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  • 08.04.2021 · IWW-Abrufnummer 221673

    Vergabekammer Südbayern: Beschluss vom 25.02.2021 – 3194.Z3-3-01-20-47

    1. Büroreferenzen über erbrachte Projektsteuerungsleistungen eines Vorgängerunternehmens können einem Bewerber nur zugerechnet werden, soweit eine weitgehende Identität zwischen den Personen, die für die Referenzaufträge zuständig waren und den Mitarbeitern in den neu gegründeten Unternehmen festgestellt werden kann.

    2. Dabei reicht es für die Berücksichtigung von Büroreferenzen aus, wenn sich die Personen, die die Referenzen erarbeitet haben, noch im Unternehmen befinden, sie müssen nicht im Projektteam für den konkreten Auftrag benannt sein.

    3. Nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV müssen bei der Eignungsleihe in Bezug auf Unternehmensreferenzen die eignungsverleihenden Unternehmen die jeweilige Leistung erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden.

    4. Bei Planungs- oder Projektsteuerungsleistungen reicht es nicht aus, dass die Mitarbeiter der eignungsverleihenden Unternehmen, die an den entsprechenden Referenzaufträgen beteiligt waren, dem vorgesehenen Projektteam in allen Projektstufen und Handlungsbereichen über die gesamte Projektlaufzeit irgendwie zur Verfügung stehen.

    5. Es ist bislang ungeklärt, in welcher Form und in welchem Umfang die Einbindung konkret erfolgen muss.


    Geschäftszeichen: 3194.Z3-3_01-20-47

    In dem Nachprüfungsverfahren

    D… Projektmanagement … GmbH
    vertreten durch den Geschäftsführer …,

    Verfahrensbevollmächtigte: … Rechtsanwälte ….,


    - Antragstellerin -

    gegen

    Freistaat B…
    vertreten durch das Staatliche Bauamt A...,
    dieses vertreten durch den Ltd. Baudirektor …,
    … A...
    Verfahrensbevollmächtigte: …

    - Antragsgegner -

    S… Projektmanagement … PartGmbB
    vertreten durch ….
    ….

    - Beigeladene -


    wegen der Vergabe Projektsteuerung …, Forschungsgebäude …; Referenznummer der Bekanntmachung: … erlässt die Regierung von Oberbayern ‒ Vergabekammer Südbayern ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden xxx, den hauptamtlichen Beisitzer Dr. xxx und den ehrenamtlichen Beisitzer xxx, folgenden

    Beschluss:

    1.    Dem Antragsgegner wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Teilnahmeantrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu prüfen.

    2.    Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch jeweils zu 1/3.

    3.    Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von …,00 EUR festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen. Der Antragsgegner ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

    4.    Die Beteiligten tragen die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ‒verteidigung jeweils selbst.

    Gründe:

    I.

    Der Antragsgegner hat mit Auftragsbekanntmachung 2020/S 105-254029, abgesendet an das Amtsblatt der EU am 28.05.2020, die Projektsteuerungsleistungen für den Neubau des Zentrums für integrierte translationale Forschung (…), das in unmittelbarer Nähe zum Universitätsklinikum A... entstehen soll, in einem Verhandlungsverfahren nach der VgV ausgeschrieben.

    Nach Ziff. II.2.9) der Auftragsbekanntmachung sollten mindestens drei und höchstens fünf Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

    Die Auswahl der Bewerber, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, sollte nach den folgenden Kriterien erfolgen:

    •    30%: wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit (20% Jahresumsatz; 10% Personalstand)
    •    70%: technische und berufliche Leistungsfähigkeit (25% Vergleichbarkeit von bis zu drei Referenzen mit zu vergebender Leistung; 15% bearbeitete Projektstufen; 10% Berufserfahrung des Projektleiters; 10% Berufserfahrung des stellvertretenden Projektleiters; 10% Qualitätsmanagement)
    •    Vergleichbarkeit mit zu vergebender Leistung: NUF 1-6 ≥ 6 000 m²; Gesamtbaukosten ≥ 50 000 000 (netto) (KG 200-600); mind. HZ IV; erbrachte Projektstufen 1-5, Handlungsbereich A -E; Neubau im Klinik- und Institutsbau mit anteiligen Labor- und Forschungsflächen, Anteil KG 400 an Gesamtbaukosten größer als 40 %:

    Die konkrete Punktevergabe sollte nach einer in den Vergabeunterlagen enthaltenen Wertungsmatrix erfolgen.

    In Abschnitt III.1.3) Technische und berufliche Leistungsfähigkeit fanden sich folgende Regelungen:

    •    Auflistung von geeigneten Referenzen über vom Bewerber in den letzten 8 Jahren erbrachten Dienstleistungen. Gefordert wird die Angabe von bis zu 3 Referenzen. Es werden nur die Referenzen gewertet, welche in der Liste der Referenzen Formblatt III-110a eingetragen sind.
    •    Die Auflistung ist auf Projekte zu beschränken, deren Planungs- oder Beratungsanforderungen mit denen der zu vergebenden Planungs- oder Beratungsleistung vergleichbar sind. Vergleichbar sind Referenzen über Projektsteuerungsleistungen im Klinik- und Institutsbau, bei denen der Anteil an KG 400 (gem. DIN 276) mind. 40 % an den Gesamtbaukosten beträgt.

    Am 17.06.2020 kritisierte ein Bewerber im Rahmen einer Bieterfrage die seiner Ansicht nach übermäßigen und unzulässig wettbewerbsbeschränkenden Eignungsanforderungen. Der Antragsgegner teilte daraufhin allen Bewerbern mit, dass das Nichterfüllen einzelner Aspekte nicht zum sofortigen Ausschluss führe, sondern Berücksichtigung in der bekannt gemachten Wertungsmatrix finde. Hier entscheide dann die erreichte Gesamtpunktzahl über die weitere Teilnahme am Wettbewerb.

    Es gingen insgesamt acht Teilnahmeanträge ein. Fünf Bewerber wurden zur Angebotsabgabe aufgefordert, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene. Die Beigeladene erreichte im Teilnahmewettbewerb insgesamt 460 Punkte, darunter volle Punktzahl auf die eingereichten Büroreferenzen. Der Teilnahmeantrag des ersten nicht berücksichtigten Bewerbers erzielte 455 Punkte.

    Nach Aufforderung zur Angebotsabgabe gaben u.a. die Antragstellerin und die Beigeladene fristgerecht Angebote ab.

    Mit Schreiben vom 22.09.2020 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin darüber, dass auf ihr Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden könne, weil sie nicht das wirtschaftlichste Hauptangebot abgegeben habe. Auf Nachfrage der Antragstellerin begründete die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23.09.2020 die Absage durch Übersendung einer Wertungsmatrix.

    Mit Schreiben vom 28.09.2020 rügte die Antragstellerin die fehlende Eignung der Beigeladenen und legte dar, dass die Beigeladene erst am 20.12.2016 in das Partnerschaftsregister eingetragen worden, d.h. zum Ablauf der Teilnahmefrist erst 3,5 Jahre alt gewesen sei. Sie legte unter Beifügung von Partnerschafts- und Handelsregisterauszügen dar, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Referenzübernahme eines anderen Bieters, insbesondere eines Vorgängerunternehmens, nicht vorlägen. Daneben rügte sie weitere Vergabeverstöße insbesondere ein unzureichendes Informationsschreiben nach § 134 GWB, Zweifel an der Auskömmlichkeit der Preise, intransparente, unzulässige Zuschlagskriterien und die Wertung der Präsentationen.

    Mit Antwortschreiben vom 01.10.2020 half der Antragsgegner der Rüge nicht ab. Die S...PartGmbB sei aus dem Büro S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG als direkter Nachfolger hervorgegangen. Die vorgelegten Referenzprojekte seien teilweise durch die S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG begonnen und später durch S...PartGmbB übernommen und vertraglich weiterbegleitet sowie abgeschlossen worden.

    Nachdem den Rügen der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 02.10.2020 einen Nachprüfungsantrag gem. § 160 Abs. 1 GWB.

    Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet.

    Die Antragstellerin werde durch den angekündigten Zuschlag an die S...PartGmbB in ihren drittschützenden Bieterrechten verletzt. Die Beigeladene verfüge nach der Marktkenntnis der Antragstellerin über keine hinreichenden eigenen Referenzen seit ihrer Neugründung im Dezember 2016, um sich im Teilnahmewettbewerb durchzusetzen. Soweit Referenzen des Vorgängerbüros ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG als eigene eingereicht worden sein sollten, hätten diese nicht gewertet werden dürfen. Die Antragstellerin habe aus den vergaberechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs (§ 97 Abs. 2 und 1 GWB) einen Anspruch darauf, dass kein Zuschlag an ein Unternehmen erteilt werde, das nicht zur Angebotsaufforderung hätte aufgefordert werden dürfen.

    Entgegen den Ausführungen im Nichtabhilfeschreiben des Antragsgegners sei das Unternehmen S...PartGmbB nicht unmittelbare Rechtsnachfolgerin einer S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG.

    Tatsächlich habe es in der Vergangenheit eine ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG gegeben, die im September 2013 jedoch bereits aufgelöst worden sei. Die ... S... Beteiligungs GmbH habe später in die ... Projektmanagement GmbH umfirmiert. Entgegen den Ausführungen der Vergabestelle sei die S...PartGmbB jedoch gerade nicht als direkte Nachfolgerin aus diesem Unternehmen hervorgegangen. Tatsächlich sei das Unternehmen zuvor an die B... GmbH veräußert worden. Im Einzelnen stelle sich der Zeitablauf wie folgt dar:

    27.08.2009    ... S... Beteiligungs GmbH wird im Handelsregister eingetragen. Gesellschaftszweck ist die Verwaltung von und unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an anderen Unternehmen, welche Beratung von öffentlichen Organisationen und privaten Unternehmen auf dem Gebiet Planung, Konzeption, Realisierung und Steuerung von Projekten bautechnischer Art zum Gegenstand hat.
    18.09.2009    ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG mit ... S... Beteiligungs GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin wird in das Handelsregister eingetragen
    19.07.2013    Umfirmierung der ... S... Beteiligungs GmbH zur ... Projektmanagement GmbH (mit Satzungsänderung). Gesellschaftszweck ist nun die Beratung von öffentlichen Organisationen und privaten Unternehmen auf dem Gebiet Planung, Konzeption, Realisierung und Steuerung von Projekten bautechnischer Art.
    20.09.2013    Auflösung der ... S... Projektmanagement GmbH & Co. KG
    17.01.2014    J... S... wird als Prokurist der B... GmbH im Handelsregister eingetragen
    11.06.2015    Die ... Projektmanagement GmbH wird auf Grund des Verschmelzungsvertrags und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung jeweils vom 09.06.2015 mit der B... GmbH mit Sitz in Frankfurt verschmolzen.
    28.09.2016    Ausscheiden von H... G..., J... Sch… und J… S... als Prokuristen der B... GmbH
    20.12.2016    Eintragung der S...PartGmbH im Partnerschaftsregister
    Es liege damit gerade keine unmittelbare Rechtsnachfolge der S...PartGmbH vom Büro ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG vor. Diese sei im September 2013 aufgelöst worden, ohne dass ein Rechtsnachfolger ersichtlich sei. Jedenfalls habe eine Unterbrechung durch die Veräußerung und Verschmelzung der letzten verbleibenden „S...-Gesellschaft" mit B... GmbH im Zeitraum von Juni 2015 bis Dezember 2016 stattgefunden.
    Es werde mangels Kenntnis der von der Erstplatzierten eingereichten Referenzen mit Nichtwissen bestritten, dass diese von der S...PartGmbH in den gerade einmal 3,5 Jahren ihres Bestehens von der Gründung bis zum Ablauf der Teilnahmefrist erbracht worden sind.

    Eine Referenzübernahme von der ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG oder der ... Projektmanagement GmbH scheide aus. Nach der Rechtsprechung der VK Südbayern (Beschl. v. 17.03.2015, Z3-3-3194-1-56-12/14) könnten die Büroreferenzen eines Vorgängerunternehmens nur berücksichtigt werden, soweit eine weitgehende Identität zwischen den Personen, die für die Referenzaufträge zuständig waren, und den Mitarbeitern in den neu gegründeten Unternehmen festgestellt werden könne.

    Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 17.04.2019, Verg 36/18) fordere ergänzend, dass auch die Organisation des übernommenen Unternehmens im Wesentlichen unverändert geblieben sei. Andernfalls würde vernachlässigt, dass an einer Unternehmensleistung auch die Unternehmensleitung, die gesamte Betriebsorganisation und Struktur des Unternehmens maßgeblichen Anteil habe.

    Dies sei vorliegend nicht der Fall. Sowohl die Betriebsorganisation als auch die Unternehmensleitung unterschieden sich grundlegend von der ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG. Die Beigeladene sei eine PartmbB mit den vertretungsberechtigten Gesellschaftern S., G., G., W. und S. Die ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG sei von der persönlich haftenden Gesellschafterin der ... S... Beteiligungs GmbH geleitet worden. Die ... S... Beteiligungs GmbH sei ihrerseits durch den einzelvertretungsberechtigten Gesellschafter J... S..., sowie von mehreren Prokuristen vertreten worden. Das Vorgängerunternehmen ... Projektmanagement GmbH sei ausweislich des Handelsregisters durch den einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer J... S..., sowie von mehreren Prokuristen vertreten worden.

    Auf der Leitungsebene sei demnach lediglich eine einzige Person, Herr J... S..., in beiden Unternehmen durchgängig geschäftsführungsbefugt gewesen. Herr H... G... sei als Prokurist bei den Vorgängerunternehmen bestellt gewesen. Im Übrigen seien von acht Personen in der Leitungsebene der „Vorgängerunternehmen" sechs Personen nicht mehr im Unternehmen vorhanden. Die heutige Leitungsebene der S...PartGmbH unterscheide sich personell grundlegend. Dies genüge nicht für die Anforderungen an eine Referenzübernahme.
    Auch eine Personenidentität der angestellten Projektingenieure werde angesichts der vielfachen Unternehmensumstrukturierungen ausdrücklich in Zweifel gezogen.

    Vor allem aber werde die Unternehmenshistorie von ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG über die ... Projektmanagement GmbH zur S...PartGmbB durch die Veräußerung und Fusion auf die B... GmbH durchbrochen. Schon aus dem Handelsregister werde deutlich, dass Mitarbeiter der früheren Leitungsebene von ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG und ... Projektmanagement GmbH nicht zur Neugründung von S...PartGmbB gewechselt seien. Wie dargelegt seien lediglich zwei von acht Personen aus der Führungsebene im Unternehmen der Beigeladenen.

    Es werde bezweifelt, dass die für die angegebenen Referenzen verantwortlichen angestellten Projektingenieure in hinreichender Zahl durchgängig bei ... S... Projektmanagement Betriebs GmbH & Co. KG, ... Projektmanagement GmbH und von S...PartGmbB angestellt waren.

    Im Ergebnis könnten jedenfalls aufgrund der Unterbrechung durch die Veräußerung an B... GmbH lediglich die Referenzen seit Neugründung der S...PartGmbB seit Dezember 2016 gewertet werden. Der Referenzzeitraum habe demgegenüber acht Jahre betragen. Die Antragstellerin bezweifle, dass die Beigeladene sich im Teilnahmewettbewerb nur mit eigenen Referenzen seit Unternehmensgründung im Dezember 2016 habe behaupten können.

    Die Antragstellerin beantragt

    1.    Dem Antragsgegner wird untersagt, in dem VgV-Verfahren zur Vergabe der Projektsteuerungsleistungen 20 D 0321 Neubau Zentrum für integrierte translationale Forschung (…), Kap. … den Zuschlag an die S...PartGmbB aus 80339 M... zu erteilen.
    2.    Dem Antragsgegner wird aufgegeben, den Teilnahmeantrag und das Angebot der S...PartGmbB vom Vergabeverfahren auszuschließen und den Zuschlag auf das Angebot der dann erstplatzierten Antragstellerin zu erteilen.
    3.    Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakten gewährt.
    4.    Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird gemäߧ 182 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.
    5.    Dem Antragsgegner werden die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin auferlegt.

    Mit Schreiben vom 29.10.2020 erwiderte der Antragsgegner auf den Nachprüfungsantrag.

    Der Antragsgegner beantragt

    1.    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
    2.    Der Antrag auf Einsicht in die Vergabeakten wird abgelehnt.
    3.    Der Antragstellerin werden die Kosten des Verfahrens auferlegt, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners.
    4.    Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners wird für notwendig erklärt.

    Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, dass der Nachprüfungsantrag von einem unvollständigen, zum Teil fehlerhaft dargestellten Sachverhalt ausgehe. Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet, denn der Antragsgegner habe die vorgelegten Referenzen beurteilungsfehlerfrei für die Beigeladene berücksichtigt.

    Die Beigeladene habe ihrer Bewerbung das ausgefüllte Formblatt III. 110a (Liste geeigneter Referenzen) beigefügt.

    Der Antragsgegner habe die Teilnahmeanträge aufgeklärt. Er habe von der Antragstellerin mit Schreiben vom 16.07.2020 Angaben hinsichtlich der Referenzen nachgefordert, die die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.07.2020 nachreichte. Nach Abschluss der Aufklärung habe der Antragsgegner die Teilnahmeanträge bewertet, die Auswahlentscheidung getroffen und habe die fünf Bewerber mit den höchsten erreichten Punktzahlen zur Angebotsangabe aufgefordert, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene.

    Den in der EU-Auftragsbekanntmachung verlangten Nachweis von in den letzten acht Jahren erbrachten Projekten über Planungs- oder Projektsteuerungsleistungen habe die Beigeladene geführt.

    In Literatur und Rechtsprechung bestehe im Grundsatz Einigkeit, dass sich ein Bewerber auch auf Referenzen von anderen Unternehmen, Insbesondere von Vorgängerorganisationen berufen kann, deren Personal und Know-how er übernommen hat, soweit sichergestellt sei, dass der ausgeschriebene Auftrag vollständig oder zumindest zu einem ganz überwiegenden Teil durch das Personal durchgeführt werden wird, welches die Erfahrung gewonnen habe. Nicht entscheidend sei, ob diese Kontinuität in einer neu gegründeten Nachfolgegesellschaft sichergestellt ist oder in einem Unternehmensträger, der rechtstechnisch im Wege der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung (partielle Gesamtrechtsnachfolge) aus einer Vorgängerorganisation hervorgegangen ist.

    Zum Teil werde in einzelnen Entscheidungen zusätzlich darauf abgestellt, dass die Betriebsstruktur und Organisation des übernommenen Unternehmens oder Unternehmensbereichs im Wesentlichen unverändert geblieben sei. Das habe jeweils Fallkonstellationen betroffen, in denen es für die fachliche Eignung und Leistungsfähigkeit des Bewerbers nicht nur im Schwerpunkt auf einzelne Personen angekommen sei, die eine höchstpersönliche Leistung erbracht hätten und Know-how-Träger waren, sondern es sich um eine Leistung handelte, die zusätzlich entscheidend dadurch geprägt worden sei, dass sie aus einer bestimmten Organisation heraus mit Personal verschiedener Arbeitsstufen (z.B. Techniker, Mitarbeiter des Call-Centers) erbracht worden sei. Bei höchstpersönlichen Architekten-, Ingenieur- und Projektsteuerungsleistungen gemäß AHO § 2 (Projektstufen 1 bis 5 / Handlungsbereiche A-E) trete dieses Organisationselement in den Hintergrund.

    Die Antragstellerin habe nicht schlüssig vorgetragen, warum die Beigeladene in ihrer gegenwärtigen Rechtsform mit ihren derzeitigen Mitarbeitern und der Geschäftsleitung nicht in der Lage sein sollte, den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können.

    Die Bedeutung der Organisationskontinuität könne bei den hier ausgeschriebenen Projektsteuerungsleistungen dahinstehen: Hier habe die Beigeladene Eigenreferenzen vorgelegt, die sich jeweils auf Projekte beziehen, die von dem Projektteam in der ... S... Projektmanagement GmbH & Co. KG begonnen und von demselben Projektteam nunmehr in der S...PartGmbB fortgeführt und abgeschlossen worden seien, wobei der jeweilige Auftraggeber jeweils die Projektkontinuität, die Kontinuität der für die Erbringung der Projektsteuerungsleistungen verantwortlichen Personen sowie den erfolgreichen Projektabschluss in der Referenzbestätigung bestätigt habe. Die zwischenzeitliche Verschmelzung der ... S... Projektmanagement GmbH auf die B... GmbH bzw. die heutige Apleona Bauperformance GmbH berühre diese Projekt- und Personalkontinuität nicht. Unerheblich sei dafür auch die Erteilung oder Erlöschen von Prokura bei der ... S... Projektmanagement GmbH bzw. der B... GmbH. Insbesondere sei die maßgebliche Kontinuität der Projektverantwortlichen nicht, wie die Antragstellerin geltend mache, in entscheidender Weise „durchbrochen". Die Prokura sei eine für das Unternehmen erteilte geschäftliche Vertretungsmacht (§ 49 Abs. 1 HGB), besage aber nichts darüber, ob es sich bei dem betreffenden Mitarbeiter um eine für den Projekterfolg relevante „Leitungsperson" handle oder um eine Person, die überhaupt in die Erbringung der betreffenden Projektsteuerungsleistungen wesentlich eingebunden gewesen sei. Die handelnden Personen hätten in der Vergangenheit die angeführten Referenzaufträge ausgeführt, die den beteiligten Personen die Erfahrung vermittelt hätten, den gegenständlich ausgeschriebenen Auftrag im Falle der Zuschlagserteilung in angemessener Qualität auszuführen.

    Würde der Auffassung der Antragstellerin gefolgt, würde dies einen grundsätzlichen Wertungswiderspruch bedeuten, da der Wechsel von Mitarbeitern zwischen einzelnen Wirtschaftsteilnehmern oder die Neugründung von Wirtschaftsteilnehmern gerade im freiberuflichen Bereich durch die Vorschriften des Vergaberechts nicht beschränkt werden soll.
    Konkret: Bei einem Bewerber A, welcher einen Referenzauftrag über Projektsteuerungs-leistungen in der Vergangenheit ausschließlich mit den Mitarbeitern X, Y und Z ausgeführt habe, könne sich A auf diese Referenz berufen. Wenn nun diese Mitarbeiter X, Y und Z zu dem Bewerber B gewechselt seien, müsse sich auch der Bewerber B auf die Erfahrung der Mitarbeiter X, Y und Z berufen können. Ansonsten würde ohne sachlichen Grund der Bewerber A bevorzugt, der aufgrund des Verlustes der Mitarbeiter X, Y und Z nicht in der Lage sei, den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können im Vergleich zu dem Bewerber B, der seit dem Zugang der Mitarbeiter X, Y und Z in der Lage sei, den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können. Das würde auch in der Konsequenz auf eine mittelbare Beschränkung der Freizügigkeit im Sinne des Artikel 21 AEUV hinauslaufen. Mitarbeiter eines Projektsteuerungsbüros, beispielsweise in Österreich könnten zwar zu einem Projektsteuerungsbüro, beispielsweise in Deutschland wechseln. Aber sie könnten dann ihre Erfahrung nicht mehr bei öffentlichen Aufträgen für das in Deutschland ansässige Projektsteuerungsbüro fruchtbar machen, wenn sie sich aus rein formalistischen und gerade nicht aus sachlichen Gründen nicht mehr auf ihre persönlichen Erfahrungen bei vergangenen Referenzprojekten berufen könnten. Eine solche Gesetzesanwendung würde zudem auf einen Verstoß gegen die Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, 2 Buchst. G und Abs. 3 Richtlinie 2006/123/EG hinauslaufen.

    Die Beigeladene habe sich in ihrem Teilnahmeantrag auf folgende Referenzen bezogen:

    Ersatzneubau H...-G.-W. Klinikum L...:

    Bei diesem 07/2013 begonnenen und 12/2018 abgeschlossenen Projekt habe nach Angaben im Teilnahmeantrag das seinerzeit für die ... S... Projektmanagement tätige Projektteam als Projektleiter Herrn J... S... und als stellvertretenden Projektleiter Herrn K... umfasst. Der Auftraggeber habe den erfolgreichen Abschluss des Projekts durch dieses nunmehrige Projektteam der S... PartGmbB und die die Erbringung von Projektsteuerungsleistungen mit den Projektstufen 1-5, Handlungsbereich A-E bestätigt. Das Projekt habe daher als von der Beigeladenen erbrachte Dienstleistung im Sinne von Unterkriterium IV.1 Angaben zu bereits erbrachten Leistungen berücksichtigt werden können.

    (Teil-) Ersatzneubau Krankenhaus Aichach:

    Bei diesem 09/2013 begonnenen und 12/2019 abgeschlossenen Projekt habe das damalige Projektteam aus den Herren H... G..., F... W... und A... G... bestanden, die nach den Angaben im Teilnahmewettbewerb nunmehr bei der Beigeladenen tätig sind. Die Personal- und Projektkontinuität in der Person des Projektleiters Herrn W... und der Projekterfolg werde durch das Referenzschreiben des Auftraggebers bestätigt. Es bestehe daher keinen sachlichen Grund, das Projekt nicht der Beigeladenen zuzurechnen.

    Neubau eines Erweiterungsgebäudes, Neubau Akutgeriatrie, Entbindung, ZSVA, Klinken des Landkreises N... i.d. OPf:

    Dieses Projekt sei 03/2014 begonnen und 12/2019 abgeschlossen worden, wobei das damalige Projektteam der ... S... Projektmanagement die Herren G... und K... umfasste. Das Projekt sei mit diesen Personen in der nunmehrigen S...PartGmbB fortgesetzt worden. Die verantwortliche Betreuung durch Herrn H... G... und der erfolgreiche Projektabschluss werde durch das Referenzschreiben des Auftraggebers bestätigt. Es gebe daher keinen sachlichen Grund, das Projekt nicht der Beigeladenen zuzurechnen. Schließlich habe die Beigeladene nachgewiesen, dass sie über die erforderlichen personellen Mittel sowie „ausreichende Erfahrungen" verfüge, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können.

    Die Antragstellerin werde durch den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß nicht in ihren Rechten verletzt; jedenfalls entstehe der Antragstellerin kein Schaden. Zwar habe ein Bewerber aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und der Transparenz des Verfahrens auch einen subjektiven Anspruch darauf, dass das Auswahlverfahren, das die Vergabestelle festlegt, auch in Bezug auf seine Konkurrenten eingehalten wird. Durch die Zulassung der Beizuladenden zur Angebotsabgabe wurde die Antragstellerin aber nicht nachteilig betroffen, denn die Antragstellerin habe nicht die geforderten Referenzen vorgelegt, sondern nur Referenzen für Schwesterunternehmen, ohne die Voraussetzungen der Eignungsleihe darzulegen. Die Berufung auf Referenzen von Schwesterunternehmen sei aber nur im Rahmen der Eignungsleihe zulässig. Dafür müsse der Bewerber von sich aus darlegen, dass er über die personellen Kapazitäten des Schwesterunternehmens wie über eigene Kapazitäten verfügen könne. Diesen Nachweis habe die Antragstellerin in ihrem Teilnahmeantrag nicht geführt. § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV erlaube die Eignungsleihe nur dann, wenn das eignungsverleihende Unternehmen die Leistung erbringe, für die diese Kapazitäten benötigt werden.

    Mit Beschluss vom 03.11.2020 wurde die S...PartGmbB zum Nachprüfungsverfahren beigeladen.

    Mit Schreiben vom 20.11.2020 nahm die Beigeladene zum Nachprüfungsantrag Stellung und beantragte:
    1.    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
    2.    Der Antrag auf Einsicht in die Vergabeakten wird abgelehnt.
    3.    Der Antragstellerin werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen auferlegt.

    Zudem beantragte die Beigeladene Akteneinsicht.

    Sie schließe sich den Ausführungen des Antragsgegners gemäß Schriftsatz vom 29.10.2020 vollumfänglich an. Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet. Die Behauptung der D... GmbH, dass die S... PartG mbB keine berücksichtigungsfähigen Referenzen vorgelegt habe, sei falsch. Die S... PartG mbB habe ihre Eignung durch die vorgelegten Referenzen, wie von der Antragsgegnerin verlangt, nachgewiesen. Die Referenzen hätten übernommen werden dürfen. Die weitgehende Personenidentität, die von der Vergabekammer Südbayern für eine Übernahme von Referenzen gefordert werde, liege vor. Es komme nach der Rechtsprechung der Vergabekammer Südbayern hier allein darauf an, dass die „maßgeblichen Leistungserbringer" mit denen der Referenzprojekte identisch seien (VK Südbayern, Beschluss vom 17.03.2015, Z3-3·3194·1·56·12/14). Wie die Antragsgegnerin, insbesondere auf den Seiten 17 ff. ihres Schriftsatzes vom 29.10.2020, zutreffend ausgeführt habe, sei die Kontinuität der Projektverantwortlichen hinsichtlich der vorgelegten Referenzprojekte gegeben. Damit könne sich die S... PartG mbB die vorgelegten Referenzen vollumfänglich zu eigen machen und erfülle daher alle Eignungsanforderungen.

    Die D... GmbH sei demgegenüber nicht für die Auftragsdurchführung geeignet. Wie der Antragsgegner ausgeführt habe, habe die D... GmbH keine eigenen Referenzen vorgelegt, sondern lediglich Referenzen eines Schwesterunternehmens, das nicht als eignungsverleihendes Unternehmen benannt worden sei. Die Referenzen könnten daher nicht berücksichtigt werden. Da sich die D... GmbH als ungeeignet erweise, komme sie kategorisch nicht für eine Auftragsvergabe in Betracht. Denn der Zuschlag dürfe nur geeigneten Unternehmen erteilt werden. Der Nachprüfungsantrag gehe damit ins Leere.
    Zum Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen dürfe der Antragstellerin keine Einsicht in die Teilnahme und Angebotsunterlagen, die die Beigeladene im Rahmen des Verfahrens eingereicht habe, ermöglicht werden. Der D... GmbH sei daher keine Akteneinsicht zu gewähren. Auch dürfe der Antragstellerin keine Einsicht in die durch Geheimhaltungsvermerk gekennzeichneten Passagen des Schriftsatzes der Antragsgegnerin erlaubt werden.

    Mit Beschluss vom 18.11.2020 entschied die Vergabekammer Südbayern über den Umfang der Akteneinsicht der Antragstellerin und wies dabei die Forderung der Beigeladenen auf Versagung der Übermittlung von jedweder Information über Referenzprojekte der Beigeladenen an die Antragstellerin zurück. Der Anspruch auf die Gewährung der Akteneinsicht im vorgesehenen Maße übersteige die Geheimhaltungsinteressen der Beigeladenen, da sonst keine substantiierte Erörterung über die Frage, ob sich die Beigeladene sich auf die Referenzen ihrer Vorgängerunternehmen berufen kann, möglich sei.

    Mit Beschluss von 20.11.2020 erhielt die Beigeladene Akteneinsicht.

    Mit Schreiben vom 25.11.2020 teilte die Beigeladene mit, dass sie keine sofortige Beschwerde gegen die Gewährung der Akteneinsicht an die Antragstellerin einlegen werde. Daraufhin übermittelte die Vergabekammer mit Schreiben vom selben Tag die freigegebenen Unterlagen an die Antragstellerin.

    Mit Schreiben vom 26.11.2020 bedankte sich die Antragstellerin für die gewährte Akteneinsicht und vertiefte ihre Ausführungen zur Frage der Referenzen und Eignung der Beigeladenen. Die Referenzen der Beigeladenen seien nicht wertbar. Die Anforderungen an eine weitgehende Personenidentität seien zumindest bei zwei von drei Referenzen des Beigeladenen nicht erfüllt. Zudem habe die Beigeladene unzutreffende Angaben gemacht. Bei der Referenz Ersatzneubau H...-G.-W... Klinikum L... seien die Projektsteuerungsleistungen für den Ersatzneubau erstmals im Jahr 2011 ausgeschrieben und an die W… AG vergeben worden. Mit Auftragsbekanntmachung vom 05.06.2014 im Amtsblatt der EU seien die Projektsteuerungsleistungen erneut ausgeschrieben worden. In Nr. II.1.5) der Auftragsbekanntmachung werde auf die außerordentliche Kündigung des ersten Projektsteuerungsvertrags hingewiesen. Die Leistungen seien in den Projektstufen 3-5 AHO neu ausgeschrieben worden. Der Zuschlag in dieser Neuausschreibung sei ausweislich des Informationsschreibens an die Antragstellerin vom 09.09.2014 an die ... Projektmanagement GmbH als Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilt worden.

    Offenbar sei auch dieser Vertrag mit der S... Projektmanagement GmbH als Vorgängerbüro der Beigeladenen gekündigt und keine Projektstufe nach AHO vollständig erbracht worden, denn mit erneuter Ausschreibung im Amtsblatt vom 24.12.2016, seien zum dritten Mal die „noch ausstehenden Leistungen der Projektsteuerung 3-5 in Anlehnung an die AHO" vergeben worden. Wem der Zuschlag erteilt worden sei, sei nicht bekannt.

    Dass die ... S... Projektmanagement/ S... und Partner Projektmanagement das gesamte Projekt von 07/13 bis 12/18 als Projektsteuererin begleitet habe, sei hiernach nachweislich unzutreffend. Die Beigeladene habe die Projektstufen 1 bis 5 AHO (siehe Nr. II.2.9) nicht vollständig erbracht, sondern an die Projektsteuerungsleistungen des Büros WSP Deutschland AG jedenfalls für die Projektstufen 1 und 2 angeknüpft.

    Weiterhin benenne die Beigeladene als Projektleiter der Referenz Klinikum L... Herrn J.. S... und als stellvertretenden Projektleiter Herrn  K.... Herr K... sei nach seinem linked-in Profil freilich erst seit Februar 2018 bei S... und Partner angestellt und sei von August 2016 bis Januar 2018 als Produktionsplaner bei der K… Unternehmensgruppe tätig gewesen. Nach Angaben des Referenzgebers sei tatsächlich Herr Peter Zimmer stellvertretender Projektleiter gewesen. Auch die Angabe des stellvertretenden Projektleiters durch die Beigeladene sei damit unzutreffend gewesen.

    Die Beigeladene habe zur Referenz Klinikum L... als Eignungskriterium mehrere unzutreffende Angaben gemacht. Dies stelle einen fakultativen Ausschlussgrund nach § 124 Abs. 1 Nr. 8 GWB dar. Sollte der S... Projektmanagement GmbH der Auftrag gekündigt worden sein, wofür die dritte Ausschreibung derselben Projektsteuerungsleistungen vom 24.12.2016 spreche, liege ergänzend auch noch der fakultative Ausschlussgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB vor. Die Beigeladene sei bei pflichtgemäßer Ermessensausübung aufgrund dieser Ausschlussgründe vom Vergabeverfahren auszuschließen.

    Bei der Referenz Klinken des Landkreises N... i.d. OPf seien die Projekt¬steuerungsleistungen nicht von ... S... Projektmanagement / S... und Partner Projektmanagement, sondern von der B... GmbH erbracht worden. So fänden sich im TED des Amtsblatts Ausschreibungen für die Objekt- und Fachplanungsleistungen. In diesen Auftragsbekanntmachungen mit Veröffentlichungsdatum 19.02. und 20.02.2016 werde das Büro B... GmbH und jeweils Herr P… B… für die Kliniken des Landkreises N... als verantwortlicher Ansprechpartner für die Erteilung von Auskünften, das Verschicken der Auftragsunterlagen und als Adressat der Teilnahmeanträge und Angebote angegeben. Verantwortlicher Projektsteuerer sei offensichtlich Herr P… B… gewesen. Er sei freilich inzwischen bei der W…, also nicht bei der Beigeladenen tätig.

    Damit sei zum einen die Angabe der Büros ... S... Projektmanagement /  S... und Partner Projektmanagement als „alleiniger Auftragnehmer" falsch. Die ... Projektmanagement GmbH sei am 11.05.2015 auf die B... GmbH verschmolzen worden. Den Auftrag habe damit ursprünglich die B... innegehabt, wie die Ausschreibungen für die Fachplanungsleistungen belegten. Zum zweiten und vor allem sei der verantwortliche Projektsteuerer P... B... nicht bei der Beigeladenen tätig, sondern beim Büro W+S Real Estate Services. Es fehle damit an der notwendigen personellen Kontinuität, um die Referenz des Vorgängerbüros B... auf die Beigeladene übertragen zu können. Die Referenz Kliniken des Landkreises N... könne daher nicht gewertet werden, da keine hinreichende personelle Kontinuität des Vorgängerbüros zur Beigeladenen bestehe. Weiterhin lägen auch insoweit unzutreffende Angaben der Beigeladenen vor (§ 124 Abs. 1 Nr. 8 GWB).

    Die Anwürfe gegen die Referenzen der Antragstellerin lägen neben der Sache. Diese habe die Möglichkeit einer Eignungsleihe bei ihren Schwestergesellschaften unter Beifügung einer entsprechenden Verpflichtungserklärung der verantwortlichen Projektleiter nach § 47 VgV genutzt.

    Mit Schreiben vom 10.12.2020 erklärte der Antragsgegner, dass er die Beigeladene mit Schreiben vom 01.12.2020 im Rahmen der Angebotsaufklärung zur Stellungnahme auf den Sachvortrag der Antragstellerin betreffend die Referenzprojekte Ersatzneubau H...-G.-W... Klinikum L... und Kliniken des Landkreises N... i.d. Opf. aufgefordert habe.

    Die Beigeladene habe darauf mit Schreiben vom 04.12.2020 fristgemäß Stellung genommen. Die Beigeladene habe in ihrem Schreiben zu der Referenz Ersatzneubau H...-G.­W... Klinikum L..., insbesondere zur seinerzeitigen Beteiligung der W… AG und zur Bearbeitung aller Projektstufen ausgeführt, ebenso zur Projektleitung und den jeweiligen Rollen der Herren S..., K..., G... und G.... Die Beigeladene habe den durch die Antragstellerin in den Raum gestellten Vorwurf von unzutreffenden Angaben im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 8 GWB ausgeräumt.
    Die Beigeladene habe weiterhin zu der Referenz der Kliniken des Landkreises N... i.d. Opf. ausgeführt, insbesondere zur Erbringung der Projektsteuerungsleistungen für die Bauabschnitte 4 und 5, sowie 6, die Rollen der Herren G..., G..., S..., K... und B… und den personellen und gesellschaftsrechtlichen Entstehungszusammenhang von .../ im Verhältnis zur B... GmbH dargelegt.

    Die Beigeladene habe zur Stützung ihrer Sachverhaltsdarlegungen ihrem Schreiben vom 04.12.2020 verschiedene Unterlagen beigefügt, darunter Referenzbescheinigungen des Landratsamts L... vom 01.12.2020 für den „Neubau Klinikum L..." sowie des Klinikums N... vom 02.12.2020 für das „Klinikum N... Bauabschnitte 4 - 6". Beide Referenzbescheinigungen stützten die Sachverhaltsdarstellung der Beigeladenen zum Ablauf der Referenzprojekte.

    Der Nachprüfungsantrag bleibe unbegründet. Die Ausführungen der Beigeladenen bestätigten in nachvollziehbarer Weise, dass die von der Beigeladenen vorgelegten Referenzen dieser als erbrachte Leistung und damit als eigene Referenz zuzurechnen seien. Die Beigeladene setze den Behauptungen der Antragstellerin eine schlüssige Sachverhaltsdarstellung entgegen. Die Ausführungen der Beigeladenen würden für die zwei streitigen Projekte durch die vorgelegten Referenzbescheinigungen vom 01.12.2020 und 02.12.2020 gestützt. Beide Referenzbescheinigungen bestätigten voneinander unabhängig die vom Antragsgegner nachgefragte Eignung der Beigeladenen.

    Mit Schreiben vom 23.12.2020 forderte die Vergabekammer von Antragsgegner die jeweiligen Einzelwertungen der Teilnahmeanträge der Bewerber (einschließlich der erzielten Wertungsergebnisse in den Unterkriterien gemäß Wertungsmatrix), die in den überlassenen Unterlagen nicht zu finden seien. Diese legte der Antragsgegner nach Fristverlängerung mit Schreiben vom 13.01.2021 vor.

    Im selben Schreiben äußerte sich der Antragsgegner weiter zu den Angaben der Antragstellerin in deren Teilnahmeantrag. Die Antragstellerin habe sich an dem gegenständlichen Vergabeverfahren mittels ihres Teilnahmeantrags vom 29.06.2020 beworben. In dem Verzeichnis der Leistungen von Unterauftragnehmern sei als Unterauftragnehmer einzig die M... + Partner Projektentwicklung Projektsteuerung GmbH (im Folgenden M... GmbH) benannt. Zur Eignungsleihe sei hier „Ja" angegeben. Weder die D... Projektmanagement und bautechnische Beratung GmbH K..., noch die D... Projektmanagement und bautechnische Beratung GmbH L..., noch die D... Projektmanagement und bautechnische Beratung GmbH St... stünden in diesem Verzeichnis der Leistungen von Unterauftragnehmern. Dem Teilnahmeantrag liege eine Verpflichtungserklärung der M... GmbH bei. Für die D... K... lägen zwei Verpflichtungserklärungen vor, für die D... L... liege eine Verpflichtungserklärung vor, ebenso für die D... St....
    In jeder dieser vier Verpflichtungserklärungen stehe insbesondere:

    „Die D... Projektmanagement und bautechnische Beratung GmbH M... hat insbesondere Zugriff auf die in den Referenzen genannten relevanten Personen unseres Unternehmens und sämtliche hieraus gewonnenen Erkenntnisse und wird diese bei der Leistungserbringung entsprechend einbinden.“

    Soweit ersichtlich seien die im Teilnahmeantrag für die Leistungsausführung angebotenen Personen bei der Antragstellerin und/oder bei der M... GmbH tätig. Soweit ersichtlich sei keine dieser Personen bei der D... K..., D... L... und/oder der D... St... tätig.
    Die Eignungsleihe erfordere gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 VgV neben dem Nachweis, dass dem Bewerber die für den Auftrag erforderlichen Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen werden, indem er beispielsweise eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegt, dass bei der Eignungsleihe bezogen auf Unternehmensreferenzen die eignungsverleihenden Unterauftragnehmer die jeweilige Leistung erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden (§ 47 Abs. 1 Satz 3 VgV). Die Antragstellerin habe keines der Unternehmen D... K..., D... L... und D... St... als Unterauftragnehmer benannt. Die Antragstellerin habe keine Mitarbeiter der Unternehmen D... K..., D... L... und D... St... benannt und aufgezeigt, welche konkreten Leistungen diese erbringen würden, um die Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV zu erfüllen.

    Die Leistung dürfe nicht durch das eignungsleihende Unternehmen (hier die Antragstellerin) erbracht werden. Ausweislich des angegebenen Projektteams im Teilnahmeantrag, ihres Personaleinsatzplans in ihrem Angebot und des angebotenen Personals im Rahmen der Präsentation anlässlich des Verhandlungstermins solle die Leistung jedoch durch die Antragstellerin selbst erbracht werden. Mit einer solchen Bewerbung werde der Sinn und Zweck des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV nicht erreicht. Denn die Leistung sei genau durch denjenigen auszuführen, der die Erfahrung in der Vergangenheit persönlich erworben habe und damit ausreichende Gewähr dafür biete, dass die Leistung in dem gegenständlich ausgeschriebenen Auftrag - flankiert durch diese Erfahrung - ordnungsgemäß ausgeführt werde.

    Mit Schreiben vom 20.01.2021 erteilte die Vergabekammer Südbayern den Beteiligten einen rechtlichen Hinweis. Nach Prüfung des Nachprüfungsantrags, der Schriftsätze sowie der Vergabeunterlagen bestünden sowohl beim Teilnahmeantrag der Antragstellerin als auch beim Teilnahmeantrag der Beigeladenen erhebliche Bedenken gegen die Zurechenbarkeit der genannten Referenzen zu den jeweiligen Unternehmen.

    Die Beigeladene habe in ihrem Teilnahmeantrag drei Referenzen angegeben, die nicht ausschließlich unter ihrer Unternehmensorganisation ausgeführt wurden, sondern auch Ausführungszeiträume umfassten, die vor Gründung der S...PartGmbB (Ende 2016) lagen. Büroreferenzen eines Vorgängerunternehmens könnten einem Bewerber/Bieter jedoch nur zu gerechnet werden, soweit eine weitgehende Identität zwischen den Personen, die für die Referenzaufträge zuständig waren und den Mitarbeitern in den neu gegründeten Unternehmen festgestellt werden könne (Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 17.03.2015 - Z3 -3-3194-1-56-12/14). Dies sei vorliegend sehr zweifelhaft. Bereits die für den vorliegend zu vergebenden Auftrag benannte Person für die Projektleitung finde sich lediglich in einer der drei angegebenen Referenzen des Teilnahmeantrags der Beigeladenen wieder. Die für den zu vergebenden Auftrag benannte Person für die stellvertretende Projektleitung werde demgegenüber nur in einer anderen Referenz des Teilnahmeantrags der Beigeladenen aufgeführt und dies zudem ohne nähere Angabe darüber, in welcher Funktion sie dort tätig gewesen sei. Projektleiter und stellvertretender Projektleiter der Referenz bezüglich des Krankenhaus Aichach seien zwar ausweislich des von der Antragstellerin vorgelegten Auszugs aus dem Partnerschaftsregister des Amtsgerichts M... vom 26.9.2020 Partner der Beigeladenen. Dass diese Personen im vorliegend zu vergebenden Auftrag eine projektleitende Funktion innehaben werden, sei jedoch weder aus dem Teilnahmeantrag der Beigeladenen noch aus deren Angebot ersichtlich und sei auch nicht dargelegt worden. Somit stehe fest, dass lediglich in der Zusammenschau zweier Referenzen die maßgeblichen Leistungserbringer des zu vergebenden Auftrags mit den in den Referenzprojekten genannten Personen identisch seien. Darüber hinaus seien noch die Partner der Beigeladenen, die am Referenzprojekt Krankenhaus Aichach als Projektleiter und stellvertretender Projektleiter beteiligt waren, im Unternehmen beschäftigt, aber nicht für den streitgegenständlichen Auftrag benannt. Von einer weitgehenden Identität des Personals das an der Ausführung der Referenzaufträge beteiligt gewesen sei zum Personal, das im Teilnahmeantrag für die Erbringung der streitgegenständlichen Leistung genannt war, könne daher keine Rede sein.

    Ebenso wie bei der Beigeladenen sei es auch bei der Antragstellerin sehr fraglich, ob sie sich auf die vorgelegten Referenzen berufen könne. Die Antragstellerin habe ausschließlich Referenzen von ebenfalls unter D... firmierenden Schwesterunternehmen, die eigenständige GmbHs sind, vorgelegt, keine im eigenen Unternehmen (D... GmbH Projektmanagement und bautechnische Beratung, M...) erbrachten Referenzen. Soweit für die Vergabekammer ersichtlich, sei kein Mitarbeiter der Schwesterunternehmen, auf deren Referenzen sich die Antragstellerin berufen will, im Teilnahmeantrag als Teil des Projektteams benannt. Nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV müssten bei der Eignungsleihe in Bezug auf Unternehmensreferenzen die eignungsverleihenden Unternehmen die jeweilige Leistung erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden. Bei Planungs- oder Projektsteuerungsleistungen hieße das nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern, dass entweder die eignungsverleihenden Unternehmen als Unterauftragnehmer die entsprechende Leistung erbringen oder zumindest Mitarbeiter der eignungsverleihenden Unternehmen, die an den entsprechenden Referenzaufträgen beteiligt gewesen seien, an maßgeblicher Stelle im Projektteam benannt werden müssten. Ein allgemeines Berufen darauf, dass die Mitarbeiter der eignungsverleihenden Unternehmen, die an den entsprechenden Referenzaufträgen beteiligt gewesen sein, dem vorgesehenen Projektteam in allen Projektstufen und Handlungsbereichen über die gesamte Projektlaufzeit irgendwie zur Verfügung stehen, reiche aufgrund des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV nicht aus. Alle Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 28.01.2021 ‒ 12.00 Uhr. Gleichzeitig bat die Vergabekammer die Parteien um Stellungnahme, ob sie angesichts der Corona-Pandemie auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten.

    Mit Schreiben vom 28.01.2021 teilte die Beigeladene mit, dass kein Einverständnis mit einer Entscheidung nach Aktenlage ohne mündliche Verhandlung bestehe.

    Die Zweifel der Kammer an der Zurechenbarkeit der vorgelegten Unternehmensreferenzen seien nicht berechtigt. Entgegen der Auffassung der Kammer setze die Zurechnung von Unternehmensreferenzen nicht voraus, dass das Personal, das bei der Durchführung des zuzurechnenden Referenzprojekts in leitender Position tätig gewesen sei, auch bei dem zu vergebenden Auftrag in leitender Position tätig werde. Unabhängig davon sei es auch nicht entscheidend, wer im zu vergebenden Projekt als Projektleiter tätig sei, da im Vertragsentwurf unter § 4 ein Wechsel des Projektleiters unter gewissen Voraussetzungen möglich sei. Eine Einschränkung der Zurechnung von Referenzaufträgen, die zum Teil durch ein Vorgängerunternehmen erbracht worden seien, sei weder Art. 58 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/24/EU und auch keiner anderen Bestimmung der Richtlinie zu entnehmen.

    Entsprechendes gelte für das deutsche Vergaberecht. Weder aus § 122 GWB noch aus § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV folge eine Einschränkung, wie sie die Kammer annehme.

    Es komme bei Referenzaufträgen, die vollständig durch den jeweiligen Bieter erbracht worden seien, unstreitig nicht darauf an, ob die Personen, die den jeweiligen Referenzauftrag in leitender Position ausgeführt haben, auch für den zu vergebenden Auftrag in leitender Person tätig werden sollen. Vielmehr müssten die Referenzen - soweit der Auftraggeber nichts Näheres festgelegt habe - lediglich geeignet sein und vergleichbare Leistungen zum Gegenstand haben, die der zu vergebenden Leistung so weit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens eröffnen. Dementsprechend sehe § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV auch nicht vor, dass der Bieter im Rahmen der Abfrage von Unternehmensreferenzen anzugeben hat, welche Personen den Referenzauftrag in leitender Position ausgeführt haben. Dass keine Identität zwischen den tätig gewordenen und tätig werdenden Personen bestehen müsse, habe auch gute Gründe. Würde man eine solche Anforderung aufstellen, wäre ein Unternehmen gezwungen, sich zur Erhaltung der Berücksichtigungsfähigkeit seiner Referenz immer wieder mit demselben Personal, um Aufträge zu bewerben. Dadurch würde die unternehmerische Freiheit in unzumutbarer Weise eingeschränkt. Weiter würden in Fällen, in denen einzelne Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, Referenzen, bei denen diese Mitarbeiter leitend tätig waren, allein durch deren Weggang wertlos und dadurch die Wettbewerbsposition des Unternehmens erheblich geschwächt. Überdies würde die Unterscheidung zwischen unternehmensbezogenen Referenzen und personenbezogenen Referenzen, die in § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV einerseits und in § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV andererseits getroffen wird, nivelliert. Unternehmensbezogene Referenzen sollten Informationen über bereits erbrachte Unternehmensgesamtleistungen geben. Auf die Personen, die den jeweiligen Referenzauftrag in leitender Position ausgeführt haben, komme es hier nicht entscheidend an. Will der Auftraggeber die individuelle Erfahrung der Führungskräfte prüfen, die bei der Erfüllung des Auftrages zum Einsatz kommen, so stehe ihm frei, sich personenbezogene Referenzen dieser Führungskräfte vorlegen zu lassen.

    Für Referenzaufträge, die zum Teil durch ein Vorgängerunternehmen erbracht worden seien, könne nichts Anderes gelten. Würde man an die Berücksichtigung solcher Referenzaufträge strengere Anforderungen stellen als an die Referenzen, die vollumfänglich durch den Bieter erbracht wurden, führte das zu einer vergaberechtswidrigen Ungleichbehandlung von Unternehmen, die ihre Unternehmensform gewechselt haben oder sich aus anderen Unternehmen ausgegründet haben. Nach § 97 Abs. 2 GWB seien alle Unternehmen gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung sei aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet. Die von der Kammer vertretene Einschränkung der Möglichkeit zur Berücksichtigung von Referenzen sei gesetzlich nicht vorgesehen und führe zu einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung von Bietern. Gleichzeitig würde hierdurch der Wettbewerb verengt, weil der Kreis von Bietern, die entsprechende Referenzen vorlegen könnten, potenziell verengt würde. Das aber widerspreche klar dem Ziel des Vergaberechts, einen größtmöglichen Wettbewerb zu gewährleisten.

    Zur Klarstellung wies die Beigeladene darauf hin, dass sie für den zu vergebenden Auftrag als Projektleiter Herrn S... und als stellvertretenden Projektleiter Herrn K... benannt habe. Herr S... sei als Projektleiter für das Referenzprojekt Klinikum L... und als Gesamtprojektleiter für das Referenzprojekt Klinikum Aichach tätig gewesen, wie in dem Schreiben des Landratsamtes Aichach-Friedberg vom 26.01.2021 bestätigt werde. Herr K... war als stellvertretender Projektleiter und sei nun als Projektleiter für das Referenzprojekt Klinikum N... tätig. Damit fänden sich die beiden Leitungspersonen, die für den zu vergebenden Auftrag vorgesehen seien, in den vorgelegten Referenzen wieder.

    Die Auffassung der Kammer sei unzutreffend, dass auch das „sonstige Projektteam", das beim Referenzauftrag tätig gewesen, und zudem die „Organisationseinheit" weitgehend identisch sein müsse, um die Referenz zurechnen zu können. Ungeachtet dessen sei als „sonstiges Projektteam" in allen 3 Referenzen Herr Dipl.-Ing. A... G... als Kostenmanager und Herr Z… als Medizin- und Laborspezialist tätig gewesen, wie auch im zu vergebenden Auftrag.

    Mit Schreiben vom 28.01.2021 bat auch der Antragsgegner die Vergabekammer um eine Erörterung der streitigen Sach- und Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung.

    Es könne aus Sicht des Antragsgegners dahinstehen, ob die Zurechenbarkeit von Leistungen in jedem Fall voraussetze, dass der ausgeschriebene Auftrag vollständig oder zu einem ganz überwiegenden Teil durch das Personal durchgeführt werde, welches auch an der Ausführung der Referenzaufträge beteiligt gewesen sei. Denn diese Voraussetzung sei aus Sicht des Antragsgegners bei der Beigeladenen erfüllt: Die Beigeladene verfüge über das Personal, das bei den Referenzaufträgen ausweislich der eingereichten Referenzbescheinigungen erfolgreich als Projektleiter oder stellvertretender Projektleiter tätig gewesen sei und halte damit in ihrem Unternehmen die Erfahrungen vor, die durch die erfolgreiche Durchführung dieser Aufträge vermittelt worden ist. Die Vergabekammer überspanne aus Sicht des Antragsgegners allerdings die im konkreten Fall gestellten Anforderungen, wenn sie zusätzlich verlange, dass die als Projektleiter und stellvertretender Projektleiter benannten Personen in dieser konkreten Funktion als Projektleiter bzw. stellvertretender Projektleiter bei der Ausführung der jeweiligen Referenzaufträge tätig gewesen sein müssen. Eine solche Anforderung sei zwar denkbar, sei von dem Antragsgegner aber für das gegenständliche Vergabeverfahren - weil nicht veranlasst - nicht aufgestellt worden.

    Sinn und Zweck der in § 51 VgV ausgestalteten Begrenzung der Bewerberanzahl sei es, zwischen mehreren geeigneten Unternehmen zu differenzieren und diejenigen Unternehmen durch Bildung einer Rangfolge herauszufiltern, die - insbesondere aufgrund ihrer Erfahrungen - voraussichtlich die bessere Gewähr dafür bieten, den Auftrag ordnungsgemäß auszuführen. Könnte sich ein Bewerber immer nur dann auf die in Vorgängerunternehmen gewonnenen Erfahrungen seiner Mitarbeiter berufen, wenn diese in dem gegenständlichen Auftrag die Projektleiterfunktion einnehmen, würde das gesetzgeberische Ziel verfehlt. Denn ein Bewerber, der sich auf die in seinem Unternehmen nachgewiesenen Erfahrungen berufe, die die Mitarbeiter in einem Vorgängerunternehmen bei vergleichbaren Aufträgen gewonnen haben, habe die Erfahrungen in seinem Unternehmen und biete eine höhere Gewähr dafür, den Auftrag ordnungsgemäß auszuführen, im Vergleich zu einem Bewerber, der in der Vergangenheit derartige Aufträge ausgeführt habe, bei dem aber alle damit befassten Mitarbeiter das Unternehmen inzwischen verlassen haben.

    Lediglich bei der Eignungsleihe gebe die Regelung in § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV ausdrücklich vor, dass das eignungsverleihende Unternehmen die Leistungen erbringen müsse, für die die Kapazitäten benötigt werden. Weil die Mitarbeiter, die die Erfahrungen gewonnen haben, in dem eignungsverleihenden Unternehmen tätig seien, reiche es nicht aus, dass der eignungsleihende Bewerber sich auf die Kapazitäten anderer Unternehmen beruft, um rein formal die vom öffentlichen Auftraggeber verlangten Voraussetzungen zu erfüllen.
    Die vor diesem Hintergrund in § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV geregelten Anforderungen seien auf die Beigeladene nicht entsprechend anwendbar. Denn die Beigeladene, die keine Eignungsleihe betreibe, verfüge tatsächlich über die Erfahrungen ihrer Mitarbeiter in ihrem Unternehmen, die diese in ihren früheren Beschäftigungsverhältnissen gewonnen haben. Im Übrigen fehle es für die Übertragung der Maßstäbe des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV an der dafür erforderlichen Gesetzeslücke.

    Es treffe nicht zu, dass von einer weitgehenden Identität des Personals bei der Beigeladenen „keine Rede" sein könne. Im Gegenteil sei es so, dass die Beigeladene in ihrem Unternehmen nunmehr die Personen beschäftige, die - ausweislich der von ihr vorgelegten Referenzbescheinigungen - für die erfolgreiche Durchführung der Referenzprojekte verantwortlich zeichneten.

    Ein „mehr" an Eignungsnachweis sei, wie ausgeführt, im vorliegenden Verfahren nicht vorgegeben. Schließlich spreche gegen die in eine restriktive Richtung zielenden Überlegungen der Vergabekammer, dass sie den Kreis der möglichen Wettbewerber stark einschränken und damit bewirken würde, dass der Wettbewerb - anders als vom Gesetz- und Verordnungsgeber bezweckt - nur unter wenigen Unternehmen stattfindet. Auch dies würde der Intention des gegenständlichen Vergabeverfahrens nicht gerecht, bei dem der Auftraggeber mit einem Referenzzeitraum von immerhin 8 Jahren und „nur" drei Referenzen an sich keine wettbewerbsverengenden Anforderungen habe aufstellen wollen.

    Dagegen teile der Antragsgegner die Zweifel der Vergabekammer an der Zurechenbarkeit der Referenzen der Antragstellerin. Die Voraussetzungen für die Eignungsleihe gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV würden nicht vorliegen. Zutreffend weise die Vergabekammer darauf hin, dass die Schwesterunternehmen der Antragstellerin im Teilnahmeantrag weder im Verzeichnis der Unterauftragnehmer aufgeführt sind noch ihre Mitarbeiter als Teil des Projektteams benannt seien. Soweit sich die Antragstellerin mit anderen D... Gesellschaften mit Wirkung zum 01.01.2021 auf die D... SE verschmolzen haben sollte, habe sie sich nach Maßgabe der „Telecom ltalia"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 11.07.2019- C-697/17) darüber zu erklären, mit welchem Unternehmen und welchen Mitarbeitern sie den Auftrag ausführen werde und inwieweit die Antragstellerin rechtlich noch existiere. Der Antragsgegner habe hierfür ein gesondertes Aufklärungsschreiben an die Antragstellerin übermittelt.

    Ebenfalls mit Schreiben vom 28.01.2021 nahm die Antragstellerin zum rechtlichen Hinweis der Vergabekammer Stellung.

    Entgegen der vorläufigen Rechtsauffassung der Vergabekammer sei der Teilnahmeantrag der Antragstellerin nicht vom Vergabeverfahren auszuschließen. Richtig sei, dass die Antragstellerin sich in ihrem Teilnahmeantrag auf die Referenzen ihrer Schwestergesellschaften aus K..., L... und St... berufen will und dass diese Schwestergesellschaften formal selbständig als GmbHen verfasst seien. Tatsächlich seien die Antragstellerin und ihre Schwestergesellschaften allesamt 100 %ige Tochtergesellschaften der D... SE und hätten im Konzernverbund schon immer dem beherrschenden Einfluss der Muttergesellschaft unterlegen, die über die Gesellschafterversarnmlung Weisungen an die Geschäftsführungen der jeweiligen Niederlassungs-GmbH erteilen habe können (§ 37 Abs. 1 GmbHG).

    Es handle sich bei den D... GmbHen an den einzelnen Niederlassungen bei wertender Betrachtung nicht um fremde Dritte, sondern um die im Konzernverbund kontrollierten Tochtergesellschaften der D... SE. Eine Eignungsleihe innerhalb des Konzernverbunds sei möglich.

    Die Antragstellerin habe in ihrer „Eigenerklärung zur Eignungsleihe von Referenzen" als Bestandteil ihres Teilnahmeantrags eindeutig erklärt, welche Teile des Auftrags unter Umständen vergeben werden sollen und im „Verzeichnis der benannten Unternehmen“ die drei Schwestergesellschaften aufgezählt. Es heiße hierin weiterhin:

    „Die Projektleiter der nachstehend aufgeführten Referenzen stehen dem vorgesehenen Projektteam in allen Projektstufen und Handlungsbereichen über die gesamte Projektlaufzeit zur Verfügung.“

    In gesonderten Verpflichtungserklärungen hätten die Schwestergesellschaften aus K..., L... und St... erklärt, dass die Antragstellerin insbesondere Zugriff auf die in den Referenzen genannten relevanten Personen der Unternehmen und sämtliche hieraus gewonnenen Erkenntnisse habe und diese bei der Leistungserbringung entsprechend einbinde.

    Die weitergehende Forderung der Vergabekammer, dass die Mitarbeiter des eignungsleihenden Unternehmens, die an den entsprechenden Referenzaufträgen beteiligt waren, an maßgeblicher Stelle im Projektteam benannt werden, überzöge nach Meinung der Antragstellerin die Anforderungen des § 47 Abs. 1 S. 3 VgV.

    Zur Frage, in welchem Umfang der eignungsleihende Nachunternehmer eingesetzt werden muss, treffe § 47 Abs. 1 S. 3 VgV keine Aussage. Nicht gemeint sein könne, dass bei der Eignungsleihe von Referenzen das eignungsleihende Nachunternehmen die Leistung vollständig selbst zu erbringen habe. Die Eignungsleihe liefe in diesem Fall vollkommen leer. Es werde hierbei nicht verkannt, dass § 47 Abs. 1 S. 3 VgV die Eignungsleihe im Hinblick auf die berufliche Befähigung nur unter der Einschränkung zulassen wollte, dass das eignungsleihende Nachunternehmen tatsächlich auch zum Einsatz komme. Diese Anforderung sei hier freilich gewahrt, indem als Bestandteil der Verpflichtungserklärung sichergestellt sei, dass die in den Referenzen genannten, für das Referenzprojekt verantwortlichen Personen auch tatsächlich in allen Projektstufen und Handlungsbereichen mit ihrem Know-how zur Verfügung stehen und eingebunden werden.

    Die vorläufige Rechtsauffassung der VK Südbayern führe zu einer doppelten Diskriminierung. Zum einen würden mittelständisch strukturierte Unternehmen gegenüber großen Kapitalgesellschaften benachteiligt. Ein Großunternehmen, das unter einer einheitlich deutschlandweit agierenden Gesellschaft mehrere Niederlassungen betreibe, unterliege keinen vergleichbaren Anforderungen. Am Beispiel des Projektsteuerermarkts könne sich z.B. die k… AG mit Standorten in A…, S…, H…, L… und R… oder die Beigeladene mit Niederlassungen in M..., B..., St... und D... auf die Referenzen aller Niederlassungen ungeachtet dessen berufen, ob die für die Referenzen maßgebenden Personen in der für den konkreten Auftrag vorgesehenen Niederlassung tätig und für den konkreten Auftrag vorgesehen seien oder inzwischen das Unternehmen verlassen hätten (Kündigung, altersbedingtes Ausscheiden etc.). Die zweite Ungleichbehandlung erfolge gegenüber einer Bietergemeinschaft. Auch bei dieser genüge es, wenn eines der beiden BIEGE-Mitglieder die Referenz beisteuere. Die Anforderung einer gemeinsam erarbeiteten Referenz verstoße nach der zutreffenden Auffassung des OLG Celle (Beschl. v. 12.04.2016, 13 Verg 1/16) gegen das Verbot der Schlechterstellung von Bietergemeinschaften und erschwere die Teilnahme mittelständisch strukturierter Bieter unangemessen.

    § 47 VgV habe die Intention, mittelständisch strukturierten Bewerbern die Teilnahme an VgV-Verfahren zu erleichtern und das öffentliche Auftragswesen einem möglichst umfassenden Wettbewerb zu öffnen. Die Lesart der VK Südbayern würde dieses Ziel in sein Gegenteil verkehren. Maßgebende Erwägung des § 47 Abs. 1 S. 3 VgV solle bei mittelstandsfreundlicher Auslegung sein, dass die eignungsleihenden Nachunternehmen bei der Auftragsausführung mitwirken und dem Hauptauftragnehmer mit ihrem Knowhow und ihrer Erfahrung zur Seite stehen. Andernfalls würde die Eignungsleihe bei der Inanspruchnahme personenbezogener Referenzen faktisch völlig leerlaufen, wenn der eignungsleihende Nachunternehmer die Auftragsausführung zur Gänze übernehmen müsste. Ein Bündeln von Kompetenzen wie vorliegend geschehen wäre unmöglich.

    Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung der Vergaberichtlinie. Art. 63 Abs. 1 S. 2 RL 2014/24/EU weise einen ähnlichen Wortlaut wie § 47 Abs. 1 S. 3 VgV auf. Der Wortlaut beziehe sich auch hier auf die Unternehmen, nicht auf die in den Unternehmen beschäftigten Personen.

    Das Ziel, KMU den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern, liege auch der RL 2014/24/EU zugrunde. Die Möglichkeit, die Kapazitäten von mehreren Unternehmen zu kumulieren, um die - wie vorliegend sehr anspruchsvollen - Eignungskriterien eines Auftraggebers zu erfüllen, sollte mit Art. 63 Abs. 1 S. 2 RL 2014/24/EU nicht ausgeschlossen werden. Art. 63 Abs. 1 S. 2 RL 2014/24/EU sei insoweit selbst primärrechtskonform im Lichte der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) im obigen Sinne auszulegen. Es genüge, wenn das eignungsleihende Nachunternehmen als Unternehmen an der Auftragsausführung mitwirke und seine Kapazitäten und Ressourcen im Übrigen - hier uneingeschränkt zu allen Leistungsphasen und Handlungsbereichen zugesichert - zur Verfügung stelle.

    Die vorläufige Rechtsauffassung der VK Südbayern laufe zudem Gefahr, die Eignungs- und Zuschlagsebene miteinander zu vermengen. Die Eignungsmatrix habe vorliegend ausdrücklich die Referenzen des Büros abgefragt; es gehe auf der Eignungsebene um die Eignung des Unternehmens als solches, mithin noch nicht um die Frage, wie gut das für das Projekt vorgesehene Team zu bewerten ist. Die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals sei vielmehr ein Zuschlagskriterium.
    Selbst wenn der Nachunternehmereinsatz der Schwestergesellschaften der Antragstellerin nicht hinreichend deutlich aus ihrem Teilnahmeantrag hervorgegangen wäre, wäre dies vorrangig aufzuklären gewesen und hätte eine unternehmensbezogene Erklärung nach § 56 Abs. 2 VgV ohne weiteres nachgefordert werden können.

    Mit Schreiben vom 01.02.2021 nahm die Antragstellerin noch zur bevorstehenden Verschmelzung der D... GmbH Projektmanagement und bautechnische Beratung M... mit ihren deutschen Schwestergesellschaften zur D... SE Stellung.

    Vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Telecom Italia (Urteil v. 11.07.2019, Rs. C-697/17) sei die Verschmelzung der Antragstellerin mit ihren zehn deutschen Schwestergesellschaften zur D... SE vollkommen unkritisch. Die Auftragsbekanntmachung der vorliegenden Ausschreibung sei im Amtsblatt der EU vom 02.06.2020 erfolgt. Die Teilnahmefrist habe am 30.06.2020 geendet. Die Angebotsfrist habe am 18.08.2020 geendet. Das Absageschreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin datiere vom 22.09.2020. Erst am 25.01.2021 sei der Verschmelzungsvertrag der D... Projektmanagement und bautechnische Beratung GmbH M... als übertragende Gesellschaft mit der D... SE als übernehmende Gesellschaft notariell beurkundet worden. Die Handelsregistereintragung und damit der Vollzug der Verschmelzung werde voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2021 (mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.01.2021) erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt wäre das Vergabeverfahren bei ordnungsgemäßem Verlauf mit einem Zuschlag an die Antragstellerin längst abgeschlossen gewesen.

    Die D... SE erfülle insbesondere auch die ursprünglich festgelegten Anforderungen an die Eignung. Die für die Referenzaufträge maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen seien uneingeschränkt auf sie übergegangen. Die in diesem Verfahren bereits ausführlich zitierten Anforderungen an eine Referenzübernahme lägen vor. Auch nach der Verschmelzung der operativen D... Gesellschaften auf ihre frühere Holding, die D... SE, seien die beschäftigten Projektsteuerer identisch (Personengleichheit). Im Zuge der Unternehmensumstrukturierung habe kein Mitarbeiter die Antragstellerin verlassen. Auch die Unternehmensleitung, die gesamte Betriebsorganisation und Struktur des Unternehmens seien im Wesentlichen unverändert geblieben.

    Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten am 16.02.2021 im Rahmen einer Videokonferenz erörtert. Die Beigeladene gab im Rahmen der Erörterung zu den abgegebenen Referenzen an, dass es zu den Referenzprojekten noch Rechtsstreitigkeiten gebe, diese jedoch in baulicher Hinsicht abgeschlossen seien. Die Beteiligten haben gemäß § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB ihre Zustimmung zu einer Entscheidung der Vergabekammer nach Aktenlage ohne mündliche Verhandlung erklärt. Auf die Niederschrift über die Videokonferenz wird verwiesen.

    Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

    II.

    Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

    Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.
    Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag i. S. d. § 103 Abs. 4 GWB. Der Antragsgegner ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 214.000 Euro erheblich.

    Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 - 109 GWB liegt nicht vor.

    1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

    Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.

    Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Teilnahmeantrags und eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerin hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere durch die Zulassung der Beigeladenen zur Angebotsabgabe geltend gemacht.

    Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB entgegen, da die Antragstellerin die ihrer Auffassung nach fehlende Eignung der Beigeladenen nach Erhalt des Informationsschreibens nach § 134 GWB am 22.09.2020 rechtzeitig am 28.09.2020 gerügt hat.

    Die Antragstellerin hat ihren Nachprüfungsantrag allerdings bewusst auf die Frage der Eignung der Beigeladenen beschränkt, die weiteren Rügen u.a. zur Wertung der Angebote hat sie nicht weiterverfolgt, so dass hierüber nicht zu entscheiden ist.

    2. Der Nachprüfungsantrag ist auch teilweise begründet.

    Anders als die Vergabekammer in ihrem rechtlichen Hinweis vom 20.01.2021 angenommen hat, kann sich die Beigeladene allerdings grundsätzlich auf die Referenzen, die teilweise von ihren Vorgängerbüros erarbeitet wurden, berufen. Derzeit steht aber nicht fest, ob ihr Teilnahmeantrag im Unterkriterium d) Erbrachte Projektstufen 1-5, Handlungsbereiche A ‒ E zutreffend gewertet wurde, da aufgrund noch laufender Rechtsstreitigkeiten zu den Referenzprojekten nicht klar ist, dass sie alle Projektstufen in allen Handlungsbereichen vollständig erbracht hat. Dies muss der Antragsgegner noch prüfen.

    Sollte der Teilnahmeantrag der Beigeladenen zutreffend bewertet worden sein, kommt es auf die Frage der Zurechenbarkeit der Referenzen der Antragstellerin im Wege der Eignungsleihe nicht mehr entscheidungserheblich an.

    2.1 Die Beigeladene kann sich grundsätzlich auf die Referenzen ihrer Vorgängerbüros berufen, da wesentliche Führungskräfte und Mitarbeiter, die an diesen Referenzaufträgen in den jeweiligen Vorgängerbüros der Beigeladenen mitgewirkt haben, nach wie vor im Unternehmen sind. Dies reicht nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern zumindest im vorliegenden Fall aus, da es bei der Vergabe von Projektsteuerungsleistungen insbesondere auf die Erfahrung der Führungskräfte und Mitarbeiter eines Unternehmens und weniger auf unverändert übernommene, eingespielte Unternehmensstrukturen ankommt.

    In der Auftragsbekanntmachung findet sich in Abschnitt III.1.3) als Mindestanforderungen an die Referenzen zum Kriterium der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit die Festlegung, dass geeignete Referenzen über vom Bewerber in den letzten 8 Jahren erbrachten Dienstleistungen aufzulisten sind, wobei die Auflistung auf Projekte zu beschränken ist, deren Planungs- oder Beratungsanforderungen mit denen der zu vergebenden Planungs- oder Beratungsleistung vergleichbar sind. In Bezug auf die Vergleichbarkeit wurde hierbei die Festlegung getroffen, dass dies Referenzen über Projektsteuerungsleistungen im Klinik- und Institutsbau sein müssen, bei denen der Anteil der KG 400 (gem. DIN 276) mind. 40 % an den Gesamtbaukosten beträgt.

    Durch die Beantwortung der Bieterfrage vom 17.06.2020 hat der Antragsgegner die ursprünglich in Abschnitt III.1.3) der Auftragsbekanntmachung enthaltenen Mindestanforderungen an den Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit in Frage gestellt und Abweichungen von den Mindestanforderungen als Gegenstand der Wertung der Teilnahmeanträge dargestellt. Allerdings durfte ein verständiger Bieter die Beantwortung der Bieterfrage nicht so auffassen, dass nunmehr keinerlei (zurechenbare) Referenzen vorgelegt werden müssten.

    Unklar geworden sind lediglich die Mindestanforderungen an die Referenzen, die vorliegend aber nicht streitentscheidend sind, da es sowohl bei der Antragstellerin als auch bei der Beigeladenen darum geht, ob sie sich überhaupt auf die vorgelegten Referenzen berufen können.

    Die Vergabekammer Südbayern bleibt im Grundsatz bei ihrer Rechtsauffassung, dass sich ein Unternehmen nicht immer und ohne weitere Voraussetzungen auf Referenzen eines Vorgängerunternehmens berufen kann.

    Wie ein Blick in die Richtlinienvorgabe des Art. 60 in Verbindung mit Anhang XII Teil II a) ii der Richtlinie 2014/24/EU zeigt, kann der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit grundsätzlich nur durch vom Wirtschaftsteilnehmer selbst bereitgestellte bzw. erbrachte Lieferungen oder Dienstleistungen erbracht werden. Eine Rechtsgrundlage für die Zurechnung von Referenzen etwaiger Vorgängerunternehmen ist weder der Richtlinie 2014/24/EU noch dem nationalen Recht zu entnehmen.

    Ein neu gegründetes oder in seiner Unternehmensform verändertes Unternehmen kann daher nicht mit einem Unternehmen gleichgestellt werden, das unverändert weiterbesteht und sich daher auch dann auf erarbeitete Referenzen berufen kann, wenn wesentliche Mitarbeiter, die an den Referenzaufträgen mitgearbeitet haben, das Unternehmen verlassen haben.

    Ansonsten würde die Unterscheidung zwischen Unternehmensreferenzen und persönlichen Referenzen verwischt. Der EuGH hat mit Urteil vom 11.7.2019 (Rs. C‑697/17 ‒ Telecom Italia SpA) wertvolle Hinweise zur Beantwortung der Frage gegeben, wie Unternehmens-umstrukturierungen im Hinblick auf die vom Auftraggeber geforderte Leistungsfähigkeit zu bewerten sind. Auch wenn der dortige Sachverhalt anders als der vorliegende gelagert war, sind nach Ansicht der Vergabekammer Südbayern die vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze auf die Frage der Zurechenbarkeit von Referenzen von Vorgängerunternehmen grundsätzlich übertragbar. Danach ist grundsätzlich eine rechtliche und tatsächliche Identität der Wirtschaftsteilnehmer erforderlich. Ausnahmen können nur gemacht werden, wenn die Grundsätze der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs gewahrt sind.

    In der nationalen Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass es Fallkonstellationen gibt, in denen sich ein Unternehmen auf Referenzen eines Vorgängerunternehmens berufen kann. Dies gilt gerade auch bei der Vergabe von freiberuflichen Dienstleistungen wie Projektsteuererleistungen. Auch wenn Referenzen in der Form von Büroreferenzen gefordert werden, sind Referenzen bei freiberuflichen Leistungen in gewissem Maße personengebunden. Aus diesem Grund lässt die Rechtsprechung zu, dass ein Bewerber, der durch Neugründung, Verschmelzung oder Abspaltung aus einem Unternehmen hervorgegangen ist, das die Referenzen erarbeitet hat, sich auch auf diese Arbeiten als Referenz berufen kann, wenn er die gleichen Personen beschäftigt und über das bisher vorhandene Know-how verfügt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2019 - Verg 36/18; OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.07.2010 - 11 Verg 5/10; VK Südbayern, Beschluss vom 17.03.2015 - Z3-3-3194-1-56-12/14; grundlegend VK Sachsen, Beschluss vom 14.04.2008 - 1/SVK/013-08).

    Die von der Beigeladenen im vorliegenden Fall vorgelegten Referenzaufträge wurden von mindestens drei verschiedenen Unternehmen erbracht (... S... Projektmanagement GmbH, B... GmbH, S...PartGmbB). Die Beigeladene hat aber auf Aufforderung des Antragsgegners bzw. im laufenden Nachprüfungsverfahren, u.a. durch Referenzbescheinigungen, glaubhaft darlegen können, dass die Referenzaufträge ungeachtet der Unternehmensänderungen beim Auftragnehmer durchgehend von wesentlichen Führungskräften und Mitarbeitern erarbeitet wurden, die bis heute im Unternehmen beschäftigt sind. Die Beigeladene hat erklärt, dass sie für den zu vergebenden Auftrag als Projektleiter Herrn S... und als stellvertretenden Projektleiter Herrn K... benannt hat. Herr S... war im gesamten Referenzzeitraum in leitender Funktion in den verschiedenen Vorgängerunternehmen tätig, zudem als Projektleiter für das Referenzprojekt Klinikum L... und als Gesamtprojektleiter für das Referenzprojekt Krankenhaus Aichach. Herr K... war als stellvertretender Projektleiter und ist nun als Projektleiter für das Referenzprojekt Klinikum N... tätig. Damit finden sich die beiden Leitungspersonen, die für den zu vergebenden Auftrag vorgesehen seien, in den vorgelegten Referenzen wieder.

    Partner der Beigeladenen ist weiterhin Herr G..., der bis 2018 als stellvertretender Projektleiter am Referenzprojekt Klinikum L... und als Projektleiter am Referenzprojekt Krankenhaus Aichach tätig war und bei der dritten Referenz Kliniken N... im Projektteam mitgearbeitet hat.

    Partner der Beigeladenen ist auch Herr W..., der als stellvertretender Projektleiter am Referenzprojekt Krankenhaus Aichach mitgewirkt hat und Herr G..., der in allen drei Referenzprojekten als Kostenmanager im Projektteam mitgearbeitet hat. Zudem war in allen drei Referenzprojekten ‒ ebenso wie im zu vergebenden Auftrag vorgesehen - Herr Z… als Medizin- und Laborspezialist tätig.

    Diese Kontinuität reicht aus, um die von der Beigeladenen vorgelegten Referenzen dieser zurechnen zu können. Die Tatsache, dass der für den zu vergebenden Auftrag benannte Projektleiter Herr S... und der stellvertretende Projektleiter Herr K... bislang nur in zwei unterschiedlichen Referenzprojekten als Projektleiter bzw. stellvertretender Projektleiter tätig waren und wichtige noch im Unternehmen beschäftigte Führungspersonen aus anderen Referenzprojekten für den streitgegenständlichen Auftrag nicht benannt sind, führt nicht dazu, dass die Beigeladenen sich nicht auf ihre eingereichten Referenzen berufen kann.

    Die Zurechnung von Unternehmensreferenzen, die teilweise von Vorgängerunternehmen eines Bewerbers erbracht wurden, setzt nicht voraus, dass das Personal, das bei der Durchführung des zuzurechnenden Referenzprojekts in leitender Position tätig war, auch bei dem zu vergebenden Auftrag in leitender Position tätig wird. Soweit die Vergabekammer Südbayern im Beschluss vom 17.03.2015 - Z3-3-3194-1-56-12/14 (wo dies erfüllt war) eine derartige Voraussetzung formuliert hat, ist dies nicht auf den vorliegenden Fall zu übertragen.

    Jedenfalls bei der Zurechnung von Referenzaufträgen, die teilweise von Vorgängerunternehmen eines Bewerbers erbracht wurden, kommt es ‒ ebenso wie bei Referenzaufträgen, die vollständig durch den jeweiligen Bieter erbracht worden sind - nicht darauf an, ob die Personen, die den jeweiligen Referenzauftrag in leitender Position ausgeführt haben, auch für den zu vergebenden Auftrag in leitender Position tätig werden sollen. Vielmehr müssen die Referenzen - soweit der Auftraggeber nichts Näheres festgelegt hat - lediglich geeignet sein und einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens eröffnen. Dementsprechend sieht § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV auch nicht vor, dass der Bieter im Rahmen der Abfrage von Unternehmensreferenzen anzugeben hat, welche Personen den Referenzauftrag in leitender Position ausgeführt haben.

    Würde man für die Übernahme von Unternehmensreferenzen von Vorgängerunternehmen nach einer oder mehreren Änderungen der Rechtspersönlichkeit eines Unternehmens eine weitgehende Identität zwischen den in den Referenzaufträgen tätig gewordenen und den im zu vergebenden Auftrag vorgesehenen Personen fordern, würde bereits der anderweitige Einsatz oder die Nichtverfügbarkeit einzelner Führungskräfte, die an den Referenzen mitgewirkt haben, dazu führen, dass sich das neu formierte Unternehmen auf diese Referenzen nicht mehr berufen könnte, obwohl das erworbene Know-how noch im Unternehmen vorhanden ist. Dies würden einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für solche Unternehmen darstellen.

    Zudem würde dadurch auch die Unterscheidung zwischen unternehmensbezogenen Referenzen und personenbezogenen Referenzen zu weitgehend nivelliert. Will der Auftraggeber den Einsatz von Personal mit bestimmten Erfahrungen sicherstellen, muss er dies ausdrücklich über die Forderung persönlicher Referenzen tun.

    Soweit das OLG Düsseldorf in diesem Zusammenhang entschieden hat, dass Referenzen eines Bieters nicht nur Auskunft über die Leistungsfähigkeit des mit der Auftragsausführung beauftragten Personals geben, sondern auch über die Leistungsfähigkeit der Unternehmensorganisation als Ganzes, welche die zu vergebende Leistung zu erbringen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2019 - Verg 36/18 m.w.N.), führt dies im vorliegenden Fall nicht zu einem anderen Ergebnis. Im vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob ein Unternehmen sich auf Referenzen von konzernverbundenen anderen Unternehmen berufen konnte, deren Übernahme noch nicht abgeschlossen war, ohne die Voraussetzungen einer Eignungsleihe zu erfüllen. Anders als im vorliegenden Fall war nach den Feststellungen des OLG Düsseldorf nicht sichergestellt, dass die dortige Beigeladene über die erforderlichen personellen und technischen Mittel, die für den Erfolg des Referenzprojekts maßgeblich waren, für die Auftragsdurchführung verfügen wird.

    Gegenstand des dortigen Auftrags waren komplexe Brückenbauarbeiten. Bei solchen Arbeiten kommt es in ganz anderem Maße als bei Projektsteuerungsarbeiten auf eine funktionierende Unternehmensorganisation z.B. mit einem entsprechenden Maschinenpark und eingespielten Bautrupps an. Hat ein Unternehmen hierauf keinen gesicherten Zugriff, kann es sich die Referenzen des anderen Unternehmens nicht zu eigen machen. Bei den hier streitgegenständlichen Leistungen sind dagegen die Fähigkeiten und Erfahrungen von Personen von ausschlaggebender Bedeutung, so dass es insbesondere darauf ankommt, dass deren Know-how im Unternehmen noch vorhanden ist. Dies ist vorliegend gewährleistet.

    2.2 Soweit die Beigeladene im Rahmen der Videokonferenz am 16.02.2021 eingeräumt hat, dass es zu den benannten Referenzprojekten, die baulich abgeschlossen sind, noch Rechtsstreitigkeiten gibt, die sie als Projektsteuerungsbüro noch begleiten muss, spricht dies nicht gegen eine grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit der Referenzen. Der Antragsgegner hat in der Auftragsbekanntmachung nicht als Mindestanforderung gefordert, dass die Referenzen vollständig, einschließlich aller Rechtsstreitigkeiten aus den betreuten Bauvorhaben, an denen das Projektsteuerungsbüro im Rahmen der Projektstufe 5 ggf. mitwirken muss, abgeschlossen sein müssen. Zudem hat er in der Beantwortung der Bieterfrage vom 17.06.2020 die Mindestanforderungen an die Eignung relativiert und auf die Bewertung der Teilnahmeanträge nach der Wertungsmatrix verwiesen.

    Allerdings wird der Antragsgegner zu prüfen haben, ob der Teilnahmeantrag der Beigeladenen aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Prozesse nach Ziffer II.2.9 der Bekanntmachung im Unterkriterium d) Erbrachte Projektstufen 1-5, Handlungsbereiche A ‒ E zutreffend bewertet wurde. Sollten aufgrund der Rechtsstreitigkeiten z.B. Leistungen wie Mitwirken bei der Durchsetzung von Vertragspflichten gegenüber den Beteiligten; Überprüfen der Nachtragsprüfungen durch die Objektüberwachung oder Mitwirken bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung der rechtsgeschäftlichen Abnahmen (Handlungsbereich E, Projektstufen 4 und 5) nicht vollständig erbracht sein, müsste dies Auswirkungen auf die Bewertung der Teilnahmeanträge haben. Da die Beigeladene in ihrem Teilnahmeantrag nur wenige Punkte mehr als der erste nicht für die Angebotsabgabe berücksichtigte Bewerber erhalten hat, könnte dies zu einer Änderung der Bewerberreihenfolge führen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Beigeladene zu Unrecht zu Angebotsabgabe aufgefordert wurde, wodurch die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt wäre.

    2.3 Die Vergabekammer bleibt dagegen auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Antragstellerin vom 28.01. und 01.02.2021 bei ihrer im rechtlichen Hinweis vom 20.01.2021 geäußerten Ansicht, dass es bei der Antragstellerin sehr fraglich ist, ob sie sich auf die vorgelegten Referenzen berufen kann.

    Die Antragstellerin hat ausschließlich Referenzen von ebenfalls unter D... firmierenden Schwesterunternehmen, die eigenständige GmbH’s sind, vorgelegt, keine im eigenen Unternehmen (D... GmbH Projektmanagement und bautechnische Beratung, M...) erbrachten Referenzen.

    Auch wenn es sich hierbei um konzernverbundene Schwesterunternehmen handelt, sind diese als andere Unternehmen i.S.d. § 47 Abs. 1 VgV anzusehen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2019 - Verg 36/18). Die Voraussetzungen für die Eignungsleihe müssten daher vorliegen. Dies ist zweifelhaft.

    Aus den vier vorgelegten Verpflichtungserklärungen der Schwesterunternehmen ergibt sich zwar, dass die Antragstellerin Zugriff auf die in den Referenzen genannten relevanten Personen der Schwesterunternehmen und sämtliche hieraus gewonnenen Erkenntnisse haben soll und diese bei der Leistungserbringung entsprechend einbinden wird. Konkreter heißt es dann im eingereichten Dokument „Eigenerklärung zur Eignungsleihe von Referenzen“, dass die Projektleiter der nachstehend aufgeführten Referenzen dem vorgesehenen Projektteam in allen Projektstufen und Handlungsbereichen über die gesamte Projektlaufzeit zur Verfügung stehen.

    Dies mag einen ausreichenden Nachweis der Verfügbarkeit i.S.d. § 47 Abs. 1 Satz 1 VgV darstellen, es ist aber sehr zweifelhaft, ob damit die weitergehenden Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV erfüllt sind.

    Nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV bzw. Art. 63 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU können Wirtschaftsteilnehmer in Bezug auf die Kriterien für Ausbildungsnachweise und Bescheinigungen über die berufliche Befähigung oder für die einschlägige berufliche Erfahrung die Kapazitäten anderer Unternehmen nur dann in Anspruch nehmen, wenn diese die Arbeiten ausführen beziehungsweise die Dienstleistungen erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden. Die berufliche Erfahrung kann nach Art. 58 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU insbesondere durch geeignete Referenzen aus früher ausgeführten Aufträgen nachgewiesen werden. Zwar verweist § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV bzw. Art. 63 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU für die berufliche Erfahrung ‒ anders als für die Ausbildungsnachweise und Bescheinigungen über die berufliche Befähigung, wo konkret auf § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV bzw. Anhang XII Teil II Buchstabe f der Richtlinie 2014/24/EU verwiesen wird - nicht ausdrücklich auf § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV bzw. Anhang XII Teil II Buchstabe a der Richtlinie 2014/24/EU, wo die Referenzen genannt sind. Dennoch wird davon ausgegangen, dass bei der Eignungsleihe in Bezug auf Unternehmensreferenzen die eignungsverleihenden Unternehmen die jeweilige Leistung erbringen müssen, für die diese Kapazitäten benötigt werden (vgl. Ziekow/Völlink/Goldbrunner, 4. Aufl. 2020, VgV § 47 Rn. 8; differenzierend Beck’scher Vergaberechtskommentar/Mager, 3. Aufl. 2019, VgV § 47 Rn. 21 ff.)

    Bislang ungeklärt ist nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern allerdings, in welchem Umfang die eignungsverleihenden Unternehmen bei Projektsteuerungsleistungen in die Leistungserbringung einzubinden sind. Würde man bei einer vollständigen Berufung auf die Referenzen der eignungsverleihenden Unternehmen ‒ wie hier ‒ fordern, dass diese dann auch die gesamte Leistung (hier also die gesamte Projektsteuerungsleistung) erbringen, könnte ein Unternehmen im Wege der Eignungsleihe nur schwer neue berücksichtigungsfähige Referenzen erarbeiten. Dies liefe dem Sinn und Zweck der Eignungsleihe zuwider, es auch mittelständischen und neu gegründeten Unternehmen zu ermöglichen, sich um Aufträge mit erheblichen Referenzanforderungen zu bewerben. Darauf hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin zutreffend hingewiesen.

    Allerdings ist auch nicht zu verkennen, dass die Regelungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 und insbesondere Abs. 5 VgV (Art. 63 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU) vom Richtliniengeber gewollte einschränkende Voraussetzungen für eine Eignungsleihe gegenüber dem Rechtszustand unter Geltung der Richtlinie 2004/18/EG sind. Anders als nach der vor 2016 geltenden Rechtslage soll eine Eignungsleihe in Bezug auf die Kriterien für Ausbildungsnachweise und Bescheinigungen über die berufliche Befähigung oder für die einschlägige berufliche Erfahrung gerade nicht immer dann möglich sein, wenn ein Unternehmen nachweist, dass ihm die Kapazitäten des eignungsverleihenden Unternehmens irgendwie zur Verfügung stehen.

    Bei Planungs- oder Projektsteuerungsleistungen hieße das nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern, dass entweder die eignungsverleihenden Unternehmen als Unterauftragnehmer die entsprechende Leistung erbringen oder zumindest Mitarbeiter der eignungsverleihenden Unternehmen, die an den entsprechenden Referenzaufträgen beteiligt waren, im Projektteam eingebunden werden müssen. Ein allgemeines Berufen darauf, dass die Mitarbeiter bzw. die Projektleiter der eignungsverleihenden Unternehmen, die an den entsprechenden Referenzaufträgen beteiligt waren, dem vorgesehenen Projektteam in allen Projektstufen und Handlungsbereichen über die gesamte Projektlaufzeit irgendwie zur Verfügung stehen, kann aufgrund des deutlichen Wortlauts des § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV / Art. 63 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU und der Intention des Richtliniengebers, die Eignungsleihe stärker zu reglementieren, nicht ausreichen.

    Ob die eignungsverleihenden Schwesterunternehmen der Antragstellerin die Leistung in ausreichendem Maße i.S.d. § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV / Art. 63 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU erbringen, kann von der Vergabekammer derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Aus dem Teilnahmeantrag der Antragstellerin lässt sich nicht herauslesen, ob nur die Projektleiter, oder auch einzelne Mitarbeiter der Projektteams der Schwestergesellschaften zur Verfügung stehen, ob sie nur für die Beantwortung von Einzelfragen am Telefon vorgesehen oder in die operative Bearbeitung eingebunden sind oder welches Zeitbudget für die Mitarbeit der Personen, die die Referenzaufträge erarbeitet haben, zur Verfügung steht. Weder der Antragsgegner noch die Vergabekammer kann auf dieser Grundlage über die rechtlich im Detail ungeklärte Frage entscheiden, inwieweit das eignungsverleihende Unternehmen bei einer Eignungsleihe in Bezug auf sämtliche Referenzen bei Projektsteuerungsleistungen in die Erbringung der Dienstleistung eingebunden werden muss, um § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV zu genügen.

    Die Problematik der Eignungsleihe hat sich auch nicht durch die bevorstehende, aber noch nicht erfolgte Verschmelzung der verschiedenen D... GmbHs auf die bisherige Holding D... SE erledigt. Es ist bereits fraglich, ob solche nachträglichen tatsächlichen Veränderungen nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs überhaupt noch berücksichtigt werden dürfen (gegen eine Berücksichtigungsmöglichkeit später eingetretener Tatsachen z.B. OLG München, Beschluss vom 17.09.2015 - Verg 3/15). Selbst wenn man eine Berücksichtigung nachträglich eingetretener Tatsachen, die die Eignung begründen, spiegelbildlich zur anerkannten Berücksichtigung nachträglich eingetretener Tatsachen, die die Eignung in Frage stellen, zulassen würde (so z.B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 - Verg 52/12; OLG München, Beschluss vom 22.11.2012 - Verg 22/12), kann die rechtlich noch nicht vollzogene Unternehmensverschmelzung derzeit die Voraussetzungen der Eignungsleihe nicht überflüssig machen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2019 - Verg 36/18).

    Die Fragen der Berücksichtigungsfähigkeit der Referenzen der Antragstellerin ‒ die durchaus grundsätzliche Bedeutung haben - müssen im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden werden. Entscheidungserheblich würden diese Fragen nur, wenn die Prüfung des Antragsgegners ergeben sollte, dass der Teilnahmeantrag der Beigeladenen aufgrund der wegen der Gerichtsverfahren möglicherweise noch nicht vollständig abgeschlossenen Projektstufen 4 und 5 der Referenzprojekte unrichtig bewertet und die Beigeladene zu Unrecht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden ist. Sollte dieser Fall eintreten, müsste der Antragsgegner im Teilnahmeantrag der Antragstellerin zunächst aufklären, in welcher Form und in welchem Umfang die Antragstellerin ihre eignungsverleihenden Schwesterunternehmen in die Leistungserbringung einbindet und auf dieser Grundlage entscheiden, ob dies den Anforderungen von § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV genügt. Ggf. wäre auch über die Auswirkungen der bis dahin möglicherweise vollzogenen Unternehmensverschmelzung zu entscheiden. Zudem wäre auch bei der Antragstellerin zu prüfen, ob die Referenzprojekte soweit abgeschlossen sind, dass die Bewertung ihres Teilnahmeantrags im Unterkriterium d) Erbrachte Projektstufen 1-5, Handlungsbereiche A ‒ E zutreffend erfolgt ist.

    3. Kosten des Verfahrens

    Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies sind vorliegend zu gleichen Teilen alle Beteiligten, da die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel des Ausschlusses des Teilnahmeantrags der Beigeladenen nicht erreicht hat, dem Antragsgegner aber der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen vor erneuter Prüfung von deren Teilnahmeantrag zu untersagen war. Da sich die Beigeladene mit schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag und die Stellung von Anträgen aktiv am Verfahren beteiligt hat und ihr Rechtsschutzziel ebenfalls teilweise nicht erreicht hat, ist auch sie an den Verfahrenskosten zu beteiligen.

    Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.

    Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Aus Gründen der Billigkeit (keine mündliche Verhandlung) vermindert sich die Gebühr auf … Euro.

    Der Antragsgegner ist als Bundesland von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 S. 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.

    Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft verrechnet.

    Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB. Da keiner der Beteiligten sein Rechtsschutzziel vollständig erreichen konnte und kein überwiegendes Obsiegen oder Unterliegen festgestellt werden kann, haben die Beteiligten ihre Aufwendungen jeweils selbst zu tragen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 172 GWB), die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, die sofortige Beschwerde (§ 171 GWB) schriftlich beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt werden. Die Briefanschrift lautet:

    Bayerisches Oberstes Landesgericht
    Schleißheimer Str. 141
    80797 München

    Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss enthalten:

    1.    Die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und
    2.    die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.

    Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
    Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten.

    Hinweis

    Der Auftraggeber darf vor Ablauf der Beschwerdefrist den Zuschlag nicht erteilen. Die Beschwerdefrist erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei Wochen. Sie beginnt mit Zustellung des Beschlusses der Vergabekammer (vgl. § 169 Abs. 1 i. V. m. § 172 Abs. 1 GWB).

    München, 25.02.2021

    RechtsgebietVgVVorschriften§ 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV; § 47 Abs. 1 Satz 3 VgV