die Nichtdurchführung des C02 zu verantworten habe. Der Gedanke des § 162 BGB greife daher nicht ein. Vielmehr mache die Regelung deutlich, dass bei Wegfall des Zwecks ohne Einschränkungen rückabzutreten sei. Eine andere Verwertung der Sicherheit, insbesondere im Hinblick auf das C01 habe ersichtlich ausgeschlossen werden sollen. Deshalb sei es der Klägerin verwehrt, sich im Hinblick auf Forderung in Bezug auf C01 etwa auf ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen.

    43
    Soweit die Beklagte sich erstmals mit Schriftsatz vom 03.06.2014 bezüglich aller Werklohnansprüche der Klägerin auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen habe, sei dies zum damaligen Zeitpunkt berechtigt gewesen. Die Berechtigung sei indes mit dem Angebot der Rückabtretung durch die Klägerin entfallen. Ein Anspruch der Beklagten auf Verzugszinsen wegen der verspäteten Rückabtretung für den Zeitraum 03.06.2014 bis 07.07.2016 bestehe nicht, da keine Geldschuld, sondern ein Anspruch auf Rückabtretung einer Forderung gegeben sei. Ein Verzugsschaden sei nicht dargelegt.

    44
    Die Kostenentscheidung beruhe auf §§ 92, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dabei habe das Gericht berücksichtigt, dass sich die Beweisaufnahme (einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens) nur auf die Klage bezogen habe.

    45
    Gegen das Urteil des Landgerichts wenden sich beide Parteien mit wechselseitigen Berufungen. Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 37.061,33 € sowie die Abweisung der Widerklage. Die Beklagte verfolgt ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Ein vor dem Güterichter am Oberlandesgericht Hamm durchgeführtes Mediationsverfahren ist gescheitert.

    46
    Die Beklagte ist der Auffassung, die Bewertung des Landgerichts zu den Positionen 3.1.10, 3.4.30, 4.1.10, 4.4.20, 4.4.30, 7.1.10 und 7.4.30 sei nicht haltbar. Die Verwendung des auf der Baustelle angefallenen Materials stelle keine Anlieferung dar; das Material sei kein Natursand, kein Feinkies und kein „verdichtungsfähiger Füllboden“. Die Beklagte habe Wert gelegt auf Natursand oder Feinkies und explizit angelieferten verdichtungsfähigen Füllboden. Das eingebaute Material sei wirtschaftlich deutlich minderwertiger gegenüber Natursand, Feinkies und Füllboden. Das Leistungsbild sei nicht voll erfüllt worden. Es komme nicht allein auf die Verdichtungsfähigkeit an. Es liege auf der Hand, dass niemand bereit wäre, für die erbrachten Leistungen dasselbe zu bezahlen wie für die ausgeschriebenen Leistungen. Aus dem Leistungsverzeichnis habe sich klar ergeben, dass der Aushub nicht wieder habe eingebaut werden dürfen. Es handele sich um eine Rechtsfrage, sodass es auf die Auffassung des Sachverständigen H nicht ankomme. Durch die Abweichungen sei die Bagatellgrenze von 2 % deutlich überschritten.

    47
    Hinsichtlich der Positionen 6.2.10, 6.2.20, 7.9.20 und 7.9.40 des Leistungsverzeichnisses griffen die Einwände der Beklagten durch. Die Klägerin habe gegenüber den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses minderwertigeres Material eingebaut. Auch insoweit liege eine Rechtsfrage vor, da es um eine Abweichung der Leistung von der vertraglichen Vereinbarung gehe. Zudem habe der Sachverständige H sich allein zu der Tragfähigkeit verbindlich geäußert. Zwar habe die Beklagte nicht den Ausbau des Materials verlangt, da die Stadt A es akzeptiert habe. Dies führe aber nicht dazu, dass die Klägerin für das minderwertigere Material denselben Preis verlangen könne. Der von der Beklagten vorgenommene Abzug sei durch den geringen Wert des Materials gerechtfertigt. Es stehe nicht fest, dass das minderwertigere Material bei Einbau die notwendige Festigkeit gehabt habe. Der Sachverständige H habe die Festigkeit nur zum Zeitpunkt seiner Tests sicher feststellen können. Hinsichtlich des maßgeblichen Einbauzeitpunkts habe er mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet. Damit sei der Beweis nicht erbracht, zumal das Ingenieurbüro J zeitnah festgestellt habe, dass die Festigkeit nicht gegeben gewesen sei. Es komme nicht darauf an, ob das Ingenieurbüro nach der vereinbarten Norm geprüft habe. Auch im Hinblick auf diese Positionen sei die Bagatellgrenze überschritten.

    48
    Für die Einheitspreisposition 1.2.20 könne die Klägerin nicht mehr als den unstreitigen Betrag verlangen. Es sei im Ansatz falsch, dass der Sachverständige auf einer Vielzahl von Lichtbildern Blöcke der Bodenklasse 7 identifiziert habe. Die Bilder hätten bereits ausnahmslos dieselben Blöcke gezeigt. Zudem handele es sich bei den Blöcken nicht um solche der Bodenklasse 7. Vielmehr seien im Erdwall keine Haufwerke dieser Größe vorhanden gewesen. Dann sei der Boden in die Bodenklasse 6 einzustufen.

    49
    Die Mauerfundamente seien in der Pauschalpreisposition 1.1.10 enthalten. Zwar seien diese nicht zu sehen gewesen. Indes habe jede entsprechende Mauer auch ein Fundament, sodass dies bei der Besichtigung unzweifelhaft erkennbar gewesen sei.

    50
    Die Klägerin habe auch keinen Anspruch im Hinblick auf den Nachtrag N2. Mangels Vorliegen von Haufwerken habe die Bodenklasse 7 nicht vorgelegen. Dies habe der Sachverständige H bereits im Termin am 07.03.2017 bestätigt. Auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen X komme es nicht an. Das Landgericht habe die Befragung des Zeugen abgebrochen und signalisiert, dass es die Einwände des Beklagtenvertreters verstanden habe. Auch wenn dieser nicht mehr Angestellter der Klägerin sei, ändere dies nichts an seiner Befangenheit.

    51
    Zwar sei die Entsorgung von Müll nicht ausdrücklich im Leistungsverzeichnis vorgesehen. Dann liege aber ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 6 VOB/B vor. Die Klägerin habe den Anspruch nicht vor Ausführung geltend gemacht, sondern erst nach Entsorgung des Mülls eine Vergütung verlangt. Die vorgelegten Lichtbilder zeigten mehrfach dieselbe Stelle. Der Zeuge W habe auch eindeutig bestätigt, dass wesentliche Mengen Müll nur auf dem Baufeld selbst vorhanden gewesen seien und er das Separieren von Müll nie gesehen habe. Die Mengenangaben seien unglaubwürdig und ließen sich nur durch die Entsorgung mülldurchsetzten Erdreichs erklären. Dann könne die Kläger aber nicht die Vergütung für eine Separierung geltend machen. Das Landgericht habe auch den Vortrag der Beklagten nicht berücksichtigt, dass die unter der Schlüsselnummer 170409 abgerechneten Mengen unter den in der Position 1.1.40 bereits enthaltenen Bauschutt fielen. Die Schlüsselnummer weise auf ein unsepariertes Gemisch hin. Aufgrund der ungenauen Straßenangabe werde zudem bestritten, dass das Material von der streitgegenständlichen Baustelle stamme. Der Zeuge X habe die Menge anhand von Lichtbildern nicht glaubhaft schätzen können und es sei unsachgemäß, vom Volumen auf das Gewicht zu schließen.

    52
    Hinsichtlich der Folienabdeckung fehle es bereits an einer Vergütungsmehrforderung vor Ausführung der Leistung. Zudem verbleibe es dabei, dass die Mitarbeiter der Klägerin unwahr behauptet hätten, es handele sich um Boden der Klasse Z2. Der Zeuge W habe durch eine Mischprobe festgestellt, dass Boden der Schadstoffklasse Z1.1 bis Z1.2 vorgelegen habe. Die Maßnahme sei überflüssig gewesen und nur durch die falschen Angaben der Klägerin zur Durchführung gelangt. Die erste Prüfung sei nicht von der Beklagten, sondern der Klägerin veranlasst worden.

    53
    Auch im Hinblick auf die Rodungsarbeiten außerhalb des Baufeldes liege ein Fall des § 2 Abs. 6 VOB/B vor, ohne dass die Klägerin vor Ausführung der Arbeiten eine besondere Vergütung verlangt habe. Es habe auch kein Auftrag der Beklagten vorgelegen. Das Landgericht habe sich nicht damit befasst, wie die Prokuristin der Beklagten die Anfrage der Klägerin habe verstehen müssen. Die Anfrage könne nur als im Rahmen eines bestehenden Vertrages erfolgte Frage nach dem "wie" verstanden werden. Die Prokuristin der Beklagten habe die Anfrage auch nur im Hinblick auf die Ausführung im Rahmen des bestehenden Leistungssolls verstanden. Das Landgericht habe unvertretbar einen Beweis der gerodeten Mengen bejaht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei bewiesen, dass niemals die abgerechneten Mengen hätten angefallen sein können. Das vom Landgericht berücksichtigte Szenario sei völlig unrealistisch. Die Bedenken des Landgerichts beträfen zudem nur einen Teil der Berechnungen des Sachverständigen. Die behaupteten Mengen könnten sich daraus ergeben, dass die Zeugen unkorrekt gezählt hätten. Der Aussage des Zeugen U sei zu entnehmen, dass die Zeugen mehrstämmige Gehölze nach Stämmen abgerechnet hätten. Dies sei nach den Angaben des Sachverständigen I unzulässig. Es könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die abgerechnete Fläche Teil einer Gesamtfläche gewesen sei. So habe der Zeuge W auf dem Baufeld (28.000 m²) nur 15 Wurzelstöcke und 50 Bäume festgestellt. Es sei unmöglich, dass auf einer unmittelbar angrenzenden Fläche von 558 m² 378 Wurzelstöcke, 262 Bäume und 5 große Bäume gestanden hätten. Die Argumentation des Landgerichts verfange nicht, da auch der Bewuchs außerhalb der streitgegenständlichen Fläche seinen Bedarf auf der streitgegenständlichen Fläche decke.

    54
    Das Urteil sei im Hinblick auf den Anspruch zum C02 falsch. Die Klägerin habe nicht berechtigt gekündigt. Es werde der Gesamtsituation nicht gerecht, allein auf die angedrohte und erfolgte Kündigung nach § 648a BGB abzustellen. Vielmehr komme es auf die insgesamt von der Klägerin erhobenen Forderungen an. Diese seien überzogen gewesen. Die Klägerin habe nicht allein eine Sicherheit nach § 648a BGB gefordert, sondern auch eine Zahlung von 482.129,68 € für das C01, sodass auch bei einer Sicherheitsleistung der Vertrag gekündigt worden wäre. Der geltend gemachte Werklohn habe der Klägerin aber nach der Klageschrift nicht zugestanden. Nach der durchgeführten Rechnungsprüfung sei eine unseriöse Abrechnung der Klägerin erkennbar geworden. Es könne nicht als vertragswidriges Verhalten bewertet werden, dass die Klägerin davon ausgegangen sei, nicht mehr zu schulden, als der Zeuge W errechnet gehabt habe.

    55
    Die Klägerin habe sich zudem bereits im Besitz einer tauglichen Sicherheit nach § 648a BGB befunden. Die Abtretung sei nicht im Rang nach dem Bankverein D erfolgt, da der Bankverein zuletzt auf alle Rechte an dem abgetretenen Betrag verzichtet habe. Auch Rechte der Stadt A hätten an der abgetretenen Summe nicht bestanden. Im Ergebnis habe die Klägerin ein Kontoguthaben von 496.661,38 € abgetreten bekommen. Die Abtretung einer Bankforderung stelle eine ausreichende Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB dar. § 648a BGB erweitere den Katalog zulässiger Sicherheiten über § 232 BGB hinaus. Er enthalte keine abschließende Aufzählung zulässiger Sicherheiten.

    56
    Das Sicherheitsbegehren sei auch um mindestens 100.000,00 € überhöht gewesen. Die Beklagte habe aber eine Kündigung nur vermeiden können, wenn sie dem Sicherungsverlangen voll entsprochen hätte. Die Klägerin habe nicht angeboten, das an sie abgetretene Kontoguthaben gegen Stellung der gewünschten Sicherheit rückabzutreten. Um die Beklagte in Verzug zu setzen, habe die Klägerin eine bedingte Abtretung erklären müssen. Die Klägerin sei aber nicht bereit gewesen, bei Zahlung der vermeintlichen Werklohnforderung für C01 entsprechende Teile des Kontoguthabens rückabzutreten. Dieses vertragswidrige Verhalten habe der Kündigung entgegengestanden.

    57
    Der Anspruch zum C02 sei überzogen. Es sei grob fehlerhaft, dass das Landgericht den Aussagen von Zeugen gefolgt sei, die ständig mit der Klägerin zusammenarbeiteten. Es sei offensichtlich völlig unrealistisch, dass Preise solange Bestand hätten, wie das Landgericht gemeint hat. Die Kalkulation der L GmbH zeige, dass die Leistungen nicht einmal mit dem vereinbarten Werklohn zu erbringen gewesen seien. Auf den erstinstanzlichen Vortrag (unter anderem Schriftsätze vom 13.04.2015 und 18.05.2015) werde Bezug genommen. Die Klägerin müsse sich die Erträge zurechnen lassen, die sie aufgrund anderweitigen Erwerbs gehabt habe. Die vorgezogenen Aufträge seien anzurechnen. Es fehle bereits an substantiiertem Vorbringen, dass die Klägerin die Aufträge neben dem streitgegenständlichen Auftrag habe ausführen können.

    58
    Soweit ein restlicher Werklohnanspruch verbleibe, sei dieser aufgrund der erklärten Aufrechnung untergegangen. Aufgrund der unberechtigten Kündigung hafte die Klägerin der Beklagten für die Mehrkosten von 100.563,80 €, die durch die Durchführung des C02 durch die L GmbH entstanden seien. Die von der L GmbH berechnete Vergütung sei angemessen und üblich. Ein günstigeres Angebot habe die Beklagte nicht erhalten.

    59
    Im Nachrang rechne die Beklagte mit einem Verzugsschaden wegen verzögerter Rückabtretung der 200.000,00 € auf. Die Klägerin habe sich ab dem 21.09.2013 in Verzug befunden. Der Beklagten stehe der gesetzliche Zinsanspruch zu. Der Begriff der Geldschuld sei weit auszulegen.

    60
    Mangels Verschulden der Beklagten bestehe kein Verzugszinsanspruch. Jedenfalls sei der Verzug nicht erst mit der Einrede des Zurückbehaltungsrechts beendet worden, sondern mit dessen Bestehen am 21.09.2013. Der Verzug sei jedenfalls dadurch entfallen, dass die Klägerin ein Zahlungsangebot der Beklagten im Hinblick auf den ausgeurteilten Betrag abgelehnt habe. Die Zahlung habe nur unter den Vorbehalten erfolgen sollen, die das Gesetz für einen solchen Fall vorsehe. Der Verzugszinssatz sei zu hoch bemessen.
    Zur Widerklage verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil.

    62
    Die Beklagte beantragt,

    63
    1. abändernd die Klage abzuweisen;

    64
    2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

    65
    Die Klägerin beantragt,

    66
    1. unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils

    67
    a) die Beklagte zur Zahlung weiterer 37.061,33 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 352.911,33 € ab dem 24.11.2011 und aus weiteren 55.833,60 € ab dem 21.08.2014 zu verurteilen;

    68
    b) die Feststellungswiderklage der Beklagten abzuweisen.

    69
    2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

    70
    Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Berechnung zum Aufmaß 1, die Bejahung eines Sicherheitseinbehaltes, die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts sowie die Stattgabe zur Widerklage.

    71
    Im Hinblick auf das Aufmaß 1 stehe der Klägerin ein Anspruch in Höhe von netto 5.517,09 € zu. Der Sachverständige H sei bei seiner mündlichen Erläuterung am 07.03.2017 davon ausgegangen, dass ein Preis von 25,00 € zuzüglich der Position 1.1.40 heranzuziehen sei. Damit ergebe sich ein Gesamtpreis von 36,60 € netto/m³. Dies entspreche einer Mehrforderung von brutto 2.155,50 €.

    72
    Das Landgericht habe der Beklagten auch zu Unrecht einen Einbehalt von 34.905,83 € zugesprochen. Der Klägerin stehe vielmehr ein Anspruch auf Auszahlung der Sicherheit als Teil der ungeminderten Vergütung oder aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, weil die Sicherungsabrede unwirksam sei. Hilfsweise stehe ihr aus § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B ein Anspruch auf Rückzahlung zu, da der Sicherungsfall nicht eintreten könne.

    73
    Die Sicherungsabrede sei nach § 307 BGB nichtig, da die Klägerin unangemessen benachteiligt werde. Bei den Regelungen im Werkvertrag handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, die von der Beklagten gestellt und für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden seien. Die Regelung benachteiligte die Klägerin unangemessen, da es die Beklage in der Hand habe, über die Dauer des Einbehaltes zu entscheiden und durch den Verweis auf ein dem Vertrag nicht beigefügtes Muster die Klägerin stark benachteiligende Voraussetzungen für eine Bürgschaft aufzustellen. Der Klägerin werde das in § 17 Abs. 3 VOB/B vorgesehene Austauschrecht genommen. Wegen der Unwirksamkeit der Regelungen in § 7 Abs. 1 und 2 des Vertrages sei die Höchstdauer des Einbehaltes nicht mehr bestimmt. Jedenfalls habe die Beklagte einen Anspruch auf Rückgabe der Sicherheit aus § 17 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B. Seit der Abnahme im September 2011 seien mehr als zwei Jahre vergangen. Die Beklagte könne sich nicht auf § 17 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B berufen. Sie habe bei objektiver Beurteilung kein Interesse mehr an der richtigen Erfüllung des betreffenden Leistungsteils. Der Sicherungsfall könne nicht mehr eintreten. Die Sicherheit sei zudem falsch berechnet.

    74
    Der Beklagten habe kein Zurückbehaltungsrecht zugestanden. Mangels synallagmatischen Verhältnisses komme nur ein solches aus § 273 BGB in Betracht. Die Beklagte habe bereits keinen Anspruch auf Rückabtretung aus § 5 Abs. 2 der Rückabtretungsvereinbarung. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ergebe sich, dass keine Rückabtretung von 200.000,00 € zu erfolgen habe, wenn die Klägerin wegen der Forderungen aus dem 1. und 2. Bauabschnitt ungesichert sei. Der Rechtsgedanke des § 162 BGB könne nicht dadurch ausgehebelt werden, dass die Regelung des § 5 Abs. 2 der Abtretungsvereinbarung nicht nach dem Verschulden differenziere. Die Klägerin habe sich ihrerseits wegen der ihr zustehenden Werklohnforderung auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen können. Aus dem Wort „sofort“ könne kein Ausschluss hergeleitet werden. Insbesondere sei zu berücksichtigten, dass bei einer Rückabtretung von 200.000,00 € die Werklohnansprüche der Klägerin aus C01 weitgehend ungesichert gewesen wären.

    75
    Jedenfalls sei ein Rückabtretungsanspruch nach § 242 BGB begrenzt gewesen. Die Möglichkeit der Beklagten, sich auf ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen, wäre wegen unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte hätte nur deshalb einen Anspruch auf Rückabtretung nach § 5 Abs. 2 der Abtretungsvereinbarung, weil die Klägerin das Vertragsverhältnis wegen Nichtzahlung des Werklohnes und Nichtstellung einer Bürgschaft wirksam aus wichtigem Grund gekündigt habe. Der Beklagten falle die Verletzung eigener Pflichten zur Last.

    76
    Ein Zurückbehaltungsrecht bestehe auch dann nicht, wenn wegen einer unverhältnismäßig geringen Forderung eine hochwertige Leistung zurückgehalten werde. Die Beklagte habe der Klägerin nach den Feststellungen des Landgerichts 315.850,00 € an Werklohn für C01 und 55.833,60 € für C02 geschuldet. Mit dem Rückabtretungsanspruch habe sie somit einen fast doppelt so hohen Anspruch nebst Zinsen blockieren können.

    77
    Bei eingetretenem Verzug genüge zudem die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nicht zur Heilung. Vielmehr müsse die Leistung Zug um Zug gegen Erfüllung des Gegenanspruchs angeboten werden. Die Beklagte habe aber die Zahlung des Werklohns mit Schriftsatz vom 03.06.2014 nicht angeboten.

    78
    Im Hinblick auf die Widerklage liege eine Erledigung nicht vor, da der Beklagten kein Anspruch auf Rückabtretung zustehe. In der Ablehnung einer Erfüllungshandlung könne auch keine Erledigung gesehen werden. Die Klägerin sei nach dem Urteil des Senats vom 03.06.2016 auch weiterhin verpflichtet, die Forderung rückabzutreten.

    79
    Im Übrigen verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil. Zum C01 stünde ihr der vom Landgericht zuerkannte Betrag zu.

    80
    Es sei falsch, das nach dem Leistungsverzeichnis zu den Positionen 3.1.10, 3.4.30, 4.1.10., 4.4.30., 7.1.10 und 7.4.30 die Lieferung von Naturkies und Feinsand als Rohrbettung geschuldet gewesen sei. Die Klägerin habe die Vorgabe der Positionen erfüllt. Von einer Entsorgung sei in den Positionen des Leistungsverzeichnisses keine Rede. Soweit die Position 4.4.20 den Einbau von Natursand beinhalte, sei bereits ein Abzug von 3.414,40 € erfolgt. Der Sachverständige H sei zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass keine Bedenken gegen die Verdichtbarkeit des Bodens beständen. Die Verdichtungsfähigkeit habe die Beklagte auch unstreitig gestellt. Die in der Rechnungsprüfung vorgenommenen Kürzungen seien völlig überhöht.

    81
    Zu den Positionen 6.2.10, 6.2.20, 7.9.20 und 7.9.40 habe das von der Klägerin eingebaute Recyclingmaterial nach dem Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens dem Leistungsverzeichnis entsprochen. Die Feststellung des Sachverständigen H, dass die Schottertragschicht schon im August 2011 ausreichend tragfähig gewesen sei, sei durch das von der Beklagten beauftragte Ingenieurbüro nicht entkräftet worden. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass die von diesem durchgeführte Untersuchungsmethode im Verhältnis der Parteien nicht zulässig gewesen sei. Das Ingenieurbüro habe Untersuchungen auch nur auf den Privatwegen durchgeführt und nicht auf den streitgegenständlichen Straßen. Die Beklagte habe dem Einbau von Recyclingmaterial durch die Weiterleitung des Schreibens der Stadt A vom 20.07.2011 durch den zuständigen Mitarbeiter der Beklagten konkludent zugestimmt. Ein Vorbehalt von Abzügen sei nicht erfolgt. Die vorgenommenen Abzüge seien völlig überhöht.

    82
    Zur Position 1.2.20 sei das Landgericht zutreffend von der Bodenklasse 7 ausgegangen. Die Überlegungen der Beklagten seien nicht zielführend, da in dem landgerichtlichen Urteil nur die jeweiligen Blöcke als Bodenklasse 7 qualifiziert worden seien und nicht der gesamt Erdwall. Der Sachverständige habe bei seiner Anhörung am 07.03.2017 die Fotos genannt, auf denen Haufwerke zu sehen seien. Die Behauptung der Beklagten, es handele sich immer um dieselben Blöcke, sei unsubstantiiert und werde bestritten.

    83
    Die Erwägungen der Beklagten zum Aufmaß 2 seien ebenfalls nicht zielführend, da sich der Umfang der Fundamente nicht schätzen lasse. Es sei nicht zwangsläufig so, dass auf einem im Boden befindlichen Fundament stets eine Mauer stehe.

    84
    Zum Nachtrag N2 gehe die Beklagte von einer falschen Anspruchsgrundlage aus. Das OLG Hamm habe in dem weiteren Rechtsstreits zwischen den Parteien § 2 Abs. 5 VOB/B angewandt. Einen Abbruch der Vernehmung des Zeugen X habe es nicht gegeben. Die Vorwürfe gegen den Zeugen seien ungerechtfertigt

    85
    Die Beklagte wehre sich auch zu Unrecht gegen die festgestellte Menge Müll. Die Klägerin habe die entsprechenden Wiegescheine überreicht und die Zeugen X und V hätten die angefallene Menge sowie deren ordnungsgemäße Separierung glaubhaft bestätigt. Demgegenüber habe der Zeuge W zu der Frage, ob Müll im Erdwall vorhanden gewesen sei, nichts sagen können. Die Beklagte gebe die Aussage des Zeugen W falsch wieder und interpretiere die Angaben des Sachverständigen H in seinem Schreiben vom 07.03.2017 falsch. Die Klägerin habe den Anspruch mit Schreiben vom 26.05.2011 vor Ausführung der Leistungen angemeldet. Der Hinweis auf die Lichtbilder sei unsubstantiiert. Auf diese komme es wegen der Aussagen der Zeugen X und V nicht an. Die Beklagte mache zu Unrecht geltend, dass die Separierung des Mülls nicht ordnungsgemäß gewesen sei; etwas anderes ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen X und V. Die Beklagte könne auch nicht aus den Angaben des Sachverständigen H in dessen Schreiben vom 07.03.2017 etwas anderes herleiten.

    86
    Im Hinblick auf die Vergütung für die Folienabdeckung sei es unsubstantiiert und falsch, dass Mitarbeiter der Klägerin unwahr behauptet hätten, es habe sich bei dem abgedeckten Boden um solchen der Klasse Z2 gehandelt. Dies ergebe sich aus dem Prüfbericht der K Labor GmbH vom 02.05.2011.

    87
    In Bezug auf die Rodungsarbeiten habe das Landgericht die Voraussetzungen für einen Anspruch mit zutreffender Begründung bejaht. Es handele sich nicht um eine zusätzliche Leistung, da Rodungsarbeiten im Baufeld im Vertrag vorgesehen gewesen seien. Es komme nicht darauf an, ob ein Auftrag vorgelegen habe. Vielmehr sei entscheidend, ob es eine Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Bauherrn gegeben habe. In der E-Mail vom 14.04.2011 sei eine solche Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B zu sehen. Maßgeblich sei die objektivierte Sicht der Klägerin. Wie die Prokuristin der Beklagten die Anfrage verstanden habe, sei nicht erheblich. Die Mengen seien zutreffend ermittelt worden. Auf dem Baufeld sei ein Großteil der Bäume bereits von einem anderen Unternehmen gefällt gewesen. Die Angaben der Klägerin würden durch die Lichtbilder bestätigt. Die Beklagte habe nicht den Beweis geführt, dass der von den Zeugen bestätigte Bewuchs nicht möglich gewesen sei. Das Landgericht habe nachvollziehbar dargelegt, warum es den Angaben des Zeugen I nicht gefolgt sei.

    88
    Im Hinblick auf das C02 hätten die Voraussetzung für eine Kündigung nach § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB vorgelegen. Auf eine Gesamtsituation komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Beklagte habe sich nicht nur geweigert, eine Sicherheit nach § 648a BGB zu stellen, sondern habe auch die angekündigte Zahlung von 100.000,00 € nicht geleistet. Für eine Verpflichtung, die Rückabtretung anzubieten, gebe es keine Rechtsgrundlage. Zudem habe die Klägerin diese mehrfach angeboten. Die Beklagte übersehe, dass es sich bei der Abtretung nicht um eine Sicherheit nach § 232 Abs. 1, § 648a Abs. 2 Satz 1 BGB gehandelt habe. Die geltend gemachte Werklohnforderung sei nicht überhöht gewesen. Ein überhöhtes Sicherheitsverlangen sei auch weder von vornherein unwirksam noch eine Vertragsverletzung gewesen. Es sei eine unzutreffende Unterstellung, dass die Klägerin eine Kündigung auch ausgesprochen hätte, wenn die Beklagte dem Sicherungsbegehren entsprochen hätte.

    89
    Das Landgericht habe die Höhe des Anspruchs zutreffend ermittelt. Es sei unklar, was die Beklagte unter der von ihr vorgelegten Kalkulation der L GmbH verstehe. Jedenfalls habe die L GmbH eine Pauschalsumme abgerechnet. Weitere Erträge müsse sich die Klägerin nicht anrechnen lassen. Die Klägerin habe Aufträge vor der Kündigung angenommen; ein anderweitiger Erwerb sei zu verneinen. Es handele sich um „Füllaufträge“.

    90
    Die zur Aufrechnung gestellten Forderungen ständen der Beklagten nicht zu, da die Klägerin den Vertrag habe wirksam kündigen können. Ein Schaden der Beklagten werde bestritten. Der Schaden könne nicht auf die Schlussrechnung der L GmbH gestützt werden. Die Preise seien nicht vergleichbar und die Schlussabrechnung enthalte Nachträge, deren Erforderlichkeit ebenso wie die Angemessenheit der berechneten Preise bestritten werde.

    91
    Die Beklagte habe keinen Verzugsschaden erlitten. § 288 Abs. 1 BGB sei auf eine nicht erfolgte Rückabtretung nicht anwendbar.

    92
    Dagegen stehe der Klägerin der Verzugsanspruch zu. Für ein Nichtvertretenmüssen sei die Beklagte beweispflichtig. Der unzweifelhaft eingetretene Verzug habe nicht bei bloßer Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts geendet. Die Schreiben vom 01.08.2017 und 16.08.2017 hätten nicht das erforderliche vollständige Angebot der Gegenleistung enthalten.

    93
    Die Beklagte gehe auch offensichtlich inzwischen davon aus, dass der Sicherheitseinbehalt nicht mehr berechtigt sei. Dies ergebe sich aus einem Schreiben vom 07.06.2018.

    94
    Dagegen vertritt die Beklagte die Ansicht, die §§ 305 ff. BGB seien nicht anwendbar. Dazu behauptet sie, der Werkvertrag sei nicht von der Beklagten gestellt worden. Vielmehr sei sehr lange und sehr intensiv über Details des Vertrages verhandelt worden. Viele Abänderungen seien auf Wunsch der Klägerin vorgenommen worden. § 7 Abs. 3 des Werkvertrages verstoße auch nicht gegen § 307 BGB. Die Argumentation mit dem Leitbild des § 641 BGB passe nicht, da dieser zugunsten der Klägerin abgeändert worden sei. Zudem habe die Klägerin die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages umgehen können, indem sie eine Vertragsbürgschaft gestellt hätte. Aus der vertraglichen Wahlmöglichkeit folge, dass das Wahlrecht nach § 17 Abs. 3 VOB/B nicht unzulässig eingeschränkt worden sei. Auch bei einer Gewährleistungsbürgschaft habe die Beklagte nicht entscheiden können, wann der Einbehalt durch eine solche abgelöst werden könne. Selbstverständlich habe die Beklagte auch den Abnahmezeitpunkt nicht beliebig verzögern können, da durch die Regelung des § 7 des Vertrages die Abnahmefiktion nicht ausgeschlossen sei. Dem Wort „mängelfrei“ komme keine selbständige Bedeutung zu. Das Vertragsmuster der Stadt A habe keine Vorgaben enthalten, die über eine „normale“ Gewährleistungsbürgschaft hinausgingen.

    95
    Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Auskehrung des Einbehaltes, da § 17 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B greife. Die Klägerin habe die vereinbarten Leistungen in wesentlichen Teilen nicht erbracht.

    96
    Die Abrechnung der Klägerin sei auch in Höhe von 10.963,51 € falsch, weil in dieser Höhe die Versorgungsträger die Leistungen der Klägerin bezahlt hätten. Diese Zahlung müsse die Klägerin gegen sich gelten lassen. Es handele sich um Titel 8 des Leistungsverzeichnisses, der nach dem Pauschalierungsnachlass einen Betrag von 10.963,51 € ausgemacht habe.

    97
    Das Landgericht habe richtig gesehen, dass die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihres Anspruchs auf Rückabtretung gehabt habe. Für eine ergänzende Vertragsauslegung sei kein Raum, da es an einer planwidrigen Lücke fehle. Für andere werkvertragliche Leistungen der Klägerin außerhalb des C02 sei die Sicherheit von 200.000,00 € nicht bestimmt gewesen. Daher könne auch der Verweis auf § 162 Abs. 2 BGB nicht greifen. Die Beklagte habe nicht treuwidrig gehandelt. Eine Berufung auf § 242 BGB setze auch die eigene Vertragstreue voraus. Hiervon könne aufgrund der bewusst falschen Abrechnung keine Rede sein. Die Beklagte sei nicht am 24.11.2011 in Verzug geraten. Jedenfalls könne in Höhe von 102.283,80 € ab dem 30.06.2018 nicht mehr von einem Zahlungsverzug der Beklagten ausgegangen werden. Die Beklagte habe der Klägerin eine entsprechende Zahlung im Rahmen eines Teilvergleiches angeboten. Diesen Vorschlag habe die Klägerin abgelehnt. Die Beklagte habe nicht ohne Reduzierung der Sicherheiten zahlen wollen.

    98
    Zur Feststellungswiderklage habe das Landgericht zutreffend entschieden. Die Klägerin lasse den Zeitfaktor und die zwischenzeitlichen Entwicklungen außer Betracht. Die Beklagte habe seit September 2013 die Rückzahlung der 200.000,00 € gewollt. Entscheidend sei, ob ein Anspruch der Beklagten bei Einreichung der Widerklage begründet gewesen sei. Dies sei der Fall und die Klägerin habe den Anspruch nicht erfüllt. Erledigendes Ereignis sei die erklärte Bereitschaft, die Rückabtretung vorzunehmen. Damit sei das Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Landgerichts entfallen.

    99
    In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.01.2019 haben die Sachverständigen H und I ihre erstinstanzlich erstellten Gutachten mündlich erläutert.

    100
    Der Senat hat der Klägerin im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 23.01.2019 Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu den Positionen Müll, insbesondere zu den Wiegescheinen, sowie zu den Rodungen gegeben. Innerhalb der bis zum 13.02.2019 gesetzten Frist hat die Klägerin dargelegt, dass der Müll allein von der streitgegenständliche Baustelle stamme. Die Rechnungsdaten stellten kein Indiz dafür da, dass es sich nicht um die mit Schreiben vom 26.05.2011 angekündigte Müllentsorgung gehandelt habe. Die angelieferten Container verblieben auf der Baustelle, bis sie voll seien. Aus diesem Grund sei der Container erst am 29.07.2011 abgeholt worden. Hinsichtlich der Rodungsarbeiten berechnet die Klägerin nur einen Betrag von 6.628,60 € für das Fällen ohne Rodung. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, mit der Zahlung nicht in Verzug gewesen zu sein.

    101
    Dagegen ist die Beklagte der Ansicht, nach dem Zugang der Teilschlussrechnung nicht in Verzug geraten zu sein. Sie habe unverschuldet davon ausgehen können, auf diese Rechnung nichts zahlen zu müssen. Sie habe mit der Bauaufsicht ein unabhängiges Ingenieurbüro beauftragt, welches nach einer Rechnungsprüfung zu der Auffassung gelangt sei, es bestehe noch eine Forderung der Klägerin von 20.128,06 €. Die Beklagte habe keinen Grund gehabt, hieran zu zweifeln. Auch der offene Betrag habe nicht gezahlt werden müssen, da aus der damaligen Sicht der Beklagten offensichtlich gewesen sei, dass dieser Betrag als Druckzuschlag habe zurückbehalten werden dürfen.

    102
    B.

    103
    Die zulässigen Berufungen der Parteien sind nur teilweise begründet. Die zulässige Klage ist im Umfang des zusprechenden Tenors begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Widerklage ist zulässig und begründet.

    104
    I.

    105
    Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in Höhe von 398.760,35 € zu.

    106
    1.

    107
    Dieser Anspruch folgt in Höhe von 342.926,75 € wegen im C01 erbrachter Leistungen aus § 631 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 2 Abs. 5 und 6 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B, in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.07.2009 (im Weiteren: VOB/B 2009).

    108
    a)

    109
    Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sie unter dem 22.02.2011 einen Vertrag über die Erschließung des Baugebietes „Bstraße“ in A geschlossen haben. In der Sache liegt ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB vor. Die Parteien haben die VOB/B 2009 wirksam in den Vertrag mit einbezogen. Insoweit genügte die schlichte Bezugnahme auf diese als allgemeine Geschäftsbedingungen zu wertenden Regelungen. Bei beiden Parteien handelt es sich offensichtlich um auf dem Bausektor gewerblich tätige Unternehmen, von denen angenommen werden kann, dass sie die VOB/B kennen. Die Vereinbarung der Parteien ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte dahingehend auszulegen, dass die VOB/B in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung einbezogen werden sollte. Dies war die Fassung vom 31.07.2009 in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.2009, die am 11.06.2010 in Kraft getreten ist.

    110
    b)

    111
    Hinsichtlich der Vergütungsansprüche für das C01 ist zu unterscheiden zwischen Ansprüchen für die vertraglich vereinbarten Leistungen einerseits und die geänderten oder zusätzlichen Leistungen andererseits. Im Hinblick auf die vertraglich vereinbarten Leistungen ist weiterhin zwischen den Leistungen zu unterscheiden, für die ein Pauschalpreis vereinbart worden ist, sowie denjenigen, die nach Einheitspreisen abzurechnen waren.

    112
    aa)

    113
    Für die vertraglich vereinbarten Leistungen, für die die Parteien einen Pauschalpreis vereinbart haben, steht der Klägerin ein Vergütungsanspruch in Höhe von 511.782,71 € brutto (= 430.069,50 € netto) zu. Es ist unstreitig, dass sich die Klägerin von dem pauschal vereinbarten Festpreis von 536.093,69 € brutto (= 450.498,90 € netto) Kürzungen von 8.258,60 € brutto (= 6.940,00 € netto) für nicht erledigte Restarbeiten und von 16.052,39 € brutto (= 13.489,40 € netto) wegen Massenkürzungen, Mängelbeseitigungskosten und Schäden gefallen lassen muss. Im Übrigen hat es bei dem vereinbarten Pauschalpreis zu verbleiben, da die vertraglich ausgeführten Leistungen nicht so erheblich von der vertraglich vorgesehenen Leistung abweichen, dass einer Partei ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar wäre.

    114
    Im Grundsatz ist von einer Unabänderlichkeit eines einmal vereinbarten Pauschalpreises auszugehen. Beim Pauschalpreis gehen beide Vertragsparteien bewusst Risiken bezüglich der Erfassung des Umfangs der Bauleistung ein. Leistungen und Preis werden von den Vertragsparteien bewusst pauschaliert. Allerdings eröffnet § 2 Abs. 7 VOB/B ausdrücklich eine Änderung des Pauschalpreises unter den Voraussetzungen des § 242 BGB, vor allem unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls oder der Änderung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB. Die ausgeführte Leistung muss jedoch von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich abweichen, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist. Wann bei Änderung der Bauleistung im Rahmen eines Pauschalvertrages eine Anpassung des Vertragspreises in Betracht kommt, ist eine Frage des Einzelfalles. Insoweit ist regelmäßig eine bestimmte Toleranzgrenze zu berücksichtigen, da die Vertragsparteien bewusst Risiken in Kauf genommen haben. Dabei ist nicht entscheidend auf Abweichungen bei einzelnen Positionen abzustellen, sondern auf ein deutliches Missverhältnis zwischen der Gesamtbauleistung und dem Pauschalpreis. Zwar gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine starre Risikogrenze in Gestalt eines Prozentsatzes. Eine Abänderung kommt aber ‒ ohne weitere Umstände ‒ regelmäßig erst bei einer Abweichung von etwa 20 % in Betracht. (vgl. Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rn. 1522, 1542 ff.) Haben die Parteien den Umfang der geschuldeten Leistungen durch Angaben in einem Leistungsverzeichnis oder anderen Vertragsunterlagen, also im Rahmen der Leistungsbeschreibung, näher festgelegt und damit gerade nicht pauschaliert, bestimmen diese Vertragsgrundlagen Art und Umfang der zu erbringenden Werkleistung. Fallen später vom Leistungsverzeichnis oder von anderen Vertragsunterlagen zunächst erfasste Leistungen weg, reduziert sich also der Umfang der Leistungen des Auftragnehmers, ist dies durch einen entsprechenden Abzug zu berücksichtigen. (vgl. Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rn. 1528) Eine Änderung der Bauausführung hat aber nicht grundsätzlich zur Folge, dass eine einmal getroffene Pauschalpreisvereinbarung überhaupt nicht mehr anwendbar wäre. Vielmehr rühren nur erhebliche Änderungen des Leistungsinhalts an die Grundlagen der Preisvereinbarung und können dann nicht ohne Auswirkung auf die ausgemachte Pauschale bleiben. (vgl. BGH, NJW 1974, S. 1864, 1865) Nur wenn der vereinbarte Leistungsinhalt völlig verändert worden ist, ist die Pauschalpreisvereinbarung als hinfällig zu betrachten und nach Aufmaß und den Einheitspreisen abzurechnen, die in dem zugrundeliegenden Angebot des Auftragnehmers enthalten waren (vgl. Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rn. 1550 f.).

    115
    Die Kürzungen, die sich die Klägerin gefallen lassen muss, machen betragsmäßig aber unter 5 % des vertraglich vereinbarten Pauschalpreises aus. Weitere erhebliche Abweichungen sind nicht gegeben, sodass eine völlige Veränderung des Leistungsinhalts nicht anzunehmen ist.

    116
    (1)

    117
    Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt eine Abweichung der Leistungsausführung von der geschuldeten Leistung hinsichtlich der Positionen 3.1.10, 3.4.30, 4.1.10, 4.4.30, 7.1.10 und 7.4.30 nicht vor. Diese Positionen betreffen zum einen den Bodenaushub und das Wiederauffüllen im Zusammenhang mit der Schmutz- und Regenwasserkanalisation sowie zum anderen die privaten Stichwege. Insoweit ist es unstreitig, dass die Klägerin den Bodenaushub für das Auffüllen wiederverwendet hat. Das Landgericht hat indes zu Recht eine Minderleistung der Klägerin verneint.

    118
    Nach der Leistungsbeschreibung zu den Positionen 3.1.10, 4.1.10 und 7.1.10 sollte die Klägerin „Leicht bis schwer lösbaren Boden nach DIN 18300 -2.3- Klasse 3-5 für Rohrgräben und Baugruben der Kanäle und Bauwerk ausheben und zur freien Verwendung abfahren“. Diese Leistungsanforderung hat die Klägerin im Hinblick auf das Ausheben unstreitig erfüllt. Lediglich ein Abfahren, also ein Entfernen des Aushubs vom Bauvorhaben hat offensichtlich nicht stattgefunden. Nach den Positionen 3.4.30, 4.4.30 und 7.4.30 sollte die Klägerin „Verdichtungsfähigen Füllboden liefern und in die Rohrleitungsgräben lagenweise einbauen und verdichten“. Nachdem die Beklagte die Verdichtungsfähigkeit des eingebauten Bodens nicht mehr bestreitet, hat die Klägerin die Leistungsanforderungen an den Einbau und die Verdichtung unstreitig erfüllt. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin den zuvor ausgehobenen Boden wiederverwendet hat, da dies durch die Formulierung der Leistungsbeschreibung gerade nicht ausgeschlossen ist. Vor diesem Hintergrund ist auch die Argumentation der Beklagten, sie habe durch die Formulierung der Leistungsbeschreibung bewusst sicherstellen wollen, dass in jedem Fall geeigneter Boden geliefert wird, nicht nachvollziehbar. Die Leistungsbeschreibung macht im Hinblick auf Art und Herkunft des Füllbodens keine Angaben. Die Vereinbarung eines anderweitigen, nicht von der Baustelle selbst stammenden Materials lässt sich ihr nicht entnehmen. Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung unter anderem darauf abstellt, dass sie entsprechend dem Leistungsverzeichnis Wert auf Natursand und Feinkies gelegt habe, betrifft dies nicht die streitgegenständlichen Positionen. Soweit die Beklagte Bezug auf die Leistungsposition 4.4.20 nimmt, hat das Landgericht hier unstreitige Abzüge berücksichtigt.

    119
    Damit hat die Klägerin das Leistungsinteresse der Beklagten voll erfüllt. Lediglich die sich aus den Leistungsbeschreibungen ergebenden Abfahr- und Anlieferungsvorgänge hat sie nicht ausgeführt. Diesen Vorgängen kam indes im Hinblick auf das Leistungsinteresse der Beklagten keine eigenständige Bedeutung zu. Die Leistung der Beklagten hätte im Ergebnis nicht anders ausgesehen, wenn die Klägerin das ausgehobene Material zunächst von der Baustelle verbracht hätte, um es sodann zum Einbau wieder anliefern zu lassen. Eine erhebliche Leistungsänderung liegt daher nicht vor.

    120
    (2)

    121
    Im Hinblick auf die Positionen 6.2.10, 6.2.20, 7.9.20 und 7.9.40 hat das Landgericht auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen H festgestellt, dass das verbaute Material den Vereinbarungen der Parteien entspreche.

    122
    An diese Feststellung sieht sich der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, da nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Da der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt, reicht es hierfür nicht aus darzulegen, dass die Beweiswürdigung auch anders hätte vorgenommen werden können. Erforderlich ist vielmehr, konkrete Fehler wie Verstöße gegen Denkgesetze, gegen anerkannte Erfahrungssätze, gegen Verwertungsverbote aufzuzeigen oder Widersprüche oder Lücken in der Beweiswürdigung darzulegen (BGH NJW 2004, S. 2152 Rn. 11 ff.; KG, BauR 2011, S. 2006 Rn. 4; Heßler in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 529 Rn. 3 ff. mit weiteren Nachweisen). Im Hinblick auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten bedeutet dies, dass allein die Äußerung von Zweifeln an der Richtigkeit des Gutachtens nicht ausreicht. Vielmehr müssen Gesichtspunkte aufgezeigt werden, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens begründen (Heßler in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 513 Rn. 3, § 529 Rn. 9).

    123
    Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass sich das vertragliche Leistungssoll aus den - gegebenenfalls durch das Gericht unter Mithilfe eines Sachverständigen - auszulegenden vertraglichen Vereinbarungen ergibt. Das Abweichen des Leistungsumfangs vom Leistungssoll ist dagegen eine Tatsachenfrage. Diesbezüglich hat der Sachverständige H im selbständigen Beweisverfahren festgestellt, dass das verwendete Material nach den TL G SoB-StB güteüberwacht gewesen sei, der Kornanteil unter 0,063 mm im eingebauten Zustand unter 5 % liege und das Material die Vorgaben der TL G SoB-StB bzw. der TL Gestein-StB erfülle. Damit hat der Sachverständige die vertraglichen Anforderungen als erfüllt angesehen.

    124
    Dass die vertraglichen Vereinbarungen weitere Anforderungen an Güte oder Herkunft des zu verwendenden Materials vorgesehen haben, lässt sich weder dem Vortrag der Parteien noch den vorliegenden Unterlagen entnehmen. Insbesondere kann dem Leistungsverzeichnis nicht entnommen werden, dass nur Nicht-Recyclingmaterial, welches den im Einzelnen aufgeführten Anforderungen entspricht, verwendet werden soll. Eine bestimmte Wertigkeit ist dem Leistungsverzeichnis gerade nicht zu entnehmen.

    125
    (3)

    126
    Mit dem eingebauten Recycling-Material ist auch die vertraglich geforderte Festigkeit erreicht worden. Auch diesbezüglich sieht sich der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Landgericht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme getroffenen Feststellung gebunden, dass die vertraglich geforderte Tragfähigkeit bereits zum Zeitpunkt der Abnahme gegeben gewesen ist. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellung ergeben sich nicht. Der Sachverständige H hat sich in seiner ergänzenden Stellungnahme im selbständigen Beweisverfahren vom 25.03.2014 eingehend damit auseinandergesetzt, ob die vertraglich vereinbarte Tragfestigkeit trotz der Feststellungen des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros gegeben war. Ergebnis seiner Ausführungen war, dass die geforderten Verformungsmodule mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits zum Zeitpunkt der Fertigstellung gegeben gewesen seien. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aufgrund dieser Ausführungen die Überzeugung gewonnen hat, dass die vertraglich geforderte Tragfähigkeit bereits bei Fertigstellung gegeben war. Insbesondere bedurfte es keiner naturwissenschaftlichen Sicherheit. Vielmehr wäre es rechtsfehlerhaft gewesen, einen Beweis deswegen nicht als erbracht anzusehen, weil keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit gewonnen werden konnte. Der Richter muss sich vielmehr mit einer persönlichen Gewissheit begnügen, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Er darf sich nicht dadurch, dass ein Gutachter sich nur auf Wahrscheinlichkeiten festlegt, von der Bildung einer persönlichen Überzeugung abhalten lassen. (Greger in: Zöller, ZPO, 32. Auflage, § 286 Rn. 19).

    127
    Letztlich kann die Frage, ob die vertraglich vereinbarte Tragfähigkeit bereits bei der Fertigstellung der Leistung erreicht war oder erst bei der Begutachtung durch den Sachverständigen H am 19.03.2013, auch dahinstehen bleiben. Zwar muss ein Werk seine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit grundsätzlich zum Zeitpunkt der Abnahme aufweisen. Das verzögerte Erreichen der vereinbarten Beschaffenheit führt indes ‒ sobald die vereinbarte Beschaffenheit erreicht ist - nicht dazu, dass die Werkleistung des Unternehmers (noch) als mangelhaft oder minderwertig anzusehen ist. Vielmehr kommen allenfalls Schadensersatzansprüche wegen der Leistungsverzögerung in Betracht. Derartige Ansprüche werden aber von der Beklagten nicht geltend gemacht.

    128
    b)

    129
    Im Hinblick auf die nach Einheitspreisen abzurechnenden Leistungspositionen zum C01 (Positionen 1.1.40, 1.1.60, 1.1.80, 1.2.10, 1.2.20 und 1.2.30) steht der Klägerin ein Werklohnanspruch von insgesamt 120.642,20 € (= 101.380,00 € netto) zu. Diesbezüglich sind Ansprüche der Klägerin in Höhe von 113.237,76 € (= 95.157,78 € netto) nicht im Streit. Der Klägerin stehen darüber hinaus die geltend gemachten Vergütungen für die Leistungen gemäß den „Aufmaßen 1 und 2“ von 7.404,44 € (= 6.222,22 € netto) zu.

    130
    (1)

    131
    Im Hinblick auf das Aufmaßblatt 2 ergibt sich ein Anspruch in Höhe von 603,48 € (= 507,13 € netto). Das Landgericht hat bei der ‒ im Übrigen nicht angegriffenen Berechnung ‒ der Vergütung im Hinblick auf das Aufmaß 2 zutreffend die Einheitspreisposition 1.2.20 zugrunde gelegt und nicht die im Pauschalpreis enthaltene Leistungsposition 1.1.10. Das dem Vertrag zugrunde liegende Leistungsverzeichnis ist nach der Beschreibung der Leistungspositionen dahingehend zu verstehen, dass das Freilegen und Abbrechen von Fundamenten auch sichtbarer Mauern über die Position 1.2.20 abzurechnen sein sollte.

    132
    Position 1.1.10 des Leistungsverzeichnisses umfasst nach der Überschrift allein das Abräumen des Baugeländes und zwar des Aufwuchses mit Wurzelwerk, des Astwerks sowie von Steinen, Mauern und Zäunen. Im Leistungstext sind die letzteren Gegenstände mit „Steine, Betonreste, Mauerreste und abgängige Zäune“ beschrieben. Damit ist bei den Mauerresten der Unterbau ‒ anderes als bei dem Aufwuchs das Wurzelwerk beziehungsweise die Wurzelstöcke ‒ ebenso wenig aufgeführt, wie Tätigkeiten zu seiner Freilegung. Dagegen beschreibt die Position 1.2.20 ausdrücklich das Abbrechen baulicher Anlagen und zwar von Fundamenten aus Mauerwerk und Beton. Dabei wird im Text die Anlage mit dem Fundament gleichgesetzt. Zudem enthält die Leistungsbeschreibung zu dieser Position auch Arbeiten in Bezug auf das Freilegen der baulichen Anlagen.

    133
    (2)

    134
    Wegen der Arbeiten, die Gegenstand des Aufmaßblattes 1 sind, steht der Klägerin aus § 631 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 ein weiterer Vergütungsanspruch in Höhe von 6.800,96 € (= 5.715,09 € netto) zu.

    135
    Zugrunde zu legen ist ‒ wie der Sachverständige H bereits in seinem Gutachten vom 27.07.2016, dort Seite 7, ausgeführt hat - grundsätzlich die Leistungsposition 1.1.40 mit einem Einheitspreis von 11,60 €/m³, da das Aufnehmen von Boden und Fels aus dem Erdwall nach dieser Position vergütet werden sollte und sich das Aufmaß 1 unstreitig auf das Material aus dem Erdwall bezieht. Zu dem vereinbarten Einheitspreis sind weitere 25,00 €/m³ hinzuzurechnen, da eine geänderte Leistung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B vorliegt und die zusätzlich zu erbringende Leistung als besondere Leistung gesondert zu vergüten ist.

    136
    Nach § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung von Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren, wenn sich durch eine Änderung des Bauentwurfs oder anderen Anordnungen des Auftragsgebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung ändern. Der Begriff der Leistungsänderung ist dabei nicht engherzig auszulegen. Hierunter fallen nicht nur Veränderungen im Leistungsbeschrieb eines Leistungsverzeichnisses, sondern auch solche Maßnahmen, die sich auf die Art und Weise der Durchführung der vertraglich vereinbarten Bauleistung beziehen. Als andere Anordnungen im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 kommen insbesondere sämtliche Anordnungen der Art und Weise der Bauausführung in Betracht, die das Bau-Soll verändern. § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 findet dagegen keine Anwendung, wenn die geänderte Leistung bereits vom bestehenden vertraglichen Leistungsumfang umfasst ist. Die Verantwortung für eine Leistungsänderung infolge geänderter Bodenverhältnisse ist in der Regel dem Auftraggeber zuzuweisen. Dieser trägt nach ganz herrschender Meinung grundsätzlich das Baugrundrisiko. Den Bauunternehmer trifft dagegen keine allgemeine Prüfungsfrist hinsichtlich des Baugrundes, wenn kein Anlass besteht, die Angaben des Auftraggebers in Zweifel zu ziehen. Findet der Auftragnehmer tatsächlich andere als in der Baubeschreibung genannte Bodenverhältnisse vor, hat er nach herrschender Meinung beim VOB/B-Werkvertrag einen Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B 2009. Voraussetzung ist aber, dass die Erschwernisse durch den tatsächlich vorgefundenen Baugrund für den Auftraggeber nicht erkennbar waren. Die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit beim Auftragnehmer. (Werner: in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 1456, 1461)

    137
    Eine solche Änderung ergibt sich vorliegend daraus, dass der von der Klägerin aufzunehmende Erdwall insgesamt 156,15 m³ Material enthalten hat, welches als Haufwerk den Voraussetzungen der Bodenklasse 7 entsprochen hätte. Hiervon ist nach den Feststellungen des Landgerichts auszugehen, da keine konkreten Anhaltspunkte bestehen, die Zweifel an deren Richtigkeit und Vollständigkeit begründen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat seine Feststellung zur abgerechneten Masse im Wesentlichen auf das Anerkenntnis des Zeugen W gestützt, ohne dass sich die Beklagte im Rahmen ihrer Berufungsbegründung hiermit auseinandersetzt. Fehler der Tatsachenfeststellung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Zeuge W hat bei seiner Vernehmung eingeräumt, dass er die Massen und Mengen anerkannt habe, auch wenn er die Angaben in den Aufmaßen nicht auf der Baustelle nachgeprüft habe. Die Bestätigung des Zeugen W ist auch erstinstanzlich nicht streitig gewesen und ergibt sich aus dessen Unterschrift auf dem Aufmaß. Soweit das Landgericht lediglich ergänzend auf die Bestätigung durch den Sachverständigen H abstellt, hat das Landgericht zutreffend zugrunde gelegt, dass der Sachverständige H das Vorliegen von Blöcken mit einer Korngröße von mindestens 630 mm anhand von Lichtbildern bestätigt hat. In seinem schriftlichen Gutachten von 27.07.2016 hat er Haufwerke auf den Lichtbildern Blatt 247, 258, 559 oben, 560 unten, 561 oben, 882 sowie 1426 bis 1431 der Akte erkannt, die als Haufwerke in die Bodenklasse 7 einzuordnen seien. Der hiergegen vorgebrachte Einwand, die Lichtbilder hätten ausnahmslos die gleichen Blöcke gezeigt, ist unsubstantiiert. Es ist nicht ersichtlich, welche Lichtbilder jeweils die gleichen Haufwerke oder Einzelblöcke zeigen sollten.

    138
    Nach Ziffer 4.2.5 der für die Einordnung der Bodenklassen maßgeblichen DIN 18300-2010, die als Teil der VOB/C in den Vertrag mit einbezogen worden ist, stellt das Lösen, Laden und Entsorgen von Bauwerksresten und dergleichen über 0,1 m³ Rauminhalt sowie von großen Blöcken - ab einer Korngröße größer 630 mm - in Boden und Fels der Klassen 1 bis 6 eine besondere Leistung dar, die gemäß Ziffer 4.2 Satz 1 der DIN 18299-2010 nur dann zur vertraglichen Leistung gehört, wenn sie in der Leistungsbeschreibung besonders erwähnt ist. Derartige große Blöcke lagen nach den zugrunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts vor, ohne dass die Parteien diese in der Leistungsbeschreibung besonders erwähnt hätten. Insoweit genügt es nicht, dass das Material des Erdwalls insgesamt als Bodenklasse 6 zu bewerten ist und die Bodenklasse 6 vom Leistungsverzeichnis erfasst war. Denn Ziffer 4.2.5 der DIN 18300-2010 sieht gerade auch für die Bodenklasse 6 das Vorliegen einer besonderen Leistung vor.

    139
    Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt das Vorliegen dieser besonderen Leistung, die sich mangels entsprechender vertraglicher Vereinbarung zugleich als Leistungsänderung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 darstellt, nicht dazu, dass die Leistungen im Hinblick auf die 156,15 m³ Material lediglich mit einem Einheitspreis von 25,00 €/m³ zu vergüten sind. Zwar hat der Sachverständige H diesen Einheitspreis in seinem Gutachten vom 27.07.2016, dort Seite 10, angegeben. Er hat indes bereits bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht am 07.03.2017 diesen Betrag als Wert für die Zusatzarbeiten erläutert. Bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor dem Senat hat er ‒ auf Vorhalt dieser Angaben ‒ bestätigt, dass die 25,00 €/m³ zusätzlich zu dem Preis aus dem Leistungsverzeichnis zu berechnen sind. Ausgehend von einem Einheitspreis von 36,60 €/m³ und einer Masse von 156,15 m³ ergibt sich ein Vergütungsanspruch von 5.715,09 € netto.

    140
    Dem Werklohnanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass der tatsächlich vorgefundene Inhalt des Erdwalls für die Klägerin erkennbar gewesen wäre. Es ist nicht zu beanstanden und von der Berufung auch nicht angegriffen, dass das Landgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe den streitgegenständlichen Erdwall selbst errichtet, als unsubstantiiert und nicht unter Beweis gestellt unberücksichtigt gelassen hat. Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Erkennbarkeit grundsätzlich beim Auftragnehmer. Eine solche Erkennbarkeit behauptet die Beklagte indes nicht, sondern eine Kenntnis der Klägerin aus früherer Tätigkeit. Insoweit hätte es der Beklagten zumindest oblegen, zu den die Kenntnis der Klägerin begründenden Umständen substantiiert vorzutragen, um der Klägerin den Beweis des Gegenteils ermöglichen zu können.

    141
    c)

    142
    Darüber hinaus steht der Klägerin aus den Nachtragspositionen ein Anspruch in Höhe von 57.862,66 € (= 48.624,08 € netto) zu. Hiervon sind Ansprüche wegen der Straßenbeleuchtung in Höhe von 4.314,51 € (= 3.625,64 € netto) und der Entwässerung in Höhe von 8.378,58 € (= 7.040,82 € netto) unstreitig.

    143
    (1)

    144
    Hinsichtlich des Nachtrags 2 steht der Klägerin zunächst der vom Landgericht zuerkannte Betrag von 6.858,49 € (= 5.763,44 € brutto) für das Separieren des Bodenklasse-7-fähigen Materials aus dem Erdwall gemäß § 631 Abs. 1 BGB, § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 zu. Wegen des grundsätzlichen Bestehens des Anspruchs wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Aufmaß 1 Bezug genommen. Der Sachverständige H hat bei seiner Anhörung durch den Senat bestätigt, dass zwar die DIN 18300-2010 das Separieren großer Steinblöcke nicht explizit vorsehe, dieses aber für die Entsorgung erforderlich ist. Zur Höhe hat das Landgericht nach Beweisaufnahme festgestellt, dass die Klägerin den geltend gemachten Einheitspreis von 1,36€/m³ auf der Grundlage der Urkalkulation zutreffend geltend gemacht habe und sich bei einer Masse von 4.237,824 m³ ein Betrag von 5.763,44 € ergebe. An diese Feststellung ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, da keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit bestehen. Einwände zur Höhe machen die Parteien auch nicht geltend.

    145
    (2)

    146
    Zudem hat die Klägerin einen Vergütungsanspruch für das Separieren und Entsorgen von Müll aus dem Erdwall in Höhe von 19.310,75 € (= 16.227,52 € netto) aus § 631 Abs. 1 BGB, § 2 Abs. 5 VOB/B 2009. Das Landgericht ist insoweit zu Recht von einer geänderten Leistung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 und nicht von einer zusätzlichen Leistung im Sinne des § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 ausgegangen.

    147
    (a)

    148
    Die Abgrenzung der Leistungsänderung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 von der Zusatzleistung im Sinne von § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 kann im Einzelfall große Schwierigkeiten bereiten, weil sich die Anwendungsbereiche beider Vorschriften aufgrund ihrer sprachlichen Fassung nicht sauber trennen lassen. Im Falle des § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 wird ‒ im Gegensatz zu § 2 Abs. 5 VOB/B 2009, der jede Leistung erfasst, die anstatt der vertraglich vorgesehenen Leistung erbracht wird ‒ die im Vertrag vorgesehene Leistung als solche nicht geändert, sondern um eine im Vertrag nicht vorgesehene zusätzliche Leistung erweitert. Die Ermittlung der Vergütungsansprüche im Fall einer geänderten Leistung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B  2009 oder einer zusätzlichen Leistung gemäß § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 erfolgt im Ergebnis gleich. Von daher wird die Differenzierung nur dann maßgeblich, wenn es auf die Frage ankommt, ob ‒ wie bei einer zusätzlichen Leistung gefordert ‒ der Auftragnehmer vor Ausführung der Leistung gemäß § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 die Mehrkosten angezeigt hat. (Jansen in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage, VOB/B § 2 Abs. 5 Rn. 37 f.; Kues in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage, § 2 Rn. 186 ff.)

    149
    Vorliegend sah das vertragliche Leistungsverzeichnis ein Separieren des aus dem Erdwall aufgenommenen Materials zwar nicht vor. Allerdings stellt sich das Separieren und Entsorgen des im Erdwall enthaltenen Mülls als Änderung der vorgesehenen Leistung „Abtragung des Erdwalls und Verwertung des Materials“ dar, da die Position 1.1.40 des Leistungsverzeichnisses als Material lediglich Boden und Fels, nicht aber Müll ausweist. Für eine Leistungsänderung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B 2009 spricht auch, dass nach DIN 18299-201 Nr. 4.1.12 die Entsorgung von Abfall aus dem Bereich des Auftragsgebers bis zu einer Menge von 1 m³ als Nebenleistung zu werten ist, die nur bei besonderer Erwähnung vergütungspflichtig ist.

    150
    Aber auch bei der Annahme einer zusätzlichen Leistung im Sinne des § 2 Abs. 6 VOB/B stände es dem Anspruch nicht entgegen, dass die Klägerin den Anspruch erst mit Schreiben vom 26.05.2011 angezeigt hat, welches nach seinem Inhalt und den zur Akte gereichten Wiegescheinen zumindest teilweise nach erfolgter Müllentsorgung verfasst worden ist.

    151
    Zwar stellt die Ankündigungspflicht des § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B 2009 nach herrschender Meinung eine echte Tatbestandsvoraussetzung dar. Entscheidendes Kriterium ist hier jedoch der Vertrauensschutz des Auftraggebers, sodass eine Entbehrlichkeit der Ankündigung angenommen werden kann, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf eine eventuelle Unentgeltlichkeit der zusätzlichen Leistung nicht vorliegt. Sinn und Zweck der Klausel ist es, den Auftraggeber zu schützen, weil dieser über drohende Kostenerhöhungen rechtzeitig informiert sein soll, um entsprechend disponieren zu können. Auf der anderen Seite sind die berechtigten Interessen des Auftragnehmers, dass seine gewerblichen Bauleistungen regelmäßig nicht ohne Vergütung zu erwarten sind, zu berücksichtigen und begrenzen den Anwendungsbereich der Ankündigungspflicht vor Ausführung. Ein Verlust des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers nach unterbliebener Mehrkostenankündigung ist demnach nicht angezeigt, wenn und soweit die Ankündigung im konkreten Fall für den Schutz des Auftraggebers entbehrlich und daher ohne Funktion war. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn der Auftraggeber bei der Forderung der Leistung von ihrer Entgeltlichkeit ausging oder ausgehen musste und sowie, wenn ihm nach Lage der Dinge keine Alternative zur sofortigen Ausführung der Leistung durch den Auftragnehmer blieb. Der Auftragnehmer trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Indes muss der Auftraggeber zunächst darlegen, dass ihm tatsächlich preiswertere Ausführungsalternativen zur Verfügung standen, die er im konkreten Fall hätte heranziehen können, um so die geforderten Kosten der zusätzlichen Leistung zu unterschreiten. Lediglich abstrakt denkbare Möglichkeiten genügen hierfür nicht. (Kues in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage, § 2 Rn. 314 ff.)

    152
    Nach diesen Grundsätzen ist mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten von einer Entbehrlichkeit der vorherigen Ankündigung auszugehen. Dass der Beklagten preiswertere Ausführungsalternativen zur Verfügung gestanden hätten, die sie im konkreten Fall hätte heranziehen können, ist - trotz entsprechenden Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung - weder vorgetragen noch ersichtlich.

    153
    (b)

    154
    Für das Separieren des im Erdwall vorhandenen Mülls steht der Klägerin eine Vergütung von 12.910,11 € (= 10.848,83 € netto) zu.

    155
    Das Landgericht ist nach der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Erdwall Müll enthalten und die Klägerin diesen vom übrigen Material des Erdwalls separiert hat. An diese Feststellung ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, da Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit nicht ersichtlich oder vorgetragen sind. Das Landgericht hat seine Feststellung auf die Aussagen der Zeugen X und V sowie auf die zur Akte gelangten Lichtbilder gestützt. Beide Zeugen haben den Anfall von Müll im Erdwall und das Separieren durch Mitarbeiter der Klägerin bestätigt. Fehler bei der Beweiswürdigung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass die Beklagte die Glaubwürdigkeit des Zeugen X anders beurteilt als das Landgericht, begründet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Feststellung des Landgerichts. Dieses hat sich mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen im Urteil auseinandergesetzt. Allein die nicht belegte Behauptung der Befangenheit des Zeugen durch die Beklagte begründet eine solche nicht. Anhaltspunkte für den von der Beklagten behaupteten Abbruch der Vernehmung des Zeugen X lassen sich weder den Verhandlungsprotokollen noch dem Urteil entnehmen. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass den Aussagen der Zeugen X und V die Aussage des Zeugen W nicht entgegensteht. Dieser hat gerade nicht bestätigt, dass wesentliche Mengen Müll nur auf dem Baufeld vorhanden gewesen seien. Vielmehr hat der Zeuge ausdrücklich ausgesagt, dass er zu Müll im Erdwall nichts sagen könne. Zwar konnte er auch ein Separieren von Müll durch die Mitarbeiter der Klägerin nicht bestätigen; er hat es aber für möglich gehalten, dass dies zu Zeiten geschehen sei, zu denen er nicht auf der Baustelle gewesen sei.

    156
    Dem Anspruch steht auch nicht die Behauptung der Beklagten entgegen, dass sich die Mengenangaben der Klägerin nur durch die Entsorgung mülldurchsetzten Erdreichs erklären ließen und die Klägerin daher für ein Separieren keine Vergütung verlangen könne. Aufgrund der Feststellungen des Landgerichts ist davon auszugehen, dass die Klägerin ein Separieren bewiesen hat. Eine mangelhafte Separierung hat die nach Abnahme darlegungs- und beweispflichtige Beklagte weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die Beklagte will von den Mengenangaben der Klägerin darauf schließen, dass die Klägerin mülldurchsetztes Erdreich entsorgt habe. Dies genügt für die Darlegung eines Mangels bereits nicht. Die Beklagte legt nicht dar, von welcher Müllmenge tatsächlich auszugehen sein soll und welcher Anteil an Erdanhaftungen nach dem Separiervorgang nicht mehr mit den anerkannten Regeln der Technik in Einklang zu bringen ist. Es fehlen ferner entsprechende und zulässige Beweisantritte. Das angebotene Sachverständigengutachten stellt sich mangels entsprechenden Vortrags als auf unzulässige Ausforschung gerichtet dar.

    157
    Das Landgericht hat auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen H einen Anspruch der Klägerin in Höhe von 2,56 €/m³ angenommen. Einwendungen hiergegen macht die Beklagte nicht geltend. Es sind auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit gegeben, sodass der Senat an diese Feststellung gebunden ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ausgehend von der unstreitigen Masse des Erdwalls von 4.237,824 m³ ergibt sich ein Anspruch in Höhe von 10.848,83 € netto.

    158
    (c)

    159
    Für das Entsorgung des separierten Mülls steht der Klägerin eine Vergütung von 6.400,64 € (= 5.378,69 € netto) zu.

    160
    (aa)

    161
    Das Landgericht war nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin insgesamt 64,82 t Müll vorgefunden und entsorgt hat. An diese Feststellung sieht sich der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, soweit der festgestellten Müllmenge Wiegescheine vom 18.05.2011 mit einer Gesamtmenge von 40,32 t zugrunde liegen. Diesbezüglich sind keine hinreichenden Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen ersichtlich.

    162
    Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Aussagen der Zeugen X und V zugrunde gelegt hat, die den Anfall von fünf bis sechs Containern mit jeweils etwa 10 Tonnen Müll bestätigt haben. Fehler bei der Beweiswürdigung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem Separieren des Mülls wird Bezug genommen. Den Aussagen der Zeugen X und V steht nicht diejenige des Zeugen W entgegen, da dieser nach eigenen Angaben keine Feststellungen zur Müllmenge getroffen hat. Das Landgericht hat sich mit der Argumentation der Beklagten auseinandergesetzt, dass der Müll von einer anderen Baustelle stammen könnte. Zwar fehlt es an einer Auseinandersetzung des Landgerichts mit den auf den Wiegescheinen verwendeten AVV-Schlüsselnummern. Dies begründet indes keine Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der landgerichtlichen Annahme, da der Sachverständige H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07.03.2017 ausgeführt hat, dass der unter der AVV-Schlüsselnummer einzustufende Baustellenabfall auch nicht-mineralische Materialien wie Holzreste, Schaumstoff, Hartkunststoff, Folie, Plastik, Styropor, Sauerkrautplatten, Gips oder Porenbeton enthalten könne.

    163
    Zwar beruht die Zuordnung der Container, deren Entleerung in den vorgelegten Wiegescheinen dokumentiert ist, zu den von der Baustelle abgefahrenen Containern letztlich auf Plausibilitätserwägungen des Landgerichts. Dies lässt indes im Hinblick auf die unmittelbaren zeitlichen Zusammenhänge auch zum Schreiben der Klägerin vom 26.05.2011, in dem das Aussortieren, Verladen und Entsorgen von Müll aus dem Erdwallmaterial mitgeteilt worden ist, Fehler der Beweiswürdigung nicht erkennen.

    164
    Bei einem Einheitspreis von 133,40 €/t netto ergibt sich ein Vergütungsanspruch von 5.378,69 € netto. Es bestehen keine Bedenken des Senats dagegen, dass das Landgericht insoweit den Ausführungen des Sachverständigen H in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2017 gefolgt ist, der die im Schriftsatz vom 20.09.2016 dargelegte Kalkulation der Klägerin ‒ mit Ausnahme der Kosten für das Einsammeln ‒ als nicht zu beanstanden bezeichnet hat.

    165
    Dass die Klägerin mangelhaft separierten Müll entsorgt hätte, hat die Beklagte weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt. Auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem Separieren des im Erdwall vorhandenen Mülls wird Bezug genommen.

    166
    (bb)

    167
    An einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Schreiben vom 26.05.2011 fehlt es dagegen im Hinblick auf die Entsorgung von Material, die in den weiteren Wiegescheinen vom 27.06.2011 und 29.07.2011 dokumentiert ist. Insoweit bestehen hinreichende Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellungen. Vielmehr spricht gegen eine Zuordnung dieses Materials zu dem Müll aus dem Erdwall, dass die Klägerin der Beklagten in diesem Schreiben unter Verwendung der Vergangenheitsform mitgeteilt hat, dass „Müll aussortiert und in Container verladen und entsorgt“ worden sei. Dies lässt zumindest den Schluss zu, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Arbeiten als abgeschlossen angesehen hat.

    168
    Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme ist nicht geeignet, die Überzeugung des Senats zu begründen, dass sich das am 27.06.2011 und 29.07.2011 entsorgte Material aus Müll aus dem Erdwall der streitgegenständlichen Baustelle zusammensetzte. Zwar verkennt der Senat nicht, dass insbesondere der Zeuge V bestätigt hat, der - nach anfänglicher Müllbeseitigung ‒ abgefahrene Müll sei ausschließlich aus dem Erdwall gewesen. Auch vor diesem Hintergrund lassen indes die Aussagen der Zeugen X und V eine unmittelbare Zuordnung des entsorgten Mülls zu Müll von der streitgegenständlichen Baustelle nicht zu. Einer erneuten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen X und V bedurfte es nicht, da weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass diese über den Inhalt ihrer protokollierten Aussagen hinaus weiterführende Angaben zu diesem Beweisthema machen können.

    169
    (3)

    170
    In Bezug auf die Folienabdeckung steht der Klägerin gegen die Beklagte aus § 631 Abs. 1 BGB, § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 ein Anspruch in Höhe von 1.357,62 € (= 1.140,86 € netto) zu.

    171
    (a)

    172
    Zwar ist entgegen der Annahme des Landgerichts von einer zusätzlichen Leistung im Sinne des § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 auszugehen. Ausweislich der Schreiben der Klägerin vom 23.05.2011 und der Beklagten vom 05.08.2011 diente die Folie der Abdeckung des Aushubs für das Regenrückhaltebecken. Den diesbezüglichen Leistungsbeschreibungen im Leistungsverzeichnis unter Ziffer 5 lässt sich nicht entnehmen, dass der für das Regenrückhaltebecken gelöste Boden in irgendeiner Form abgedeckt oder geschützt werden sollte. Dem entspricht die Rechnung der Klägerin, die lediglich die Berechnung der (zusätzlichen) Leistung, nicht aber den Entfall einer anderweitig vereinbarten Leistung ausweist.

    173
    Die Klägerin hat indes den Anspruch hinreichend im Sinne des § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B 2009 angekündigt. Sie hat bereits mit Schreiben vom 23.05.2011 gegenüber der Beklagten geltend gemacht, dass der Vertrag keinerlei Handling mit den später abgedeckten Auffüllungsmaterialien vorsehe. Zugleich hat sie der Beklagten ein Angebot für eine geänderte Leistung in Form des Abfahrens und Entsorgens des Bodens gemacht, welches Mehrkosten von 30.889,50 € netto auswies. Damit war hinreichend zum Ausdruck gekommen, dass Zusatzleistungen im Hinblick auf den Aushub für das Regenrückhaltebecken nicht von der bisherigen Preisvereinbarung abgedeckt sein sollten und zu zusätzlichen Vergütungsansprüchen der Klägerin führen würden. Damit hat die Klägerin ihrer Ankündigungspflicht aus § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B 2009 genüge getan. Die Ankündigung muss noch keine Geltendmachung des Mehrvergütungsanspruchs der konkreten Höhe nach enthalten; es muss lediglich zum Ausdruck kommen, dass die Zusatzleistung durch die bisherige Preisvereinbarung nicht abgedeckt ist und es zu zusätzlichen Vergütungsansprüchen des Auftragnehmers kommen wird (Kues in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage, § 2 Rn. 310 f.). Im Übrigen ist vor diesem Hintergrund jedenfalls von einer Entbehrlichkeit der Ankündigung auszugehen. Ein schützenswertes Vertrauen auf eine eventuelle Unentgeltlichkeit der zusätzlichen Leistung lag im Hinblick auf das Schreiben vom 23.05.2011 nicht vor. Zudem hat die Beklagte nicht dargetan, dass ihr eine kostengünstigere Alternative zur sofortigen Ausführung der Leistung durch die Klägerin geblieben wäre, die sie im konkreten Fall hätte heranziehen können.

    174
    (b)

    175
    Es ist unstreitig, dass der für die Beklagte tätige Zeuge W die durchgeführte Abdeckung angeordnet hat. Auch die Höhe des Anspruchs steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

    176
    Soweit die Beklagte geltend macht, die Mitarbeiter der Klägerin hätten die Beklagte beziehungsweise den Zeugen W durch unwahre Angaben zu der Anordnung der Folienabdeckung veranlasst, ist dies für den Vergütungsanspruch unmittelbar ohne Bedeutung. Eine Anfechtung der Anordnung durch die Beklagte wird nicht behauptet. Der Beklagten steht insoweit aber auch kein Schadensersatzanspruch zu, mit dem sie zumindest konkludent (hilfsweise) die Aufrechnung erklärt hätte. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat bereits eine Pflichtverletzung der Klägerin beziehungsweise ihrer Mitarbeiter nicht hinreichend dargelegt. Zwar hat die Klägerin der Beklagten unstreitig mit Schreiben vom 23.05.2011 mitgeteilt, dass im Aushubbereich des Regenrückhaltebeckens Boden- und Auffüllungsmaterial mit der Analytik Z2 vorgefunden worden sei. Diese Einschätzung der Klägerin beruhte aber erkennbar auf dem Prüfbericht der K Labor GmbH vom 02.05.2011, den die Klägerin dem Schreiben vom 23.05.2011 beigefügt hatte. Dass dieser Prüfbericht ‒ entgegen der Einschätzung der Klägerin ‒ keine Z2-Belastung ausweist, behauptet die Beklagte nicht. Auch Pflichtverletzungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Probenentnahme und Weitergabe zur Untersuchung sind nicht dargelegt, sodass es auf die streitige Frage, wer die Probenentnahme und Untersuchung in Auftrag gegeben hat, nicht ankommt. Allein daraus, dass die vom Zeugen W in Auftrag gegebene weitere Untersuchung des Bodenmaterials keine Werte ergeben hat, die eine Klassifizierung des Bodens in Z2 rechtfertigte, lässt sich ‒ insbesondere im Hinblick auf den Umfang des Aushubs - keine Pflichtverletzung der Klägerin und ihrer Mitarbeiter entnehmen. Dies gilt umso mehr, als sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 15.09.2011 ergibt, dass der Boden vor der zweiten Probe umgelagert worden war.

    177
    (4)

    178
    Ein weiterer Vergütungsanspruch in Höhe von 17.642,70 € (= 14.825,80 € netto) steht der Klägerin wegen durchgeführter Rodungsarbeiten aus § 631 Abs. 1 BGB, § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 zu.

    179
    (a)

    180
    Es liegt eine zusätzliche Leistung im Sinne des § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 vor. Die Klägerin macht eine Vergütung für Rodungsarbeiten außerhalb des Baufeldes geltend. Eine derartige Leistung sah das Leistungsverzeichnis nicht vor. Vielmehr bezogen sich die Positionen 1.1.20 („Wurzelstöcke roden“) und 1.1.30 („Bäume fällen mit Roden“) allein auf das Baufeld, da sich der Abschnitt 1 des Leistungsverzeichnisses insgesamt mit dem „Freimachen (des) Baufeld(es)“ beschäftigt.

    181
    Das Landgericht ist zu Recht von einer Beauftragung der zusätzlichen Leistung durch die Beklagte mit E-Mail ihrer Prokuristin vom 14.04.2011 ausgegangen, mit der diese eine entsprechende Anfrage der Klägerin bejaht hat. Damit hat die Prokuristin der Beklagten, deren Vertretungsbefugnis nicht im Streit steht, diese Leistung im Sinne des § 2 Abs. 6 VOB/B 2009 gefordert. Maßgeblich ist nach §§ 133, 157 BGB die Sicht eines objektiven und verständigen Dritten in der konkreten Situation der Klägerin beziehungsweise des für sie tätigen Zeugen X als Erklärungsempfängers. Dass die Prokuristin der Beklagten davon ausging, eine bereits vertraglich vereinbarte und im Pauschalpreis enthaltene Leistung abzurufen, war ihrer E-Mail nicht zu entnehmen. Da die Klägerin der Beklagten mit der E-Mail-Anfrage den Lageplan übersandt hatte, aus der sich die Lage der Rodungsfläche außerhalb des Baufeldes ergab, konnte der Zeuge X auch nicht davon ausgehen, dass die Prokuristin der Beklagten seine Anfrage dahingehend verstanden hatte, die Klägerin wünsche die Bestätigung einer bereits vertraglich geschuldeten Leistung.

    182
    Dem Anspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass eine nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B 2009 grundsätzlich erforderliche Ankündigung des Anspruchs auf besondere Vergütung nicht erfolgt ist. Eine solche Ankündigung war entbehrlich, da ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten auf eine eventuelle Unentgeltlichkeit der zusätzlichen Leistung nicht gegeben war. Jedenfalls hat die Beklagte nicht dargetan, dass ihr eine Alternative zur sofortigen Ausführung der Leistung durch die Klägerin geblieben wäre, die sie im konkreten Fall hätte heranziehen und mit der sie die geltend gemachten Kosten der zusätzlichen Leistung hätte unterschreiten können.

    183
    (b)

    184
    Das Landgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass die Kläger 378 Wurzelstöcke mit einem Durchmesser von über 0,1 bis 0,3 Metern gerodet sowie 262 Bäume mit einem Durchmesser von über 0,1 bis 0,3 Metern und 9 Bäume mit einem Durchmesser von über 0,3 Metern gefällt und gerodet hat. Die Klägerin hat indes ‒ nach der erfolgten Anhörung des Sachverständigen I durch den Senat - mit Schriftsatz vom 12.02.2019 mitgeteilt, dass sie hinsichtlich der 262 Bäume mit einem Durchmesser von über 0,1 bis 0,3 Metern nunmehr lediglich noch das Fällen der Bäume berechnen wolle. In Umfang der nunmehrigen Geltendmachung sieht sich der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellungen des Landgerichts gebunden.

    185
    Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht seine Überzeugungsbildung auf die Aussage des Zeugen X gestützt hat, der die Anzahl gemäß dem genommenen Aufmaß bestätigt hat. Fehler bei der Beweiswürdigung sind insoweit weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen wird auf die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Separieren des Mülls Bezug genommen. Ein Fehler der Beweiswürdigung folgt nicht daraus, dass das Landgericht die Aussage des Zeugen X nicht durch das Gutachten des Sachverständigen I als erschüttert angesehen hat. Zwar hat der Sachverständige I in seinem schriftlichen Gutachten festgestellt, dass von 119 Wurzelstöcken und 119 Bäumen mit jeweils 10 bis 30 cm Durchmesser sowie von 9 Bäumen mit einem Durchmesser von 30 bis 50 cm auszugehen sei. Allerdings ist der Sachverständige dabei ‒ wie er in der mündlichen Anhörung bestätigt hat ‒ von Werten ausgegangen, die sich auf Anpflanzungen beziehen. Eine solche lag nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht vor. Zudem hat der Sachverständige entgegen seinem Gutachtenauftrag mit den Zahlenangaben nicht diejenigen Mengen angegeben, die möglich gewesen wären, sondern die er für realistisch gehalten hat. Weiter hat der Sachverständige eingeräumt, dass er bei seiner Berechnung nicht berücksichtigt habe, dass am Rand des Feldes stehende Bäume einen Teil ihres Platzbedarfes durch Flächen außerhalb des Feldes abdeckten. Letztlich hat der Sachverständige eingestanden, dass die abgerechnete Anzahl der Bäume und Wurzeln theoretisch möglich sei. Zwar hat er betont, dass dies nur eine theoretische Aussage sei und er ein solches Szenario in seiner Praxis noch nie gesehen habe. Dies führt aber nicht dazu, dass es sich als Fehler darstellt, dass das Landgericht der Aussage des Zeugen X gefolgt ist. Denn ausgeschlossen waren dessen Angaben nach dem Gutachten des Sachverständigen I gerade nicht.

    186
    Soweit die Beklagte nunmehr im Berufungsverfahren geltend macht, dass der vom Landgericht festgestellte Bewuchs nicht möglich sei, da der Zeuge W im gesamten Baufeld nur 15 Wurzelstöcke und 50 Bäume festgestellt habe, liegt neues Vorbringen vor, ohne dass die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 531 Abs. 2 ZPO gegeben sind. Zudem hat der Zeuge W bereits erstinstanzlich bekundet, dass er zu Arbeiten im Baufeld durch andere Firmen vor der Beauftragung der Klägerin nichts sagen könne. Offensichtlich bezieht sich das Vorbringen der Klägerin auf das Leistungsverzeichnis, welches aber ‒ wie die Aussage des Zeugen W zeigt - keinen Hinweis auf den Ursprungszustand des Baufeldes gibt. Auch der Vortrag der Beklagten, das Landgericht habe bei seiner Argumentation nicht berücksichtigt, dass Bewuchs außerhalb der streitgegenständlichen Fläche seinen Bedarf auf der streitgegenständlichen Fläche gedeckt habe, greift nicht durch. Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass und in welchem Umfang Bewuchs im Randbereich der streitgegenständlichen Fläche vorhanden gewesen ist. Jedenfalls im westlichen Randbereich befand sich nach den vorgelegten Lichtbildern (Blatt 586 der Akte und Bild 7 aus dem Gutachten des Sachverständigen I) ein Weg, sodass es unmittelbaren Bewuchs nicht gegeben hat.

    187
    Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts waren nur darin begründet, dass der Zeuge U bekundet hat, bei der Zählung seien die Stämme mehrstämmiger Bäume, sogenannter Heister, jeweils als einzelne Bäume gerechnet worden und der Sachverständige I diese Abrechnungsweise beanstandet hat. Diesen Zweifeln, die lediglich die Position 1.1.30 betrafen, ist die Klägerin indes mit ihrer Berechnung im Schriftsatz vom 12.02.2019 begegnet.

    188
    (c)

    189
    Bei der Berechnung der Vergütungsforderung ist das Landgericht im Ansatz zu Recht von den von der Klägerin eingesetzten Einheitspreisen ausgegangen, die von dem Sachverständigen H bestätigt und danach nicht mehr von der Beklagten angegriffen worden sind. Auch im Berufungsverfahren wendet sich die Beklagte nicht gegen die angesetzten Einheitspreise. Wegen der Herausnahme der Wurzelstockrodung durch die Klägerin in Bezug auf die 262 Bäume mit einem Durchmesser von über 0,1 bis 0,3 Metern war indes der berücksichtigte Einheitspreis für das Fällen und Roden der Bäume von 44,85 €/Stück um den Preis für das Wurzelstockroden von 19,55 €/Stück zu kürzen. Der Sachverständige I hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als mögliche Berechnungsweise bestätigt. Daraus ergibt sich die Nettovergütung wie folgt:

    190
    378 Stück              Wurzelstöcke roden 0,1 bis 0,3              19,55 €              7.389,90 €262 Stück               Bäume fällen mit Roden 0,1 bis 0,3              25,30 €              6.628,60 €9 Stück              Bäume fällen mit Roden 0,3 bis 0,5              89,70 €              807,30 €                                          14.825,80 €

    191
    c)

    192
    Der sich damit für das C01 ergebende Werklohn von 690.287,56 € (= 580.073,58 € netto) ist nach dem unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts durch die Zahlungen der Beklagten in einer Gesamthöhe von 347.360,81 € erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Es verbleibt ein Restanspruch von 342.926,75 €.

    193
    Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren geltend macht, dass Versorgungsträger Zahlungen von insgesamt 10.963,51 € auf die Leistungen der Klägerin erbracht hätten, liegt neues Vorbringen vor, ohne dass Gründe für eine Zulassung nach § 531 Abs. 2 ZPO ersichtlich oder vorgetragen sind. Das Vorbringen ist auch nicht als stets zuzulassendes unstreitiges Vorbringen zu berücksichtigen, da die Klägerin mit Schriftsatz vom 03.01.2019 vorgetragen hat, dass der diese Leistungen betreffende Titel aus dem ursprünglichen Leistungsverzeichnis herausgenommen und damit nicht zum Gegenstand der Festpreisabrede geworden sei.

    194
    d)

    195
    Die Beklagte ist nicht (mehr) berechtigt, von diesem Betrag einen Sicherungseinbehalt in Höhe von 5 % der Auftragssumme einzubehalten, ohne dass es darauf ankommt, ob § 7 Abs. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages eine allgemeine Geschäftsbedingung darstellt und gegebenenfalls einer Inhaltsprüfung nach § 307 BGB standhält. Die Geltendmachung des Sicherungseinbehaltes stellt sich jedenfalls als rechtsmissbräuchlich dar, da die Beklagte nach § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B 2009, der mangels Regelung der Parteien über den Zeitpunkt der Rückgabe Anwendung findet, zu einer sofortigen Rückgabe der Sicherheit verpflichtet wäre.

    196
    Nach § 17 Abs. 8 Nr. 2 Satz 1 VOB/B 2009 hat der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von zwei Jahren ‒ gerechnet von dem Zeitpunkt der Abnahme - zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist. Dies gilt trotz der Tatsache, dass die Regelgewährleistung für Mängelansprüche bei VOB/B-Verträgen vier Jahre beträgt. Eine Rückgabe nach zwei Jahren hat ebenfalls zu erfolgen, wenn die Gewährleistungsfrist vertraglich auf fünf Jahre verlängert worden ist. (Joussen in: Ingenstau/Korbion, VOB Teil A und B, 19. Auflage, § 17 Abs. 8 VOB/B Rn. 12)

    197
    Da die Abnahme unstreitig im September 2011 stattgefunden hat, ist die 2-Jahres-Frist des § 17 Abs. 8 Nr. 2 Satz 1 VOB/B im September 2013 abgelaufen. Dass die Beklagte den Sicherheitseinbehalt verwertet hätte, macht sie selbst nicht geltend. Zwar darf der Auftraggeber einen Teil der Sicherheit zurückhalten, soweit bei Entstehen der Rückgabeverpflichtung bereits geltend gemachte Ansprüche noch nicht erfüllt sind. Dass indes nach der im Rechtsstreit erfolgten Abrechnung der Werkleistung der Klägerin noch Gewährleistungsansprüche offen sind, die seitens der Beklagten innerhalb der 2-Jahres-Frist geltend gemacht worden sind, trägt diese nicht vor.

    198
    2.

    199
    Wegen weiterer 55.833,60 € folgt ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen nicht erbrachter Leistungen im C02 aus § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (im Weiteren: § 648a BGB a. F.). Nach dieser Vorschrift kann der Unternehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn er den Werkvertrag nach § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a. F. gekündigt hat; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Dies gilt auch, wenn die Parteien die Anwendung der VOB/B vereinbart haben (vgl. BGH, BauR 2009, S. 1152 ff. Rn. 14).

    200
    a)

    201
    Die Klägerin war nach § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a. F. zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung mit Schreiben vom 13.08.2013 zur Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt. Sie hatte die Beklagte zuvor mit Schreiben vom 29.07.2013 unter Setzung einer Frist bis zum 12.08.2013 aufgefordert, eine „§ 648a BGB Sicherheit“ in Höhe von 555.000,00 € zu leisten. Dem war die Beklagte nicht nachgekommen, obwohl der Klägerin ein entsprechender Anspruch auf Sicherheitsleistung zustand.

    202
    Gemäß § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. kann der Unternehmer eines Bauwerkes, einer Außenanlage oder eines Teils davon vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehörender Nebenforderungen, die mit 10 vom 100 des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen. Das Verlangen nach Sicherheitsleistung kann dabei jederzeit nach Vertragsabschluss gestellt werden. Der Umstand, dass zwischen den Parteien Raten- oder Abschlagszahlungen vereinbart worden sind, schließt ein Sicherungsverlangen nicht aus. Eigene Vertragstreue des Unternehmers ist nicht gefordert. Der Unternehmer hat selbst dann, wenn er noch Mängelbeseitigungsmaßnahmen vorzunehmen hat, ein schützenswertes Interesse an der Absicherung seines nach Mängelbeseitigung in voller Höhe durchsetzbaren Vergütungsanspruchs. Voraussetzung für ein berechtigtes Sicherungsverlangen ist allerdings, dass der Unternehmer bereit und in der Lage ist, die Mängel zu beseitigen. Sind Bauleistungen bereits erbracht, aber noch nicht bezahlt, kann der Unternehmer volle Sicherheit beanspruchen, und zwar sowohl für den bereits erbrachten Leistungsteil als auch für die noch nicht ausgeführte Bauleistung. Sind dagegen seitens des Bestellers zum Zeitpunkt des Sicherungsverlangens bereits Raten- oder Abschlagszahlungen erfolgt, reduziert dies die Höhe der zu leistenden Sicherheit. Entscheidend ist, ob dem Unternehmer noch ein Vergütungsanspruch zusteht. Der Anspruch des Unternehmers auf Sicherheit wird im Übrigen nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Besteller Erfüllung verlangen kann oder das Werk abgenommen hat; § 648a Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. (Busche in: Münchner Kommentar zum BGB, 7. Auflage, § 650f Rn. 15).

    203
    aa)

    204
    Die Klägerin ist Unternehmerin im Sinne des § 648a BGB a. F. Der Begriff des Unternehmers im Sinne dieser Vorschrift wird dahingehend verstanden, dass derjenige erfasst wird, der ‒ wie die Klägerin - aufgrund eines Werkvertrages tätig wird (Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 20).

    205
    Die Werkleistung der Klägerin betraf auch ein Bauwerk oder eine Außenanlage im Sinne des § 648a Abs. 1 BGB a. F. Vorliegend geht es um die Schmutzwasser- und Regenwasserkanalisation, das Regenrückhaltebecken, die Baustraße und den Straßenendausbau. Dabei handelt es sich um Bauwerksleistungen im Sinne des § 648a Abs. 1 S. 1 BGB a. F. Der Begriff „Bauwerk“ entspricht dem des § 634a Nr. 2 Alt. 1 BGB, umfasst mithin jede durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden herzustellende unbewegliche Sache. Da der Begriff weiter ist als der Begriff „Gebäude“ im Sinne der §§ 93 ff. BGB, sind Hoch- und Tiefbau gleichermaßen umfasst (Sprau in: Palandt, BGB, 75. Auflage, § 648a Rn. 6; § 634a Rn. 10, mit weiteren Nachweisen).

    206
    Sicherungsberechtigt ist jeder, der eine Bauwerksleistung im Sinne des § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. erbringt, mithin auch der Sub-/Nachunternehmer (Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 321; Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 648a Rn. 7). Das ist vorliegend die Klägerin. Verpflichtet ist der Besteller der Bauwerksleistung, im Verhältnis zum Sub-/Nachunternehmer mithin der Haupt- oder Generalunternehmer. Das ist hier die Beklagte. Ein die Anwendbarkeit des § 648a BGB a. F. ausschließender Fall des § 648a Abs. 6 Satz 1 BGB a. F. liegt nicht vor.

    207
    bb)

    208
    Einem Anspruch der Klägerin auf Sicherheitsleistung nach § 648a Abs. 1 BGB a. F. stand die Abtretungsvereinbarung der Parteien vom 26./30.05.2011 nicht entgegen, mit der die Beklagte der Klägerin ‒ hinsichtlich der Sicherheiten für den Werkunternehmer gemäß § 648a BGB ‒ ihre Gelder auf dem Tagesgeldkonto beim Bankverein D AG im Rang nach dem Bankverein D AG abgetreten hat.

    209
    Der Streit der Parteien, ob sich dies als taugliche Sicherheit im Sinne des § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. darstellt, war bereits Gegenstand des Rechtsstreits I-17 O 108/14 LG Bochum = I-12 U 99/15 OLG Hamm. In diesem hat der Senat entschieden, dass die Abtretung vom 26./30.05.2011 einem Anspruch der Klägerin aus § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. nicht entgegenstand. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 26.09.2018 zurückgewiesen.

    210
    An dieser Auffassung ist festzuhalten. Die Abtretung des Bankguthaben hat keine den Anforderungen des § 232 Abs. 1, § 648a Abs. 2 Satz 1 a. F. BGB entsprechende Sicherheit dargestellt. Zwar legt § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. selbst nicht fest, welche Art von Sicherheit der Besteller zu leisten hat, sondern knüpft in seiner Begriffswahl bewusst an die §§ 232 ff. BGB an und erweitert die dort genannten Sicherungsmöglichkeiten in § 648a Abs. 2 Satz 1 BGB a. F.. Die Abtretungsvereinbarung zwischen den Parteien erfüllte indes die Voraussetzungen der § 232 Abs. 1, § 648a Abs. 2 Satz 1 a. F. BGB nicht.

    211
    Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Formulierung des § 648a Abs. 2 BGB a. F. weit gefasst ist und alle Haftungskredite im Sinne des § 19 Abs. 4 KWG erfasst (Schwenker/Rodemann in: Erman, BGB, 15. Auflage, § 650f Rn. 16). Dies betrifft indes lediglich die Art des Sicherungsmittels. Die Person des Sicherungsgebers ist dagegen beschränkt auf Kreditinstitute und Kreditversicherer. Hierunter fällt die Beklagte als abtretende Sicherungsgeberin nicht. Der insoweit abschließende Charakter der Aufzählung folgt aus § 648a Abs. 7 BGB a. F. Von diesem ist auch eine Vereinbarung erfasst, nach der dem Unternehmer statt der gesetzlich vorgesehenen Sicherheitsleistung eine andere zu leisten ist. Daher kann es dahinstehen, ob das Bankhaus D die ursprünglich nachrangig abgetretenen Forderungen zugunsten der Klägerin freigegeben hat.

    212
    cc)

    213
    Die mit Schreiben der Klägerin vom 13.08.2013 erklärte Vertragskündigung stand dem Sicherungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Im Gegensatz zu der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung des § 648a BGB kam es für § 648a a. F. nicht mehr darauf an, ob der Unternehmer noch Vorleistungen erbringen muss. Vielmehr reicht es für einen Anspruch auf Leistung einer Sicherheit aus, dass dem Unternehmer noch ein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, BauR 2014, S. 992, Rn. 12 ff.; OLG Celle, NZBau 2012, S. 702, Rn. 29). Gemäß § 648a Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. war der Anspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte die unter C01 fallenden Arbeiten im  September 2011 abgenommen hat.

    214
    dd)

    215
    Da dem zur Sicherheitsleistung Verpflichteten nach Maßgabe der § 232 Abs. 1, § 648a Abs. 2 Satz 1 a. F. BGB ein Wahlrecht zusteht, genügte es, dass die Klägerin die begehrte Sicherheitsleistung der Höhe nach bestimmt hat. Dabei war das Sicherungsverlangen der Klägerin auch nicht überhöht.

    216
    Der Werkunternehmer kann nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. Sicherheit verlangen für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen. Die vereinbarte Vergütung umfasst die in Zusatzaufträgen vereinbarte Vergütung und nach dem Schutzzweck der Norm auch die Vergütung für angeordnete Leistungsänderungen, für die eine konkrete Vergütungsvereinbarung fehlt (Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 329). Dabei muss der Unternehmer die Vergütung schlüssig darlegen (vgl. BGH, BauR 2014, S. 992 Rn. 20 ff.). Werkmängel sind unerheblich, solange der Unternehmer rechtlich und tatsächlich dazu in der Lage und bereit ist, die vorhandenen Mängel zu beseitigen. Das Sicherungsbedürfnis ist solange schutzwürdig, wie durch Nacherfüllung ein unverminderter Vergütungsanspruch verdient werden kann (Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 329). Soweit die Klägerin zu Mängelbeseitigungs- und Restarbeiten nicht mehr bereit war, musste sie für die darauf entfallenden Leistungen Vergütungsabzüge vornehmen (Senat, Urteil vom 22.04.2016, Az. I-12 U 99/15).

    217
    Nach den obigen Ausführungen zum Werklohnanspruch zum C01 steht der Klägerin ein offener Werklohnanspruch von 342.926,75 € zu. Zudem war zum Zeitpunkt des Sicherungsverlangens noch die vereinbarte Vergütung für das C02 von 195.136,20 € offen. Dies ergibt eine offene Gesamtforderung von 538.062,95 €. Unter Berücksichtigung der Nebenforderung von 10 % war damit das Sicherungsverlangen der Klägerin in Höhe von 555.000,00 € nicht überhöht.

    218
    Nach § 648a Abs. 1 Satz 4 BGB a. F. bleiben Ansprüche, mit denen der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf Vergütung aufrechnen kann, bei der Berechnung der Vergütung unberücksichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Zu einer Verzögerung der Durchsetzung des Sicherungsverlangens führende Mängelrechte des Bestellers sind mithin unbeachtlich. Das ist vom Gesetzgeber beabsichtigt (vgl. BT-Drucks. 16/511, S. 17). Auch besteht kein Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers wegen unvollständiger oder mangelhafter Leistungen des Unternehmers (vgl. OLG Frankfurt, NZBau 2013, S. 48 ff. Rn. 21, zitiert nach juris.de).

    219
    ee)

    220
    Das Verlangen nach einer Sicherheit gemäß § 648a BGB war letztlich nicht wegen groben Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB unwirksam. Die Klägerin musste sich bereits von Gesetzes wegen nicht auf eine andere als die in den §§ 232 Abs. 1, 648a Abs. 2 S. 1 BGB vorgesehenen Sicherheitsleistungen verweisen lassen.

    221
    ff)

    222
    Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht auf eine Gesamtbetrachtung der von der Klägerin gestellten Forderungen an und darauf, ob diese bei Erfüllung des Sicherungsbegehrens ebenfalls gekündigt hätte. Insbesondere kann dahinstehen, ob die Klägerin über das Sicherungsbegehren hinaus nicht begründete Ansprüche geltend gemacht hat. § 648a BGB a. F. verlangt keine eigene Vertragstreue des Unternehmers.

    223
    Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin auch bei Stellen der verlangten Sicherheit gekündigt hätte. Eine solche Kündigung hätte in diesem Fall jedenfalls nicht mehr nach § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a. F. erfolgen können und nicht die Rechtsfolgen des § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB a. F. nach sich gezogen.

    224
    gg)

    225
    Vor diesem Hintergrund stand die nicht angebotene Rückabtretung der abgetretenen Forderung der Kündigung nicht entgegen.

    226
    Zwar bestand eine vertragliche Verpflichtung der Klägerin auf Rückgewähr der als Sicherheit erhaltenen Forderungsabtretung aus der Sicherungsabrede aus der Abtretungsvereinbarung vom 25./30.5.2011. Gegen deren Wirksamkeit bestehen keine Bedenken. Denn vereinbarte Sicherheiten werden durch § 648a Abs. 7 BGB a. F. nicht berührt. Sie sind wirksam und zulässig, soweit sie nicht auf Verlangen gewährt werden. (Sprau in Palandt, BGB, 76. Auflage, § 648a Rn. 4). Es ist allgemein anerkannt, dass der Sicherungsnehmer aufgrund des Treuhandcharakters einer Sicherungsabtretung verpflichtet ist, die Sicherheit freizugeben, wenn und soweit sie endgültig nicht mehr benötigt wird, etwa weil der Sicherungszweck entfallen ist. Bei zur Sicherheit abgetretenen Forderungen bedeutet Freigabe regelmäßig, dass sie rückabzutreten ist. Eine ausdrückliche dahingehende Regelung muss im Sicherungsvertrag nicht enthalten sein (vgl. Rosch in: jurisPK-BGB, BGB, 7. Auflage, § 398 Rn. 86 f.). Die hier vereinbarte Forderungsabtretung ist nach der ihr zugrundeliegenden Interessenlage mit der Sicherungsabtretung vergleichbar. Denn die Abtretungsvereinbarung vom 26./30.5.2011 dient ausdrücklich der Sicherheit der Klägerin nach § 648a BGB a. F. Die Forderungsabtretung sollte erkennbar die Leistung einer Bauhandwerkersicherheit ersetzen.

    227
    Hieraus folgt aber zugleich, dass die Klägerin die Rückabtretung erst nach Erhalt der Bauhandwerkersicherheit schuldete. Der Sicherungsanspruch stand der Klägerin aus den oben genannten Gründen unbeschadet einer abweichenden Vereinbarung zu (§ 648a Abs. 7 BGB). Der Sicherungszweck der Forderungsabtretung entfiel mithin erst im Anschluss an die Stellung der Sicherheit nach § 648a BGB a. F. Dem entsprechen letztlich die §§ 4 f. der Abtretungsvereinbarung. Nach § 4 ist die teilweise Rückabtretung vorgesehen, „sobald“ die Beklagte abgerechnete Leistungen auf das Konto der Klägerin zahlt. Nach § 5 ist „nach Erlöschen des Sicherungsgrundes“ rückabzutreten.

    228
    b)

    229
    Bei der Berechnung der der Klägerin nach Kündigung zustehenden Vergütung ist das Landgericht im Ansatz zu Recht von der für das C02 vereinbarten Nettovergütung von 163.980,00 € (= 195.136,20 € brutto) ausgegangen. Die Klägerin kann nach § 648 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 BGB a. F. grundsätzlich die vereinbarte Vergütung verlangen und hat selbst nur den Nettobetrag gefordert. Auf diesen Betrag muss sich die Klägerin nach § 648a Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 BGB a. F. die ersparten Aufwendungen und den anderweitigen Erwerb anrechnen lassen.

    230
    aa)

    231
    Zu berücksichtigen ist die tatsächliche Ersparnis. Dies sind die Aufwendungen und Kosten, die bei Ausführung des Werkvertrages tatsächlich angefallen wären. Der Unternehmer braucht sich nur eine solche Ersparnis anrechnen zu lassen, die ganz konkret durch die Kündigung des Bestellers eingetreten ist. Die allgemeinen Geschäftskosten, die durch das einzelne Werkvertragsverhältnis gar nicht berührt werden, aber auch der (nicht projektbezogene) Gewinn und ein (neben dem Gewinn) kalkulierter Zuschlag, der zur Absicherung der allgemeinen Verlustgefahr dient, sind nicht in Anrechnung zu bringen. Nicht in Ansatz zu bringen ist auch eine fiktive Ersparnis für Personal, wenn der Unternehmer eine rechtlich mögliche Kündigung nicht ausgesprochen hat. Als Ersparnis anzurechnen sind dagegen Gemeinkosten, die einem Projekt unmittelbar zurechenbar sind. Maßgeblich ist die konkrete Entwicklung der Kosten auf der Basis der ursprünglichen Kalkulation. (Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, § 648 Rn. 22 ff.).

    232
    Das Landgericht ist nach Durchführung einer Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass die Klägerin aufgrund der Kündigung Aufwendungen und Kosten von 108.146,40 € erspart hat. An diese Feststellung ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellung begründen, sind nicht gegeben. Die Beweislast für die Voraussetzungen und die Höhe der vereinbarten Vergütung trifft den Unternehmer. Dieser hat zur Begründung seines Anspruchs aus § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB a. F. darüber hinaus im Grundsatz vorzutragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen entfällt, es sei denn, es ist überhaupt nur ein geringfügiger Teil der vereinbarten Leistung erbracht worden. Darüber hinaus ist vom Unternehmer darzulegen, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistung erspart hat. Dem nach allgemeinen Grundsätzen an sich darlegungsbelasteten Besteller fehlt insoweit der Einblick in die Betriebsinterna des Unternehmers, weshalb den Unternehmer insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft. (Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, § 648 Rn. 29 f.)

    233
    Dieser Darlegungslast ist die Klägerin nachgekommen. Ausweislich ihres Schriftsatzes vom 17.07.2014 hat sie sich anrechnen lassen:

    234
    Materialkosten: 46.461,82 €

    235
    Gerätekosten: 10.119,71 €

    236
    Nachunternehmerkosten: 48.401,65 €

    237
    Kosten für Betriebsstoffe: 2.563,22 €

    238
    Kosten für Lastplattenversuche: 600,00 €

    239
    108.146,40 €

    240
    Nicht anrechnen lassen hat sie sich:

    241
    Lohnkosten ihrer Mitarbeiter: 13.686,30 €

    242
    Zuschlag zu den Materialkosten: 13.145,40 €

    243
    Zuschlag zu den Nachunternehmerkosten: 7.507,70 €

    244
    Zuschlag für Allgemeine Geschäftskosten: 21.494,20 €

    245
    55.833,60 €

    246
    Damit oblagen der Beklagten die Darlegung und der Beweis für höhere ersparte Aufwendungen der Klägerin. Dies ist ihr nicht gelungen. Das Landgericht war dementgegen nach der Vernehmung der Zeugen Y, F, E und Z sowie der seitens der Klägerin vorgelegten Belege sogar davon überzeugt, dass die Klägerin abweichend von der Ursprungskalkulation ‒ bei Auftragsdurchführung - lediglich Materialkosten von 46.461,82 € und Nachunternehmerkosten von 48.401,65 € gehabt hätte. Fehler der Beweiserhebung und ‒würdigung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

    247
    Entgegen der Berufungsbegründung der Beklagten ist nicht ersichtlich, wieso der Bestand der Preise über den hier maßgeblichen Zeitraum unrealistisch sein sollte. Vielmehr haben der Zeuge E als geschäftsführender Gesellschafter der E GmbH & Co. KG (Garten- und Landschaftsbau) und der Zeuge Z als Geschäftsführer der M GmbH (Beton- und Pflasterarbeiten) bestätigt, dass es kein Problem gewesen wäre, die Arbeiten zum angebotenen Preis auch noch im August 2013 durchzuführen beziehungsweise dass es bei nicht geänderten Rahmenbedingungen bei dem angebotenen Preis geblieben wäre. Der Zeuge Y, Mitarbeiter der O KG, hat bekundet, dass seine Firma die angebotenen Preise bis 2013, möglicherweise sogar bis 2014 gehalten hätte. Der Zeuge F hat bestätigt, dass die Preise der von der Klägerin beauftragten Lieferung generell bis zum Bauzeitende Geltung hätten. Eine Preisbindung bis zum 31.12.2013 beziehungsweise 31.10.2013 ergibt sich zudem aus der Auftragsbestätigung der P GmbH & Co. KG und der Bestellung der Klägerin bei der Q GmbH.

    248
    Zweifel an der Feststellung des Landgerichts ergeben sich auch nicht daraus, dass die Beklagte geltend macht, die Kalkulation der L GmbH zeige, dass die Leistungserbringung sogar zum vereinbarten Werklohn nicht möglich gewesen sei. Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass es auf die Kalkulation der L GmbH nicht ankomme.

    249
    Im Hinblick auf die Authentizität der Urkalkulation der Klägerin macht die Beklagte Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit nicht geltend. Diese ist auch vom Zeugen G bestätigt worden.

    250
    bb)

    251
    Das Landgericht hat zu Recht davon abgesehen, Abzüge für die Lohnkosten der festangestellten, für das C02 vorgesehenen Mitarbeiter der Klägerin vorzunehmen. Grundsätzlich liegt eine Ersparnis an Personalkosten nur dann vor, wenn diese Personalkosten infolge der Kündigung nicht mehr angefallen sind. Das kann der Fall sein, wenn Personal infolge der Kündigung nicht mehr eingestellt werden muss oder bei dem Unternehmer nicht mehr beschäftigt wird. Dagegen ist es grundsätzlich keine Frage der ersparten Aufwendungen, wenn das Personal weiter beschäftigt und für andere Aufträge eingesetzt wird. Als erspart muss der Auftragnehmer sich grundsätzlich nicht solche Personalkosten anrechnen lassen, die dadurch entstehen, dass er eine rechtlich mögliche Kündigung des Personals nicht vorgenommen hat. Das Gesetz stellt allein auf die tatsächliche Ersparnis ab. Daraus lässt sich keine Verpflichtung des Auftragnehmers herleiten, sein Personal nur deshalb zu reduzieren, weil er den Vertrag berechtigt nach § 648a BGB gekündigt hat (vgl. BGH, NJW 2000, S. 653, 654).

    252
    Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht einen anderweitigen Erwerb der Klägerin nicht berücksichtigt hat, da diese die Aufträge, bei denen ihre freigewordenen Mitarbeiter eingesetzt worden seien, bereits vor der Kündigung erhalten gehabt habe und in der Lage gewesen sei, die Aufträge neben dem Auftrag der Beklagten auszuführen.

    253
    Der Unternehmer hat sich anrechnen zu lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt. Dieser Erwerb muss aber zweifelsfrei durch die Kündigung des Bestellers verursacht sein. Erforderlich ist also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung des Werkvertrages und der Erteilung des Ersatzauftrages. Dies ist nicht der Fall, wenn der Unternehmer seine Leistungskapazität auf andere bereits vorhandene Werkverträge konzentriert hat. Ist der Betrieb des Unternehmers in der Lage gewesen, zur gleichen Zeit neben dem gekündigten Werkvertrag auch noch andere Aufträge auszuführen, die ihm unabhängig von der Kündigung von Dritten erteilt wurden, wovon in der Regel auszugehen ist, sind die Erträge aus diesen Aufträgen nicht anzurechnen. Dagegen steht es einer Anrechnung wegen anderweitiger Verwendung der Arbeitskraft nicht entgegen, wenn der Unternehmer in Folge der Kündigung schon vorhandene, an sich erst später auszuführende Aufträge vorgezogen hat, ohne dass ihm dadurch später eine Lücke entsteht, die voraussichtlich nicht auszufüllen ist. (Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, § 648 Rn. 27)

    254
    Vorliegend ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts davon auszugehen, dass die Klägerin die Aufträge, bei denen die freigewordenen Mitarbeiter eingesetzt worden sind, bereits vor der Kündigung erhalten hat. Das Landgericht hat auch beanstandungsfrei angenommen, dass die Klägerin in der Lage gewesen wäre, diese Aufträge neben dem Auftrag der Beklagten auszuführen. Dies hat die Klägerin dargelegt, sodass es der Beklagten oblegen habe, darzulegen und zu beweisen, dass die Klägerin an sich erst später auszuführende Aufträge vorgezogen hat. Das alleinige Bestreiten genügt insoweit nicht. Die Klägerin hat der Beklagten durch ihren substantiierten Vortrag zu den Bauvorhaben, an denen die freigewordenen Mitarbeiter tätig geworden sind, die Möglichkeit zu entsprechendem Vortrag eröffnet.

    255
    Soweit die Beklagte auf ihren erstinstanzlichen Vortrag in den Schriftsätzen vom 13.04.2015 und 18.05.2015 verweist, wird nicht deutlich, welchen weitergehenden Vortrag sie damit in Bezug nehmen will, den das Landgericht hätte berücksichtigen müssen.

    256
    3.

    257
    Die hilfsweise seitens der Beklagten erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen wegen der Mehrkosten für die Ausführung des C02, wegen der Kosten einer weiteren Bodenanalyse sowie mit Zinsansprüchen wegen der verspäteten Rückabtretung des Bankguthabens greift nicht durch.

    258
    a)

    259
    Der Beklagten steht gegen die Klägerin kein Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten bei der Durchführung des C02 zu. Ein solcher folgt nicht aus § 280 Abs. 1 und 3 BGB, § 281 Abs. 1 BGB. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Nichtdurchführung der Leistungen für das C02 auf einer Pflichtverletzung der Klägerin beruhte. Die Klägerin hat nicht zu Unrecht den Bauwerkvertrag gekündigt und die weitere Leistungserbringung verweigert. Vielmehr erfolgte die Kündigung wirksam unter Ausübung eines gesetzlichen Kündigungsgrundes. Auf die Ausführungen im Rahmen des Vergütungsanspruchs der Klägerin in Bezug auf das C02 wird Bezug genommen.

    260
    b)

    261
    Es besteht kein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin im Hinblick auf die Kosten der weiteren Bodenanalyse aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB. Eine Pflichtverletzung der Beklagten, die ursächlich zu den Kosten der weiteren Bodenanalyse geführt hat, kann ‒ wie bereits ausgeführt - nicht festgestellt werden.

    262
    c)

    263
    Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin im Hinblick auf eine verspätete Rückabtretung des abgetretenen Bankguthabens folgt nicht aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB.

    264
    Es kann letztlich offen bleiben, ob sich die Klägerin mit der Rückabtretung des abgetretenen Bankguthabens in Verzug befunden hat. Das Landgericht hat einen Anspruch der Beklagten zu Recht daran scheitern lassen, dass diese einen Verzugsschaden nicht dargelegt hat und § 288 Abs. 1 BGB mangels Geldforderung keine Anwendung findet.

    265
    Nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Geldschuld während des Verzuges zu verzinsen. Hiervon werden Geldwert- und Geldsummenschulden erfasst. Ansprüche, die dem Gläubiger lediglich mittelbar dazu verhelfen, Geld zu vereinnahmen, sind dagegen keine Geldschulden. Eine analoge Anwendung des § 288 BGB ist indes auf die Nichtverschaffung eines zinslosen Darlehens und die Freigabe eines hinterlegten Geldbetrages anwendbar. Die Regelung in § 288 Abs. 1 BGB entspringt der Annahme, dass es dem Gläubiger im Allgemeinen möglich ist, Geld jedenfalls zu einem bestimmten Mindestzinssatz anzulegen. Der Gesetzgeber wollte für Verzugsschäden, die daraus entstehen, dass dem Gläubiger Geld vorenthalten wird, einen Durchschnittsbetrag festsetzen, von dem angenommen wird, dass ihn der Gläubiger jedenfalls hätte ziehen können und den er fordern darf, ohne eine Zinseinbuße oder einen sonstigen Schaden beweisen zu müssen. Diesem Sinn und Zweck des § 288 Abs. 1 BGB Rechnung tragend hat der Bundesgerichtshof die Vorschrift auf die Nichtverschaffung eines zinslosen Darlehens entsprechend angewandt, weil auch in diesem Fall der Entgang der mit dem Besitz von Geld verbundenen Nutzungsmöglichkeit zu entschädigen ist. Dieser Gedanke gilt in gleicher Weise für den Fall der verzögerten Freigabe eines Hinterlegungsbetrages, weil dem Gläubiger auch in dieser Fallkonstellation ein Geldbetrag, auf den er einen Anspruch hat, schuldhaft und rechtswidrig vorenthalten wird. Der Schuldner schuldet zwar nicht das hinterlegte Geld, aber die Auszahlung des Geldes an den Gläubiger hängt allein von der Freigabeerklärung des Schuldners ab. Die Freigabeforderung hat einen Geldbetrag zum Gegenstand. Lediglich der äußeren Form nach ist der Anspruch nicht auf Zahlung von Geld, sondern auf Einwilligung in die Auszahlung von Geld gerichtet. (vgl. BGH, NJW 2006, S. 2398 Rn. 9 f.)

    266
    Eine derartige analoge Anwendung ist indes für den geltend gemachten Anspruch auf Rückabtretung einer Bankforderung nicht geboten, da dieser unmittelbar weder auf die Zahlung von Geld noch auf die Einwilligung in die Auszahlung von Geld gerichtet ist. Vielmehr begehrt die Beklagte letztlich die Abgabe einer auf Rückabtretung gerichteten Willenserklärung.

    267
    II.

    268
    Neben dem Zahlungsanspruch steht der Klägerin ein Anspruch auf Verzinsung des zuerkannten Betrages im Umfang des zusprechenden Tenors zu. Der weitergehend geltend gemachte Zinsanspruch ist dagegen unbegründet.

    269
    1.

    270
    Im Hinblick auf den Zahlungsanspruch der Klägerin wegen der Leistung in Bezug auf das C01 folgt der Zinsanspruch aus § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B 2009.

    271
    a)

    272
    Regelungen zum Verzugseintritt enthält der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nicht, sodass ergänzend auf § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B 2009 abzustellen ist. Danach kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine angemessene Nachfrist setzen, wenn dieser bei Fälligkeit keine Zahlung leistet; zahlt der Auftraggeber auch innerhalb der Nachfrist nicht, so hat der Auftragnehmer vom Ende der Nachfrist an einen Anspruch auf Zinsen in Höhe der in § 288 Abs. 2 BGB angegebenen Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist.

    273
    Vorliegend ist die Rechnung der Klägerin vom 11.10.2011 der Beklagten ausweislich des Eingangsstempels auf der geprüften Rechnung am 13.10.2011 zugegangen. Damit war die Zahlung ausweislich der Vereinbarung der Parteien in § 3 Abs. 3 Satz 4 des Vertrages am 12.11.2011 fällig. Da dies ein Samstag war, verschob sich das Fristende gemäß § 193 BGB auf den nächstfolgenden Werktag, den 14.11.2011. Mit Schreiben vom 14.11.2011 hat die Klägerin die Beklagte zur Zahlung aufgefordert und ihr eine Frist bis zum 23.11.2011 gesetzt. Zwar ist die Fristsetzung von der Klägerin damit vor Ablauf der Fälligkeitsfrist erstellt worden. Dies ist indes unschädlich, da sich aus dem Schreiben vom 14.11.2011 eine Übersendung per Telefax nicht ergibt und damit das Schreiben offensichtlich nach Fälligkeit bei der Beklagten eingegangen ist. Mangels Zahlung befand sich die Beklagte damit ab dem 24.11.2011 in Verzug.

    274
    Das Verschulden der Beklagten wird entsprechend § 280 Abs. 1 Satz 2, § 286 Abs. 4 BGB vermutet. Diese hat sich nicht hinreichend entlastet. Soweit diese darauf abstellt, dass sie aufgrund der Rechnungsprüfung durch den Zeugen W und des Gutachtens des Ingenieurbüros J nicht von einer Zahlungsverpflichtung ausgehen hätte müssen, kann sie dies nicht entlasten, da sie Fehlbeurteilungen des Zeugen W sowie der für das Ingenieurbüro J tätigen Personen nach § 278 Satz 1 BGB wie eigenes Verschulden zu vertreten hat.

    275
    Ein vorheriger Verzugseintritt kann dagegen nicht festgestellt werden. Soweit die Klägerin in der Klageschrift auf § 16 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 VOB/B abstellt, war eine solche Vorschrift in der maßgeblichen Fassung 2009 noch nicht enthalten.

    276
    b)

    277
    Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Verzug nicht durch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts im Schriftsatz vom 03.06.2014 entfallen. Ein einmal eingetretener Verzug endet nicht allein durch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts. Vielmehr muss der in Verzug geratene Schuldner durch geeignete Handlungen den Verzug beenden, zum Beispiel seine eigene Leistung Zug um Zug gegen Bewirkung der Gegenleistung anbieten. Dies hat die Beklagte nicht getan, sodass der Verzug trotz der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts weiter bestand.

    278
    Auch die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 01.08.2017 stellt sich nicht als verzugsbeendendes Angebot der geschuldeten Leistung dar. In diesem hat die Beklagte lediglich angeboten, den vom Landgericht ausgeurteilten Betrag unter Vorbehalt und ohne Anerkennung bei angemessener Sicherheitsleistung durch die Klägerin zu leisten; die Klägerin sollte bei einer abweichenden Entscheidung des Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs zur Rückzahlung und gegebenenfalls Schadensersatz verpflichtet sein. Damit hat die Beklagte gerade nicht die Erfüllung der Klageforderung angeboten. Vielmehr ging ihr Angebot nicht über eine Leistung hinaus, die zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung erfolgt. Zahlungen aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils sind in der Regel dahin zu verstehen, dass sie nur eine vorläufige Leistung darstellen sollen und unter der aufschiebenden Bedingung der rechtskräftigen Bestätigung der zugrunde liegenden Verbindlichkeit erfolgen. Einen solchen Vorbehalt hat die Beklagte sogar ausdrücklich formuliert. Die unter einer solchen Bedingung stehende Zahlung stellte nicht die von der Beklagte geschuldete Leistung dar. (vgl. BGH, NJW 2012, S. 1717 f. Rn. 7, juris.de)

    279
    Der Verzug ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aufgrund des Zahlungsangebotes im Schreiben vom 07.06.2018 in Höhe von 102.283,80 € entfallen. Das Zahlungsangebot der Beklagte beinhaltete lediglich einen Teilvergleich in Bezug auf den laufenden Rechtsstreit und klammerte darin seitens der Beklagten geltend gemachte Schadensersatzpositionen aus. Damit hat die Beklagte eine Teilleistung angeboten, zu der sie grundsätzlich nach § 266 BGB nicht berechtigt war. Zudem lag auch hinsichtlich der angebotenen Teilleistung kein vollständiges und damit verzugsbeendendes Angebot vor, da dieses unter der Bedingung stand, dass die Klägerin ihrerseits Sicherheiten freigibt.

    280
    Ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten wegen bestehender Mängel der Werkleistung ist nicht ersichtlich. Soweit Mängel unstreitig vorliegen, sind diese bereits bei der Berechnung der Klageforderung berücksichtigt worden. Dass die Beklagte von der Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangt hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

    281
    c)

    282
    Der Verzugszinssatz bestimmt sich nach § 288 Abs. 2 BGB.

    283
    2.

    284
    Im Hinblick auf die Zinsen aus Ansprüchen für das C02 hat das Landgericht zu Recht einen Zinsanspruch aus §§ 291, § 288 Abs. 2 BGB zuerkannt. Gemäß § 291 Satz 1 Halbsatz 1 BGB ist eine Geldschuld vom Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Der Zinssatz folgt aus § 288 Abs. 2 BGB, da die Klägerin eine Entgeltforderung geltend macht und Verbraucher am Rechtsgeschäft nicht beteiligt sind.

    285
    Allerdings entfällt eine Verzinsung, wenn dem Anspruch ein vom Schuldner geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht entgegensteht. Dies ist vorliegend der Fall, da die Beklagte (jedenfalls) mit Schriftsatz vom 03.06.2014 ein Zurückbehaltungsrecht mit dem ihr zustehenden Anspruch auf Rückabtretung des Anspruchs gegen den Bankverein D geltend gemacht hat. Dieses Zurückbehaltungsrecht ist erst mit dem Angebot der Klägerin im Schreiben vom 07.07.2016, die Rückabtretung vorzunehmen, entfallen. Damit standen der Klägerin Zinsen insoweit erst ab dem 08.07.2016 zu.

    286
    Ein weitergehender Zinsanspruch folgt nicht aus Verzugsgesichtspunkten, da die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch die Beklagte einem Verzugseintritt zunächst entgegenstand.

    287
    III.

    288
    Die Widerklage ist zulässig und begründet.

    289
    1.

    290
    Mit der Widerklage hat die Beklagte zunächst eine Rückabtretung des abgetretenen Guthabens auf dem Tagesgeldkonto beim Bankverein D in Höhe von 200.000,00 € geltend gemacht. Diesen Antrag hat sie mit Schriftsatz vom 16.06.2017 umgestellt auf die Feststellung, dass der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch in der Hauptsache erledigt ist. Dies beinhaltet nach herrschender Meinung die Feststellung, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch das erledigende Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist.

    291
    Das gemäß § 256 ZPO für diesen Antrag erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem Interesse der klagenden Partei, von den Kosten des Rechtsstreits befreit zu werden. An die Stelle des Sachinteresses tritt für beide Parteien das Kosteninteresse (vgl. BGH, NJW 2015, S. 3173 f. Rn. 3, zitiert nach juris.de).

    292
    2.

    293
    Der Feststellungsantrag ist begründet. Die Widerklage hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils war zulässig und begründet und hat sich nach Rechtshängigkeit erledigt.

    294
    Bedenken gegen die ursprüngliche Zulässigkeit der Klage bestehen nicht. Das Landgericht hat die Widerklage auch zutreffend als begründet angesehen. Zum Bestehen des Rückabtretungsanspruchs wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Rahmen der Klage Bezug genommen.

    295
    Der Begründetheit des Widerklagebegehrens stand ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin nicht entgegen. Das Landgericht hat die Abtretungsvereinbarung zutreffend dahingehend ausgelegt, dass es der Klägerin verwehrt sei, sich im Hinblick auf Ansprüche in Bezug auf das C01 auf ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen. Ausweislich § 5 Abs. 2 der Abtretungsvereinbarung sollte die Klägerin zur sofortigen Rückabtretung beziehungsweise Freigabe der abgetretenen Forderung verpflichtet sein, wenn Umstände eintreten, die dazu führen, dass die Klägerin das C02 nicht durchführt oder durchführen kann. Eine Sicherung von Ansprüchen aus dem C01 sowie von Ansprüchen aus dem C02 trotz dessen Nichtdurchführung sollte damit erkennbar ausgeschlossen sein. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn sich die Klägerin dennoch wegen bestehender Ansprüche auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen könnte.

    296
    Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Rechtsschutzbedürfnis für die Widerklage entfallen ist, da die Beklagte ihr Rechtsschutzziel auf leichterem Wege hätte erreichen können, nämlich durch Abschluss der angebotenen Rückabtretungsvereinbarung mit der Klägerin. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist zu verneinen, wenn der Kläger sein Ziel auch ohne Titel erreichen kann (Greger in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, Vor § 253 Rn. 18b).

    297
    D.

    298
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass sich die Beweisaufnahme einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens allein auf die Klageforderung bezogen hat. Dies hat zur Folge, dass die durch die Beweisaufnahme entstandenen Kosten nach dem Obsiegen und Unterliegen allein im Hinblick auf die Klageforderung zu verteilen sind. Im Übrigen sind die Kosten des Rechtsstreits nach dem Obsiegen und Unterliegen insgesamt zu verteilen; § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 BGB.

    299
    Soweit die Beklagte die zwischenzeitliche Widerklageerweiterung im Termin vom 20.06.2017 zurückgenommen hat, waren ihr nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO keine Kosten aufzuerlegen, da die ursprüngliche Zuvielforderung mangels Gebührensprüngen keine zusätzlichen Kosten verursacht hat.

    300
    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Der Streitwert richtet sich nach § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.

    301
    E.

    302
    Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Rechtssache kommt weder eine grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts wegen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 ZPO.